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Alt 22.11.2017, 16:26   #1
weiblich nachbarsgarten
 
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Standard Seriöse und unseriöse Gedichtwettbewerbe

Hallo an all euch Schreiberlinge,

vor 10 Minuten habe ich mich noch sehr gefreut,
da eines meiner Gedichte von der Brentano-Stiftung/der Frankfurter Bibliothek zur Veröffentlichung angenommen wurde.

Vor ca. 7 Minuten habe ich mir den Brief genau durchgelesen, in dem steht, wie viel ein solches Buch kosten soll bzw. wie viel "Rabatt" die Autorin bzw. der Autor bekommt, wenn sie oder er dem Verlag Menge x an Büchern abnimmt. Über diese horrenden Preise bin ich ins Grübeln geraten und habe im Internet sehr viel Kritik zu dieser Gesellschaft gefunden.

Nun bin ich akut richtig sauer darüber wie viele Wettbewerbe Abzocke mit AutorInnen betreiben und wie schwer das herauszufiltern ist und möchte hiermit gerne einen Thread eröffnen, in dem wir unsere gemeinsamen Erfahrungen sammeln können:

welche unseriösen Wettbewerbe, von denen ihr abraten würdet, kennt ihr noch? Lasst uns sie mal sammeln.

Und welche seht ihr als seriös an, so dass ihr sie weiterempfehlen könnt?

Ich danke euch sehr für eure Mithilfe,

eure Nachbarsgartenlyrik, die ihren Lebenslauf nun mit einer weiteren Abzocke bereichern kann
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Alt 22.11.2017, 18:23   #2
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
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Nun bin ich akut richtig sauer darüber wie viele Wettbewerbe Abzocke mit AutorInnen betreiben und wie schwer das herauszufiltern ist und möchte hiermit gerne einen Thread eröffnen, in dem wir unsere gemeinsamen Erfahrungen sammeln können:

welche unseriösen Wettbewerbe, von denen ihr abraten würdet, kennt ihr noch? Lasst uns sie mal sammeln.
Dieses Thema hatten wir schon vor Jahren ausführlich diskutiert, aber leider kann ich den Faden nicht mehr finden. Also fangen wir für die Neueren im Forum von vorn an.

Als "unseriös" können die Verlage, die ihr Klientel aus Gedichte-Wettbewerben rekrutieren, nicht bezeichnet werden, denn jeder, der mitmacht, bekommt das, was ihm angeboten wird. Es liegt an jedem Mitbewerber selbst, ob er das Endprodukt kaufen will oder nicht. Die Teilnahme am Wettbewerb ist schließlich kostenlos und beinhaltet immer die Chance, einen Preis zu gewinnen.

Es handelt sich im Grunde um eine Geschäftsidee, die mit der Eitelkeit selbsternannter Autoren kalkuliert und so viele Gedichte wie nur möglich annimmt, um ein "Werk" von entsprechend vielen Seiten zusammenzubekommen und natürlich auch, im potentielle Käufer heranzuzüchten. In der Regel umfasst ein Jahresband um die 1.000 Gedichte. Es zählt also erst einmal die Masse, bevor Gedichte, die halbwegs präsentierbar sind, in die engere Wahl gezogen werden.

Mir sind zwei Verlage bekannt, die auf dieser Basis Kundschaft ausheben: Die Brentano-Gesellschaft und die Bibliothek deutschsprachiger Gedichte. Die Bibliothek ist attraktiver gestaltet und hat ein wenig mehr Augenmerk auf die Qualität der Gedichte, vor allem, was die Rechtschreibung angeht. Von Brentano kann man dies nicht sagen, da wimmelt es vor Fehlern. Auch ist der Preis für den Jahresband bei Brentano höher als bei der Bibliothek.

