Alle Zeit

[talking head]

Er wollte gern unendlich leben
gab dafür hin selbst seine Seele;

was bliebe ihm, wenn alles leer,
nur sinnlich noch all sein Begehr.

Warf seine warme Seele
dem gefallenen Engel
tief in dessen leeren Leib
zum Tausch für alle Zeit
und bloßem Zeitvertreib.

Nun dürstet's ihn
nach Sinn und Ziel,
nach Schönheit, Deutung, Wahrheit,
Leidenschaft im Spiel.

„Gebe Zeit dir zurück zum Tausch
für neuer Gefühle wahren Rausch“

Doch weh und ach der Engel sprach:

„Was kriechst du schwacher Erdensohn
vor mir mit blödem Blick,
willst deine warme Seel' zurück!

Enthob dich der Gefühle Fron,
gab dir den zeitlos höchsten Lohn,

und, was so gern von dir gewollt,
weil ungern mit Moral verzollt:
Genuss der Triebe
auch ganz ohne Liebe;

bekam dafür die Seele nur,
von Dankbarkeit gar keine Spur!“

„Woher soll Dank denn kommen,
hast mir doch die Seel' genommen.“

„Gabst sie mir, du Wicht,
nahm sie dir nicht.
Geh nun in deiner leeren Kammer
mit dir selber ins Gericht
und sieh im Spiegel dein Gejammer.
Gibt kein zurück,
erspar' mir Deinen Dackelblick!“

Stob hinfort mit lautem Rauschen.
Hier gab es nichts mehr ein zu tauschen.

Entschwebte
auch dem Mensch die Seele,
ist er doch länger tot
als das er lebte

und als des Lebens Wirklichkeit
füllen Gefühle erst seine Zeit.

„Papperlapapp, es geht auch ohne!“

der Engel rief zum süßen Spiel
als er zur Erd' dem Licht entfiel.

Und die Moral von der Geschicht?
Ohne das Dunkle gäb's kein Licht.