Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Geschichten und sonstiges Textwerk > Kolumnen, Briefe und Tageseinträge

Kolumnen, Briefe und Tageseinträge Eure Essays und Glossen, Briefe, Tagebücher und Reiseberichte.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 06.06.2009, 12:20   #1
weiblich Tumbling Dice
 
Benutzerbild von Tumbling Dice
 
Dabei seit: 06/2009
Ort: Bayern
Alter: 36
Beiträge: 3

Standard Fehlende (Durch)Sicht

Fehlene (Durch)sicht
oder
Geheimnisvolle Flecken


Als Brillenträger hat man (und Frau!) es wirklich nicht leicht. Nicht nur, dass die Brille sobald man im Winter ein Gebäude betritt schlagartig beschlägt so dass es einem vorkommt als wäre man gegen eine Nebelbank gelaufen. Nein, auch die Pflege der (un)geliebten Augengläser erweist sich als sehr schwierig! Will man seinen Durchblick nicht verlieren bleibt einem nichts anderes übrig als die Brille regelmäßig zu reinigen. Das kann doch nicht so schwer sein, denken Sie als (glücklich) Brillenloser jetzt. Oh doch! Dann das Brillenputzen ist eine Wissenschaft für sich!

Mit komplizierten Verrenkungen der Finger versucht man die Brille richtig zu halten und mit der anderen Hand rubbelt man mit einem Putztuch wild auf den Gläsern herum. Warum ich die Brille nur mit Zeigefinger und Daumen halte und die anderen Finger möglichst weit von mir strecke? Ganz einfach, damit durch das Halten keine neuen Flecken entstehen – das wäre ja kontraproduktiv, immerhin versuche ich die Brille zu säubern!

Ist man sich dann nach minutenlanger Reinigung sicher alle Flecken beseitigt zu haben kommt der Moment der Wahrheit: man hält die Brille gegen das Licht. Und da! An der am schwierigsten zu erreichenden Ecke ist noch etwas. Also wieder das Putztuch zur Hand nehmen. Danach kommt nochmals der Kontrollblick. Nun ist der Fleck zwar aus der Ecke verschwunden, aber ganz weg ist er noch nicht. Er ist nur ein paar Zentimeter weiter gewandert und prangt nun frech in der Mitte der Brille. Geradezu herausfordernd sitzt er da! Durch weiteres polieren gelingt es schließlich den Eindringling zu vernichten – nur um auf dem anderen Brillenglas einen neuen Fleck zu entdecken. Wo kommt der denn nun wieder her? Berührt habe ich die Brille dort bestimmt nicht. Aber egal – er muss weg!

Vielleicht halten Sie mich jetzt für akribisch und gar penibel, weil ich jeden noch so kleinen Fleck auf meiner Brille beseitigen will. Aber die anderen Brillenträger werden verständnisvoll nicken, wenn ich Ihnen erklären darf, dass auch der kleinste Fleck die (Durch)Sicht behindert. Es ist nicht so, dass er einem den Ausblick versperrt, es ist die ununterbrochene Ablenkung die so ein Fleck verursacht sobald man ihn einmal entdeckt hat. Ignorieren ist sinnlos – der Blick wandert wie von selbst zurück zu dem Unruhestifter. Versuchen Sie doch einmal ein Buch zu lesen wenn Sie von Ihrer Brille aus unentwegt ein kleiner weißer Fleck anstarrt! Funktioniert nicht!

Interessieren würde mich auch woher diese Fremdlinge überhaupt kommen. Von mir stammen sie nicht. Es sind auch keine unerforschten Substanzen, die mein Auge versprüht – denn sie sind stets an der Außenseite des Glases. Kommen Sie aus der Luft? Dunkle Materie? Oder sind es gar kleine Lebewesen die durch die Luft schweben und nur darauf warten einen Brillenträger zu entdecken auf dessen Brille sie sich niederlassen können? Brillenbeschmutzungstierchen sozusagen. Gemeine kleine Kreaturen die dann so lange auf meiner Brille umherkrabbeln bis ich sie entdeckt habe und ab da nicht mehr übersehen kann.