Ich nehme jedes Jahr am Wettbewerb der Bibliothek teil, und meine Gedichte wurden bisher immer angenommen und abgedruckt. Darauf braucht man sich nichts einzubilden, denn wie gesagt geht es nicht um Qualität, sondern um Füllmaterial für den Jahresband. Aber immerhin besteht die Möglichkeit, einmal unter den Gewinnern zu sein, besonders, wenn man "modern" schreibt (also reimlos, möglichst intellektuell klingend, Bildgedichte etc.). Den Jahresband kaufe ich nie, weil er kaum einen müden Cent wert ist. Mit etwas Glück findet man unter den ca. 1.000 Gedichten zehn bis zwanzig, die Lesegenuss bereiten - der Rest gehört in die Tonne.

Es ist besser, seine Gedichte (oder Geschichten) selbst zu veröffentlichen, wenn man unbedingt das befriedigende Gefühl haben will, ein "Buch geschrieben" zu haben. Es gibt Verlage, die das vom Manuskript bis hin zur Vermarktung für dich übernehmen. Allerdings musst du dafür ins eigene Portemonnaie greifen und dir eine Anzahl von Exemplaren aufdrücken lassen, die du nie brauchen wirst, denn eigene Bücher zu verschenken (zumal Lyrik!) gehört in die Reihe von Peinlichkeiten, die man besser lassen sollte. Bei den Verlagen, die an deiner Kunst verdienen, ohne selbst ein Risiko zu tragen, bewegen sich die Kosten zwischen 3.000 und 7.000 Euro. Natürlich stehen in der Korrespondenz Floskeln wie "geprüft und unserem Programm angemessen" oder "ansprechend und druckwürdig". Das brauchst du nicht ernst zu nehmen, denn wenn du bezahlst, drucken und vermarkten diese Verlage alles was du willst.

Mein Rat: Kaufe dir gutes Papier, Einbandpappe und eine Bindemaschine. Suche dir einen Zeichner für den Einband und für ein paar hübsche Illustrationen und fertige dein eigenes Buch an. Dann hast du ein Unikat, in dem nur deine Gedichte statt einer Sammlung von No Names stehen, und die Kosten sind überschaubar.

An professionellen Veröffentlichungen lässt sich mit Lyrik ohnehin nichts verdienen. Selbst die wenigen Erfolgsautoren, die vom Schreiben leben können, haben es nicht einfach und üben meistens noch andere Berufe aus (z.B. Schreibschulen, Journalismus etc.).
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Alt 25.11.2021, 21:05   #3
weiblich Inka
 
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Standard Sehr interessant

Zufällig stieß ich auf diese Seite. Ich wäre auch beinahe glatt darauf hereingefallen. Mitte Juli bin ich wohl bei der Suche nach einem Gedichte-Forum auf die Brentanoseite gestoßen und gab ein Gedicht ein. Vor einigen Tagen erhielt ich die Mitteilung, dass es an genommen wurde. Zunächst freut man sich natürlich sehr, aber...Gestern stieß ich auf folgende Seite:

http://phaminmix.blogspot.com/2015/0...alles-ist.html

und da hat es mir die Petersilie verhagelt. Mir sind die Preise auch zu happig. Nein, danke!
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Alt 25.11.2021, 23:05   #4
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Inka Beitrag anzeigen
Gestern stieß ich auf folgende Seite:

http://phaminmix.blogspot.com/2015/0...alles-ist.html

und da hat es mir die Petersilie verhagelt.
Guten Abend, Inka,

gut, dass du auf das Thema zurückgekommen bist, denn nach vier Jahren, seit dieser Faden beackert wurde, haben wir bestimmt User in Poetry dazubekommen, denen diese Fakten noch nicht bekannt sind, die aber früher oder später auf solche Abzock-Verlage stoßen könnten.

Deshalb danke für den Link zu dem ausführlichen Erfahrungsbericht.

Dazu noch folgende Ergänzung.

