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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 18.01.2007, 12:03   #1
Belgarath
Gast
 
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Standard Abgesang an eine ehemalige Geliebte

Dieser Text würde eigentlich in eine Kategorie wie >Lyrische Prosa< oder >Prosaische Lyrik< gehören, die es aber natürlich nicht gibt.
Von der inhaltlichen Thematik gehört sie allerdings eher hier rein, ist wie ein schwarzer Blues, schwärzer als die Nacht



Abgesang an eine ehemalige Geliebte




Nein, es ist nicht wahr, - es ist einfach nicht wahr.

Viele sagen jetzt von ihr, sie sei alt, gemein, hässlich und fett geworden,
eine schäbige Schlampe mit Hängebacken und gierigen Händen.
Aber das ist gelogen, - oder zumindest nicht die ganze Wahrheit.

Sie wurde schon alt geboren und war vom ersten Tag an hässlich,
ist niemals auch nur eine Stunde wirklich ein schönes Kind und jung gewesen,
sah immer ein wenig aus wie Müllwerk oder Gerümpel,
das irgend jemand vergessen hatte wegzuräumen.

Sie war schon von Geburt an reichlich dreckig, verkommen, ungepflegt,
von Kinderkrankheiten gezeichnet.
Was willst Du auch erwarten von einer, die beinahe knapp vor der Geburt
von ihren Eltern abgetrieben wurde.
Ein ungeliebtes Kind, von niemandem mehr wirklich erwartet,
spät gezeugt von bigotten, senilen Eltern,
die schwer unter ihren syphilitischen Ausfallerscheinungen gelitten haben,
schwachsinnig und vom Größenwahn zerfressen,
weil sie immer etwas Besonderes sein wollten, - aber nie waren.
Alle ringsum haben das ungewollte Kind
vom ersten Tag an nur mit scheelen Augen angesehen.

Nein, ich kannte ihre Eltern nicht wirklich persönlich, nur aus Erzählungen.
Aber sie sollen wohl auch nicht gerade Persönlichkeiten von moralischem Wert gewesen sein.
Trunkenbolde und Huren, Straßenräuber und Plünderer, Banditen und Mörder,
sollen in der Familienlegende die Hauptrolle gespielt haben.
Tagediebe und Strolche der allerschlimmsten Art,
nur an persönlicher Bereicherung und an ihrem eigenen Vorteil interessiert.

Ein Onkel von ihr soll ja sogar zur Zeit der Geburtsstunde im Gefängnis gesessen haben,
und wurde trotzdem erstes Familienoberhaupt, der anerkannte Patenonkel Konrad.

Obwohl sie angeblich selten krank war als Kind,
sah sie immer sehr krank aus, neigte zu Ausfällen und Epilepsie,
wirkte stets etwas hohlwangig, blutarm und ausgezehrt,
fast wie die armen Opfer in den billigen Vampirfilmen.

Nein, nein, das ist wirklich nicht wahr,
dass sie schon in den ersten Jahren eine Ausgeburt an Dummheit war,
eine taube Nuss, - außen schön - innen hohl.

Ich weiß, dass immer behauptet wurde
zwischen ihrer deformierten Schädeldecke und dem Hals wäre nicht viel mehr
als heiße Luft gewesen, oder vielleicht auch nur fauliger Gestank.
Aber ich habe das nie wirklich geglaubt,
obwohl ich zugeben muss, dass ich auch immer darüber gelacht habe.

Zugegeben, sie roch furchtbar aus dem Mund, wenn sie ihn nur aufmachte.
Aber das lag daran, dass ihre inneren Organe nicht gesund waren,
alle irgendwie angefault, schimmlig und leicht zersetzt, schwammig und unfertig.
Und ihre Blutarmut war ja schließlich kein Geheimnis,
was bei den ganzen schlimmen Erbkrankheiten der Familie und Vorfahren kein Wunder war.

Sie war krank und blutarm, von der ersten Sekunde an,
wo sie das flackernde Licht der Welt erblickte, -
und sie stank zweifelsfrei aus dem Mund.

Aber trotzdem kann ich mich gut erinnern - wenn ich mich nicht irre -,
dass sie schon mancher recht gern hatte.
Einige fanden sie sogar richtig schön, haben sie verehrt, respektiert und geliebt.

Na ja, das waren nicht gerade feine Leute, zugegeben,
aber immerhin erschienen sie mir nicht als Geisteskranke,
wie ihre Erziehungsberechtigten.

Ja, ja leider, das ist allerdings wahr,
sie hat rumgehurt, kaum dass sie die Kinderstube verlassen hatte,
rumgehurt, gelogen und betrogen und gestohlen,
mit grenzenloser Schamlosigkeit alle ausgenutzt die sie liebten oder zumindest gern hatten.
Sie hat ihre Jungfräulichkeit regelrecht meistbietend verschachert.

Ich kann und will nicht bestreiten,
dass sie sich knapp nach ihrer ersten Reife an jeden verkauft hat,
der er ihr über den Weg lief, der sie gut bezahlte.
Sie nahm Geld für jedes Entgegenkommen,
für jede noch so kleine Nettigkeit, für jedes kalte Lächeln.

Aber ich glaube trotzdem nicht,
dass sie im Grunde ihres Herzens eine geborene Hure war,
dass sie seelenlos und kalt handelte.
Und schon gar nicht lebens-und abenteuerlustig.

Sie konnte ein echtes Biest sein,
hat alle ihre frühen Liebhaber herzlos gegeneinander ausgespielt und aufeinander gehetzt,
bis sie sich gegenseitig die Fresse blutig schlugen.

