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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 15.01.2024, 15:32   #1
männlich TravisBeamer
 
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Standard Travis Bickle (Taxi Driver)

Er fährt sein Taxi in der Stadt
in Harlem, Brooklyn, Bronx,
den ganzen Schund, den hat er satt,
er scheint dabei in Trance.

Ein Traum von einer guten Welt
durchdringt ihn in der Nacht,
die Einsamkeit zerschlägt das Geld,
nur Ödnis hat die Macht.

Er will was tun, etwas bewegen
in dieser dunklen Zeit,
den ganzen Mist von dannen fegen,
in der Zerrissenheit.

Ein kleines Mädchen braucht doch Schutz,
es ist nur Fleisch für Männer
er will vertreiben all den Schmutz,
verjagen jeden Penner.

Die Blase seiner Glaubenswelt
versprüht schwarze Magie,
er sieht den Abgrund, wie er fällt
in seiner Fantasie.

Im Auftrag von geheimer Kraft
vernichtet er Zuhälter,
das Licht funkelt im Lebenssaft,
Gesocks wird nicht mehr älter.

In purpurrot perlt Blut zu Lachen
und rauschhaft suhlt er sich,
verstehen tut er alle Sprachen,
auch Kopfschüsse am Strich.

Die Dunkelheit erfasst den Sinn,
für den er in sich sucht,
nur heldenhaft scheint sein Gewinn,
den er für sich verbucht.
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Alt 16.01.2024, 08:28   #2
kofski
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Filmhandlung in Gedichtform, interessant. Manche Stellen wie S2/Z3+4 klingt ein bisschen hingezwungen und es holpert etwas, weil man z.B. Zuhälter nicht auf der 2. Silbe betont. "Schwarze" auch nicht.
Inhaltlich hätte mich die Psyche des LI mehr interessiert, denn was in dem Film passiert, weiß bestimmt jeder. Die berühmte Szene, wo er mit dem Love Interest ins Pornokino geht, weil er einfach nicht weiß, dass man das auf keinen Fall macht, aber er kennt keine anderen Filme. Der Prototyp des Incel. Aus heutiger Sicht müsste man doch anders darüber reflektieren, als einfach nur die Handlung verklausuliert nachzuerzählen. An einigen Stellen habe ich auch das Gefühl, dass es sich eben reimen musste und darum steht da dieser Satz. So ein Gefühl sollte beim Leser eben nicht aufkommen. Ich vermisse auch eine Aussage.
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Alt 16.01.2024, 09:34   #3
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von kofski Beitrag anzeigen
Inhaltlich hätte mich die Psyche des LI mehr interessiert, denn was in dem Film passiert, weiß bestimmt jeder. Die berühmte Szene, wo er mit dem Love Interest ins Pornokino geht, weil er einfach nicht weiß, dass man das auf keinen Fall macht, aber er kennt keine anderen Filme. Der Prototyp des Incel.
Guten Morgen, kofski,

fast auf den Punkt die Gedanken, die ich auch beim Lesen des Textes hatte: Eher eine Synapsis anstatt lyrische Verdichtung. Komisch: Ich hatte das Thema auch schon mal aufgegriffen, aber als kurze, lyrische Hommage an Robert de Niros Rolle, quasi nur als Andeutung und mit Geltung für alle Außenseiter dieser Welt (https://www.poetry.de/showthread.php?t=101717).

Der Film ist in der Tat eine Charakterstudie, wie ein Kriegsheimkehrer zu den falschen Mitteln greift, um in die Gesellschaft zurückzufinden, und als er das nicht schafft, sich radikalisiert, um seinem Leben einen Sinn zu verschaffen. Er muss scheitern, denn die Sicht auf die Realität ist ihm verstellt. Seine Ideologie setzt sich sogar darüber hinweg, dass eine minderjährige Prostituierte von ihm gar nicht "gerettet" werden will. Am Ende bleibt das Blutbad, das er anrichtet, eine sinnlose Tat.

Auf diese Sinnlosigkeit hätte das Gedicht beispielsweise (als eine vieler Möglichkeiten) abstellen können. Man hätte auch Parallelen zu den Taten von sog. "Amokläufern" ziehen können, jenen Außenseitern und Einzelgängern, die in Schulen und Behörden einfallen und Leute niederschießen; die allerdings keine Amokläufer sind, denn ihre Taten sind fast immer geplant.

