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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 06.12.2011, 01:14   #1
weiblich KleinerSpecht
 
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Alter: 31
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Standard Wir sind Gefangene

Wir waren Gefangene.


Gefangene im Denken,
im Handeln,
unser Sichtfeld war eingeschränkt, denn man hatte uns Scheuklappen vor die Augen gesetzt.

Aber irgendwann wollten wir keine Gefangenen mehr sein.

Wir wollten Frei Sein.

Wir wollten weiterdenken.
Andere Wege gehen.
und Über unseren Tellerrand hinausblicken.

Doch wir sollten nicht weiterdenken.
Keine anderen Wege gehen.
und Schon gar Nicht über unseren Tellerrand hinausblicken.

Wir sollten zuhören.
Still dasitzen.
und Stur geradeaus gucken.

Aber wir wollten nicht zuhören.
Nicht still dasitzen.
und Schon gar Nicht stur geradeaus gucken.

Wir wollten weiterdenken.
Andere Wege gehen.
und Über unseren Tellerrand hinausblicken.

Mehr noch:

Wir wollten Zu Ende Denken.
Neue Wege schaffen.
Den Ganzen Tisch erblicken.

und Die Welt befreien.


Doch man ließ uns nicht.

Als wir die ersten Fragen stellten,
fiel man uns ins Wort
und betäubte uns mit unseren ganz eigenen Extenziellen Kämpfen,
sodass Denken plötzlich schwerfiel.

Als wir die ersten Schritte wagten,
legte man die Routen fest, die wir gehen durften
und schränkte unsere Wege ein mit blauhelmigen Soldaten,
sodass Gehen plötzlich schwerfiel.

und Als wir die Scheuklappen abnahmen,
versperrte man uns die Sicht
und zerstörte unsere Augen mit Pfeffer,
sodass Sehen plötzlich schwerfiel.

Wir hassten das.
Hassten, dass man uns den Mund verbot.
Dass man unsere Wege festlegte.
und Unsere Sicht versperrte.

Aber vorallem hassten wir dieses Gefängnis aus Angst,
dass man um uns rum errichtet hatte.

Angst vor der Zukunft, wenn wir sagten, was wir dachten.
Angst vor den blauhelmigen Soldaten, wenn wir die vorgeschriebenen Wege verließen.
Angst vor dem Pfeffer, wenn wir die Augen aufmachten.
und
Angst vor dem ganz realen Gefängnis aus Stein und Gittern, wenn wir versuchten die Welt zu befreien.

Plötzlich wollten wir nur noch schreien, ob diesen Wahnsinns,
statt Fragen zu stellen.
Wollten wir nur noch vorwärts kommen, auf unseren Routen, wenigstens das,
statt unsere eigenen Wege zu gehen.
Nur noch die Augen aufhalten, immer auf der Hut vor unseren Feinden,
statt den ganzen Tisch zu erblicken.

Plötzlich wollten wir nur noch unsere Freiräume haben,
statt die Welt zu befreien.


Deshalb übten wir uns im Schreien.
Im Vorwärtskommen.
Im Augenaufhalten.

Im Freiräume verteidigen,
statt welche zu schaffen.


Wir dachten nicht mehr daran, Zu Ende zu Denken.
Nicht mehr daran, Neue Wege zu schaffen.
oder Den ganzen Tisch zu erblicken.

Geschweige denn Die Welt zu befreien.


Unser Denken fixierte sich nur noch auf die Kritik am Bestehenden.
Auf das eigene Frei Sein.
Die Alternativen, die Utopien, wurden zur Nebensache.

Und wir merkten dabei nicht, dass wir längst nicht mehr Frei waren.


Wir waren Gefangene.

Gefangene im Denken,
im Handeln,

unser Sichtfeld war eingeschränkt.
Aber Diesmal hatten wir uns die Scheuklappen Selbst vor die Augen gesetzt...
KleinerSpecht ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.12.2011, 00:14   #2
weiblich Ex-Encki
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Beiträge: 424

Hallo KleinerSpecht,

Dein tolles Gedicht könnte noch eine Überarbeitung vertragen.
Den Anfang finde ich zäh, ich kam erst einmal schwer rein. Später wurde Deine Wortwahl immer genauer, was viel spannender ist. Du arbeitest mit Wiederholungen und Du hast ein paar ganz tolle Formulierungen in Deinem Text:
Zitat:
Wir dachten nicht mehr daran, Zu Ende zu Denken.
Zitat:
Wir sollten zuhören.
Still dasitzen.
und Stur geradeaus gucken.
Zitat:
Im Freiräume verteidigen,
statt welche zu schaffen.
(Ich würde aber statt "welche" "neue" schreiben.)

