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24.08.2006, 12:38 | #1 |
Auf Wiedersehen.
Auf der Fahrt hatten sie herumgealbert. Jetzt liefen sie über den Friedhof und bekamen die Hände von alten Freunden geschüttelt. Sie fragte sich, was man auf „Mein Herzliches Beileid“ antworten sollte. Sie betraten den relativ kleinen Raum. Vor dem Sarg blieb sie stehen und bewegte ihre Lippen – es kam kein Ton über selbige. Sie war froh, dass sie nichts sagen musste – sie hätte es nicht geschafft. Dann setzte sie sich in die zweite Reihe. Der Cousin ihrer Mutter kam herein und sie umarmten sich weinend. Keine Träne floss aus ihrem Auge, sie hatte nicht realisiert, dass er tot war.
Alle Menschen, die herein kamen, wünschten denen in der ersten Reihe alles Gute und gaben ihr Beileid kund. In die zweite Reihe kam niemand. Saßen hier doch alle Urenkel… Sie war heilfroh, dass niemand mehr zu ihr kam. Die Menschen lächelten aufmunternd, sie fand es schrecklich. Die Pfarrerin kam herein und fing an zu reden. Sie hörte zu und auch hin, doch wusste sie danach fast nichts mehr. In Gedanken war sie woanders. Sie versuchte sich selbst klar zu machen, dass er tot war. Zu Verstehen, dass sie nie wieder sein lausbübisches Grinsen sehen würde, dass sie ihn nie wieder umarmen würde... Vor anderthalb Wochen hatten sie noch Geburtstag gefeiert. Wenige Tage vorher hatte sie ihn besucht und ihr war erst da klar geworden, dass er niemals erleben würde, was aus seinen Urenkel würde. Sie würde ihn nie stolz machen können. Doch sie war sich so sicher gewesen, dass er 100 Jahre alt werden würde. Dass er vielleicht noch seine Ururenkel erleben würde… Und jetzt saß sie hier und hörte der Pfarrerin zu. Der Frauenchor sang. Das erste Lied hörte sich schrecklich schief an. Ob ihm das gefallen hätte? Es ging weiter. Sie starrte die Kerzen um seinen Sarg an. Wieso brannten die Kerzen – seine war doch erloschen! Eine Träne schlich über ihre Wange. Ihre Mutter weinte, Ihre Cousine neben ihr weinte ebenfalls. Nur ihre Geschwister blieben kalt wie Steine. Sie gingen heraus, der Sarg wurde in einen alten grauen Peugeot verladen – gab es kein schwarzes Auto für seinen Leichnam? Am meisten hätte sie sich über eine Kutsche gefreut – aber ein alter Peugeot? Es kam auf den Gedanken an. Sie stand in der Gruppe der nächsten Verwandten in der Mitte vor dem davonfahrenden Auto. Sie biss die Zähne zusammen, um nicht zu weinen. Ihre Tante holte ihre Schwester um sie ihrem Ex vorzustellen. Ihre Großtante kam zu ihr und fragte, wie es ihr ginge. „Gut“, antwortete sie, „und dir?“ Wie konnte man sich jetzt fröhlich unterhalten? Sie sah dem grauen Wagen hinterher. So nahm sie also Abschied von ihrem Urgroßvater… Sie hatte immer noch nicht realisiert, dass sie ihn nie wieder sehen würde. Nie wieder. Später, beim Essen, kam der Cousin ihrer Mutter zu ihr. Ein netter Mann. Er richtete ihr Grüße von seinem zweijährigem Sohn aus. Sie hatte es dem kleinen wohl angetan. Jetzt waren sie beide jung, so wie ihre Mutter und ihr Cousin es waren, damals spielten sie wohl fröhlich als beste Freunde um ihren gemeinsamen Großvater herum, doch irgendwann würden sie sich dann nicht mehr allzu oft sehen und schließlich auf irgendwelchen Beerdigungen wieder treffen… Und jetzt hatte sie Abschied genommen von ihrem Urgroßvater. Er hatte ihr keine Botschaft mit auf den Weg gegeben. Und er würde nie sehen, was aus ihr werde, nie von stolz erfüllt sagen können – das ist meine kleine Annabelle! Sie schluckte alles herunter. Auf Wiedersehen, Urgroßvater. |
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08.09.2006, 13:04 | #2 | ||||||
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des weiteren sagt man in dem zusammenhang meistens 'noch nicht realisert'. Zitat:
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ich finde, du hast die gefühle gut rüber gebracht. kann mir gut vorstellen, dass sie auf einer eigenen erfahrung beruht. in der ersten person (also in der ich-form) geschrieben, hätte es mir noch besser gefallen. meiner meinung passt das besser. sosu |
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