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Alt 20.06.2012, 20:49   #1
männlich nurdean
 
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Beiträge: 163


Standard Der grosse Wald [Arbeitstitel]

Hallo zusammen!

Ich werde mich an einem Roman von noch unbestimmter Grösse versuchen und zu diesem Zweck hier jeweils Kapitelweise weiterposten. Da ich die Kapitel gerne zur Genüge überarbeiten und auf Fehler prüfen möchte, wird dieser Faden höchstens alle paar Tage ein Update erhalten. Trotzdem hoffe ich auf viele interessante Kommentare und Verbesserungsvorschläge. Es sollte, falls alles klappt, ein Buch dabei herauskommen.

Trotz dieser Ansage werde ich noch keine Angaben über den zu erwartenden Inhalt vorausschicken. Hier mal das erste Kapitel:
_______________

Erstes Kapitel - Ich und sie

"Was für eine wunderschöne Geschichte!", sagte sie, küsste mich auf den Mund und schaute mich lange mit ihren hell glänzenden Augen an, lächelnd. Ich erwiderte ihr Lächeln und spürte unser Glück. Ich hatte ihr meine Lieblingsgeschichte erzählt, welche ich schon seit meiner Kindheit kannte. Solche Geschichten wurden in unserem Dorf schon seit vielen Generationen überliefert und diese war eine ganz besondere. Sie erzählte die Entstehung der Welt. Ich bemerkte, wie ich durch das erzählen jedes Zeitgefühl verloren hatte. Der Wind hatte inzwischen aufgehört zu heulen und auch das Plätschern des Regens war in ein sanftes, unregelmässiges Tropfen übergegangen.
"Komm, lass uns rausgehen. Vielleicht sehen wir einen Regenbogen!", schlug sie vor und war schon aufgestanden. Ich folgte ihr hinaus, sie ging wie immer Barfuss. Schon hüpfte sie voller Freude durch das nasse Gras, hinauf in den Wald, hin zur grossen Lichtung, die wir seit dem vergangenen Frühling oft besucht hatten. Sie lief weit voraus. Als ich sie erreichte, hatte sie sich inmitten der Lichtung auf dem kleinen Hügel neben dem Teich ins Gras gelegt. Ich legte mich neben sie, küsste sie auf die Wange und lachte sie an. Noch ganz ausser Atem bemerkte ich, dass vor uns, von den Wolken tief in die hohen Baumwipfel reichend und scheinbar zum greifen nahe, ein Regenbogen war.
"Hab ich es dir doch gesagt! Ist er nicht wunderschön?", fragte sie stolz. Tatsächlich schien mir gerade an diesem Tag alles von einer besonderen Schönheit ergriffen. Die leuchtenden Farben des Regenbogens tauchten die Landschaft in eine gleichzeitig feierliche, aber auch nachdenkliche Stimmung, der Himmel war wie ein Mosaik aus grau und blau, gebildet aus einzelnen, sich rasch auflösenden Wolken und lichten Flecken, wodurch die goldene Abendsonne auf den grossen Wald und das Gras des kleinen Hügels inmitten der grossen Lichtung hinunterschien. In der Ferne lagen unzählige Flüsse und kleine Seen, für die wir keine Namen hatten. Wie kleine Inseln in einem Meer aus grün erhoben sich weit entfernt am Horizont die Berge. Auf ihren Spitzen lag nur noch wenig Schnee und ein Gewitter war im Gange, das den grössten Teil des Gebirges bedeckte. Ganz leise hörte ich den Donner, der sich wie dumpfe Trommeln aus weiter Ferne anhörte, welche ein mir unbekanntes Lied spielten. Es erinnerte mich an die Gefahren, die in den Bergen lauerten, die kahlen Steilhänge und das rauhe Wetter. Das Gebirge lag wie ein Schutzwall vor dem Horizont. Ich fragte mich, ob es das, was dahinter lag vor uns schützen sollte, oder umgekehrt. Plötzlich fiel mir auf, dass Mariko meinem Blick schon für lange Zeit gefolgt war. Sie sagte:
"Ich will sehen, was dahinter ist. Lass uns über die Berge steigen, Farid!"