Sie sehen also wir Brillenträger haben es wahrlich nicht leicht und... – da! Da ist schon wieder eins! Ein Brillenbeschmutzungstierchen! Na warte, dich erwische ich schon!
Tumbling Dice ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.06.2009, 13:52   #2
weiblich C.Alvarez
 
Benutzerbild von C.Alvarez
 
Dabei seit: 07/2006
Ort: Mauritius, stella clavisque maris indici
Beiträge: 4.889

Kannst du diese Verunreinigungen denn nicht mit einem Glasschneider rausschneiden? Wenn ich Flecken auf den Klamotten hab, schneid ich sie auch immer raus, das ist effektiver als alle Fleckenmittel.

Eine schöne Glosse hast du da geschrieben. Die distanzierte Sachlichkeit und der trockene Humor gefällt mir. Liest sich amüsant und man muss schmunzeln.
Ich kann mich da gut reinversetzen, auch wenn ich keine Brille habe. Aber ich kenne die Probleme von meinem Vater. Nur beschreibt er sie nicht so amüsant charmant wie du.

Kompliment.

corey
C.Alvarez ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.08.2009, 18:18   #3
weiblich Sonja
 
Benutzerbild von Sonja
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: In meiner eigenen Welt...
Alter: 33
Beiträge: 1.157

Ist ja echt genial geschrieben!!
Ich war auch bis vor 6 Jahren Brillenträgerin, und habe es gehasst kann ich dir sagen!
Ja so blöde geheimnissvolle Flecken, auf dem Glas, die einen die Sicht behindert.
Da vergeht einem schon wirklich die Laune, eine Brille zu tragen, oder sie gar zu putzen.

Wirklich gut gemacht!
Sonja ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.08.2009, 19:11   #4
weiblich Tumbling Dice
 
Benutzerbild von Tumbling Dice
 
Dabei seit: 06/2009
Ort: Bayern
Alter: 36
Beiträge: 3

Danke ihr beiden! Das Lob freut mich wirklich sehr! Und es ermuntert mich auch in dieser Art noch weitere Glossen zu schreiben
Tumbling Dice ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.08.2009, 17:16   #5
Veitch
 
Benutzerbild von Veitch
 
Dabei seit: 07/2009
Alter: 39
Beiträge: 16

Ha, ich kann davon auch ein Lied singen. Musste an jeder Stelle zustimmend nicken.
Es fehlt noch die Misere, die eintritt, wenn man bei Regen unterwegs ist. Von Durchsicht keine Rede mehr.
Allerdings kenne ich auch einige äußerst schmutzresistente Brillenträger. Meine Cousine beispielsweise putzt die Gläser erst, wenn es ihr langsam dunkel vor den Augen wird. Ist mir unbegreiflich, aber sie kann den Schleier und die Schmutztierchen offenbar bestens ignorieren.

Es gibt noch ein paar kleine Korrekturen von mir:

Im Titel fehlt ein d: "Fehlende"

Zitat:
Als Brillenträger hat man (und Frau!) es wirklich nicht leicht. Nicht nur, dass die Brille Komma sobald man im Winter ein Gebäude betritt Komma schlagartig beschlägt Komma so dass es einem vorkommt Komma als wäre man gegen eine Nebelbank gelaufen. Nein, auch die Pflege der (un)geliebten Augengläser erweist sich als sehr schwierig! Will man seinen Durchblick nicht verlieren Komma bleibt einem nichts anderes übrig Komma als die Brille regelmäßig zu reinigen. Das kann doch nicht so schwer sein, denken Sie als (glücklicher) Brillenloser jetzt. Oh doch! Denn das Brillenputzen ist eine Wissenschaft für sich!

