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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 13.08.2016, 16:31   #1
männlich Nöck
 
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Beiträge: 2.662

Standard Verrat

Der Herbst meiner Wünsche pocht laut an die Tür,
so schnell hab ich ihn nicht erwartet.
Für mich war das Leben stets zwanglose Kür,
bin ich denn nicht grad erst gestartet?

Wie hilflose Blätter im stürmischen Wind
umkreisen mich welke Gedanken.
Ich war doch bis gestern noch sorgloses Kind
fernab aller Hürden und Schranken.

Die Frucht meines Ackers ist längst schon verzehrt,
rundum faulen Kerne und Schalen.
Mir blieben erfolgreiche Ernten verwehrt,
ich höre den Mühlstein schon mahlen.

Nun schau ich dem Winter mit Furcht ins Gesicht,
verspüre des Nachts seinen Atem -
und stehe ich einst vor dem Jüngsten Gericht,
fühl ich mich vom Leben verraten.
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Alt 13.08.2016, 18:59   #2
männlich Gylon
 
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Beiträge: 4.269

Lieber Nöck,
ich verrat dir was. Gefällt mir super!

Liebe Grüße Gylon
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Alt 14.08.2016, 08:35   #3
Thing
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Beiträge: 34.998

Lieber Nöck, mir auch! Von A - Z.
Herausragend S3V4 und Strophe vier.

Lieben Sonntagsgruß
von
Thing
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Alt 14.08.2016, 10:49   #4
männlich Heinz
 
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Beiträge: 7.879

Standard Verrat

Lieber Nöck,
in vier kreuzgereimten Strophen das Fazit eines ganzen Lebens zu ziehen, die Verse in gutklingende Daktylen (Daktylen mit Auftakt, um genau zu sein) zu packen - das muss man erst einmal können! Du konntest und dafür mein Kompliment. Das LI fühlt sich vom Leben verraten, der Winter ist als Jahresschluss gleichbedeutend mit dem nahenden Lebensende und die Enttäuschung des LI klingt durch die Verse und Strophen. Mir machen die Daktylen durch ihre tänzerische Leichtigkeit dennoch ein wenig Hoffnung: Den
welken Gedanken und der Furcht vor dem Kommenden sollte das LI entsagen, denn so ist es in der Natur - sie schöpft Atem, ruht sich aus und dann kommen die ersten Frühlingsboten und bei längerem Nachdenken vielleicht die Gewissheit: Kein Wesen kann zu nichts zerfallen... (Goethe).
Bevor ich in längere Reden verfalle: Ein sehr schönes Gedicht mit Lebenserfahrung gefülltes und reizvoll umhülltes Werk!
Liebe Grüße,
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2016, 10:55   #5
wortscharmützel
Gast
 
Beiträge: n/a

Ein wirklich gelungendes Werk!
Und doch stehe ich mit einer Frage am Rathaus an. Worin liegt der verrat?

Vielleicht war es doch eher ein betrug den du schildrst- nicht zuletzt ein Selbstbetrug. Du hattest Erwartungen an das Leben, die es dir nie versprochen hat. Und du gibst die Schuld dem Leben? Das reimt sich für mich nicht. Vielleicht stehe ich aber auch nur auf dem Schlauch....schups mich mal zur Überschrift.
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Alt 14.08.2016, 11:07   #6
männlich Heinz
 
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ich gebe wortscharmützel Recht - "Enttäuschung" ginge auch, "Selbstbetrug" wäre mir zu hart.
F.
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2016, 11:45   #7
wortscharmützel
Gast
 
Beiträge: n/a

ok, aber "Endtäuschung" find ich wiederum zu banal- das wäre dem Gedicht nicht gerecht. Es sei man wandelt das Wort in die Bedeutung, dass etwas ent-täuscht- also aufgedeckt, oder der Realität verfallen ist.

Vielleicht aber auch
Entzaubert
Verfall
Zerfallen
aufgedeckt
rückschau
ratlos
Täuschung
...
???
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Alt 14.08.2016, 12:13   #8
männlich Heinz
 
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Beiträge: 7.879

und da sage nochmal jemand, ich wolle ständig das letzte Wort behalten!
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2016, 14:56   #9
männlich Nöck
 
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Zitat:
Zitat von Heinz
und da sage nochmal jemand, ich wolle ständig das letzte Wort behalten!
Das behalte ich mir vor!

Ich kann allerdings erst morgen auf eure Kommentare eingehen, heute feiere ich Geburtstag!

Liebe Grüße
Nöck
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2016, 15:16   #10
Thing
R.I.P.
 
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Beiträge: 34.998

Herzlichen Glückwunsch!
Gabs denn Schweinsbraten?


Lieben Gruß
von
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2016, 15:35   #11
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
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Beiträge: 10.909

Herzlichen Glückwunsch, lieber Nöck!

Dein Gedicht gefällt mir sehr. Es drückt das verstörende Bewusstwerden eines plötzlich gar nicht mehr so fernen Endes in sprechenden Bildern aus.

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2016, 18:33   #12
männlich Ex-Richard 42
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Gefällt mir ebenfalls sehr gut. Allerdings erst beim zweiten Lesen. Wenn ich etwas kritisieren müsste, dann: Einige Metaphern fühlen sich ein wenig abgenutzt an.

Weiter so!
Ex-Richard 42 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2016, 20:39   #13
männlich Heinz
 
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Herzlichen Glückwunsch zum Purzeltag!
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.08.2016, 14:53   #14
männlich T Y R
 
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Beiträge: 7

Zitat:
Zitat von Nöck Beitrag anzeigen
Der Herbst meiner Wünsche pocht laut an die Tür,
so schnell hab ich ihn nicht erwartet.
Für mich war das Leben stets zwanglose Kür,
bin ich denn nicht grad erst gestartet?

