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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 18.10.2012, 11:24   #1
männlich galapapa
 
Dabei seit: 02/2012
Ort: Calw
Alter: 74
Beiträge: 75

Standard Wassergespenster

Am Weiher draußen, unter alten Linden,
ging sie durch morgenfeuchtes Blumengras,
den frühen Seelenfrieden dort zu finden.
Der Wasserspiegel lag wie blankes Glas
und schien im Grau der Wolken zu erblinden.

Der Wiesentau benetzte ihre Beine
mit Einsamkeit am frühen Sommertag.
Als Schleier schimmerte im Dämmerscheine
der Nebelflor, der auf dem Wasser lag;
Beklemmung fiel auf Uferkieselsteine.

Als sie sich über das Gewässer beugte
erblasste im Entsetzen ihr Gesicht.
Ein fremdes Antlitz, das der See ihr zeugte
in jenes Tagesanbruchs fahlem Licht,
und das sie aus dem trüben Nass beäugte.

Sie war in grauenhafter Angst gefangen,
und wandte sich vom falschen Bilde ab.
Zutiefst verwirrt ist sie davongegangen,
verlegte die Vision in tiefes Seelengrab,
verborgen, mit Vergessenheit verhangen.

Doch konnte dieses Schreckgespenst entfliehen,
dann hat es ihr die alte Furcht gebracht.
Nie hat das Trugbild ihr den Blick verziehen
und oftmals in ihr trautes Sein gelacht,
als hätt es ihr den Frieden nur geliehen.
galapapa ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.10.2012, 11:56   #2
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Halli Hallo, galapapa -

das ist sehr tiefsinnig und vor allem:
Wunderschön in Worte gesetzt!
Ein (Kunst)Stück wahrer Lyrik.
Für mich ein Favorit obendrein.

Ich bin entzückt.


Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.10.2012, 13:07   #3
männlich Martand
gesperrt
 
Dabei seit: 04/2012
Beiträge: 745

Ein wirklich schönes Stück Lyrik, nicht erzwungen oder klischeebehaftet, frei und spontan gedichtet, mit eigner, unkonventioneller Note.

Stark

LG
M.
Martand ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.10.2012, 14:07   #4
weiblich Poetibus
 
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Dabei seit: 09/2012
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Alter: 56
Beiträge: 562

Hallo, Galapapa,

aufgebrochen, um den (frühen) Seelenfrieden im stillen Weiher zu finden. Um stattdessen die Wahrheit durch Selbsterkenntnis im Wasserspiegel zu sehen. Und das stille Wasser wurde aufgewühlt. Kam nie wieder so zur Ruhe, wie zuvor, denn immer wieder tauchte dieses Bild auf ...

Ein wunderbares Gedicht, Galapapa, wirklich.

Ein Kompliment, sowohl für Inhalt, Stilmittel und Form. Hier herrscht "Harmonie" und ergibt ein stimmiges Ganzes.

(Das ist auch unabhängig davon, ob meine persönliche Interpretation zutrifft oder irrig ist.)

Mehr als nur gerne gelesen.

Freundlichen Gruß,

Poetibus
Poetibus ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.10.2012, 15:56   #5
männlich galapapa
 
Dabei seit: 02/2012
Ort: Calw
Alter: 74
Beiträge: 75

Hallo Thing,
danke für Deinen Kommentar und das schöne Lob!
Es freut mich, dass Dir mein Gedicht so gut gefallen hat.
Herzliche Grüße!
Galapapa

Hallo Martand,
auch Dir danke für Dein Lob, das mich sehr erfreut hat!
Es war einfach nur eine Idee, deren Ausführung voller Interpretationsmöglichkeiten steckt.
Herzliche Grüße!
Galapapa

Hallo Poetibus,
danke auch Dir für den lobenden Kommentar!
Deine Deutung ist neben einigen, anderen Möglichkeiten sicher zutreffend und geht weiter mit der Frage "warum".
Ich fand gerade die vielen Denkmöglichkeiten so faszinierend an dem Gedanken, den ich hier zu verarbeiten versucht habe.
Auch ich sehe hier eine gewisse Harmonie zwischen beschaulicher Natur und den Schrecken einer Entdeckung und fand es sehr aufregend, dies darzustellen.
Nochmals danke und herzliche Grüße!
Galapapa
galapapa ist offline   Mit Zitat antworten
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