Frühe Trennung bei Poetry.de

gummibaum · 02.06.2018, 21:00

Ein Kind sieht seine Mutter in den Händen
des Todes, der sie langsam niederzieht.
Es scheint, als wolle er sie grinsend schänden.
Sie ringt um Luft, bis ihr der Atem flieht.

Das Kind steigt hilflos auf den großen, kühlen,
von Schweiß bedeckten Leib, der fremd und leer
sich ihm entzieht, um hart und tief zu fühlen:
Was darin warm und nah war, schlägt nicht mehr…

Laie · 03.06.2018, 10:12

Lieber gummibaum,

das scheint mir ein weiteres Gedicht zu einem Kunstwerk zu sein. Leider war meine Recherche dieses Mal nicht erfolgreich.
Das Gedicht ist jedoch auch für sich sehr stark! Es schafft sein eigenes Bild im Leser.

Genussvoll gelesen!

Gruß,
Laie

Kulturbanause · 03.06.2018, 11:25

Gummibaum, ich bin ein Fan von deinen Werken. Inhaltlich wie strukturell schreibst du die Art von Gedichten, die ich sehr gerne lese.
Großes Lob auch für dieses hier.

Schnulle Köhn · 03.06.2018, 12:20

Lieber Gummibaum,
egal ob Kunstbetrachtung oder nicht, ich finde du hast hier die Situation "Kind bei der toten bzw. sterbenden Mutter” ergreifend in Szene gesetzt.
Gefällt mir ausgezeichnet.
LG Schnulle

Stachel · 03.06.2018, 20:39

Lieber Gummibaum,

nach dem Tod des Sohnes in der Mutter Arm nun der umgekehrte Fall. Wieder ist die Umsetzung dir sehr bewegend gelungen. Mit den Bildern hast du meine Neugier geweckt. Warum hast du den Tod als grinsenden Schänder in Szene gesetzt? Und aus wessen Sicht? Ich bin mir beim Lesen nicht sicher, ob das Kind oder der Erzähler an dieser Stelle gemeint ist. Beides entfaltet eine unterschiedliche Wirkung.

Du hast dich entschlossen, den Leib als "kalt" und das tiefe Fühlen als "hart" zu beschreiben. Beides passt gut zusammen. Die Zeit wird damit nach meinem Empfinden plötzlich stark gerafft, denn eben erst ist die Mutter gestorben. Der Körper ist nassgeschwitzt. Ich stelle mir kalten Schweiß vor und bin gespannt, das ist nämlich eine weitere Frage, ob es sich darum handelt oder ob du es vielleicht anders gemeint hast. Du siehst, ich schwanke stark, ob da nicht symbolische Bedeutungen durchgezogen sind, die über den rein physischen Aspekt des geschilderten Ablebens hinaus gehen. Oder ist es gar wie Laie vermutet wieder eine Anlehnung an ein Kunstwerk? Beschreibt da der verschmitzte Gummibaum vielleicht eine weitere Skulptur und verstrickt dem Leser Innen- und Außenwelt, die Ambivalenz der Szene gegenüber dem Material?

Freundliche Grüße von
Stachel

gummibaum · 04.06.2018, 00:43

Lieber Laie, lieber Kulturbanause, liebe Schnulle, lieber Stachel,

herzlichen Dank für die freundlichen Worte.

Ein Bild hat angeregt, aber ich bin ihm nicht streng gefolgt.

Liebe Grüße
gummibaum

Ex-Serpentina · 05.06.2018, 15:05

Hallo Gummibaum,

puh! Sehr starke Bilder. Sehr bewegend.
Da bekomme ich Gänshaut.

Der grinsende Tod als Schänder spiegelt in meinen Augen sehr stark die empfundene Sinnlosigkeit bei dem Tod eines geliebten Menschens wieder.
In dem Bild schwingt sehr stark die Hilflosigkeit und das Entsetzen mit.

LG, S.

gummibaum · 06.06.2018, 23:07

Vielen Dank, liebe Serpentina, für deine einfühlsamen Gedanken.

