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Alt 12.07.2005, 20:53   #1
Aust Schwiss-Leugnarr
 
Dabei seit: 06/2005
Beiträge: 124

Standard Angels fly, Angels die

Es war nicht einfach Scheidung und das Sorgerecht durchzukriegen
Die Mutter dieser Tage scheint mir heute als Engel, aber will sie nicht mehr fliegen
Es war doppelt hart für dich in der Karolien’
Durch unseren Streit musstest du in fremde Männerarme flieh’n.

Warst du ein Tyrann für mich, heute wünsche ich mir dich strenger
Ich wäre auch heute der Selbe der ich bin, hätte sich vieles zum Guten geändert.
In der Schule wäre ich nicht so abgesackt, wäre meinem Studium Jahre näher
Das soll kein Vorwurf sein, für Engel ist Bestrafung nun mal schwerer.
Aust Schwiss-Leugnarr ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.07.2005, 00:27   #2
manfred
 
Dabei seit: 05/2005
Beiträge: 137

Hallo Aust,

ich versuche einmal einige Eindrücke zu formulieren, die sich in mir bei deinen Zeilen ergeben. Vielleicht sagst du mir bei Gelegenheit, was du davon hältst.

Auf genauere - z.B. metrische - Formbetrachtungen will ich nicht direkt eingehen, weil ich diesbezüglich auch nicht genügend fachkundig bin.

Zunächst erlebe ich eine gewisse fließende Kraft, die stark von den Rhythmen der Musik zu stammen scheint, mit der du lebst - sicherlich Rap-artiges ...

Vielleicht sind die gewählten Themen auch davon beeinflusst - sie sind den "Schürfwunden" und den "Zärtlichkeiten" des beobachteten und existentiell durchstreiften Lebens entnommen.

Diese "Dynamik" ist wie ein tragendes Lebensgefühl, demgegenüber die mehr "handwerklichen" lyrischen Formfragen zunächst nur wenig Bedeutung haben, weil sie für das Erlebnis selbst nicht so wichtig zu sein scheinen.

Neben der "Kraft" zeigt sich mir in deinen Texten dein Gefühl dafür, dass du spürst, wie die Sprache als Ausdrucksmittel viel Potential
in sich trägt und dass du auf deine eigene Weise "erprobst", das in die Bildmotive einfließen zu lassen.

Es dominiert mehr das Dionysische, d.h. das mehr Rauschhaft-Strömende, Erlebnisvolle, demgegenüber das "Apollinische", d.h. bewusstseinsklare Achten auf die Formgestaltung in den Hintergrund tritt.
Friedrich Schiller nannte diese "Seelentendenzen" den Stofftrieb und den Formtrieb. Als Ideal betrachtete er den "Spieltrieb", der beides zu vereinen weiß und den er zugleich als den menschlichen Freiheitsbereich charakterisierte. Das in der Lyrik anzustreben, besteht einfach in einem übenden Tun, wie bei allen Kunstbestrebungen. Natürlich, es fließen die verschiedensten Dinge ein und es sicher kein einfach gerader Weg. Außerdem braucht es dazu so etwas wie eine "erotische Passion". Ich selbst fühle mich da auch erst einige Meter weit. Im Übrigen - was die angesprochene Verbindung von Stofftrieb und Formtrieb - den Spieltrieb -anbelangt, gibt`s ja im Forum hier mindestens ein besonders "sprechendes" Beispiel der besonderen Art (Rabenstein).
Wollte das einfach mal so spontan rüberbringen.
Grüße m
manfred ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.07.2005, 00:37   #3
Aust Schwiss-Leugnarr
 
Dabei seit: 06/2005
Beiträge: 124

Ja, mit Rap liegst du schon sehr weit im Bullenauge, ist aber auch RnB und Soul mit dabei.

Ich denke ich behandele meine Schürfwunden auch mit diesen Zärtlichkeiten, ich habe glaube ich auch schon über das Ventil Schrift geschrieben, allerdings im Roten Buch.

