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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 19.10.2010, 17:59   #1
männlich Perry
 
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Standard vorbei am schaum weißer pferde

meinen letzten krill verspeiste ich
vor der mündung des yukon, bevor ich
in seinen süßen schleier eindrang.

ich schlich mich an hechten vorbei,
wich geschickt bärenpranken aus,
bis ich endlich whitehorse erreichte.

den staudamm, wo einst schaumpferde
über stromschnellen sprangen,
überwand ich auf einer fischleiter.

ausgehungert und todesnah, fand ich
meinen laichplatz am wolfscreek,
legte meinen samen auf deine eier.
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Alt 19.10.2010, 20:00   #2
weiblich Ilka-Maria
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Lieber Perry,

wieder einmal eines Deiner ungewöhnlichen Gedichte, in denen Du meisterhaft verstehst, Bilder und Szenen zu schaffen. Die ersten drei Strophen gefallen mir ausnehmend gut, denn Du machst den Kampf ums Überleben und den Charakter einer hier gar nicht freundlichen Natur deutlich spürbar. Bei "Krill" dachte ich erst an einen Wal, aber ich merkte sofort, daß es sich nicht um ein so mächtiges Tier handeln kann (Yokon, schleichen, Fischleiter usw.). Und dann wurde es klar: ein Lachs, der gegen den Strom schwimmt.

Umso mehr hat mich die letzte Strophe enttäuscht. Die Erwähnung des Laichplatzes wäre nicht notwendig gewesen; als schön hätte ich vielmehr eine Metapher oder irgendeine stärkere Umschreibung empfunden für diesen Höhepunkt, daß der Lachs nach all den Strapazen den Ort seiner Erfüllung erreicht hat.

(Nur nebenbei: ich hätte "wolvescreek" geschrieben - oder aber "wolf's creek" - einfach nur, um wie bei den anderen Namen beim reinem Englisch zu bleiben.)
Lg
Ilka-M.
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Alt 19.10.2010, 20:38   #3
männlich Perry
 
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Standard Hallo Ilka-Maria,

danke für deine Anregung. Ich hatte durchaus einen Vergleich zwischen der lebensaufopfernden Reise des Lachses zu seinem Laichplatz und einer menschlichen Liebe im Auge, aber dazu sind wohl die Lebensumstände zu weit auseinander, außer man hat den kleinen Tod im Kopf.
Ein größerer Lapsus steckt noch im Text, statt des Rogen (Fischeier) muss es natürlich Samen heißen (hab's noch ändern können).
LG
Perry
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Alt 19.10.2010, 20:56   #4
weiblich Ilka-Maria
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Als Gesamtmethaper ist das ganz okay, Perry, es ging mir nur darum, den Höhepunkt etwas stärker und poetischer wirken zu lassen. Dafür, daß hier die Reise eines Fisches mit dem Streben nach einer Liebe (beim Menschen) verglichen wird, ist die nüchterne Endbetrachtung mit der Befruchtung vielleicht etwas, na ja, "technisch". Insgesamt halte ich das Gedicht aber für gelungen, jedenfalls traust Du Dir eine Menge zu.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.10.2010, 09:42   #5
Thing
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Halli Hallo, perry -

abgesehen davon, daß ich permanente Kleinschreibung nicht mag, finde ich Dein Gedicht außergewöhnlich gut.
Mit menschlichem Streben bringe ich es nicht in Verbindung, aber ich glaube, sooo könnte sich ein Lachs (so er das könnte) ausdrücken.

( In watership down wird ja auch der Kreatur eine Sprache zugestanden).

Einzig das "schleichen" mißfällt mir. Sind Lachse nicht per se zu flink, zu schnellend, um zu schleichen?


Thing
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Alt 20.10.2010, 12:17   #6
männlich Perry
 
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Standard Hallo Thing,

danke für deine Wertschätzung.
Dem Verhalten von Tieren gerecht zu werden, ohne sie zu sehr zu vermenschlichen ist schwierig. Lyrik kann sich dabei der übertragenen Bedeutung von Bildern bedienen und stellt deshab für mich einen gangbaren Grenzbereich dar.
Was das "schleichen" anbelangt ist das bei einem vermutlich noch flinkeren Räuber wie den Hecht für einen Lachs die wohl erfolgreichere Variante.
Letztlich ist die Wanderung der Lachse sowieso ein Himmelfahrtskommando, denn sie haben kaum eine andere Möglichkeit, als ihren Feinden in die Arme zu laufen.
LG
Perry
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Alt 20.10.2010, 12:51   #7
weiblich Lux
 
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Hallo Perry,

Glückwunsch zu diesem gelungenen Werk! Ich finde es gut, dass du auch mal Themen anfasst, die sich dem Lyriker vielleicht nicht auf Anhieb reibungsschlos erschließen. Und es gelingt dir auch immer wieder.
In diesem Werk verwendest du sehr gute Metaphern, die den Menschen die Sicht eines Tieres (vielleicht, wer weiß das schon genau?) nachempfinden lassen.
Besonders gut gefällte mir:
Zitat:
bevor ich
in seinen süßen schleier eindrang.
Allein der letzte Satz wirkt auf mich etwas unharmonisch, etwas zu direkt. Aber das ist nur meine Wahrnehmung.

Zitat:
legte meinen samen auf deine eier.

Wie wäre es mit:

ausgehungert und todesnah, fand ich
meinen laichplatz am wolfscreek,
erfüllt sank ich ins kieselbett.


Das lässt noch Platz für Phantasie^^
Ist aber nur ein Vorschlag.

Also, dicke Lob. Du hast ein faszinierendes Naturschauspiel personifiziert, ohne es zu sehr zu vermenschlichen. (Ein Paradoxon?)

Liebe Grüße von
Lux
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Alt 20.10.2010, 13:15   #8
männlich Perry
 
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Beiträge: 3.754

Standard Hallo Lux,

danke für deine Sicht und die Anregung für das Schlussbild, die mir durchaus gefällt. Es ist ja so, dass die Lachsweibchen ihre Eier in Bodenkuhlen legen und die Männchen, wenn mehrere da sind auch darum kämpfend, ihren Samen darauf ablegen.

Mein Ansatz wäre eventuell:

ausgehungert und todesnah, fand ich
meinen geburtsplatz im wolf's creek,
sank samend in deine kieselkuhle.

LG
Perry
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Alt 20.10.2010, 13:24   #9
weiblich Lux
 
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Standard Hallo Perry,

deinen Anstz finde ich auch gut :-).
Es ist dein Gedicht, also lass dich nicht verunsichern. Auch nicht, wenn ich jetzt folgende Idee rausposaune:

Bei den Fischen nennt man das Sperma ja "Milch", einen männlichen, geschlechtreifen Fisch "Milchner".
Vielleicht könnte man mit diesem Bild noch was machen?
Nur so ein Gedankenblitz.

Grüße von Lux
Lux ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.10.2010, 13:37   #10
männlich Perry
 
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Standard Hallo Lux,

ja daran habe ich auch schon gedacht, aber ob es den Ausdruck "milchend" statt samend gibt, da war ich mir dann doch unsicher.
Da zwei Alliterationen in einer Zeile sowieso etwas dick aufgetragen sind, nehme ich jetzt aber doch:

ausgehungert und todesnah, fand ich
meinen geburtsplatz im wolf's creek,
sank milchend in deine kieselkuhle.

Nochmals Danke für deine Hilfe und LG
Perry
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