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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln.

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Alt 23.07.2023, 08:25   #1
Rolli
 
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Dabei seit: 02/2023
Ort: Thüringen
Beiträge: 126

Standard Männergrippe

Männer sind Perlen der Natur
nach denen Frauenaugen schielen,
Adonis formte die Figur,
sie lassen ihre Muskeln spielen.

Doch haben sie mal ein Gebrechen,
verblasst die Herrlichkeit rasant.
Sie zeigen ungeahnte Schwächen,
ihr Zustand wird nun hoch brisant.

Kranke Männer sind Mimosen,
sie wollen sich bedauern lassen,
schreien wie die Toten Hosen,
wenn man es wagt, sie anzufassen.

Die Nase tropft, es kratzt im Rachen,
sollte es das gewesen sein?
Dem stolzen Mann vergeht das Lachen,
schon öffnet sich der Totenschrein.

Alles hängt am Seidenfaden,
denn Erlkönig wird ihn gleich packen,
zerrt ihn zu den Höllenpfaden
mit seiner kalten Hand im Nacken.

Anstatt sich mannhaft zu erwehren,
raucht er eine letzte Kippe.
Kampflos und ohne Aufbegehren
siegt die fiese Männergrippe.
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Alt 23.07.2023, 16:55   #2
männlich Heinz
 
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Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879

So eine Verächtlingsmachung der Solitäre des Weltalls, der Schöpfer und Bewahrer unserer Kultur, so eine schamlose, gotteslästerische Beschimpfung der Ebenbilder des Allerhalters ist mir noch nicht unter gekommen.
Dein Profil verrät und bestätigt es: Du bist ein Thüringer - und das sagt für den Kundigen schon fast alles aus!
Da wälzt sich, ich nehme nur ein Beispiel von Millionen, ein bisher viriles Mannsbild in seiner (siehe Heine) Matratzengruft, kämpft mit luftringenden, kaum noch reparablen Lungenflügeln um ein Quäntchen Sauerstoff, setzt aller Reserven seines geschundenen Leibes ein, um die Fieberschübe zu bekämpfen, deren Hitzewellen weit über siebenunddreißig Grad hinaus gehen, stillt den unaufhörlichen Tränenfluss und bittet flehentlich um ein wollenes Tuch zwecks Umhüllung seiner froststarrenden Füße, die ihn noch gestern beschwingten Schrittes in seine Stammkneipe führten und heute schon die Eiseskälte des Styx ahnen lassen.
Und - da kommst Du, Rolli, daher gewalzt statt gerollt, lässt jegliches Mitgefühl vermissen, überziehst den Leidenden mit Hohn und Spott und machst Hoffnung nur den lauernden Erben, zündest Freudenkerzen an im Auge der Witwe in spe.
Schäm Dich, Hermudurenspross!
Heinz

Geändert von Heinz (23.07.2023 um 19:37 Uhr)
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Alt 25.07.2023, 06:56   #3
Rolli
 
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Dabei seit: 02/2023
Ort: Thüringen
Beiträge: 126

Hallo Heinz,

vielen Dank für Deinen scharfzüngig, humorvollen Widerspruch zu meinen Zeilen. Ich habe ihn erwartet. Du hast ihn so vortrefflich in der deutschen Sprache verpackt, dass ich selbst als Widerpart schmunzeln muss.

Aber warum stehst Du mit Deiner Meinung allein? Habe ich vielleicht doch einen wunden Punkt getroffen?
Ich wollte provozieren, und das scheint gelungen, wenngleich sich etwaige Unterstützer ebenso bedeckt halten.

