Paranoia

[Ex-DrKarg]

Paranoia

©Hans Hartmut Karg
2015

Er kam zu mir und weinte sehr,
Die Lehrerin kam auch mit ihm.
Er trug an einer Freundschaft schwer
Und alles war nun furchtbar schlimm.

Ich wollte trösten, helfen, reden,
Denn das war meine Profession:
Es galt da nicht gesund zu beten,
Der Schüler war mir wie ein Sohn.

Ich setzte ihn auf meinen Schoß,
Um Zuwendungsnähe zu üben,
Denn das war doch mein Lehrerlos:
Die Kinder muss man immer lieben!

Doch ehe ich es mir versah,
Beschimpfte mich schon die Kollegin:
„Warum bist Du dem Kind so nah?
Das darfst Du nicht, das ist Unsinn!“

Erschrocken stellte ich den Jungen
Nun an die Seite neben mich,
Denn ich war unsicher, gezwungen,
Distanz zu üben: Er für sich!

So eng sind heute unsere Grenzen,
Damit man ja uns nicht belangt.
Wann dürfen wir noch menschlich glänzen,
Wenn Pädaphilwahn fröhlich rankt?

*

[Ilka-Maria]

Lieber Hans,

abgesehen davon, dass dieses Thema ein heißes Eisen ist, Du aber darüber geschrieben hast, als hättest Du diese Szene tatsächlich erlebt, habe ich mich zunächst vom Titel und dem Beginn des Textes in die Irre führen lassen. Ich dachte, es ginge um ein Kind, das an paranoiden Ängsten leidet; erst ab der Mitte wird klar, dass es um das extreme Verhalten von Erwachsenen geht.

Das wäre wohl eher ein Thema für einen Prosatext oder zumindest für freie Rhythmen gewesen. Die gereimten Verse sind dafür ein zu enges Korsett.

Besten Gruß
Ilka

[Ex-Poesieger]

Liebe muss deswegen wahrscheinlich ohne Gefühl ausgeübt werden. Wenn du auf meinem Schoss gesessen hättest könntest du verstehen. Ja aber ich will doch nur Probleme machen. Da ist dir sehr gut gelungen. Also Kompetenzen da erkennen, wo sie schon vorhanden sind.

MFG

[Ex-DrKarg]

Liebe Ilka-Maria, lieber Poesieger,
es ist ja keine Frage, dass Pädophilie abscheulich ist und bestraft werden muss. S etwas geht gar nicht!
Für Erzieher und Lehrer hat das Konsequenzen und bedeutet dies: Möglichst immer und überall auf Distanz bleiben!
Wenn man jedoch Kinder erlebt hat, die keinerlei wärmende Bezugnahme im Elternhaus und in der Gesellschaft erleben konnten und man ihnen aus einem vorhandenen, pädagogischen Ideal heraus näherkommen und helfen will, wird es wirklich schwer für die wirklich guten Pädagogen.
Bei uns ist es halt wo - wie in vielen anderen Bereichen auch: Wo Straffälligkeit erfahren werden könnte, schüttet man lieber das Kind gleich mit dem Bade aus!
Herzliche Grüße Euch!
H. H. Karg