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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt.

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Alt 09.03.2023, 12:19   #1
weiblich Rumpelstilz
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Standard In großer Zeit

Man lebt geduckt, man bloß so vor sich hin
und hat die große Zeit so langsam satt,
genaugenommen lebt man nur anstatt.
Wer weiß, vielleicht liegt darin auch ihr Sinn.

Klammheimlich wünscht man sich Vergangenheit
zurück, wie’s damals war. Das bisschen Glück,
wer hätt’s nicht gern und überhaupt zurück?
Und doch, man übt sich fromm in Artigkeit.

Die große Zeit ist gar so schrecklich groß.
Man denkt, sie dürfte etwas kleiner sein.
Und bleibt mit seinem heißen Wunsch allein,
sehnt sich zurück in Mutters warmen Schoß.

Sagt man ein Wort, ist man moralisch tot.
Wie schön wär’s jetzt, man wäre ahnungslos.
Für kleine Leute ist die Zeit zu groß,
für sie hat sie nur Schmerz im Angebot.
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Alt 09.03.2023, 13:29   #2
weiblich Ilka-Maria
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Das Gedicht erinnert mich stark an eine frühere Userin, die ein Faible für "man"-Texte hatte. Fast jedes ihrer Gedichte war in genau dem Stil geschrieben wie deines hier. Übrigens stammte sie auch aus Berlin (Berlin Mitte) und gehörte zum Personal des Berliner Ensembles.

Gut gedichtet, aber kollektive Betrachungsweisen sind nicht mein Ding.
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Alt 09.03.2023, 13:53   #3
weiblich Rumpelstilz
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Standard In großer Zeit

Liebe Ilka-Maria,

weißt du noch den Namen der Userin aus dem Berliner Ensemble?

Was das "man" angeht, ich habe den Text extra deshalb gepostet, weil du das "wir" nicht akzeptiert hattest, was aber ganz klar aus dem Kontext hervorging, genausowenig wie du das "man" verstehst.

"Man" bezeichnet eine große allgemeine Menge von Menschen, es bezeichnet also eine Allgemeinheit. Es ist eine unbestimmte Personale, die ja nicht aus Jux und Dallerei im Deutschen existiert, also ihre Daseinsberechtigung hat. Ich begegne immer wieder diesem Vorbehalt gegen das "man". Das ist aber völlig unbegründet. Ich könnte dir eine ganze Palette von Gedichten aufzählen, in der das "man" vorkommt. Und das sind alles Gedichte von gestandenen Lyrikern. Zum Beispiel hat Mascha Kaleko x Gedichte in der "man"-Form geschrieben. Und niemand hat sich am "man" gestört.

Das "man" sollte natürlich nicht benutzt werden, wenn man damit etwas verdecken oder verunklaren will, nämlich dann, wenn man "man" sagt und sich selbst meint, oder dann, wenn man eine Person schützen will. Ansonsten ist "man" absolut legitim, wenn man von einer allgemeinen Menschenmenge spricht.

Lieben Gruß, Rumpelstilz
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Alt 09.03.2023, 14:05   #4
weiblich Ilka-Maria
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Ja, Ich kann mich an die Namen dieser Userin - sie trat unter zwei verschiedenen in Poetry auf - erinnern, auch an den Namen ihres Kettenhundes, der ein ziemlich ungehobelter Klotz war. Die beiden wurden von meinem Vorgänger aus dem Forum geschmissen und ihre Werke gelöscht, weil ihr impertinentes Auftreten bei den Usern nicht gut ankam und nur genervt hat. Ich kenne auch den Klarnamen dieser Userin. Komisch, dass sie im gleichen Jahr geboren wurde wie du.
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Alt 09.03.2023, 19:16   #5
weiblich Rumpelstilz
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Standard In großer Zeit

Aber du verrätst mir den Namen nicht? Ich kenne die Leute vom Theater ganz gut, und ich weiß auch, dass sie sehr emotional sind. Auf der anderen Seite können sie aber auch sehr rational sein. Ich mochte die Theaterleute eigentlich immer, weil sie im allgemeinen eine sehr offene Weltsicht haben, nicht so verklemmt und auf keinen Fall bürokratisch oder so. Leben und leben lassen, das ist mehr oder weniger die Devise. Wobei sie auch ziemlich gemein sein können, wenn es um Konkurrenz geht, zum Beispiel um eine Rolle oder so. Das sind eben keine typisch kleinbürgerlichen Leute, die morgens zur Arbeit gehen und um 17.00 Uhr Feierabend haben. Also ich mochte sie.

