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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 30.08.2008, 01:04   #1
Volaticus
 
Dabei seit: 01/2007
Beiträge: 34

Standard Gewitterwarnung für die Ostalpen

Ein Tiefdruckwirbel streift in unsrem Lande
Die Alpen, bald schon wird es trüb und grau.
Nur östlich an der Grenze, ganz am Rande
Bleibt's bis zum Abend wolkenlos und blau.

Über dem Bergland wachsen Wolkentürme,
Die majestätisch hoch am Himmel stehn.
In ihnen keimen langsam Wetterstürme,
Die dann mit Blitz und Hagel niedergehn.

Drum rat' ich allen, sich in Acht zu nehmen.
Vergesst niemals die Kräfte der Natur.
Sie sind zu stark, wir können sie nicht zähmen.
Vor ihnen sind wir kleine Mücken nur.
Volaticus ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.09.2008, 21:56   #2
hummel
 
Dabei seit: 09/2008
Beiträge: 13

Standard RE: Gewitterwarnung für die Ostalpen

Das Gedicht ist metrisch bis auf wenige Aunahmen richtig: Die fünfhebigen Jamben sind in folgenden Versen nicht durchgehalten:

V. 5: Über dem Bergland.
Hier ergäbe sich eine unschöne Tonbeugung, was ein wenig an den strengen Knittelvers erinnert. Meiner Meinung nach ist "Über dem Bergland" ein Adoneus. Der passt hier nicht rein.

V. 9: Vergesst niemald die Kräfte der Natur.
Auch hier stimmt der Vers metrisch nicht.

Zum Inhalt:
Der einfache Aufbau des metrischen Gerüsts korrspondiert mit der einfachen inhaltlichen Struktur. Auf eine Wettervorhersage, die sprachlich tatsächlich auch eine sein könnte, folgt in der dritten Strophe der moralische Zeigefinger des Dichters. Bei der Einfachheit und der nahezu technischen Verwendung der Sprache und der verwendeten Bilder wirkt diese moralische Deutung nicht überzeugend.

Das Unwetter ist nicht schlimm genug, als dass die letzte Strophe glauben finden würde. Man lese z. B. die Unwetterschilderung in Klopstocks "Frühlungsfeier". Dort wird glaubwürdig die Naturgewalt in Worte gefasst, was hier in diesem Fall leider nicht geleistet wurde.

Wenn die Alpen in einem Gedicht thematisiert werden, so denkt man hierbei an Albrecht von Haller, wenn man den Menschen als Spielball der Natur dargestellt findet, so denkt man hierbei an Bodmer und Breitinger und ihre Ansichten vom Erhabenen. All diese Assoziationen schaden dem Gedicht mit seinen verbrauchten Bildern zusätzlich.
hummel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.09.2008, 10:14   #3
Volaticus
 
Dabei seit: 01/2007
Beiträge: 34

Standard RE: Gewitterwarnung für die Ostalpen

Danke für die sachliche Kritik!

Bei V5 hätte ich schreiben Können:
"Am blauen Himmel wachsen Wolkentürme"

Bei V9:
"Darum bedenkt die Kräfte der Natur"

Das Wort "Niemals" stört den jambischen Aufbau.

Weil ich das Wort in diesem Kontext für wichtig gehalten habe, habe ich die Störung bewusst zugelassen.

Zum Inhalt:
Ich habe versucht, die Einweisung von jungen Flugschülern in die Gewittergefahren in Reim und Vers zu fassen.

In Strophe 1 und 2 erklärt der Lehrer den Schülern bildhaft das Geschehen in der Athmosphäre vom Großen ins Kleine: Erst der riesige Tiefdruckwirbel, dann die Alpen, am Schluss einzelne Wolkentürme.
Diese beiden Strophen sind in nüchternem Fliegerjargon geschrieben. Ausnahme: Das Wort "Majestätisch".Es klingt als subjektiver Begriff schon ein wenig an Strophe 3 an.

Strophe 3 warnt den Flugschüler vor Selbstüberschätzung (rechtzeitig landen oder gegebenenfalls nicht starten). Die Gefahren (Hagelschlag, Sauerstoffmangel, Erfrierungstod, extreme Turbulenzen) werden zwar nicht direkt erwähnt, der Flugschüler soll aber daran erinnert werden, dass er im Vergleich damit "nur eine kleine Mücke" ist.


Ich habe mir erst überlegt, noch eine Strophe über das Geschehen im Inneren einer Gewitterwolke anzuhängen. Damit wäre das Gedicht aber zu spezialisiert geworden und hätte vielleicht die Allgemeinheit nicht mehr angesprochen.


mfG

Vol
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