Ein Vöglein möcht ich sein

[Desperado]

Ein Vöglein möcht ich sein

Ich hab gemacht,
was allzu wenige vor mir vollbracht-
ich habe nachgedacht.
Und ist auch dem, der Antwort sucht
zur Erntezeit die reife Frucht
ein faules Ding, das er verflucht-
ich hab zuletzt gelacht.

Die Meisten denken nur ans Geld
auf dieser Welt
und wissen nicht, was wirklich zählt.
Denn Windhauch, sprach der Weise,
ja nichts als Dung und Scheiße
stinkt in den Streben der Geleise,
wenn wir den breiten Weg gewählt.

Wer sich mit seinen Werken rühmt,
der ist ein Trottel unverblümt,
ein Loser, der den Sieger mimt.
Am Ende wartet Bruder Tod,
ist schon bei uns im Morgenrot,
nimmt gnädig von uns alle Not,
er fragt nicht, was sich schickt und ziemt.

Ob wir gefangen oder frei
ist doch im Grunde einerlei,
kein Dasein lindert unsrer Seele Schrei
nach Ewigkeit.
Glückseliger Glückseligkeit-
Geknechtete in Raum und Zeit,
verurteilt zu Verderb, gezwungen zu Gedeih.

Ich hab von alledem genug,
von Falschheit, Täuschung, Lug und Trug,
spring ab von diesem Höllenzug.
Ich möcht’ ein Vöglein sein,
ein zartes Wesen scheu und klein,
mit offnen Augen klar und rein,
so federleicht und froh mein Flug.

Da nimmermehr ich fliegen kann,
weil meine Schwingen mir gebrochen irgendwann,
bleibt unerreichbar mir der Wipfel hoher Tann'.
Will mit den lichten Wolken über blaue Firmamente wandern,
will wie der Blitz von einem Himmelsende leuchten bis zum andern,
will gehn und kommen wie der Wind, will wie ein wilder Fluss mäandern
und ziehen Dich in meinen Bann.


09

[Ex-Nitribitto]

@Desperado

Deine Texte öffnen den Blick in eine Welt, wie ich sie mag. Das hier ist so ein Text, den ich mag. Wenn er bloß ordentlich geschrieben wäre. Du stellst wahrscheinlich deine Texte immer völlig unbearbeitet ein? Schade für deine Texte, sie haben Substanz, sie verdienen es, dass ein größerer Kreis von Menschen sie kennenlernt, z. B. indem sie gedruckt werden.

Was gefällt mir an dem Text? Das Freiheitsstreben, das Unabhängigkeitsstreben, der Blick, der nicht eingeengt ist, sondern ins Weite geht, das Originelle der Formulierungen, auch wenn es nicht brandneu ist. Man spürt, hier spricht einer, der meint es ernst. Dem tut die Welt weh, wie sie ist, der will eine andere Welt, weiß aber nicht, welche. Es ist ein schöner Text, nachdenklich, feinfühlig. Der ihn schrieb, ist sich über etwas im klaren.

Nitribitto

[Desperado]

hallo Nitribitto,

Du hättest den Text mal sehen sollen, bevor ich ihn reingestellt hab, da gab's keine Kommas, keine Punkte, kein Garnichts, und die letzte Strophe hatte eine Zeile mehr. Falls wirklich mal jemand auf die abwegige(?) Idee kommen sollte, etwas davon zu veröffentlichen, würde er das mit der Form sowieso Leuten überlassen, die derlei gelernt haben, um alles kann ich mich schließlich auch nicht kümmern.

Was Du sonst so sagst... dazu fällt mir nichts Gescheites ein, wenn ich etwas dazu sagen würde, käme es entweder eitel oder als falsche Bescheidenheit rüber, also lass ich es einfach so stehen und gelten und sage schlicht Danke.

Herzlich
Desperado