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Alt 23.12.2020, 14:20   #1
männlich Alfred
 
Dabei seit: 11/2020
Beiträge: 17


Standard Trauben und Käse Buffet

Das, was man weitläufig als Trinkgelage bezeichnet begann an einem Familiengeburtstag Mitte der 70er Jahre. Es gab alles zu saufen, Wodka, Jägermeister, Wein und Bier. Und wie ausgelassen die Stimmung war und wie schön die Schlager spielten. Das Geburtstagsbuffet war restlos aufgefressen. Vereinzelt lagen noch trockene Hähnchenschenkel auf den fett verschmierten silbernen Tellern. Trostlos dazwischen Trauben mit Käse.

Der Renner waren aber die Herrengedecke, das war ein kleiner Schnaps, manchmal auch ein Doppler und ein Glas Pils. Sie schüttete sich alles in einem Affenzahn rein. Niemand, aber wirklich niemand fiel ihre ungesunde Gesichtsfarbe auf. Ganz rot, die Nase, die Ohre und die Lippen, die Fingernägel abgekaut mit blutigen Stellen. Und dick war sie, nicht einfach dick, sondern aufgebläht. Der Bauch rund und die Beine wie Baumstämme. Die anderen Gäste tranken zwischendurch Wasser. Sie nicht, sie meinte, dass man davon sterbe. Wasser und Schnaps verträgt sich nicht. Niemanden fiel auf, dass sie ihren Urin nicht mehr richtig halten konnte. Dafür war die Stimmung zu ausgelassen. Ihr Freund ein ebenso vom Suff aufgedunsener Mann, hatte sich jede einzelne Gehirnzelle raus gesoffen, aber redselig war er. Und Sprüche hatte er drauf. Begrüßte man ihn mit einem Hey, dann meinte er wo.

Und, und, und…alle hielten sie für etwas versoffen, aber glücklich. Auch, als sie einfach so vom Stuhl fiel und liegen blieb und einfach am Boden weiter trank, war das einfach nur lustig. Ein Schnaps, nach dem anderen…Kampftrinken, der übelsten Sorte. Auch, als der Geburtstag endgültig zu Ende war. Am nächsten Morgen, trank sie einfach weiter. Sie war die erste beim Frühstück. Der Gestank nach Alkohol und Kippen störte niemanden. Ihre Konzentration war auf ein Minimum gesunken. Sie hielt die Morgenzeitung und die Schrift verschwamm vor ihren Augen und sie kämpfte mit dem Kater, der Übelkeit und dem Verlangen einfach nachzuschütten. Ich hätte nie gedacht, dass das so schnell geht…aber bei Schnaps ist das wohl so, die Leber ging immer mehr kaputt und vernarbte und ihre Haut wurde gelb.

Die lebenswichtigen Organe funktionierten nicht mehr richtig, nach und nach wurden sie schwächer, bis zum großen Knall. Und dann wurde ihr eines Abends schlecht, sie übergab sich mit Blut, ganz dunkel war das. Die Beerdigung war an einem Samstag…alle Verwandten, die wenigen Freund und Arbeitskollegen konnten es nicht wahrhaben. Richtig geschockt waren sie. Wieso haben wir nichts gemerkt. Man zog ihr ein Leichenhemd an, vernagelte den Sack und legte eine dicke Steinplatte auf ihr Grab. So als dürfte sie nie mehr raus. Dann vergaß man die ganze Sache und sprach nie mehr drüber. Ans Verdrängen war man gewöhnt.
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