Wie hilflose Blätter im stürmischen Wind
umkreisen mich welke Gedanken.
Ich war doch bis gestern noch sorgloses Kind
fernab aller Hürden und Schranken.

Die Frucht meines Ackers ist längst schon verzehrt,
rundum faulen Kerne und Schalen.
Mir blieben erfolgreiche Ernten verwehrt,
ich höre den Mühlstein schon mahlen.

Nun schau ich dem Winter mit Furcht ins Gesicht,
verspüre des Nachts seinen Atem -
und stehe ich einst vor dem Jüngsten Gericht,
fühl ich mich vom Leben verraten.
Ich finde das sehr sehr gut gelungen! Danke fürs veröffentlichen
T Y R ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.08.2016, 08:08   #15
männlich Nöck
 
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Beiträge: 2.662

Zitat:
Zitat von Thing
Gabs denn Schweinsbraten?
Na klar, lecker!


Zitat:
Zitat von Richard 42
Wenn ich etwas kritisieren müsste, dann: Einige Metaphern fühlen sich ein wenig abgenutzt an.
Das Gefühl kann ich dir leider nicht nehmen.



Zitat:
Zitat von T Y R
Ich finde das sehr sehr gut gelungen! Danke fürs veröffentlichen
Das freut mich!



Ich danke euch allen für eure Glückwünsche und die Kommentare.

Liebe Grüße
Nöck
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Alt 16.08.2016, 08:55   #16
weiblich Zen.yu
 
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Wow .. insgesamt sehr beeindruckend, bedrückend bekannt...

aber ich muss mich wortscharmützel anschließen... beim ersten lesen von der letzten zeile ein bisschen enttäuscht gewesen wo sich nach den ersten versen eine beklommene aber aufgeregte Erwartungshaltung eingestellt hatte und gerade die große vorletzte Zeile, die einen den Atemm anhalten lässt ... dann fühlt man sich verraten und das auch noch vom leben. Wo vorher keine verantwortlichkeit definiert wird, liegt dann plötzlich alles bei der welt... hmmm nungut geht auch so, aber spricht mich dann als letzte Zeile einfach nicht so sehr an... na klar passiert viel mist auf der welt, aber ich glaub den größten mist hab ich noch immer selbst verzapft ... aber kann man wirklich sehen wie man will! Große Kunst hier... danke sehr... ich werds jetzt nochmal lesen...
Zen.yu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.08.2016, 17:26   #17
männlich Nöck
 
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Zitat:
Zitat von Zen
beim ersten lesen von der letzten zeile ein bisschen enttäuscht gewesen wo sich nach den ersten versen eine beklommene aber aufgeregte Erwartungshaltung eingestellt hatte
Damit muss ein Dichter leben. Ist Kunst nicht Provokation?

LG Nöck
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Alt 29.08.2016, 11:43   #18
männlich Ex-Richard 42
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@ Nöck: Das musst du auch nicht. :-)
Ex-Richard 42 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.08.2016, 12:04   #19
männlich Nöck
 
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Hallo Heinz,

erst einmal möchte ich dir für deinen rundum positiven Kommentar danken. Er ist ohne böse Absicht ins Nirwana abgerutscht. Durch "Richard 42" ist er mir zum Glück noch einmal aufgelegt worden. Kurzum, deine Ausführungen lassen den Profi erkennen. Ich freue mich umso mehr, da ich ja auch schon bissige Kommentare von dir bekommen habe.

Danke und liebe Grüße
Nöck


Hallo wortscharmützel,

auch dein Kommentar wurde von mir noch nicht beantwortet.

Zitat:
Zitat von wortscharmützel
Worin liegt der verrat?
Man kann sich schon vom Leben verraten fühlen. Ob das dem Leben gegenüber gerecht ist, steht auf einem anderen Blatt. Aber das wehleidige, die Schuld woanders suchende LI sieht es so. Deshalb bin ich auf Verrat gekommen.


Danke Richard, für die Unterstützung!


Noch einmal danke an alle und liebe Grüße
Nöck
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Alt 29.08.2016, 13:56   #20
weiblich Zen.yu
 
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Zitat:
Zitat von Nöck Beitrag anzeigen
Man kann sich schon vom Leben verraten fühlen. Ob das dem Leben gegenüber gerecht ist, steht auf einem anderen Blatt. Aber das wehleidige, die Schuld woanders suchende LI sieht es so. Deshalb bin ich auf Verrat gekommen.

Noch einmal danke an alle und liebe Grüße
Nöck
na da hamwas doch schon hatte das Gedicht auf einer persönlichen Ebene gesehen und wo ich doch versuche, mir zu verbieten die Schuld immer im Außen zu suchen, sprach mich das Ende nicht allzusehr an.
Gerade nochmal unter dem Aspekt gelesen, dass ich gerade einem LI lausche, welches leidet und die Verantwortlichkeit abzugeben wünscht erschien mir alles gleich viel runder

Die persönliche Ebene ist meist meine erste Wahl beim Lesen von neu entdeckten Stücken.
Danke für die Hilfe beim Zerstreuen meiner Vorurteile!

Licht & Freude
Zen
Zen.yu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.08.2016, 21:20   #21
männlich Nöck
 
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Zitat:
Zitat von Zen
Danke für die Hilfe beim Zerstreuen meiner Vorurteile!
Gern geschehen!

LG Nöck
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Lesezeichen für Verrat



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