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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln. |
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01.05.2023, 18:43 | #1 |
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Das andere Dornröschen
Ein Prinz zu Pferd hält einen Mann
beim Wandern durch den Hochwald an. "Lass wissen, hurtiger Gesell: Ist es noch weit bis zum Kastell?" Der Jüngling nickt. "Bei gutem Schnitt mit Eurem Ross ein Tagesritt. Doch auf der Feste liegt ein Fluch, so steht es im Gemeindebuch." Der Prinz erwidert heldenhaft: "In mir steckt Wille und viel Kraft. Die Rosenhecke schreckt mich nicht, ist sie auch dornig, hoch und dicht." Er sieht, als er sein Ziel erreicht, dass ihm die Hecke willig weicht, sie endet den Jahrhundertbann, den eine böse Fee ersann. Doch als er die Prinzessin sucht, vermutet er sich selbst verflucht, und während er die Chancen wägt, scheint ihm, dass jemand Bäume sägt. Er findet sie auf einem Bett, gealtert, schrumplig, gar nicht nett und nur mit Abscheu anzusehn … so liegt sie da und schnarcht für zehn. 01.05.2023 |
01.05.2023, 21:15 | #2 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Liebe Ilka-Maria,
ein modern aufgepäppeltes Märchen in gereimter Form, das gefällt mir sehr. Ich sehe für den zweimaligen Wechsel des Versfußes : "Sag mir, du hurtiger Gesell:" und "alt und verschrumpelt, gar nicht nett" keinen Grund und schlage vor, im Jambus zu bleiben, etwa so: Statt: Sag mir, du hurtiger Gesell:....XxxXxXxX Verrate mir, du hurtiger Gesell................... xXxXxXxXxX Statt: alt und verschrumpelt, gar nicht nett....XxxXxXxX verschrumpelt, alt und gar nicht nett........................xXxXxXxX Liebe Grüße, Heinz |
01.05.2023, 22:05 | #3 |
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Sorry, Heinz, aber ich betone "sag mir, du hurtiger Gesell" anders als du, für mich ist er in Ordnung, oder genauer gesagt sind für mich die ersten beiden Wörter gleichstark betont. Deine Version rumpelt mir hingegen in den Ohren, weil der Vers zu lang ist. Aber ich hätte da einen Kompromiss im Sinn: "Verrat mir, hurtiger Gesell ...".
Der zweite Vorschlag ist metrisch okay, aber da gefällt mir die Syntax nicht. Dornrose ist nicht alt, weil sie vorher verschrumpelt ist, sondern sie sieht verschrumpelt aus, weil sie alt geworden ist. Eigentlich ist eins der beiden Wörter überflüssig, weil "verschrumpelt" nur eine Verstärkung darstellt. Ich hatte mir überlegt, ob ich das Wort überhaupt verwende, und werde nochmal darüber nachdenken. Danke für dein Input. LG Ilka |
01.05.2023, 22:28 | #4 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Liebe Ilka-Maria,
es gibt keinen Grund für tiefsinnige Diskussionen. "Sag mir ..." beginnt für mich, weil der Satz mit einem Imperativ beginnt, mit einem Trochäus. Aber selbst, wenn ich im Recht wäre, ist der Vers o.k. Wenn der Schrumpelvers so etwas wie eine Klimax beinhalten soll, dann ginge das auch so: gealtert, verschrumpelt und kein bisschen nett .......xXxxXxxXxxX Mit ein bisschen Hihi (kicherndem Lachen) geht alles. Liebe Grüße, Heinz |
01.05.2023, 22:35 | #5 |
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Nee, Heinz. Hier habe ich doch mit einem Enjambement gearbeitet, das "kein bisschen nett" gehört doch schon zum nachfolgenden Vers. Ich denke, mit der jetzigen Version lässt es sich leben. Soll ja in erster Linie ein Spaß sein, den mir die Grimms hoffentlich verzeihen werden. Danke nochmal für den Nasenstüber.
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01.05.2023, 23:21 | #6 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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ich und Dir einen Nasenstüber verpassen? Um Gottes Willen, nein!