Mit komplizierten Verrenkungen der Finger versucht man die Brille richtig zu halten und mit der anderen Hand rubbelt man mit einem Putztuch wild auf den Gläsern herum. Warum ich die Brille nur mit Zeigefinger und Daumen halte und die anderen Finger möglichst weit von mir strecke? Ganz einfach, damit durch das Halten keine neuen Flecken entstehen – das wäre ja kontraproduktiv, immerhin versuche ich die Brille zu säubern!

Ist man sich dann nach minutenlanger Reinigung sicher alle Flecken beseitigt zu haben Komma kommt der Moment der Wahrheit: man hält die Brille gegen das Licht. Und da! An der am schwierigsten zu erreichenden Ecke ist noch etwas. Also wieder das Putztuch zur Hand nehmen. Danach kommt nochmals der Kontrollblick. Nun ist der Fleck zwar aus der Ecke verschwunden, aber ganz weg ist er noch nicht. Er ist nur ein paar Zentimeter weiter gewandert und prangt nun frech in der Mitte der Brille. Geradezu herausfordernd sitzt er da! Durch weiteres Polieren gelingt es schließlich den Eindringling zu vernichten – nur um auf dem anderen Brillenglas einen neuen Fleck zu entdecken. Wo kommt der denn nun wieder her? Berührt habe ich die Brille dort bestimmt nicht. Aber egal – er muss weg!

Vielleicht halten Sie mich jetzt für akribisch und gar penibel, weil ich jeden noch so kleinen Fleck auf meiner Brille beseitigen will. Aber die anderen Brillenträger werden verständnisvoll nicken, wenn ich Ihnen erklären darf, dass auch der kleinste Fleck die (Durch-)Sicht behindert. Es ist nicht so, dass er einem den Ausblick versperrt, es ist die ununterbrochene Ablenkung die so ein Fleck verursacht Komma sobald man ihn einmal entdeckt hat. Ignorieren ist sinnlos – der Blick wandert wie von selbst zurück zu dem Unruhestifter. Versuchen Sie doch einmal ein Buch zu lesen wenn Sie von Ihrer Brille aus unentwegt ein kleiner weißer Fleck anstarrt! Funktioniert nicht!

Interessieren würde mich auch Komma woher diese Fremdlinge überhaupt kommen. Von mir stammen sie nicht. Es sind auch keine unerforschten Substanzen, die mein Auge versprüht – denn sie sind stets an der Außenseite des Glases. Kommen Sie aus der Luft? Dunkle Materie Warum dunkle Materie? Bei mir sind die Tierchen ausnahmslos weiß oder grau, - auch so ein Rätsel, aber vielleicht sieht man schwarze Punkte nicht so schnell? Oder sind es gar kleine Lebewesen Komma die durch die Luft schweben und nur darauf warten einen Brillenträger zu entdecken Komma auf dessen Brille sie sich niederlassen können? Brillenbeschmutzungstierchen sozusagen. Gemeine kleine Kreaturen Komma die dann so lange auf meiner Brille umherkrabbeln Komma bis ich sie entdeckt habe und ab da nicht mehr übersehen kann.

Sie sehen also Komma oder Doppelpunkt wir Brillenträger haben es wahrlich nicht leicht und... – da! Da ist schon wieder eins! Ein Brillenbeschmutzungstierchen! Na warte, dich erwische ich schon!
Veitch ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Fehlende (Durch)Sicht



Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
letzter halt, sicht vulcanus_rubin Sonstiges Gedichte und Experimentelles 5 11.09.2008 23:33
fern.sicht Mondenkind Gefühlte Momente und Emotionen 6 29.08.2007 11:44
Die Sicht der Dinge... Drachenseele Sprüche und Kurzgedanken 1 16.08.2007 12:49
Lilith, aus anderer Sicht Lady_Drakhena Geschichten, Märchen und Legenden 0 17.05.2006 22:03


Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.