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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 31.05.2007, 08:00   #1
Franke
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 539

Standard Stimmen

Ich hör Stimmen in der Nacht, mein Freund.
Unsere Toten kommen wieder.
Sie haben lange herumgestreunt
und sie suchen den Gebieter,

der sie lachend in die Kriege schickt,
der das Vorwärts und Zurück vermint,
der beim Abschied ein paar Tränen drückt
und am Sterben dann verdient.

Die wir ohne Grüß im Meer versenkten,
die hör ich rufen nachts im Wald
und das Blut der ohne Schuld gehenkten
klebt an den Fingern wie Asphalt.

All die Kinder, die wir nie geboren,
die singen nachts am Bett bei mir
und die Juden, die wir kahlgeschoren,
die bringen uns die Pest zur Tür.

Sie zerren mich vor die Gerichte,
der Himmel färbt sich blutigrot
und keiner glaubt mir die Geschichte,
das Urteil lautet immer: Tod.

Und hörst du Kratzen nachts am Fenster,
tu nicht so, als seist du nicht gemeint,
oder glaubst du etwa an Gespenster?
Ich hör Stimmen in der Nacht, mein Freund.
Franke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.05.2007, 11:28   #2
Jeanny
 
Dabei seit: 04/2007
Beiträge: 660

Standard RE: Stimmen

Hallo Franke,
auf den Punkt gebracht- war das erste was ich dachte,
nach dem lesen.
Weltenschmerz verpackt in ein sehr ansprechendes Gedicht,
welches aussagt, was Phase ist...
Liebe Grüße Jeanny
Jeanny ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.05.2007, 11:46   #3
Franke
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 539

Hallo Jeanny!

Danke, es geht hier aber weniger um Weltschmerz, als um Ängste und Albträume.

Liebe Grüße
Manfred
Franke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.05.2007, 14:16   #4
Jeanny
 
Dabei seit: 04/2007
Beiträge: 660

Standard RE: Stimmen

Hey Franke,
ist es nicht Weltschmerz, der das Innere aufwühlt und bohrt,
schlägt und tobt in einen drin...
Ist es nicht der Schmerz der Welt, wenn man von Judenhass,
kahlrasierten Köpfen, nicht geborenen Kindern träumt ?
Ist es immer nur mein Schmerz, wenn es doch aber um so viel geht ?
Ja, schon klar - dein Gedicht, ich hab's halt so verstanden.
Liebe Grüße Jeanny
Jeanny ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.05.2007, 14:40   #5
Franke
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 539

Hallo Jeanny!

Du hast schon irgendwie recht, aber Weltschmerz hat für mich eine passive Bedeutung.
Wenn ich Weltschmerz habe, dann ziehe ich mich zurück und bade regelrecht darin. Habe ich aber Ängste und Albträume, dann schreie ich mich hoch aus diesen Gewitterträumen und tue was.
So gesehen passt Weltschmerz in diesem Fall nicht.

Liebe Grüße
Manfred
Franke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.06.2007, 01:28   #6
Ex-Bambustherapie
abgemeldet
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 85

Standard RE: Stimmen

Ein paar merkwürdige Reime dazwischen, aber sowohl Inhalt als auch Melodie gefällt. Nett zu lesen.
Ex-Bambustherapie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.06.2007, 00:42   #7
MorFeus
 
Dabei seit: 03/2007
Beiträge: 230

Ach ja, auch wenn in letzter Zeit hier sehr viel schlechtes veröffentlich wird, doch mal wieder ein gutes Gedicht
Auch wenn Ich hier keinen Weltschmerz erkenne, sondern eher eine unangetastete Konfrontation mit typischen Ängsten und Schuldgefühlen der Gegenwart, die sich schleichend ins Unterbewusstsein frisst, und sich dann in Albträumen offenbart...

Nur, was für ein Wort ist bitteschön "vermint"?
Ich denke, du meinst eher "vermient"?

Außerdem ein kleiner Sinnfehler in der 1./2. Strophe.
Es muss entweder am Ende der 1.
Zitat:
den Gebieter,
oder am Anfang der 2.
Zitat:
die sie lachend in die Kriege schicken,

Dann noch:
Zitat:
Sie zerren mich vor die Gerichte,
passt vom Sinn nicht ganz. Denn man kann schlecht einen einzelnen Menschen vor mehrere Gerichte zerren

trotz diesen kleinen Fehlern:
sehr gute Umsetzung eines immer präsenten Angstgefühls

Gruß
MorFeus
MorFeus ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.06.2007, 10:35   #8
Franke
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 539

Hallo MorFeus!

Danke für die intensive Auseinandersetzung mit meinem Gedicht.
Den Gebieter habe ich inzwischen verbessert.
Bei vermint dachte ich an Tretminen die sowohl einen Vorstoß als auch einen Rückzug verhindern.
Man muss vielleicht dazu sagen, dass das Gedicht ungefähr vor 25 Jahren entstanden ist. Hat mich einfach mal gereizt, so ein "altes Ding" hier einzustellen. Damals habe ich mich noch in Reimen ergeben und so geht einem halt manchmal der Sinn eines Textes verloren, wenn man an den Zwang des Reimes gebunden ist (siehe: Gerichte).

Grüße
Manfred
Franke ist offline   Mit Zitat antworten
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