Pjotr, du verdammt-geliebter Hund

[Heinz]

Verlassen musste Luzifer den Himmel -
beim jähen Sturz in bodenlose Gründe
verletzten Dornen eines Rosenstrauchs
das bisher makellose Lichtgewand
und Blut aus aufgerissnen tiefen Wunden
besprenkelte die Blätter einer Lotusblüte.

Pjotr, du hast sie gefunden;
quer zum Blattgerippe hast du
schwarz fünf Striche hingemalt -
für die Sinfonie der Schmerzen,
aber auch der höchsten Lust
so die Partitur geschaffen.

Pjotr, du verdammt-geliebter Hund,
sprichst zu mir von großer Liebe,
aber mit genau gezieltem Hiebe
schlägst du mir die Seele wund -
träufelst innehaltend jetzt
Balsam, meinen Schmerz zu lindern;
dieses Öl wird nicht verhindern,
dass du mich noch mehr verletzt.

Gepeitscht, gerüttelt windet sich mein Leib,
du wühlst in meinen Därmen und im Hirn.
Ich lieg zu deinen Füßen - schlag nur zu!
Entleibe mich, damit die Seele ganz
befreit zu schweben lernt in lichten Höhen
und dankbar deiner Züchtigung gedenkt.

Pjotr, deine Sphärenklänge
tragen mich in himmelblaue Fernen,
körperlos entschwebe ich
meinem Leid der letzten Jahre.

[dr.Frankenstein]

Tut mir leid, es ist alles zu deinem Besten. Nur durch die Liebe kann ich dich Strafen leiden lassen.
Du wirst es selbst besehen. Deine Verwirrung und das Haben wollen, dein Schmerz allein gelassen zu sein, dein Wunsch nach Hilfe. All das versuche ich aufzulösen. Dazu musst du es aber erst erleiden.

[Thing]

Ein neuer Krambambuli?
Das Reimschema ist verwirrend. Aber der Text ist sehr opulent. Das versöhnt.

LG
Thing

[Gylon]

Lieber Heinz,
ich stimme zu, dass die Empfindungen und auch der Text für mich schwer nachvollziehbar sind. Aber er gefällt mir durchaus. Sehr Kraftvoll. Danke fürs teilen!

Liebe Grüße Gylon

[Heinz]

Lieber Gylon,
wenn ein "sehr kraftvoll" rüber kommt, darf ich mir schon ein Lorbeerblatt an die Stirn kleben. Der Text. Reine Fantasie: Luzifer,wie es sein Name schon sagt,
war nicht von Anbeginn an Teufel, sondern eine Lichtgestalt. Sie wurde in den Höllenabgrund verstoßen. Soweit die Legende. Ich malte mir den Sturz als einen Fall durch dornige Rosensträucher vor, die Wunden bluteten und die Blutstropfen besprenkelten ein Lotosblatt. Pjotr (Peter Tschaikowski) nahm das Blatt, und machte mit Strichen daraus eine Partitur (die Bluttröpfchen bilden sozusagen die Notenköpfchen). Die Partitur war eigentlich schon fast fertig, er (Pjotr) brauchte nur noch die Notenstriche zu ziehen. Damit beantworte ich meine Frage, die ich mir bei jedem großartigen Kunstwerk stelle: "Wie hat der Künstler DAS gemacht?" Ob die Story stimmt, die man sich von Michelangelo erzählt, weiß ich nicht. Er sei mal gefragt worden, wie er diesen David geschaffen habe. Er soll geantwortet haben: Ganz einfach - ich habe von dem Marmorblock alles weggehauen, was nicht nach David aussah." Tschaikowskis Klavierkonzert Nr. 1 (und viele andere musikalische, bildnerische, literarische Kunstwerke) hat auf mich eine ungeheure Wirkung.
Die will ich im Einzelnen nicht beschreiben, habe aber versucht, diese spezielle Wirkung auf mich lyrisch zu verarbeiten.
Liebe Thing,
wie Du meiner Antwort an Gylon sicher schon entnommen hast: Kein neues Krambambuli.
Reimschema? Es gibt nach dem ersten Gefühlsausbruch erst in der dritten Strophe Reime: abba - abba . Opulenz - zu der neige ich öfter, vor allen dann, wenn es um große Gefühle geht. Danke für das Lob!
Hallo, dr. Frankenstein,
wenn ich Dich richtig verstehe, versetzt Du Dich in eine beinahe "göttliche" Lage. Das führt aber zu einer Sichtweise, die das Gedicht nicht hergibt. Hier steckt ein genialer Komponist dahinter, bei dem ich andeute, dass seine Komposition überirdisch schön, gewaltig, zerschmetternd, aber auch harmonisch, lyrisch, romantisch und letztlich des Menschen Seele in himmelblaue Fernen schweben lassen kann.
Liebe Grüße Euch Dreien,

Heinz

[Gylon]

Lieber Heinz,
vielen Dank für deine Hinweise. Sie lassen den Text in einem anderen Licht erscheinen. Sehr phantasievoll und gut geschrieben wie ich finde.

Liebe Grüße Gylon

[Heinz]

Lieber Gylon,
ich danke Dir für Deine freundlichen Worte!
Beste Grüße,
Heinz