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Fantasy, Magie und Religion Gedichte über Religion, Mythologie, Magie, Zauber und Fantasy.

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Alt 13.08.2016, 00:56   #1
männlich Heinz
 
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Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879

Standard Die Duduk

(die Duduk ist ein Holzblasinstrument/armenisch/aus Aprikosenholz und hat einen oboenähnlichen Ton)



Ich sah in Goldgepränge mich und prächtig
gekleidet folgten mir wohl tausend Pilger
den Pfad bergan zur Ebne nah der Sonne.
Ein Blumenteppich dämpfte unsre Schritte,
und nur das Kufenknirschen eines Schlittens,
das Ächzen eingeschirrter Ochsen störten
die weihevolle Stille.

Vor einer Stunde war die Schlucht gequert,
die uns von jenem großen Steinbruch trennte,
dem wir, begleitet von Gesängen, mühsam
den Steinkoloss entrissen, um die Reihe
gewaltiger Menhire ganz zu schließen.
Noch hundert Schritte müssen wir noch gehen,
erreicht ist dann der heilge Platz.

Wir folgen gehorsam und murmeln nur leise Gebete.
Es möge der mächtige Stein, den wir mühsam gebrochen,
alsbald die bedächtig gewählte und sorgsam mit bunten,
geflochtenen Bändern bezeichnete Stelle erreichen.
Warum wir im oberen Drittel den Felsen durchbohrten,
verraten wir erst, wenn er neben den anderen steht
und selbst das Geheimnis enthüllt.

Vor Jahren begannen die Mütter und Väter des Volkes
auf Ratschluss der Weisen die kultige Stätte zu bauen.
Ein Kranich verriet uns , auf ruhigen Fittichen schwebend,
die heilige Stelle, an der majestätisch Menhire
die steinernen Häuser der Priester umgeben, geruhsam
der Aufgabe harrend, für ewig den Göttern zu Ehren
in sphärischen Klängen zu tönen.

Ich höhlte Aprikosenholz und schuf
damit zehn Ellen lange runde Röhren;
die steckten wir in jene schon gebohrten,
geheimnisvollen, spannenweiten Löcher.
Es galt nun auf den Abendwind zu warten,
der wispernd erst und dann in vollen Tönen
Choräle laut erklingen lässt.

Der Mond beschien die Gipfel hoher Berge,
ein leiser, wehmutsvoller Ton erklang,
es sangen laut bald alle Megalithen,
wir senkten unsre Häupter, knieten nieder
und lauschten diesen Himmelsmelodien.
Das künftge Leid der Hay erahnend klingt
in tausend Jahren noch die Duduk.


Diese teils durchlöcherten Megalithen befinden sich in der Nähe von Sisian - im Süden Armeniens - sind ca. 7000 Jahre alt - bei Google sind Bilder unter "armenischer Steinkreis" zu finden. "Hay" ist die Selbstbezeichnung der Armenier, das Land heißt in der Landessprache Hayastan. Die "spannenweiten Löcher" sind noch nicht endgültig erklärt, aber meine Vermutung, dass sie für den Transport erforderlich waren, wurde von einer bedeutenden Wissenschaftlerin bestätigt. Die "steinernen Häuser", so erfuhr ich von ihr,
sind Steinkastengräber jener Zeit.
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.08.2016, 12:51   #2
männlich Sonnenwind
 
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Dabei seit: 06/2012
Alter: 62
Beiträge: 1.514

Hallo Heinz,

nur so viel - ich find den Text
extrem gut!

Seltsam, daß er noch nicht kommentiert wurde...

Erinnert mich an einige poems von Heinrich Heine.

LG
Sonnenwind
Sonnenwind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.08.2016, 13:57   #3
weiblich Zen.yu
 
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Au ja, hier war ich auch schon gelandet, aber es fehlten mir ein paar Minuten merh Zeit, für ein vernünftiges Kommentar (wenn es mir auch an jede Menge Senf mangelt, um der Qualität deiner eigenen Kommentare nahe zu kommen lieber Heinz )

Einige sehr schöne, verträumte Verse ... Die geheiligte Stimmung kommt von allein beim Lesen auf - man rätselt und fühlt wohl wie all jene, die mit den Eingeweihten gelaufen sind und doch noch nicht ahnten, was da wohl passieren wird.

Selten ein Gedicht in dieser Richtung gelesen das mich wirklich in diese Stimmung zwingt und meine Aufmerksamkeit so fängt, das für kurze momente alles andere tatsächlich verblasst.

Allerdings ist mir eines aufgefallen:
Zitat:
Noch hundert Schritte müssen wir noch gehen, ...
Einhundert Schritte müssen wir noch gehen ... ?

hm aber kostet so ein wenig Mystik. Deshalb deine Lösung?

