Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Düstere Welten und Abgründiges

Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 18.08.2015, 11:06   #1
männlich Amerdi
 
Benutzerbild von Amerdi
 
Dabei seit: 03/2012
Alter: 34
Beiträge: 206

Standard Er ist der angeklagte Aussenseiter

Sie grinsen giftig und wie Pfeile schießen
sie spitze Zeigefinger auf den Schwachen
und wie mit siedend heißem Öl begießen
sie ihn mit ihrem schadenfrohen Lachen.

Sie legen ihm die Blicke an wie Stricke
und schwelgen in der Macht ihn aufzuhängen,
er steht allein und kläglich vor der Clique
und spürt die Atemwege sich verengen.

Er ist der angeklagte Aussenseiter,
dem nichts bleibt als sich innenseitig wenden,
um lauter leere Lebensseiten weiter
im Stollen seiner Seele zu verenden.
Amerdi ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.05.2016, 17:15   #2
Stachel
 
Benutzerbild von Stachel
 
Dabei seit: 03/2015
Ort: Niederrhein
Beiträge: 954

Hallo Amerdi,

ich finde dieses Gedicht zu ausdrucksstark, um es einfach in der Versenkung der Vergessenheit verschwinden zu lassen.
Die Art, wie du die psychischen Qualen bildhaft vor dem geistigen Auge in physische Pein umwandelst, ist sehr gut umgesetzt.

Ich reibe mich an V10, aufgrund des fehlenden "zu" und des Hebungspralls "nichts bleibt". Nun heißt das zunächst mal nichts, denn es mag gute Gründe geben, es genau so zu formulieren und Geschmack ist ohnehin nicht verhandelbar.
Ich finde aber in deinen Formulierungen und Gedanken immer wieder Parallelen zu meinen und könnte mir daher vorstellen, dass auch für dich dieser Vers einen kleinen Pferdefuß darstellt.

Mir ist folgende Formulierung eingefallen und ich hätte gerne deine Meinung dazu gehört:
"dem nur noch bleibt, nach innen sich zu wenden"

Andererseits könnte ich mir vorstellen, dass es dir um eine zusätzliche Bedeutungsebene bei "innenseitig wenden" ankam, dass du z.B. ausdrücken wolltest, das "er" sich wenden will (oder muss) und dieses fortan in seinem Inneren tut.

Freundliche Grüße vom
Stachel
Stachel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.05.2016, 19:52   #3
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Sehr schön, Amerdi.

Beide Seite werden bildhaft gut ausgeleuchtet. Die letzte Strophe spannt einen sehr weiten Bogen zwischen Buch und Bergwerk, und ich musste sie zum gänzlichen Erschließen zweimal lesen, aber dann war ich begeistert.

Sehr gern gelesen
LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.05.2016, 20:00   #4
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Standard Hallo, Amerdi -

wenn es solche Gedichte zu lesen gibt, lohnt es sich, bei Poetry zu sein.
Auch wenn ich bei V3S3 ins Straucheln kam.

Kompliment
von
Romulus Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.05.2016, 16:21   #5
Stachel
 
Benutzerbild von Stachel
 
Dabei seit: 03/2015
Ort: Niederrhein
Beiträge: 954

Zitat:
Zitat von Thing Beitrag anzeigen
Auch wenn ich bei V3S3 ins Straucheln kam.
Gerade die Alliteration hat mir sehr gut gefallen, ebenso im folgenden Vers.
"lauter leere Lebensseiten"
"Stollen seiner Seele"

Und Gummibaum greift den Ball gekonnt und rhythmisch geschickt auf:
"Bogen zwischen Buch und Bergwerk"
Stachel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.05.2016, 17:58   #6
männlich Amerdi
 
Benutzerbild von Amerdi
 
Dabei seit: 03/2012
Alter: 34
Beiträge: 206

Hallo, Freunde.

Wie immer bin ich froh, dass ihr mein Geschriebenes mögt.

Stachel,
Ich mag deine Alternativformulierung und bin, wie das immer der Fall ist, unsicher. Einerseits ist deine Möglichkeit klarer, andererseits bietet der Originalvers die von dir angesprochene weitere Ebene. Ausserdem gefällt mir die sprachliche Idee des innenseitigen Aussenseiters. Wobei sich das vielleicht eleganter konstruieren lässt.
Das Gedicht ist nun allerdings schon so alt und ich hab kein Bedürfnis mehr es
zu überarbeiten.




schöne Grüße

Geändert von Amerdi (20.05.2016 um 20:20 Uhr)
Amerdi ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.05.2016, 16:26   #7
männlich Gylon
 
Dabei seit: 07/2014
Beiträge: 4.269

Lieber Amerdi,
ein wirklich starker Text. Sehr gern gelesen!