Irgendwie verwundert es mich, dass wir ähnliche Gedankengänge haben, aber eine nette Erfahrung mehr.

Sag mal, sind die beiden Bereiche nach den Griechischen Göttern Dionysos und Apollon benannt?

Ich denke dass die benannte erotische Passion nicht zwangsläufig körperlich sein muss oder?

Eigentlich behaupte ich von mir, dass ich den Rausch und das Bewusste im Einklang halte, bei diesem Text stehen die Rauschgefühle aber sicher im Vordergrund.

Danke für den Kommentar und die Eindrücke

Auf hoffentlich bald

Kiki
Aust Schwiss-Leugnarr ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.07.2005, 10:32   #4
manfred
 
Dabei seit: 05/2005
Beiträge: 137

Standard Dionysos und Apollo

Ja, das "dionysisch" bezieht sich auf Dionysos, den griechischen Gott, der im Rausche der Verzückung wirkt; galt als Gott des Weines, des Rausches und der Fruchtbarkeit. Es gab einen dionysischen Kult, bei dem es offensichtlich sehr rauschhaft zuging, wobei man anstrebte, durch ekstatische Seelenszustände dem Gott nahe zu kommen (vielleicht liegt heute ein ähnliches Bedürfnis vor, wenn man sich der Wirkung von Drogen "überlässt - ich hab das schon lange hinter mir).
Entspricht in gewisser Hinsicht dem "Stofftrieb" im Sinne von Schiller - man könnte auch sagen der Willensbereich, dem immer was schöpferisch Unruhiges, Drängendes und Suchendes zugehört ...

Apollo wurde bei den Griechen als die geistige Macht von Ordnung, Maß und Einsicht verehrt. Er galt u.A. zugleich als Gott des Lichts, der Dichtung und Weissagung (Delphi, die Orakelstätte war ihm geweiht) und war auch Schutzherr der Musen...
In Schillers Betrachtungen entspräche das dem "Formtrieb", der mit lichter Bewusstheit das mehr Ordnende, Gesetzmäßige (Metrik z.B. in Bezug auf die Dichtung) repräsentiert. Kann man mehr dem bewussten, klaren Denken zuordnen, das gewissermaßen ordnend eingreift, wenn Dionysos trunken ins Torkeln gerät ...

Der Spieltrieb im Schiller-Sinne wäre das stets labile Gleichgewicht zwischen diesen beiden Bereichen...das Fühlen also, das abspürt, wohin man jeweils sein Gewicht verlagert ...

Man kann diese Vorstellungen ja einmal ganz neutral als Beobachtungshinweise auffassen und schauen, ob sich das mit den verschiedenen eigenen Erfahrungen in Einklang bringen lässt (z.B. beim Schreiben).

Das u. A. Schöne an der Lyrik ist , dass sie so viele "Landschaften" zum Klingen bringt, wovon man sich im Forum jederzeit überzeugen kann ...
und jeder bringt seine ganz eigenen "Noten" mit ins Spiel.

Grüße m

Aja, die Sache mit der "erotischen Passion" ...

Es stellt sich schon eine Art "Verhältnis" ein; hat ja auch mit "Zeugung" und Zuneigung zu tun, vielleicht eine "Liebesbeziehung" - das fertige Gedicht ist möglicherweise ein wenig wie eine Geliebte, wodurch
sich erklärt, dass man sensibel reagieren kann, wenn "ihr" jemand zu nahe tritt ...
Inwieweit das bis ins Körperliche geht (verstärktes Herzklopfen und Ähnliches) können ja irgendwann einmal amerikanische Wissenschaftsspezialisten erforschen (es steht dann bedeutungsvoll als neue Entdeckung in den Gazetten). Mich kümmerts nicht. Aber ein "seelisch-erotisches" Verhältnis zu den eigenen Zeugungen - samt den damit verbunden Beziehungsproblemen - sollte es schon geben...
gibt`s auch normalerweise.
manfred ist offline   Mit Zitat antworten
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