Das Schuhgeschäft des Lebens

[Angelsdaughter]

Diese Sache mit der Liebe ist wie Schuhe kaufen. Schon bevor wir das Geschäft betreten, wird uns gesagt, dass dort irgendwo der perfekte Schuh für uns ist.
So beginnen wir uns ein Bild von dem perfekten Schuh zu machen, welche Farbe er haben soll, wie hoch der Absatz sein darf, ob er eher sportlich oder elegant sein soll. Man geht nun also in den Schuhladen mit der völlig falschen Erwartungshaltung und probiert viele Paar Schuhe an. Keins scheint so richtig das zu sein, was wir uns vorstellen. Einige Schuhe gibt es nicht in unserer Größe, andere stehen so weit oben auf dem Regal, dass wir sie nicht erreichen können. Irgendwann sehen wir dann doch DEN perfekten Schuh im Regel stehen. Er ist wunderschön und alles, was wir uns vorgestellt haben. Zufällig ist er in unserer Größe da. Er ist sogar im Angebot. Wir probieren ihn an und tatsächlich er passt. Sofort stürmen wir an die Kasse und bezahlen ihn. Die nächsten Wochen, Monate wollen wir ihn nicht mehr ausziehen. Er ist einfach zu schön. So nutzt der Schuh schnell ab. Die Sohle ist schnell ausgelaufen und bald ist er auch schmutzig. Irgendwann fällt uns auf, dass die Schuhe schon lange nicht mehr bequem sind. Aber ausziehen oder wegwerfen wollen wir sie nicht. Zu intensiv ist die Erinnerung daran wie wir sie das erste Mal gesehen haben. Zu schön ist ihr Aussehen trotz des Schmutzes. Und so tragen wir sie weiter. Sie werden schrecklich unbequem und wir beginnen uns Blasen zu laufen. Wir laufen trotzdem weiter und es tut schrecklich weh. Aber wir hängen zu sehr an den Schuhen, um sie auszuziehen. Irgendwann halten wir es nicht mehr aus. Wir ziehen die Schuhe aus. Doch anstatt sie ein für alle mal wegzulegen, kleben wir nur Blasenpflaster auf unsere Füße und schlüpfen wieder in die Schuhe. Wir tun es wieder und wieder. Es tut immer mehr weh aber wir können sie einfach nicht hergeben. Und irgendwann ziehen wir die Schuhe aus. Endgültig. Wir legen sie in ihre Schachteln, legen den Deckel drauf und packen sie in unseren Schuhschrank. Hin und wieder holen wir sie raus und schauen sie uns an. Mit unseren schmerzenden Füßen laufen wir barfuß durchs Leben. Es tut schrecklich weh und wir wünschen uns die furchtbar unbequemen Schuhe zurück. Doch irgendwann kommt der Tag an dem wir es schaffen die Schuhe aus unserem Regal zu entsorgen. Wir werfen sie weg. Die Blasen sind verheilt, die Erinnerung verblasst. Dann werden wir wieder ein Schuhgeschäft betreten. Wir werden uns wieder umsehen, wieder Schuhe anprobieren. Viele werden nicht sitzen und langsam beginnen wir unser Bild von dem perfekten Schuh zu revidieren. Wir wollen nicht mehr den größten und schönsten Schuh. Wir wollen einen Schuh der passt, einen der auf Bergen und im Tal tragbar ist. Und irgendwann wird da dieser eine Schuh sein. Es ist nicht der perfekte Schuh und es wird viele Dinge geben, die uns an ihm stören. Aber er wird passen, perfekt passen. Es ist ein Schuh, der sich nicht ablaufen lässt. Die Sohle wird nicht kaputt gehen, der Absatz wird halten.Wir werden ihn immer wieder zum Schuster bringen müssen, um ihn zu erhalten. Aber er wird es wert sein, dieser eine Schuh.
Und auch wenn wir mehr als einmal den falschen Schuh kaufen, jeder einzelne wird uns dabei helfen herauszufinden, was wir nie wieder tragen wollen. Und wer will schon über sich sagen nur ein paar Schuhe in seinem Leben getragen zu haben?