Grundsätzlich ist es nicht schlimm, an einem solchen Gedichte-Wettbewerb teilzunehmen (obwohl "Wettbewerb" das falsche Wort ist, denn es ist ein "Fishing-Verfahren"). Niemand ist gezwungen, sich auf den Kuhhandel der einschlägigen Verlage, die diese Geschäftsidee umsetzen, einzulassen. Das Gedicht ist im Jahresband gedruckt, das weiß der Autor, und damit ist es gut. Kaufen muss er nichts.

Aber speziell bei der Brentano-Gesellschaft ist mir aufgefallen, dass dort ziemlich wahllos alles für die Veröffentlichung genommen wird, was man einsammeln kann. Entsprechend sind die Gedichte voller orthografischer und grammatikalischer Fehler und stilistisch suboptimal. Einen deutlicheren Beweis dafür, dass die Texte nicht lektoriert werden, kann man nicht bekommen. Allerdings wundert mich das auch nicht, denn bei der Masse, die dem Verlag ins Haus flattert, hat man für ein Lektorat wohl kaum Zeit für alle anderen Arbeiten, die notwendig sind, den Band pünktlich für das Weihnachtsgeschäft auf den Markt zu werfen. Die meiste Arbeit, die damit verbunden ist, wird schätzungsweise sowieso das aggressive Marketing und der Vertrieb sein.

Schon wegen dieses Mangels an Sorgfalt sind diese Jahresbände keinen müden Cent wert, denn es ist offensichtlich, dass die Literatur bzw. Lyrik überhaupt keine Rolle spielt, sondern es nur ums knallharte Geschäft geht. Der Lieferant des "Materials" hat als kostenloser und vertragsfreier "Mitarbeiter" nichts davon, sondern soll zusätzlich wie eine Weihnachtsgans ausgenommen werden - den Profit streicht allein der Verlag ein.

Ich hoffe, dass alle neueren und zur Zeit aktiven User ebenfalls auf diesen Faden hier stoßen, um rechtzeitig gewarnt zu sein, bevor sie auf eine Werbung eines solchen Verlags stoßen. Zu nennen wäre hier beispielsweise noch die ebenfalls umtriebige Bibliothek deutschsprachiger Gedichte, deren Angebot allerdings weniger unverschämt ist und die auch eine weitaus attraktivere Buchausstattung präsentiert als die Brentano-Gesellschaft.
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
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Alt 01.01.2022, 18:49   #5
weiblich Ilka-Maria
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Liebe Poetry-Gemeinde,

soeben erreichte mich eine Mitteilung der "Bibliothek deutschsprachiger Gedichte". dass der Gedichtewettbewerb ab diesem Jahr nicht mehr durchgeführt wird. Angeblich seien personelle Gründe dafür verantwortlich.

Eher ist jedoch zu vermuten, dass sich mittlerweile die Abzocke, die hinter diesem Geschäftsmodell steht, herumgesprochen hat und es zu viele Alternativen, sprich: kostenlose Veröffentlichungsmöglichkeiten über das Internet in sog. Selbstverlagen gibt.

Angeboten werden nach wie vor Kurse für lyrisches Schreiben und das Angebot, eigene Gedichtbände drucken und binden zu lassen, natürlich zu unverschämt hohen Preisen.

Ich rate davon ab, sich darauf einzulassen. Das gilt auch für die Brentano-Gesellschaft, die sich nicht nur erdreistet, den Namen eines Dichters für ihr Geschäft zu missbrauchen, sondern sich auch mit ihrem Domizil an Goethes ehemaliger Frankfurter Adresse den Anschein der Seriosität zu geben.

Ich habe völlig kostenfrei bei neobooks veröffentlicht. Auch von lovelybooks habe ich bisher Gutes gehört.

Finger weg von Verlagen, die euch Dienstleistungen zu hohen Preisen anbieten! Kein seriöser Verlag und kein Literaturagent verlangt von einem Autor Eigenbeiträge.
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Workshop "Kreatives Schreiben":
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