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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 29.07.2011, 03:07   #1
weiblich Muschelsucherin
 
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Beiträge: 7

Standard Genetischer Herzabdruck

Genetischer Herzabdruck

Als ich geboren wurde
vererbte man mir
die Farbe meiner Haare
das Grün meiner Augen
die Beschaffenheit meiner Haut
die Möglichkeit zu denken
die Oberfläche meines Innenlebens

Ich erbte die Sehnsucht nach
dem Blau der Meere
einem leichten WInd
einer wärmenden Sonne
nach sanften Hügeln und tiefen Schluchten
einer langsameren Gangart
unter alten, knorrigen Olivenbäumen

Als ich geboren wurde
in anderen Breitengraden
wies man mir ein Herz zu
mit einer stillen Sehnsucht
nach Hause zu finden
dahin...
wo in unverwechselbaren Händen
meine Träume gedeihen
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Alt 29.07.2011, 07:30   #2
Thing
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Beiträge: 34.998

Halli Hallo, Muschelsucherin -

eine lyrische Art, seine Familienverbundenheit über Generationen hinweg auszudrücken!
Die ja immer mit einer gewissen Sehnsucht einhergeht.


Thing
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Alt 29.07.2011, 09:55   #3
Ex-Kaleidoskop
abgemeldet
 
Dabei seit: 07/2011
Beiträge: 217

Ein Gedicht von der inneren Suche
nach dem einzigen, dem wahren
Ort, an dem man geborgen ist.

Wunderbar poetisch ausgedrückt,
dass dieses Potential, das in jedem von uns
vorhanden, genetisch angelegt ist.

LI ist sich dessen bewusst und
macht sich auf den Weg.
Viele andere leugnen diese
Sehnsucht und ersetzen sie.

Ein wunderbares Gedicht.

Lg
Kaleidoskop
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Alt 29.07.2011, 18:49   #4
weiblich Muschelsucherin
 
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Danke Thing und Kaleidoskop für Eure Beiträge.
Es gibt Gedichte die sich von selbst schreiben, so als seien die Worte, wenn auch ungeordnet, schon immer da gewesen. Und plötzlich stehen sie auf dem Papier und man fragt sich, wer von dem inneren Club sie heraus purzeln ließ. Ich nenne sie Gedichte aus dem Orbit der Seele.
"Genetischer Herzabdruck" ist ein solches Seelengedicht, welches entstand, als ich mit weit über 30 nach Griechenland fuhr um meine Familie kennenzulernen. Es war nicht so, wie in den Doku Schinken, in denen sich alle um den Hals fallen, weil sie sich endlich wiedergefunden haben, es war ein leises und unaufgeregtes Verstehen ohne die Fragen vorher gekannt zu haben. Berührt hat mich ein winziger Augenblick als ich ankam und meine griechische Großmutter mir zunickte, so als wolle sie ohne Worte sagen, dass dieser Moment die Geschichte von uns allen in sich einbettet und uns freigibt, jeden auf seine Weise, mit allen Gedanken, Hoffnungen, Zweifeln...dem Schönen und dem Grauenvollen.
Ein Jahr vorher war ich das erste Mal in Griechenland, ohne zu wissen wo meine Familie lebt. Obwohl ich immer gerne in südliche Länder gefahren war, hatte ich keine Ahnung was dieses Land in mir auslösen würde. Es ist schwierig zu beschreiben wie ein Land das Du vorher nie betreten hattest, mit seiner Erde, seiner Sonne, seinem Meer, seinen Bäumen, Hügeln und Schluchten Dir sagt, dass es schon immer ein Teil von Dir war.
Mir lief die Brühe nur so aus den Augen, ich konnte gar nichts dagegen machen. Es hat mich auseinandergerissen und wieder zusammengesetzt.

Heute weiß ich, dass das Land und die Menschen durch ihren Herzabdruck mir eine Ahnung von Ankommen geschenkt haben; nicht um zu bleiben, sondern um dem Vagabunden in mir eine Vorstellung und ein Gefühl von Heimat zu geben. Und da ist es jetzt, wabert irgendwo in meinem Orbit und das ist schön. Von mir aus kann es jetzt regnen, auch wenn ich es lieber mag wenn die Sonne scheint.
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Alt 29.07.2011, 18:50   #5
weiblich Muschelsucherin
 
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Beiträge: 7

Oh Gott...soviel wollte ich gar nicht schreiben
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Alt 29.07.2011, 18:58   #6
Thing
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Beiträge: 34.998

Du hast Dich - in den Grenzen der Dezenz - auf das Liebste entdecken lassen und entblößt im guten Sinne.
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Alt 29.07.2011, 19:35   #7
männlich ZychoyZ
 
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Beiträge: 1.633

dein gedicht ist wirklich schön, fühlt sich an wie lange schon gekanntes, die sehnsucht des herzens wirkt in vielen, so auch in mir (auch wenn nicht aus Wurzelferne) ... schönes gedicht!
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Alt 29.07.2011, 23:08   #8
weiblich Muschelsucherin
 
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Beiträge: 7

Danke Thing, ich hatte nach dem Abschicken der Erklärung zu dem Gedicht schon gedacht, dass ich jetzt zu viel "gelabert" hab...aber ihr ward "Schuld" mit Euren Kommentaren, die das innere Bild belebt haben. Danke dafür.

ZychonyZ, "Wurzelferne" gefällt mir richtig gut. Und Sehnsucht ist vielleicht ein altes abgedroschenes Thema, aber ich kenne keinen, den sie nicht umtreibt in irgendeinem Sinne. Eigentlich ist dann das Thema egal, wenn man die Worte in der eigenen Seele wieder erkennt.
Muschelsucherin ist offline   Mit Zitat antworten
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