Aber hier zum Beispiel:
Zitat:
und Als wir die Scheuklappen abnahmen,
versperrte man uns die Sicht
und zerstörte unsere Augen mit Pfeffer,
sodass Sehen plötzlich schwerfiel.
Inhaltlich keine Kritik. Aber ich würde aus den vier Zeilen zwei machen:
Und als wir unsere Scheuklappen abnahmen
sprühten sie uns Pfeffer in die Sicht


Versuche Deine Gedanken zu verdichten, so kurz und genau wie möglich zu fassen...
Um es ganz krass, zu sagen: Dein Gedicht könnte man gut um die Hälfte kürzen, ohne den Sinn zu zerstören.

Was mir besonders gefällt, ist der Schluss:
Sobald man nämlich nur gegenan geht, ist man ja ebenso fremdbestimmt, weil man sich nur über das Kontra definiert und seine eigenen Ideen nicht verwirklicht.

Habe ich seh gerne gelesen.

Liebe Grüße
Encki
Ex-Encki ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.12.2011, 21:43   #3
weiblich KleinerSpecht
 
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Alter: 31
Beiträge: 153

lieben dank encki,

du hast vollkommen recht. ich könnte (und sollte) es noch verkürzen. kommt frisch aus der ideenkiste. habe hier einfach mal die rohfassung reingestellt.

hilfe beim kürzen könnte ich dennoch gebrauchen, da ich selber immer probleme damit habe. also vorschläge dazu immer erwünscht!
KleinerSpecht ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.12.2011, 23:24   #4
männlich Ex-Jack
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Dabei seit: 05/2011
Beiträge: 954

Hallo KleinerSpecht und Encki,

bevor es ums Kürzen geht, würde ich den Ausdruck "Utopien" noch streichen, für die meisten bedeutet es automatisch etwas unmögliches, etwas, dass sich nicht einmal mit gutem Willen praktisch durchführen ließe und ich glaube, es geht hier um Ideen, die sehr wohl durchführbar wären...

Ach so...

Das Gedicht ist toll und eine Eindampfung des Ganzen macht daraus wahrscheinlich einen absoluten Hammer.
Alleine so finde ich das Gedicht gut, inhaltlich, wie auch die formalen Ansätze.
Es ist stark. Gewinnt durch die sich wandelnden Wiederholungen noch weiter und Wandel und Entwicklung sind absolut nachvollziehbar.
Toll, KleinerSpecht!
Vielleicht fällt mir zum Kürzen auch etwas ein, aber ich wollte das hier schon mal vorausschicken.

Liebe Grüße,
Jack
Ex-Jack ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.12.2011, 03:06   #5
weiblich KleinerSpecht
 
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Beiträge: 153

lieber jack,

utopien wird das letzte daran sein was ich streichen werde. es geht hier darum welche bedeutung dieses wort für mich und die "szene" hat und da ist utopie ein traum, etwas verklärt vielleicht, aber immernoch real und greifbar, umsetzbar. es ist mein lieblingwort.

hier nun eine etwas gekürzte version. auch das welche habe ich durch neue freiräume ersetzt. liebe encki, das war ein guter vorschlag, gefällt mir so auch besser.


Wir waren Gefangene.


Gefangene im Denken,
im Handeln,
unser Sichtfeld war eingeschränkt, denn man hatte uns Scheuklappen vor die Augen gesetzt.

Doch irgendwann- irgendwann wollten wir keine Gefangenen mehr sein.

Wir wollten Frei Sein.

Wir wollten weiterdenken.
Andere Wege gehen.
und Über unseren Tellerrand hinausblicken.

Aber das sollten wir nicht.

Stattdessen sollten wir zuhören.
Still dasitzen.
und Stur geradeaus gucken.

Doch das wollten wir nicht.

Wir wollten weiterdenken.
Andere Wege gehen.
und Über unseren Tellerrand hinausblicken.

Mehr noch:

Wir wollten Zu Ende Denken.
Neue Wege schaffen.
Den Ganzen Tisch erblicken.

und:
Die Welt befreien.

Aber man ließ uns nicht.

Als wir die ersten Fragen stellten,
fiel man uns ins Wort
und betäubte uns mit unseren ganz eigenen Extenziellen Kämpfen,
sodass Denken plötzlich schwerfiel.

Als wir die ersten Schritte wagten,
legte man die Routen fest, die wir gehen durften
und schränkte unsere Wege ein mit blauhelmigen Soldaten,
sodass Gehen plötzlich schwerfiel.

und Als wir die Scheuklappen abnahmen,
versperrte man uns die Sicht
und zerstörte unsere Augen mit Pfeffer,
sodass Sehen plötzlich schwerfiel.

Wir hassten das.
Hassten, dass man uns den Mund verbot.
Dass man unsere Wege festlegte.
und Unsere Sicht versperrte.

Aber vorallem- hassten wir dieses Gefängnis aus Angst,
dass man um uns rum errichtet hatte.

Angst vor der Zukunft, wenn wir sagten, was wir dachten.
Angst vor den blauhelmigen Soldaten, wenn wir die vorgeschriebenen Wege verließen.
Angst vor dem Pfeffer, wenn wir die Augen aufmachten.
und
Angst vor dem ganz realen Gefängnis aus Stein und Gittern, wenn wir versuchten die Welt zu befreien.