Liebe Grüße Gylon
Gylon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.05.2016, 23:44   #8
weiblich Ex-Letreo71
abgemeldet
 
Dabei seit: 01/2014
Ort: Niedersachsen
Beiträge: 4.032

Sehr gekonnt formuliert, Amerdi.

Begeistert gelesen.

LG Letreo
Ex-Letreo71 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.07.2016, 20:03   #9
männlich Lewin
 
Dabei seit: 03/2015
Beiträge: 1.231

Standard Er ist der angeklagte Außenseiter

Hallo Amerdi,

dein Gedicht hat etwas: wunderbare Bilder, die mitgehen lassen und begeistern.
Dennoch würde ich Stachels Vorschlag aufgreifen.
Denn so alt kann das Gedicht bei deinen 26 Jahren noch nicht sein!
Die letzte Zeile hat es mir übrigens besonders angetan. Stark.
Gruß Lewin.
Lewin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.07.2016, 21:12   #10
männlich Amerdi
 
Benutzerbild von Amerdi
 
Dabei seit: 03/2012
Alter: 34
Beiträge: 206

Hallo Freunde.
Wie immer bin ich froh, dass ihr an meinen Versen Gefallen finden könnt.


Hier nun die neue Fassung:

Er ist der angeklagte Aussenseiter

Sie grinsen giftig und wie Pfeile schießen
sie spitze Zeigefinger auf den Schwachen
und wie mit siedend heißem Öl begießen
sie ihn mit ihrem schadenfrohen Lachen.

Sie legen ihm die Blicke an wie Stricke
und schwelgen in der Macht ihn aufzuhängen,
er steht allein und kläglich vor der Clique
und spürt die Atemwege sich verengen.

Er ist der angeklagte Aussenseiter,
dem nur noch bleibt, nach innen sich zu wenden,
um lauter leere Lebensseiten weiter
im Stollen seiner Seele zu verenden.
Amerdi ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.07.2016, 16:38   #11
männlich Lewin
 
Dabei seit: 03/2015
Beiträge: 1.231

Standard Er ist der angeklagte Außenseiter

Gut so!
Lewin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.11.2016, 07:39   #12
männlich Pit Bull
 
Benutzerbild von Pit Bull
 
Dabei seit: 08/2012
Ort: Berlin
Beiträge: 1.878

Zitat:
Zitat von Amerdi Beitrag anzeigen
Hier nun die neue Fassung:

Er ist der angeklagte Aussenseiter

Sie grinsen giftig und wie Pfeile schießen
sie spitze Zeigefinger auf den Schwachen
und wie mit siedend heißem Öl begießen
sie ihn mit ihrem schadenfrohen Lachen.

Sie legen ihm die Blicke an wie Stricke
und schwelgen in der Macht ihn aufzuhängen,
er steht allein und kläglich vor der Clique
und spürt die Atemwege sich verengen.

Er ist der angeklagte Aussenseiter,
dem nur noch bleibt, nach innen sich zu wenden,
um lauter leere Lebensseiten weiter
im Stollen seiner Seele zu verenden.
Starker Text!

Für S2 V4 hätte ich einen Alternativ-Vorschlag, um die Inversion zu tilgen:

Sie legen ihm die Blicke an wie Stricke
und schwelgen in der Macht, ihn aufzuhängen,
er steht allein und kläglich vor der Clique
und spürt, wie sehr die Atemwege drängen.

VG Pitti
Pit Bull ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.11.2016, 11:40   #13
Thing
R.I.P.
 
Benutzerbild von Thing
 
Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Standard Zwischenruf

und spürt die Atemwege sich verengen

ist keine Inversion.
Muß schnell nach dem Originalgedicht schauen.
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Er ist der angeklagte Aussenseiter



Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
Außenseiter Ex-DrKarg Philosophisches und Nachdenkliches 6 28.07.2014 09:34
Außenseiter CylanHemmingway Philosophisches und Nachdenkliches 0 09.09.2013 01:36
Der Außenseiter gummibaum Humorvolles und Verborgenes 8 20.05.2012 19:13
Im Zweifel für die Angeklagte Mimi Theorie und Dichterlatein 2 02.10.2007 21:41
Außenseiter sosuek Düstere Welten und Abgründiges 10 04.08.2006 10:10


Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.