LG gummibaum

Ex-Trickie-Wouh · 07.06.2018, 11:15

Hallo Gummibaum
Da überkam mich beim Lesen eine Gänsehaut.Das ist toll geschrieben.
Lieben Gruß
Brigitte

02.06.2018, 21:00	#1
gummibaum Dabei seit: 04/2010 Alter: 70 Beiträge: 10.909 Meine Gedichte	Frühe Trennung Ein Kind sieht seine Mutter in den Händen des Todes, der sie langsam niederzieht. Es scheint, als wolle er sie grinsend schänden. Sie ringt um Luft, bis ihr der Atem flieht. Das Kind steigt hilflos auf den großen, kühlen, von Schweiß bedeckten Leib, der fremd und leer sich ihm entzieht, um hart und tief zu fühlen: Was darin warm und nah war, schlägt nicht mehr…

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03.06.2018, 10:12	#2
Laie Dabei seit: 04/2015 Ort: Oberpfalz Alter: 33 Beiträge: 847 Meine Gedichte Meine Favoriten	Lieber gummibaum, das scheint mir ein weiteres Gedicht zu einem Kunstwerk zu sein. Leider war meine Recherche dieses Mal nicht erfolgreich. Das Gedicht ist jedoch auch für sich sehr stark! Es schafft sein eigenes Bild im Leser. Genussvoll gelesen! Gruß, Laie

03.06.2018, 11:25	#3
Kulturbanause Dabei seit: 04/2018 Alter: 31 Beiträge: 73 Meine Gedichte Meine Favoriten	Gummibaum, ich bin ein Fan von deinen Werken. Inhaltlich wie strukturell schreibst du die Art von Gedichten, die ich sehr gerne lese. Großes Lob auch für dieses hier.

03.06.2018, 12:20	#4
Schnulle Köhn Dabei seit: 05/2017 Ort: am Ende der Welt Alter: 63 Beiträge: 928 Meine Gedichte Meine Favoriten	Lieber Gummibaum, egal ob Kunstbetrachtung oder nicht, ich finde du hast hier die Situation "Kind bei der toten bzw. sterbenden Mutter” ergreifend in Szene gesetzt. Gefällt mir ausgezeichnet. LG Schnulle

03.06.2018, 20:39	#5
Stachel Dabei seit: 03/2015 Ort: Niederrhein Beiträge: 954 Meine Gedichte Meine Favoriten	Lieber Gummibaum, nach dem Tod des Sohnes in der Mutter Arm nun der umgekehrte Fall. Wieder ist die Umsetzung dir sehr bewegend gelungen. Mit den Bildern hast du meine Neugier geweckt. Warum hast du den Tod als grinsenden Schänder in Szene gesetzt? Und aus wessen Sicht? Ich bin mir beim Lesen nicht sicher, ob das Kind oder der Erzähler an dieser Stelle gemeint ist. Beides entfaltet eine unterschiedliche Wirkung. Du hast dich entschlossen, den Leib als "kalt" und das tiefe Fühlen als "hart" zu beschreiben. Beides passt gut zusammen. Die Zeit wird damit nach meinem Empfinden plötzlich stark gerafft, denn eben erst ist die Mutter gestorben. Der Körper ist nassgeschwitzt. Ich stelle mir kalten Schweiß vor und bin gespannt, das ist nämlich eine weitere Frage, ob es sich darum handelt oder ob du es vielleicht anders gemeint hast. Du siehst, ich schwanke stark, ob da nicht symbolische Bedeutungen durchgezogen sind, die über den rein physischen Aspekt des geschilderten Ablebens hinaus gehen. Oder ist es gar wie Laie vermutet wieder eine Anlehnung an ein Kunstwerk? Beschreibt da der verschmitzte Gummibaum vielleicht eine weitere Skulptur und verstrickt dem Leser Innen- und Außenwelt, die Ambivalenz der Szene gegenüber dem Material? Freundliche Grüße von Stachel

04.06.2018, 00:43	#6
gummibaum Dabei seit: 04/2010 Alter: 70 Beiträge: 10.909 Meine Gedichte	Lieber Laie, lieber Kulturbanause, liebe Schnulle, lieber Stachel, herzlichen Dank für die freundlichen Worte. Ein Bild hat angeregt, aber ich bin ihm nicht streng gefolgt. Liebe Grüße gummibaum

05.06.2018, 15:05	#7
Ex-Serpentina abgemeldet Dabei seit: 04/2018 Ort: Zwischen den Gedanken Alter: 57 Beiträge: 697 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo Gummibaum, puh! Sehr starke Bilder. Sehr bewegend. Da bekomme ich Gänshaut. Der grinsende Tod als Schänder spiegelt in meinen Augen sehr stark die empfundene Sinnlosigkeit bei dem Tod eines geliebten Menschens wieder. In dem Bild schwingt sehr stark die Hilflosigkeit und das Entsetzen mit. LG, S.

06.06.2018, 23:07	#8
gummibaum Dabei seit: 04/2010 Alter: 70 Beiträge: 10.909 Meine Gedichte	Vielen Dank, liebe Serpentina, für deine einfühlsamen Gedanken. LG gummibaum

07.06.2018, 11:15	#9
Ex-Trickie-Wouh abgemeldet Dabei seit: 01/2015 Beiträge: 48 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo Gummibaum Da überkam mich beim Lesen eine Gänsehaut.Das ist toll geschrieben. Lieben Gruß Brigitte