Ich glaube eher, dass sie statt einer Hure wirklich krank war, degeneriert und kaputt,
mit einem geradezu unglaublichen Selbstzerstörungstrieb.

Ist ja auch kein Wunder bei all der Lieblosigkeit,
die man ihr vom ersten Tag an entgegenbrachte.
Selbsthass und Selbstmitleid, Hysterie und Geltungssucht,
vor allem aber diese blinde Wut haben stets ihr Handeln bestimmt,
sie unberechenbarer gemacht, von Jahr zu Jahr mehr.

Dadurch - so glaube ich - wurde sie wirklich eine billige Nutte.

Ja, sie war käuflich und billig, liebte den Pomp und die Protzerei,
was man irgendwie auch verstehen muss.
Sie kam schließlich aus der tiefsten Scheiße in die Welt,
stieg langsam höher und höher,
kam aber nie in die wirklich feine und menschliche Gesellschaft.

Sich darum aufrichtig zu bemühen, hatte sie auch gar keine Zeit.
Sie war stets damit beschäftigt Geld für ihr Leben ranzuschaffen,
es zu bunkern und zu vermehren, allein zum Eigennutz,
war nach viel zu kurzer Zeit sich selbst überlassen.
Sie musste in eigener Regie sehen, wie sie überlebte und klar kam.

Dir würde auch nicht der Sinn nach philosophischer Feinsinnigkeit stehen,
wenn Du jeden Tag nur die Droge Geld im Kopf hast,
wo du es herkriegst, egal auf welche Weise.

Und für all ihre Schandtaten, Hurereien und Affären hat sie verdammt teuer bezahlen müssen,
mit schweren inneren Infekten und dem rechten Auge, auf dem sie seit Jahren blind ist.

Es stimmt auch, dass sie nie fair und gerecht war,
- weil niemand zu ihr jemals gerecht und fair war.

Alle haben sie nur benutzt, ein billiges Vergnügen,
an das sich hinterher niemand mehr erinnern wollte.

Niemand wollte sie wirklich näher kennen lernen, hat sich um sie bemüht,
oder ihr gar eine Alternative für ihren Lebensweg aufgezeigt.

Niemand hat je ein gutes Wort für sie gefunden, Anerkennung oder Lob,
so was macht dich auf Dauer einfach kaputt.

Niemand trägt allein für sein Unglück die Schuld.

Erinnere dich,
wie sie noch so jung und unerfahren von diesen fetten, alten Kerlen vergewaltigt wurde.
Die haben doch jedes Loch an ihr genutzt, um sie zu schänden.
Und hinterher haben sie sie angespuckt, und mit mehr als nur mit Schmutz besudelt.

Ich glaube, dass niemand ihr je gezeigt hat, was wahre Liebe ist,
dass sie nie erfahren hat, was Gefühle bedeuten,
Stolz und Ehre, Aufrichtigkeit und Zuneigung, Würde und Gewissen.
Sie kannte einfach nur Schmutz und hat ihre Seele in den Dreck treten lassen,
Scheiße für teuren Kaviar gehalten.

Niemand war wirklich jemals gut zu ihr.

Sie war immer nur die billige Hure,
meistbietend zu kaufen - und verachtet von ihren Freiern,
die selber allesamt Heuchler sind.

Heute ist sie eben, wie sie angeblich seit ihrer Geburt immer war,
alt und allein, nur verbitterter und noch einsamer,
fetter, skrupelloser, schlaffer und aufgedunsen,
- und noch billiger, als in ihren guten Tagen.

Schau sie dir doch an,
wie sie halbblind durchs trostlose Leben strauchelt,
stinkend am ganzen Leib, verspottet von ihren Zuhältern, ohne jede Hoffnung.
Pusteln und Ekzeme trägt sie im Gesicht und auf den Händen,
Geschwüre im Magen und Krebs-Metastasen in allen Organen,
die noch nicht verfault sind.

Sie wartet auf den Tod,
aber selbst der lässt sie grinsend zappeln und warten,
beobachtet sie mit zynisch klinischer Neugierde, ihr Siechtum künstlich verlängernd.

Wie lange kann sie das wohl noch durchhalten ?

Sie hätte vieles früher erkennen und ändern müssen,
hätte moralischer und ehrlicher werden sollen,
- aber sie hat nichts dergleichen getan.

Sie hat nie irgendwas begriffen oder irgend etwas dazugelernt,
war immer stupid blöde und begriffsstutzig,
hat es bestenfalls noch schlimmer getrieben als vorher.
Ein ganzes Leben sinnlos vergeudet und in der Pissrinne ersäuft.

Ich weiß auch nicht, was man mit ihr tun soll,
- und ich will sie auch nicht bei mir Zuhause aufnehmen.

Ja, es tut mir leid,
jedem kranken Tier hätte man längst den Gnadenschuss gegeben,
dem Elend ein Ende gemacht.

Aber sie ... ... ...

Alle warten nur auf ihren Tod, starren sie bösartig an,
wie sie sabbernd alte Geschichten von Hurenböcken neu aufwärmt und leere, hohle Phrasen drischt,
die niemandem mehr wirklich was bedeuten.

Vielleicht wäre es das Beste, sie allein und endlich sterben zu lassen ...
...statt sie hier am Tropf zu halten.

Ja, ich weiß, sie frisst immer noch graue Grütze und Dreck,
aber was heißt das schon ?

Das ist doch kein Leben.

Lasst sie doch einfach in Ruhe, verlacht und verspottet, beachtet sie nicht mehr.









Die Demokratie ist müde und menschenverachtend geworden.






(c) Hans B.


Wer mehr lesen will kann das auf meinem Kreativ-Blog (siehe Profil), wo auch noch andere Werke und persönliche Infos von mir zu finden sind.
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