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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 29.03.2010, 09:34   #1
poeasy
 
Dabei seit: 11/2009
Ort: Schleswig-Holstein
Alter: 49
Beiträge: 59

Standard Ein Strandspaziergang

Gischt und Regen schmeißen
Salz in mein Gesicht.
Erinnerungen beißen
durch graues Tageslicht.

Spuren meiner Schritte
frisst die Brandung - kaum getan.
Ich spür' in meiner Mitte
den tiefen Riss durch Zeitens Zahn.

Sturm schreibt mir Geschichten
aus meinem Einst mir auf die Haut.
Er weiß mir zu berichten,
wie man ganz leicht nach Innen schaut.

Zu stark sind die Gewalten.
Zu schwach bin ich, vor mir zu stehn.
Nach kurzem Innehalten
muss ich verstört landeinwärts gehn.
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Alt 29.03.2010, 09:35   #2
weiblich C.Alvarez
 
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Dabei seit: 07/2006
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Sag mal, was ist denn ein Spaziertgang?

Corazon
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Alt 29.03.2010, 09:36   #3
poeasy
 
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Hättest du eine Sekunde länger gewartet, hättest du diese Frage nicht gestellt.
Es ist ein Spaziergang mit zu dicken Fingern.

Gruß
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Alt 29.03.2010, 09:38   #4
weiblich C.Alvarez
 
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Zitat:
Zitat von poeasy Beitrag anzeigen
Es ist ein Spaziergang mit zu dicken Fingern.
Alles klar

Ein eindrucksvolles Stimmungsbild.
Was das bedeutet, ist mir nicht ganz klar:

"Zu schwach bin ich, vor mir zu stehn."

Herzlicher Gruss

Corazon
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Alt 29.03.2010, 10:28   #5
Aporie
 
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Nur hat der Zahn der Zeit die Spuren leicht verwischt. Sie sind dem etwas zu dicken Fingerabdruck gewichen, den die Würgemale auf der Haut hinterlassen. Wenn Du die ersten drei mir streichst und nur das letzte stehen lässt, würde das den Spaziergang durch Dein Poem bedeutend verschönern.

PS: Corazon hat vielleicht trotzdem recht, auch den letzten Mir-Satz zu verändern, damit Du etwas klarer vor Dir und weniger selbst im Weg stehst.
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Alt 30.03.2010, 09:00   #6
poeasy
 
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Beiträge: 59

Hallo Corazon,
hallo Aporie,

mir gefällt es auch ganz gut. Ob es zu viele "mir" beeinhält, ist, denke ich, Geschmacksache. Ich habe mal versucht, es umzuschreiben...

Gischt und Regen schmeißen
Salz in mein Gesicht.
Erinnerungen beißen
durch graues Tageslicht.

Spuren meiner Schritte
frisst die Brandung - kaum getan.
Ich spür' in meiner Mitte
den tiefen Riss durch Zeitens Zahn.

Sturm erzählt Geschichten
von Ehemals auf meine Haut.
Er weiß so zu berichten,
wie man ganz leicht nach Innen schaut.

Zu stark sind die Gewalten.
Zu schwach bin ich, mich anzusehn.
Nach kurzem Innehalten
muss ich verstört landeinwärts gehn.

....urteilt selbst.

@Corazon: Das "Zu schwach bin ich, vor mir zu stehn." soll darstellen, dass das LI sich während des Strandspaziergangs immer mehr Gedanken über sich selbst macht, und die gewonnenen Erkenntnisse irgendwann nicht mehr erträgt.

Vielen Dank für Eure Antworten.

Schönen Gruß
poeasy
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Alt 30.03.2010, 10:12   #7
Aporie
 
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Ich möchte jetzt nicht auf einzelne Zeilen oder Worte eingehen, sondern für Deine Art, Gedichte zu schreiben, eine Leiter entwerfen, auf der Du ein paar Srufen höher nach Worten greifen kannst. Doch dieser Griff will geübt sein, sonst kippt die Leiter.

Jedes Gedicht darf bisweilen holpern, aber nur an Stellen der Verdichtung
dort wo die Metrik zwangsläufig den Spurwechsel nachvollziehen muss, den der Inhalt die Weichen stellen ließ, in eine Fahrt mit überraschend neuen Landschaftsbildern. Es kommt zu einem Blickwechsel. Was eben noch vor dem Fenster vorbeigezogen ist, guckt jetzt neugierig von außen nach innen. Wer sitzt denn da? Wer sperrt seine Augen so weit auf, dass es schon fast weh tut?
Und wenn die Räder des Zugs sich rückwärts drehen, obwohl es weiterhin voran geht, beginnt der Leser das Ziel zu ahnen und ist überrascht, dass er bereits angekommen ist.
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Alt 30.03.2010, 12:05   #8
poeasy
 
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Nochmals hallo Aporie,

danke für Deine Steighilfe.
Das Problem ist, sie hat nicht meine Schrittweite, und lehnt nicht an der Mauer, über die ich steigen möchte.
Grundsätzlich glaube ich, dass es in der Lyrik nicht das Ziel sein sollte, höher zu kommen, sondern breiter zu werden. So, als bekäme man vier weitere Augen, sechs zusätzliche Ohren und dann auch noch drei Nasen als Geschenk obendrauf.
Scharfe Sinne, die anderen ein Guckloch in den Horuzont schneiden.

Schönen Gruß
poeasy
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Alt 30.03.2010, 12:17   #9
Aporie
 
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Gut, dann versuche ich es halt anders, auf Deiner Leiter stehend, aber nach den Regeln der Poetik, die ich meine:

Sing gegen den Wind.
ich bin ganz Ohr,
streichle die Luft
ich bin ganz Haut,
lass es regnen,
ich forme meine Hände
zum Kelch.
Aporie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.03.2010, 12:27   #10
poeasy
 
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Beiträge: 59

Wie gesagt, ich stehe auf keiner Leiter. Ich versuche mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben. Nach meinen Regeln sag ichs so:

Du sagst, du siehst
durch Zeit gestähltes Leben

Ich sag, ich sehe
einen Stein

Du sagst, Du siehst
Blutstropfen an Südsonnenreben

Ich sag, ich sehe
roten Wein

Du sagst, Du siehst
ein landumzäuntes Wasserherz

Ich sag ich sehe
einen See

Du sagst, Du siehst
tiefgefror`nen Himmelsschmerz

Ich sag, ich sehe
Schnee

Ich kann kein Lametta in die Sätze binden
Du kannst wie toll die Worte drehen

Mich mag man zwar sehr einfach finden
doch Dich kann keine Sau verstehen
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Alt 30.03.2010, 12:49   #11
Aporie
 
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Das gefällt mir sehr gut. Und zeigt mir gleichzeitig, dass Du mich verstanden hast, obwohl Du das Gegenteil behauptest.
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