Ahnung

Vor meinem Zimmer, auf der Schwelle,
stand letzte Nacht, mit müdem Blick,
ein allzu fahles Kind.

Es trat ein Weilchen auf der Stelle
und wollte nicht ins Bett zurück,
wie Kinder eben sind.

Ich hatte nicht den Mut zu fragen,
was seinen starren Blick betrog.
Doch als der Mond nach Westen zog,
die Rabenscharen sich erhoben

und in den Morgennebel flogen,
verflüchtigte sich auch das Kind.
Und durch die Bäume rauschte Wind,
wie leises Totenklagen.

[apnoe]

lieber/e sim,
ich lese deinen text wie ein gedicht aus einem anderen jahrhundert, so kann ich es gut gelten lassen in seiner stimmung.
du fängst mit deinen ausdrücken genau die stimmung ein, die alte liedertexte haben.. leises totenklagen, rabenscharen, rauschte wind, schwelle, ...
weniger gefallen mir die, damals aber auch durchaus legitimen, unreinen reime, sehr nett finde ich das strophenübergreifende reimschema.
die sprachmelodie ist auch trotzdem schön.
ein: allzu fahles kind: ist das beste vom ganzen.

als neueres lyrikbeispiel hört sich alles für mich ein wenig sehr bekannt an, der text bringt ja nur altbekannte bilder und ausdrücke.
aber warum sollte er das in diesem falle auch nicht. wie gesagt, ich fühle mich in die zeit eines klopstock versetzt.
und an diesem grau-morgen ist das für mich nicht unangenehm.
lieben gruß
a

Hallo apnoe

Ja, die Bilder sind sicher schon etwas ausgelutscht. Aber mir ging es hier auch nur darum, das Gefühl von Vergänglichkeit einzufangen. Und die unreinen Reime sind sicher Geschmackssache, aber ich bin davon abgekommen alles um jeden Preis in eine Form zu pressen, nur um der Form Willen, darunter leidet, meiner Meinung nach, oft der Inhalt. Ich mag einfach so altangehauchte Sachen und die ganzen neuen Sachen, die sich so krampfhaft bemühen originell zu sein, klingen doch oft mehr krampfhaft bemüht als wirklich originell. Aber es gibt dafür sicher viele Gegenargumente und das ist natürlich auch nur mein persönlicher Geschmack. ;-)

Besten Dank und Gruß
Sim