_______________


20.6.12, Nurdean
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Alt 20.06.2012, 21:41   #2
Thing
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Beiträge: 34.998


Nicht schlecht, nicht schlecht!
Die Tippfehler noch ausmerzen, dann ist es tip-top.


LG
Thing
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Alt 20.06.2012, 21:54   #3
weiblich Ilka-Maria
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Beiträge: 31.153


Stilistisch ist das gut erzählt. Aber ich hätte, um einen Spannungsbogen aufzubauen, mit dem letzten Satz angefangen, denn das, "was dahinter ist" interessiert den Leser. Alles voran ist Geplänkel. Das hat durchaus seinen Stellenwert, aber ich hätte diese Plänkelei erst präsentiert, nachdem dem Leser der Mund wässrig geworden ist.

Der letzte Satz ist der eigentliche Einstieg in die Geschichte, und deshalb gehört er an den Anfang, um den Leser bei der Stange zu halten.

LG
Ilka
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Alt 25.06.2012, 19:08   #4
männlich nurdean
 
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Lieber Thing, liebe Ilka

zuerst einmal bitte ich um Verzeihung für die sehr späte Antwort. Dafür kommt bald schon das nächste Kapitel

@Ilka:

Denkst du nicht, dass sich durch Verschiebung dieses Satzes viel zu viel offenbart? Ich sehe den Spannungsbogen eher darin, dass es dem Leser nicht bekannt ist, wie die beiden heissen und um was für eine Geschichte es sich da handelte. Ich habe versucht, langweilige Einleitungen und so weiter wegzulassen und direkt imitten einer Szene zu beginnen. Der Leser wird also mitten in die Geschichte hineingeworfen. Plänkelei ist das meiner Ansicht nach nicht, sondern ganz viele Informationen, die im Leser sofort ein Bild entsehen lassen, das Kopfkino ankurbeln und durch ihre nicht ganz klare Greifbarkeit (vor allem die fehlenden Namen, was eine gewisse Identifikation oder auch Klischeeisierung vorerst unterbindet) noch mehr angeregt wird.

Deine Meinung dazu würde mich, trotz später Antwort sehr interessieren.

Ausserdem dankeschön für die wohlwollende Bewertung meines Schreibstils

@Thing:

Ebenfalls vielen Dank, es ist für mich eine besondere Ehre, von dir ein Kompliment zu erhalten, nachdem deine Kommentare sich zu Beginn meiner Teilnahme an diesem Forum eher gegenteilig anhörten und es erfüllt mich mit einer ganz besonderen Freude, dass dir mein Textlein gefällt.

An beide:

Ich habe in letzter Zeit sehr viel von euch gelesen hier auf Poetry und sehe in euch erfahrene Poesie-Experten, was diesem Lob noch einmal einiges mehr an Gewicht verleiht. Also ein weiteres Mal: Vielen Dank!
Ich hoffe, dass ihr mir auch bei den nächsten Kapiteln als Leserschaft erhalten bleibt

Gruss

Nurdean
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Alt 25.06.2012, 19:39   #5
männlich nurdean
 
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Zweites Kapitel - Flammen in der Dunkelheit


Die Nacht hatte sich wie ein schwarzes Tuch über das Land gelegt und Wolken verdeckten die schmale Sichel des abnehmenden Mondes. Wir suchten unseren Weg durch das hohe Gras und bemerkten nach einiger Zeit, dass wir uns verlaufen hatten. Mariko war vorausgegangen, ich hintennach und obwohl in der Dunkelheit nicht viel zu erkennen war, stapfte sie weiterhin mit festen Schritten durch die Wiese. Das gab mir ein Gefühl von Sicherheit, weswegen ich nicht gefragt hatte, wohin wir gingen. Sie schien ihrem Instinkt zu folgen, welcher uns eigentlich nie im Stich gelassen hatte.