Plötzlich wollten wir nur noch schreien, ob diesen Wahnsinns,
statt Fragen zu stellen.
Wollten wir nur noch vorwärts kommen, auf unseren Routen, wenigstens das,
statt unsere eigenen Wege zu gehen.
Nur noch die Augen aufhalten, immer auf der Hut vor unseren Feinden,
statt den ganzen Tisch zu erblicken.

Plötzlich wollten wir nur noch unsere Freiräume haben,
statt die Welt zu befreien.


Deshalb übten wir uns im Schreien.
Im Vorwärtskommen.
Im Augenaufhalten.

Im Freiräume verteidigen,
statt neue zu schaffen.


und Wir dachten nicht mehr daran, Zu Ende zu Denken.
Nicht mehr daran, Neue Wege zu schaffen.
oder Den ganzen Tisch zu erblicken.

Geschweige denn Die Welt zu befreien.


Unser Denken fixierte sich nur noch auf die Kritik am Bestehenden.
Auf das eigene Frei Sein.
Die Alternativen, die Utopien, wurden zur Nebensache.

Und wir merkten dabei nicht, dass wir längst nicht mehr Frei waren.


Wir sind Gefangene.

Gefangene im Denken,
im Handeln,

unser Sichtfeld ist eingeschränkt.
Aber Diesmal haben wir uns die Scheuklappen Selbst vor die Augen gesetzt...
KleinerSpecht ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.12.2011, 03:11   #6
männlich Ex-Jack
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Zitat:
es ist mein lieblingwort.
Ok, verstehe ich! Dann MUSS es drin bleiben!
Find ich gut!
Ex-Jack ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.12.2011, 16:30   #7
weiblich KleinerSpecht
 
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KleinerSpecht ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.12.2011, 19:44   #8
männlich Ex-Jack
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Liebe KleinerSpecht,

ich hab jetzt öfter probiert mich an der Kürzung noch zu versuchen, aber alles was ich probierte stülpte Deinem Gedicht einen Ton auf, der nicht Deiner ist und irgendwie nicht in Deinem Interesse sein kann. Schade, hätte gern geholfen.
Vielleicht gehört es so, vielleicht bist Du das.
Wäre es nicht schon grundlegend falsch diese Verse irgendwie zu verformen oder in eine Form zu pressen?
Vielleicht gehört es einfach so.

Liebe Grüße,
Jack
Ex-Jack ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.12.2011, 00:45   #9
weiblich KleinerSpecht
 
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Lieber Jack,

danke für deine Versuche, schade, dass es nicht funktioniert hat.
Ich denke schon, dass es irgenwie verändert werden müsste.

wie Encki schon bemerkte:
Der Anfang ist irgendwie zäh und es ist schwer reinzukommen.

Neie, Einfach mal einen Monat nicht damit beschäftigen: Dann das Thema des Gedichts nochmal neu aufgreifen und was neues dazu schreiben, dann beide vergleichen und irgenwie zusammenflicken :P
KleinerSpecht ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.02.2012, 16:56   #10
männlich Ex-Jack
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Hey KleinerSpecht!

Was Aufräumen manchmal bringt...

Stell Dir dies von einer kratzigrauhen Männerstimme gelesen vor...es sind nur die ersten Zeilen, aber es ging ja auch um das Gefühl:



Gefangne waren wir.

Die Fesseln warn Denken und Handeln und
bescheuklappt hielten wir Schritt.

Frei sein!



So könnte sowas klingen, dachte ich...

Liebe Grüße an Dich,
Jack
Ex-Jack ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.02.2012, 17:12   #11
weiblich KleinerSpecht
 
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Lieber Jack,

das klingt großartig! Ich werde später mal schaun, inwieweit ich das deinem Vorschlag entsprechend verändere, das "bescheuklappt" gefällt mir noch nicht...

Habe mom aber ziemlich Stress, werde es mir später nochmal anschaun. Auf jeden Fall genial dein Vorschlag Lieben Dank

Grüße vom Specht
KleinerSpecht ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.02.2012, 20:41   #12
Thing
R.I.P.
 
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Beiträge: 34.998

Halli Hallo -

und dann komme ich und mäkele.
Darf ich fragen, was an dem Text lyrisch oder poetisch sein soll?
Es ist schiere Prosa, noch dazu ungeschickt unterteilt.

Mach Dir nix draus, ich bin altmodisch.
Und ich spreche nur vom Text, nicht vom Schreiber.

LG
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.02.2012, 23:01   #13
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.089

Ich finde dieses Aufbegehren gut. Nur habe ich da diese klitzekleine Frage: Immer, wenn die Sprache auf den Unterdrücker kommt, lese ich "man".

Wer ist denn dieser "man", der keinen Namen hat?

Da ist offensichtlich ein Lenker am Werk, den niemand so richtig fassen kann.

Macht nix, der Text ist sowieso ein einziger Käse.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
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