Gruß Rolli
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Alt 25.07.2023, 09:34   #4
männlich Heinz
 
Benutzerbild von Heinz
 
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879

Hallo Rolli,
der Klarstellung bedarf es nicht, aber Dir sei es verraten: Ich selbst bin gebürtiger Jenenser und mehr Thüringer geht eigentlich gar nicht.
Ja, die ausbleibenden Kommentare, das ist ein Thema für sich.
Du wirst es bei längerer Zugehörigkeit zum illustren Kreis der Poeten, Reimer und Dilettanten bald selbst erfahren: Der größte Humbug, die geschickteste Vergewaltigung der deutschen Sprache, die abgelutschsten Reime locken mehr User an als ein raffiniertes Menu, gekrönt vom schmackhaftesten Wein.
Aber das darf Dich nicht stören. Ein Kommentar von XXX, ein Lob von YYY, wiegt ein "ich finde das schön" von unzähligen Fliegen auf.
Liebe Grüße in meine alte Heimat!
Heinz
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.07.2023, 09:44   #5
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.111

Zitat:
Zitat von Rolli Beitrag anzeigen
Anstatt sich mannhaft zu erwehren,
raucht er eine letzte Kippe.
Kampflos und ohne Aufbegehren
siegt die fiese Männergrippe.
Hier liegt ein kleiner Denkfehler vor, Rolli: Warum sollte die Grippe ohne "Aufbegehren" siegen? Sie ist doch der Aggressor. Wer aufbegehrt, beklagt sich über den Angriff oder verteidigt sich; wer angreift, verhöhnt oder beschimpft sein Opfer. Auch könnte man den Rhythmus der Verse glätten.

Sollte es nicht heißen:

Statt sich mannhaft zu erwehren,
raucht er eine letzte Kippe.
Kampflos, ohne Aufbegehren,
fügt er sich der Männergrippe.

Ansonsten: Es ist auch für einen Mann nicht einfach, dem Grauen zu widerstehen, wenn ein unsichtbarer Feind in sein Haus dringt. Lieber kämpft er Mann gegen Mann, denn da weiß er, wohin er die Fäuste zu setzen hat.

Am Gedicht solltest du feilen.

LG
Ilka
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.07.2023, 10:47   #6
weiblich Candlebee
 
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Dabei seit: 04/2022
Ort: noch auf diesem Planeten
Beiträge: 860

Hallo Rolli,

Ilka-Marias Hinweis auf die letzte Strophe kann ich nur zustimmen. Und, ich mag deine Worte. Weiß ich um dieses Phänomen, weil ich ein solchen Exemplar zu Hause habe. Oh Gott, wie schlimm. Hahaha ...

Nette Grüße, Candlebee
Candlebee ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.07.2023, 13:00   #7
männlich Heinz
 
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Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879

Liebe Candlebee,
Dein finales, grausiges Lachen gellt mir in den Ohren. Der Mann ist ein Wunder der Natur. Schau ihn Dir an, dieses erste Exemplar der Schöpfung, das auf zwei Beinen schreitend - Rolli bemühte Adonis, oh welch ein Irrtum!, Marzipan war die Masse, mit der sein Leib geformt wurde - diese geniale Komposition im Garten Eden sah, was der Herr ihm alles bereitet. Klaglos nahm er die Prüfungen hin, die Jehova ihm auferlegte, begehrte nicht auf, als jener ihm ein Weib zur Seite stellte, protestierte auch nicht, als Eva ihm ward zur Gehilfin auserkoren. Muss ich es sagen? Ja, ich spreche es aus: Sind die Myriaden stechender Quälgeister nicht alle weiblichen Geschlechts? War es nicht die Schlange, die ihm letztlich das unendliche leben nahm, zur Maloche verdammte, aus dem Paradies entfernte? Sind es nicht die Krankheiten, die seinen Götterleib zum heulenden Elend degradieren. Ich fasse zusammen:
War es nicht unendliches Leid, das Hiob in die Knie zwang und stöhnen ließ: "O wär ich nie geboren!" Ein Mann war es, der sich ans Kreuz nageln ließ, ein Mann spendet großzügig seinen Samen und erhält die Menschheit dank der Kraft seiner Lenden.
Und wenn er vom Schicksal gebeutelt, von Schnittwunden übersät, von Viren und Bakterien verunstaltet eine kurze Weile, Schmerzenslaute unterdrückend, Todesängste ignorierend ermattet, ausgemergelt rastet - dann reißt ihn Dein spöttisches Gelächter vom Krankenbett.
Ich fass es nicht!
Liebe Grüße,
Heinz (soeben mannhaft die letzten Tropfen Wick Medinait verweigernd in einen Gesundungsschlaf fallend)
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