Wir waren schon eine ganze Weile damit beschäftigt, uns durch das wuchernde Grün zu kämpfen, als sie auf einmal stehen blieb. Sie blickte um sich, hockte sich hin und gab mir ein Zeichen, still zu sein. Ich setzte mich neben sie, legte meinen Arm um ihre Taille und versuchte, meine Atmung zu beruhigen. Je länger ich konzentriert in die Nacht lauschte, desto mehr Geräusche und Klänge fielen mir auf. Zum Beispiel ganz nahe eine Mücke, die wiederholt an meinem Kopf vorbeisummte, ein Frosch, der einsam in einem nahegelegenen Tümpel vor sich hin quakte, ein Specht, der am Waldesrand energisch klopfte und die unzähligen Grillen, welche die feuchtwarme Luft zu geniessen schienen und ein beständiges Zirpen produzierten, welches den Nachtgesang harmonisch untermalte.

"Da hinten!", flüsterte Mariko plötzlich und deutete geradeaus in die Dunkelheit. Ich erkannte nicht sofort, worauf sie mich hinweisen wollte. Allmählich fiel mir ein orange-roter Schimmer über einer nahegelegenen Kuppe auf. Feuer! Das konnte nur bedeuten, dass wir uns nahe unseres Heimatdorfes befanden, was ich aufgrund meines armseligen Orientierungsvermögens nicht im Entferntesten erwartet hätte. Als wir die Kuppe bestiegen hatten, lag unter uns tatsächlich das aus etwa zwanzig mehr oder weniger verkommenen Hausruinen bestehende Dorf, das mir in den vergangenen Monaten so vertraut geworden war. In der Mitte befand sich ein grosser Platz, bei dem sich die Dorfbewohner um ein grosses Feuer versammelt hatten. Alt und Jung sassen im Kreis um die lodernden Flammen, wärmten ihre Knochen, erzählten sich Geschichten, lachten, sangen, trommelten auf kleinen Plastikeimern oder den Tischen, tranken Apfelsaft oder Met und verspeisten das frisch erjagte Wild.

Als wir uns schon einigen Häusern entlang in das Dorf hinein geschlichen hatten, knackte plötzlich ein dürrer Zweig unter meinen wettergegerbten Sandalen, worauf aus der nächsten Hausruine laut flatternd ein Fledermausschwarm auf uns zu und an uns vorbeiflog. Erschrocken blickte ich zum Dorfplatz. Natürlich drehten sich jetzt alle Gesichter in unsere Richtung und eine Frau mittleren Alters mit langen braunen Haaren rannte sogleich uns entgegen. Ihr Haar wehte im Wind und sie schrie immer wieder den Namen ihrer Tochter. Marikos Mutter war sehr besorgt. Sie fragte, als sie uns erreicht hatte, japsend, ob uns etwas zugestossen sei, ob wir uns verlaufen hätten und so weiter.

"Aber Mutter, ich bin doch schon alt genug, du musst doch keine Angst um mich haben! Ich und Farid waren an der grossen Lichtung und du weisst doch, wie schnell die Zeit vergeht." Nach einer langen Diskussion lud uns Marikos Mutter ein, uns zusammen mit ihr ans Feuer zu setzen. Wir schlugen uns die hungrigen Bäuche mit dem übriggebliebenen Fleisch und einigen Früchte voll. Dazu tranken wir einige Becher Met. Während ich nach meiner zweiten gebratenen Wildschweinkeule griff, begann Mariko, ihrem Vater von unserem Vorhaben zu erzählen.

"Über die Berge? Kommt überhaupt nicht in Frage!", antwortete er wütend. Recht hatte er, dachte ich, schliesslich wusste niemand im Dorf, was sich hinter dem grossen Gebirge befand und alle fürchteten sich davor. Ich wusste aber, dass er seiner Tochter etwas verheimlichte. "Seit Beginn der Generationenzählung hat niemand versucht, er die Berge zu steigen. Genausowenig ist jemald eine Nachricht von dort zu uns gelangt." Als er das gesagt hatte, wusste ich, dass der Moment gekommen war, mich in die Diskussion einzumischen. "Es gab einen!", warf ich ihm mutig entgegen. Ich wusste, dass im Dorf nicht über diese Geschichte gesprochen wurde, trotzdem hatte sie sich damals wie ein Lauffeuer verbreitet. Die meisten Dorfbewohner wussten davon. Mariko aber scheinbar nicht.

"Was ist mit Renas Vater?", fragte ich "Was ist mit Palan?"

_______________


25.6.12, Nurdean
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