Lieben Gruß, Rumpelstilz
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Alt 09.03.2023, 20:07   #6
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Rumpelstilz Beitrag anzeigen
Aber du verrätst mir den Namen nicht?
Du kennst den Namen, da bin ich mir sicher, und dass du die Leute vom BE gut kennst, glaube ich dir aufs Wort. Die Dame war (und ist noch immer) sehr "fleissig". Sie selbst war auch nicht der eigentliche Störfaktor im Forum, sondern das war ihr Büttel und Sidekick. Sie war eher überempfindlich. Als sie neu hier war, fragte ich, wieso sie sich als Berlinerin den Namen einer Frankfurter Prostituierten als Nick ausgesucht hatte, eine Frage, die ich völlig ernst und ohne jede Anspielung gemeint hatte. Mir wäre da z.B. Döblins "Mieze" vom Alexanderplatz eingefallen. Prompt bekam ich die pampige Antwort von dieser reizenden Userin, sie sei in ihrem früheren Leben halt eine Frankfurter Hure gewesen - so ähnlich hatte sie sich ausgedrückt. Da war mir klar, woher der Wind wehte. Aber ach, das ist zehn Jahre her, und ihr Gastspiel hier war relativ bald beendet. Ich glaube, ohne diesen Büttel, der immer wieder für hohe Wogen sorgte, wäre das nicht passiert. Wenn sie ohne ihn wiedergekommen wäre, hätte René ihre Gedichte reaktivieren können und dies bestimmt nicht abgelehnt.

Ich bin kein Theaterfreak, sondern von Kindheit an ein Kinomensch, aber ich schätze grundsätzlich die Kunst aller guter Schauspieler. Emotionalität haben sie allerdings nicht gepachtet, alle Menschen bestehen zum größten Teil aus Emotionen.

Wenn du dich in der Berliner Theaterlandschaft so gut auskennst, ist dir sicherlich Carmen-Maya Antoni bekannt. Diese Frau ist eine Wucht an Schauspielkunst. Ich sah sie zum ersten Mal in einem Fernsehfilm, und da trat sie in einer Nebenrolle so prägnant auf (sie spielte die Hauptdarsteller förmlich an die Wand), dass ich mir sofort ihre Biografie zugelegt hatte. Eine geradzu faszinierende Persönlichkeit.
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Alt 10.03.2023, 06:53   #7
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Liebe Ilka-Maria,

was du bewunderst, ist Handwerk. Ja, die Antoni ist gut. Mich interessieren aber eher die Dinge hinter der Bühne, und da habe wirklich ganz vernünftige Menschen kennengelernt. Und alle zusammen haben kein leichtes Leben, das sieht nur von außen so aus. Für die Filme, die heute gedreht werden im deutschen Film habe ich eigentlich kein Interesse. Da wurde der Film "Transit" nach Anna Seghers als ganz dolle Verfilmung angekündigt, aber ich fand ihn im normalen Schnitt. Außerdem, das Buch habe ich vor Jahrzehnten gelesen, ich weiß gar nicht, ob es eine werkgerechte Verfilmung war. Gut ist natürlich, dass Anna Seghers verfilmt wurde, aber sonst? Die Kunst wird in der kommenden Zeit wie so viele Dinge, an die wir gewöhnt sind, keine Rolle mehr spielen. Sicher haben die "Eliten" die Befürchtung, dass unterschwellig Ideen transportiert werden können, die ihre Macht gefährden könnten. Wir gehören hier zu den letzten Hütern dessen, was in unserem Leben mal wichtig war. Wir sollten von allen Gebieten unseres Lebens forciert Gedichte schreiben, denn dies wird, wie ich das sehe, nicht mehr gestattet werden.
Unser heutiges Leben wird es nicht mehr geben.

Lieben Gruß, Rumpelstilz
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Alt 10.03.2023, 07:55   #8
weiblich Ilka-Maria
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Ich vergleiche Filme nicht mit Büchern. Das sind verschiedene Sprachen. Ein Buch kann für die Kamera immer nur eine Adaptation sein. Und da wird eine Idee in ein Drehbuch gegossen und dann verfilmt. Es kann nie das sein, was der Autor in seinem Roman geschrieben hat, dessen muss man sich bewusst sein. Und das ist gut so, denn bei einer Eins-zu-eins-Verfilmung käme nur ein langgezogener, langweiliger Mist heraus. Deshalb ist es auch müßig zu sagen: "Das Buch war besser." Hitchcock hat es sogar fertiggebracht, dass man über "Rebecca" sagte: "Wow! Der Film war besser als das Buch!" Aber das ist alles "bullshit". Jedes Werk steht für sich.

Die Seghers ist nicht mein Fall. Ich hatte "Das 7. Kreuz gelesen", oder besser gesagt: Mich hindurchgequält. Gehobene Sprache, das ist wahr. Aber inhaltlich eintönig, emotionslos und ohne Höhepunkte. Das Buch konnte mich an keiner Stelle fesseln. Deshalb bin ich ihren Werken seitdem aus dem Weg gegangen.

Soweit zu diesem Thema. Auf meine anderen Anmerkungen bist du nicht mehr eingengangen. Dennoch: Welcome back in Poetry.
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