Licht & Liebe
Zen
Zen.yu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.08.2016, 17:58   #4
männlich Heinz
 
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Beiträge: 7.879

Standard Die Duduk

Liebe Zen.yu
erst einmal tausend Dank für den zauberhaften Kommentar!
Gleich zu Beginn soll die Erklärung für den Vers
"Noch hundert Schritte müssen wir noch gehen": Es boten sich zwei Lösungen an a) nur hundert Schritte oder b) noch ...; die von Dir vorgeschlagene Lösung spräche nicht gegen die mystische Stimmung, aber ich hätte 1. bei einhundert mit "ei" einen zu hellen Klang zu Versbeginn und 2. - so betone ich es zumindest - hätte ich einen Vers mit daktylischen Beginn:
einhundert Schritte müssen wir noch gehen (XxxXxXxXxXx). Wie Du sicher bemerkt hast tummele ich mich in den Strophen 1 - 2 und 5 - 6 in Blankversen, eine vor vielen Jahren sehr beliebte und angewandte Versform im deutschsprachigen Raum (Blankverse = reimlose verse mit je 5 Jamben; ich glaube, die Iphigenie ist bis auf den Einschub "Es fürchte die Götter..." in dieser Versform geschrieben. In der Mitte des Gedichts haben die Strophen 3 - 4 eine andere Versform - 5 Daktylen mit Auftakt. Warum habe ich das gemacht? Der Besucher dieses armenischen Kulturdenkmals ist Deutscher und spricht in einer typisch deutschen Versform, die daktylische Versform ist eigentlich griechisch, aber immerhin liegt Griechenland näher bei Armenien als unser Land.
Mein Ziel, beim Leser/bei der Leserin das von Dir genannte Gefühl/die Stimmung zu erzeugen, scheine ich erreicht zu haben. Ein größeres Kompliment kann man als Autor nicht bekommen. Vielen Dank!
Heinz
Lieber Sonnenwind,
Gott sei Dank hast Du "erinnert" geschrieben, denn Heine schwebt so meilenweit über uns Dichterlein, dass ich froh bin, die Schuhsohlen mit dem Fernglas sehen zu können. Was die Menge der Kommentare angeht: Gedichte, die mehr als drei Strophen haben und sich auf Teufel komm raus reimen, aus verschiedenen Gründen gar nicht oder kritisch beäugt werden, führen zwar oft zu vermehrten Schriftwechsel, aber nicht unbedingt zu sachdienlichen Kommentaren. So ist das und wir müssen alle damit leben
Liebe Grüße Euch beiden!
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.08.2016, 18:33   #5
Thing
R.I.P.
 
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Beiträge: 34.998

warum nicht
noch hundert Schritte müssen wir nun gehen,
lieber Heinz?

LG
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.08.2016, 19:01   #6
männlich Heinz
 
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Beiträge: 7.879

ach, du Sch..., die Doppelung des "noch" habe ich glatt übersehen. Mal gucken, ob ich es noch ändern kann. Ich möchte das erste "noch" gegen "nur" austauschen - Änderungsfunktion ist aber schon weg.
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.08.2016, 19:22   #7
weiblich Zen.yu
 
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gg

Das musst du 'melden' find ich auch seltsam aba klappt meist
'nur' ist auch sehr gut finde ich. Baut nochmal zusätzlich spannung auf, weil es nicht mehr lange dauert, aber noch ein Stückchen ist ...

uh und ausserdem ist da ein u drinne oh ja wunderschön

wow ich schreibe meine gedichte nicht halb so gedacht, eher so Bauchgefühlsmäßig... manchmal natürlich, aber naja.. beeindruckend. Versteh meine Senfigen Kommentare nicht falsch. Irgendwie mag ich dich trotzdem. Aba ihr könnt euch schon gut anzicken hier ^^

grüße & freude und alles was man so brauch
Zen
Zen.yu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.08.2016, 20:08   #8
männlich Heinz
 
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Standard Die Duduk

Liebe Zen.yu
ich werde es probieren.
"nicht so gedacht" - mach ich auch nicht - beim Entwurf schreibe ich erst einmal drauflos (ich stell mein Licht nicht unter den Scheffel - ein bisschen hilft mir, dass ich ein einigermaßen gutes Gefühl für Rhythmus habe) und erst dann an die "Feinarbeit" gehe. Du glaubst gar nicht, wie ich mich ärgere, wenn mir so etwas wie das doppelt noch durch die Lappen geht.
Zum Anzicken: Wenn ich mit milder Kritik etwas bemängele, kommen manchmal seltsame Antworten. Werden sie grob, pack ich auch das Hackebeil aus - ich bin, das ist unleugbar - ein Widder. Bei kritischer Selbstprüfung habe ich aber festgestellt, dass bei mir die positven Beiträge (Lob, Ermunterung, Hilfsangebote) überwiegen.
So, jetzt schau ich mal, ob ich mit Deinem Tipp was anfangen kann.
Ciao,
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.08.2016, 20:14   #9
weiblich Zen.yu
 
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Beiträge: 362

ok bin ja bloß ein aussenstehender beobachter. Aber das kauf ich dir jetzt erstmal so ab

Genieß den Abend und freue dich ob der großen Gunst, die dir zuteil wurde

Ferien sind rum, werd jetzt wohl auch mal wieder hier rumgeistern ...

Licht & Liebe
Zen
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