Interessant wäre auch gewesen, das Thema aus der Sicht der minderjährigen Prostituierten zu bearbeiten. Gewechselte Perspektiven können ganz neue Spannungsbögen erzeugen.

LG
Ilka
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Alt 16.01.2024, 10:21   #4
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ich habe es nochmal etwas verändert. Vielleicht ist das ja besser.

Sein Hirn ist zermartert, vereinsamt, besessen
ein Traum geht ihm auf wie im Rausch in der Nacht
er will was bewegen, anzetteln, vergessen
die Fahrt in die Bronx hat ihn wachsam gemacht.

Er lässt sich ab jetzt auch nichts mehr gefallen,
der ganze Mist wird von der Straße gefegt
ein Held will er sein, wenn Sirenen erschallen
die Welt hat das Los in seine Hände gelegt.

Der Staat hat ihn aus der Masse erkoren,
er arbeitet dort als geheimer Agent
er hat sich ganz stattlich die Haare geschoren
und gegen das Böse kämpft er vehement.

Das Mädchen soll er aus den Schatten erretten,
die sie umspinnen im maroden Bordell
das Blut, es spritzt auf und zersägt noch die Ketten
jetzt kann es doch fliehen, vergessen ganz schnell.

Die Dunkelheit erfasst nun dröhnend den Sinn,
nach dem er so sehr hat im Leben gesucht
denn heldenhaft scheint für ihn der Gewinn,
den er in der Stille für sich nur verbucht.
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Alt 16.01.2024, 10:50   #5
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von TravisBeamer Beitrag anzeigen
Er lässt sich ab jetzt auch nichts mehr gefallen,
der ganze Mist wird von der Straße gefegt
ein Held will er sein, wenn Sirenen erschallen
die Welt hat das Los in seine Hände gelegt.

Der Staat hat ihn aus der Masse erkoren,
er arbeitet dort als geheimer Agent
er hat sich ganz stattlich die Haare geschoren
und gegen das Böse kämpft er vehement.
Na ja ... manchmal tut kürzen gut. Aber der Text hat mit Bickles stellenweise so gut wie nichts zu tun, jedenfalls trifft er seinen Werdegang und Charakter nicht.

Befährt er wirklich nur die Bronx? Original-Monolog: " I work the whole city, up, down, don’t make no difference to me ..."

Die ersten beiden Verse in den zitierten Strophen stimmen zwar noch ("Here's a man who would not take it anymore"; "garbage, trash, scum"), aber wo in dem Film erschallen Sirenen, welche Welt hat Bickles das Los in die Hände gelegt, wo hat ihn der Staat aus der Masse "erkoren" (er ist ein unbeachteter Veteran wie viele andere), und wann ist Bickles jemals ein Agent gewesen? Wo und wann kämpft er gegen das "Böse"? Wenn jemand wehrlose Menschen niedermäht, ist das kein Kampf, sondern ein Massaker.

Deine Versuche, die Filmhandlung in Verse zu packen, gehen an der Figur des Bickles leider vorbei. Sie vermitteln mir den Eindruck, als habest du eine völlig andere Sicht auf diesen Charakter, als Scorsese vermitteln wollte.
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Alt 16.01.2024, 11:01   #6
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Er bildet sich in seinem Wahn ein, dass ihn die Welt aus der Masse erkoren hat, weil er sich unnütz fühlt und was echtes machen will; etwas, an das sich die Menschen erinnern. Das was ich da beschreibe, passiert meiner Meinung nach alles in seinem Kopf.
Und er fährt natürlich nicht nur in der Bronx, aber das ist das Viertel, das bei ihm am meisten hängen bleibt. Er möchte ja das ganze ''Gesocks von der Straße spülen''.
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Alt 16.01.2024, 11:29   #7
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Ich kenne den Film in- und auswendig, TravisBeamer, aber trotzdem danke für die Aufklärung.

Offensichtlich ist es nicht einfach, das Thema auf einen lyrischen Punkt zu bringen.
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