Unverdient

[Dr Whatzn]

Äste brechen
Unter den Schritten.
Er läuft verschwitzt
Durch Trümmerwälder.

Hinter ihm
Da liegt die Welt
Eingraviert
In Schachbrettfelder

Es tropft die Angst
Ihm vom Gesicht
Er wird verfolgt
Vom Uhrwerkticken

Eingefroren
Bleibt er stehen
Unter ihm
Ein leises Klicken

Sein Blick senkt sich
Zum Staubgetümmel
Er fragt
Womit er das verdiene

Die Zeit sie ist
Zum schneiden dick
Und er erkennt
Die Splittermine

Ein Holzkreuz
Aus verlebten Zweigen
Nägeln und
Zwei morschen Pfosten

Das ist alles
Was noch bleibt.
So spielt die Zeit
Im nahen Osten.

[Phobipp]

Hallo Dr Whatzn,

wow, das ist echt gut geworden. Ein interessantes Thema, gut verpackt. Besonders der Sprechrhythmus ist einfach perfekt. Es holpert kein einziges Mal.

Nur eine Sache:
Beim Konflikt im Nahen Osten denke ich an Juden und Muslime, das Kreuz lässt aber eher auf einen Christen schließen... Oder habe ich das vielleicht nicht ganz verstanden?

Grüße.

[Dr Whatzn]

Vielen Dank Phobipp!
Schön, dass es dir gefällt.
Also das mit dem Kreuz war Absicht, aber anscheinend hat es seine Wirkung verfehlt. Ich wollte einfach nur symnolisch den Tod des Jungen darstellen. Und da wir hier in der westlichen Welt alle das Grabeskreuz kennen dachte ich es wäre so verständlicher!?!?. Ich hätte natürlich auch schreiben können, dass Steine niedergelegt werden, o.Ä., aber, wie gesagt es soll nicht tatsächlich heißen, dass der Junge christlich bestattet wird, sondern einfach nur, dass er bestattet wird. Ist das nachzuvollziehen?
Danke nochmal

Gruß,

Dr Whatzn

[moon]

Hi Doc,

wirklich beeindruckender Text! Vor allem die "Angst, die vom Gesicht tropft" konnte ich nachfühlen beim Lesen. Denn als Leser hatte auch ich ein wenig Bammel vor dem, was wohl noch kommen wird. Und am Ende musste ich dann ein wenig schlucken. Sprachlich einfach mitreißend. Gern gelesen!

moon