Der Trottel bin ich ja, weil ich das Enjambement übersehen habe. (Weil ich gerade in Deinem Faden bin, noch ein Wort zu Inkas Bericht: Lehrerinnen, ja, ...innen, haben manchmal absonderliche Ideen für Aufsätze. Da gibt es Themen, die von den Schülern nur mit Hilfe von Opas und Omas bewältigen können. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein Enkel Inkas so ein Thema wie von mir vermutet aufgegeben bekam (so wie die knapp achtzehnjährige Enkelin meiner Freundin: Referieren Sie über Goethes Faust II). Die Enkelin kannte nicht einen Vers aus Faust I, geschweige denn aus Faust II. Ich musste als Hilfssheriff einspringen und meine aus dem Gedächtnis gebuddelten Kenntnisse führten zu der Note 2 (und die Enkelin hat bis heute nicht eine Zeile des Faust II gelesen. Die vermutete Enkelin Inkas kriegt bestimmt eine eins. Liebe Grüße, Heinz |
02.05.2023, 00:45 | #7 | |
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Zitat:
Bei einem Aufsatz schreiben alle Schüler über das gleiche Thema, und zwar ohne es vorher zu kennen. Nach der Benotung liest der Lehrer zwei bis drei der besten Aufsätze vor, bevor er die Hefte zurückgibt. Bei einem Referat bearbeitet nur ein Schüler oder ein kleines Team von Schülern ein Thema, oder jeder Schüler bekommt ein eigenes aufgebrummt. Das Ergebnis wird von ihnen selbst vorgetragen. Es ist schlicht unlogisch, zwei Briefe im wochenlangem Abstand als Hilfestellung zu einem Aufsatz zu schreiben, weil erstens das Thema nicht bekannt sein kann und weil ein Lehrer keinen zweiten Aufsatz zu demselben Thema nur wenige Wochen nach dem ersten schreiben lassen würde. Sorry, dass ich so hartnäckig bin. Für mich passt das nicht zusammen. Wer wochenlang Zeit hat für ein Thema und außerhalb der Schule Hilfe dafür in Anspruch nehmen oder recherchieren kann. schreibt keinen "Aufsatz", sondern fertigt ein Referat, ein Essay, einen Report, eine Reportage oder eine Studie an. |
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02.05.2023, 01:21 | #8 |
Dabei seit: 10/2006
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Beiträge: 7.879
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Liebe Ilka-Maria,
hast Du vergessen, dass ich mal neben Sozialwissenschaften auch Deutsch für das Lehramt studiert habe? Du hast ja mit jeder Zeile Recht. Ich denke mal, dass Inka einen Aufhänger für ihre Berichte gebraucht hat und in Unkenntnis der schulischen Gepflogenheiten (hatten wir nicht vor Kurzem ein gepflogtes Gedicht?) aus der Aufgabenstellung für eine Enkelin einen Aufsatz gemacht hat. Lass Deine Augen milde glänzen und nimm das Positive des Berichts - die wahrheitsgemäße, stimmige Schilderung Inkas Kindheit. Ich bin jetzt mild zu mir und marschiere in mein Bett. Guts Nächtle! Heinz |
02.05.2023, 07:44 | #9 |
Hallo Ilka-Maria
Wenn es auch mit einer Desillusionierung einhergeht, die Wahrheit musste ans Tageslicht.Sie ist mit Deinen wunderbaren Versen sehr gut zu ertragen. Gefällt mir sehr! LG Rolli |
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02.05.2023, 16:26 | #10 |
Hallo Ilka,
auch von mir ein Lob: Hübsche Idee, prima in Verse verpackt! Einzig das Wort "vermutet" kann ich nicht so recht zuordnen. Sollte das "vermutlich" heißen? Oder stehe ich auf dem Schlauch? LG Georg |
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02.05.2023, 16:37 | #11 |
Dabei seit: 02/2021
Ort: mit beiden Beinen in den Wolken
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... geh vom Schlauch, Georg, vermutet ist ein Verb und korrekt konjugiert.
Nett und frisch umgesetzt, mir gefällt es. beaux rêves dT |
02.05.2023, 16:37 | #12 |
02.05.2023, 18:24 | #13 |
Dabei seit: 10/2006
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Lieber Faber,
meine manchmal flapsige Art soll nicht zur Gepflogenheit werden, ich werde eine mildere Ausdrucksform pflegen. Liebe Grüße, Heinz |
03.05.2023, 10:54 | #14 |
Dabei seit: 02/2021
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... Georg, sorry, hatte oben den Grinsesmiley vergessen.
wsT dT |
03.05.2023, 11:03 | #15 |
...das Grinsesmiley kannst Du gerne behalten, lieber DT,
eine Erklärung für den zitierten Satz, den ich immer noch nicht verstehe, wäre mir lieber: Was bedeutet: vermutet er? In den beiden Zeilen steht: Als er die Prinzessin sucht, verflucht er sich selbst. "vermutet er" hat da meiner Ansicht nach nichts zu suchen. LG |
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03.05.2023, 11:13 | #16 |
Dabei seit: 02/2021
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... sorry, Satzumstellung zur Erläuterung:
Er vermutet, er sei selbst verflucht. Er verflucht sich nicht selbst! In der deutschen Sprache kann man einfach alles umstellen. Für mich sind diese Zeilen absolut schlüssig, ich verstehe dein Missbehagen nicht. wsT dT |
03.05.2023, 11:35 | #17 | |
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Zitat:
LG Ilka |
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03.05.2023, 11:51 | #18 | |
Zitat:
jetzt geht bei mir allmählich ein Lichtlein auf... Nach meinem Verständnis hieße der Satz dann ausformuliert: Vermutet er selbst, dass er verflucht ist. Das "dass" wurde in diesem Falle weg gelassen (was völlig o.k. ist). Die Frage ist: Müsste dann nach dem "vermutet er" nicht ein Komma stehen? Ich möchte hier nicht auf kleinliche Zeichensetzung bestehen. Aber MIT Komma hätte ich den Sinn vielleicht eher erfasst. Grüße von Karlsruhe nach Frankfurt! |
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03.05.2023, 12:00 | #19 | |
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Zitat:
Nein, kein Komma, denn wir haben hier keinen Infinitiv mit "zu" als Nebensatz. Alles klar? Grüße zurück nach Karlsruhe (war früher meine regelmäßige Anlaufstelle zu den Auswärtsspielen der Offenbacher Kickers gegen den Karlsruher SC - 2. Mannschaft, versteht sich. Habe sogar einen KSC-OFC-Freundschaftsschal in meiner Sammlung.) |
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