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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 20.04.2015, 13:42   #1
männlich Lewin
 
Dabei seit: 03/2015
Beiträge: 1.231

Standard Ein innerer Dialog

Ein innerer Dialog

Ich strahle, bleibe stehn und steige
- die Sonne scheint, dort liegt ein Stein -
und steigend stehe, stehend neige
ich mich: es muss um vier Uhr sein.

Du fragst, wieso? - Siehst du den Schatten,
der fällt genau auf den Basalt.
Das weiß ich, weil wir das schon hatten,
als wir nicht annähernd so alt.

Da konnte ich die Turmuhr sehen.
Wir waren hier genau um vier
und küssten uns und blieben stehen.
Heut bin als Sonnenuhr ich hier.

Ist man im Leben nichts mehr nütze:
solange man noch Schatten zeigt,
den Turm sieht und davon die Spitze,
dann strahlt man, wenn die Turmuhr schweigt.
Lewin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.04.2015, 15:28   #2
männlich Ex-Ralfchen
abgemeldet
 
Dabei seit: 10/2009
Alter: 77
Beiträge: 17.302

wie hat dich unser paps in der milchstrasse mit gnadenvollem talent gebraust, meine guter - nein - unser guter L. Ewin!

Zitat:
Ich strahle, bleibe stehn und steige
- die Sonne scheint, dort liegt ein Stein -
meine gedanken flüchten nach Tschernobyl...wo menschen strahlend über steine stolpern...


Zitat:
unser paps in der milchstrasse beschütze dich - dein
Resulfchen

http://up.picr.de/21654461fy.jpg
Ex-Ralfchen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.04.2015, 13:54   #3
männlich Lewin
 
Dabei seit: 03/2015
Beiträge: 1.231

Standard Ein innerer Dialog

Manches könnte sich erschließen,
so wenn man darüber spricht.
Lässt man Eifer überfließen,
geht es schlecht bis meistens nicht.
Lewin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.04.2015, 20:46   #4
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Lieber Lewin,

Dein Gedicht hat mich be- und verzaubert.
Welche Größe in dieser distanzierten Schlichtheit!
Kein aufgeblasener Pomp, keine Attitüde, kein Schmalz, keine pathetische Künstelei -
einfach herrlich!
Klar wie ein Gebirgsbach, wie ein stiller, ungetrübter See.


Genießend:
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.04.2015, 10:20   #5
weiblich shoshin
gesperrt
 
Dabei seit: 02/2014
Beiträge: 1.073

Lieber Lewin,

Ein phantatisches Gedicht, aber ich kann es nicht enträtseln!?

Da LI ist gleichzeitig die Sonne ("steigend stehe, stehend neige") und ein Mensch, der sich an eine Liebe erinnert?

Am Ende wird er sich wieder bewusst, dass alles eins ist, er "strahlt" wie die Sonne und wirft gleichzeitg Schatten. Die Turmuhr steht still - "schweigt": Zeit hat keine Bedeutung?

S3V4, wär so vielleicht flüssiger lesbar:
Als Sonnenuhr bin ich heut hier.

Das "man" klingt mit zu unpersönlich, viell gehts auch irgendwie mit ich oder wir.

Sehr gern gelesen und gerätselt!
Lieben Gruß
shoshin
shoshin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.04.2015, 13:14   #6
männlich Lewin
 
Dabei seit: 03/2015
Beiträge: 1.231

Standard Ein innerer Dialog

Liebe shoshin,
das Gedicht soll tatsächlich, so wie du es auch im zweiten Teil des ersten Satzes schreibst, an etwas längst Vergangenes erinnern. Alles andere ordnet sich dem natürlich unter: so auch der erste Teil des Satzes. Den kann man natürlich auch so wie von mir gemeint interpretieren, dass man sich quasi innerlich aufrichtet, gleichzeitig aber so neigt, dass er annähernd der nötigen Neigung des Zeigers der Sonnenuhr entspricht, abhängig von der jeweiligen geographischen Breite, hier aber als bekannt vorausgesetzt. Das heißt, man ist als Protagonist nicht Sonnenuhr, sondern nur Zeiger des Systems Sonnenuhr.
Das wäre jetzt aber zu kompliziert.
Kurz gesagt: man weiß, dass man zu einer bestimmten Zeit an einer bestimmten Stelle einen Schatten auf einen Stein geworfen hat, dass es dann vier Uhr war (16 Uhr), die Turmuhr schlug und man freut sich, strahlt (verinnerlicht), dass man es erkennt, obwohl nun die Turmuhr, als Zeichen der vergangen Zeit, schweigt.

Ob man den Satz „als Sonnenuhr bin ich heut hier“, so stehen lässt oder wie im Original, scheint zunächst fast gleichwertig.
Aber mir schien es wichtig (ich habe auch hin und her geschoben), die Zeitbezogenheit im Satz an den Anfang zu stellen.
Mit dem „man“ da liegst du natürlich nicht daneben. Es würde aber bedeuten, dass ich die ganze Strophe umkrempeln müsste. Zudem habe ich ja versucht, mit dem Begriffen „ich strahle“ der ersten Zeile und „strahlt man“ alles wieder zusammen zu führen. Irgendwo sagt man auch Rückkopplung dazu.
Liebe shoshin, ich hoffe, ich konnte dir mit den Erläuterungen etwas dienen.
Herzliche Grüße von
Lewin.
Lewin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.04.2015, 13:25   #7
männlich Lewin
 
Dabei seit: 03/2015
Beiträge: 1.231

Standard Ein innerer Dialog

Hallo Thing,
danke für deinen so treffenden Kommentar. Ich habe shoshin ausnahmsweise vorgezogen, weil ich einfach annahm, dass du ja fast immer ohne Erläuterungen auskommen kannst; wahrscheinlich bin ich (bzw. meine Zeilen sind es) doch für dich wie ein offenes Buch.
Liebe Grüße
Lewin.
Lewin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.04.2015, 14:00   #8
männlich Laie
 
Benutzerbild von Laie
 
Dabei seit: 04/2015
Ort: Oberpfalz
Alter: 33
Beiträge: 847

Hallo Lewin,
dieses Gedicht gefällt mir von allen, die ich bis jetzt von dir lesen durfte, am besten! Es steckt so viel darin, und ich weiß nicht weshalb, aber es rührt mich fast emotional an. Einfach klasse!

LG
Laie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.05.2015, 10:42   #9
männlich Lewin
 
Dabei seit: 03/2015
Beiträge: 1.231

Standard Ein innerer Dialog

Hallo Tiger,
so langsam versuche ich, meine ganzen Altschulden abzuarbeiten. Dabei habe ich nochmals deinen wunderbaren Kommentar zu diesem Gedicht gelesen. Danke für den so schönen Beitrag von dir. Er geht einem auch nach einiger Zeit noch regelrecht unter die Haut.
Viele herzliche Grüße von
Lewin.
Lewin ist offline   Mit Zitat antworten
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