Mein Krampf bei Poetry.de

Rolli · 12.11.2023, 10:04

Meist vergesse ich das Dehnen,
fange einfach an zu rennen.
Schlechte Karten für die Sehnen,
die schon bald wie Feuer brennen.

Nach dem ersten Kilometer
fängt mein Körper an zu dampfen
und ein paar Minuten später
meine Muskeln an zu krampfen.

Die Schritte werden jetzt zur Qual,
ich muss auf die Zähne beißen.
Die Schenkel sind so hart wie Stahl,
angespannt bis zum Zerreißen.

Doch ich werde nicht aufgeben,
fange an beherzt zu kämpfen,
immer weiter vorwärtsstreben,
malträtiert von fiesen Krämpfen.

Adrenalin besiegt den Schmerz,
das Blut in meinen Adern kocht.
Ich höre ängstlich auf mein Herz,
das wild in meinem Brustkorb pocht.

MonoTon · 12.11.2023, 20:01

Hallo Rolli

in deinen Texten ist immer ein gewisser Schwung heraus zu lesen.
Das heißt das es fast immer den selben Klang hat. Ich will fast sagen dass das Lesetempo einen hetzt. Kennst du dich mit den Charakteristika der Betonungen innerhalb gebundener Versfüße aus? Einerseits unterstützt das Tempo die Hektik und den vermittelten Krampfschmerz, weil der Trochäus in kurzen Versfüßen ein hohes Tempo vorgibt, aber ich lese auch einen harten Stolperstein im Metrum.
In Strophe 1 und 2 hält sich das Tempo das aufgebaut wird.
Aber ab Strophe 3 wechselt es in ein jambisches Versmaß und das wirkt im Gegensatz zum kurzatmigen Trochäus eher träge, als würde hier ein Abfallen entstehen und der Krampf nachlassen. Was ja aber nicht der Fall ist laut Kontext.

In Strophe 4 wird es irgendwie chaotisch in der ersten Zeile
"Doch ich werde nicht aufgeben"
Die Betonung ist leider gar nicht angenehm.
Ich habe gelernt das ein Präfix, mit Anlaut-Charakter, auch eine Betonung erhält und nicht deklinierbar ist.
aufgeben/auffallen/ansprechen/zuhören/einnehmen
der Vers von dir liegt mir da etwas schwer im Magen, weil du mich zwingen willst "aufgeben" zu lesen. Aber im Kontext passt das nicht.
Ich wundere mich wie das zu Stande kommt, da du sonst sehr sicher in der Betonung wirkst. Oder hab ich den Plott verkackt und "aufgeben" ist ein Schlüsselmoment das Kontrovers wirken soll? Dann tut es mir leid es nicht erkannt zu haben. Es klingt nur so unschön für mein Empfinden.

Lg Mono

Silver · 12.11.2023, 20:42

ich denke, es sollte hier "Mein Krampf" heißen. Sport ist Mord, ich sag es doch.

LG Silver

Rolli · 13.11.2023, 09:42

@ Silver

Du hast mich auf einen peinlichen Fehler aufmerksam gemacht. Danke für das aufmerksame Lesen.

LG Rolli

@ MonoTon

Auch Dir ein großes Dankeschön für die vielen Gedanken, die Du Dir um mein Geschreibsel gemacht hast. Vielleicht erklärt die Entstehung der Verse die Doppeldeutigkeit von Inhalt und Umsetzung.
Es ist ein Tatsachenbericht vom gestrigen Morgen. Gut nach der Hälfte meiner Joggingrunde schlug der Krampf zu. Auf dem folgenden, gemächlichen Heimweg entstanden die ersten Zeilen in meinem Kopf, die nach einer kurzen Erholung in der Badewanne sofort von mir in die vorliegenden Zeilen einflossen. Da habe ich mir ehrlich gesagt keine weiteren Gedanken gemacht, weil ich sie als sehr authentisch empfand.
Das es kein literarischer Leckerbissen wurde, tut mir leid. Da sind die wohlwollenden Hinweise im Forum für mich hilfreich, um es zukünftig besser zu machen.

Nochmals Danke und schöne Grüße
Rolli

Lizard · 15.11.2023, 18:02

Gut nachzuvollziehen, Rolli.
Ich musste schon sehr schmunzeln. Immerhin setzte Dein Krampf erst nach einem Kilometer ein. Soweit muss man erstmal kommen!

Die ausführliche Auseinandersetzung mit Metrik und Betonung von Mono liest sich auch gut. Inhaltliche Aussagen mit Rhythmik und Tempo zu verknüpfen. Und Kontraste zu entlarven. Das ist das Schöne an diesem Forum. Nach und nach lerne ich diese Zusammenhänge.

Frage aber hierzu:
Kann die Betonung nicht auch je nach Region und Dialekt varieren? Stimmt, eigentlich sollte die Betonung bei "aufgeben" auf der ersten Silbe liegen. Aber im Einfluss süddeutscher Dialekte wäre mir die "erzwungene" Betonung auf der zweiten Silbe gar nicht aufgefallen.

Ilka-Maria · 15.11.2023, 18:15

Ich habe mir erlaubt, die Überschrift zu korrigieren.

Rolli · 18.11.2023, 09:36

Ich möchte mich herzlichst bedanken, dass Du den Fehler ausgemerzt hast.
Wahrscheinlich hatte ich nicht nur einen Wadenkrampf.
Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende,
Gruß Rolli

@ Lizard
Den sprachlichen "Singsang" in den verschiedenen Mundarten gibt es ganz sicher, aber ich habe die Zeilen nicht in einem bestimmten Dialekt verfasst, so dass die Kritik schon berechtigt ist.
Wünsche auch Dir ein schönes Wochenende
Rolli

12.11.2023, 10:04	#1
Rolli Dabei seit: 02/2023 Ort: Thüringen Beiträge: 126 Meine Gedichte Meine Favoriten	Mein Krampf Meist vergesse ich das Dehnen, fange einfach an zu rennen. Schlechte Karten für die Sehnen, die schon bald wie Feuer brennen. Nach dem ersten Kilometer fängt mein Körper an zu dampfen und ein paar Minuten später meine Muskeln an zu krampfen. Die Schritte werden jetzt zur Qual, ich muss auf die Zähne beißen. Die Schenkel sind so hart wie Stahl, angespannt bis zum Zerreißen. Doch ich werde nicht aufgeben, fange an beherzt zu kämpfen, immer weiter vorwärtsstreben, malträtiert von fiesen Krämpfen. Adrenalin besiegt den Schmerz, das Blut in meinen Adern kocht. Ich höre ängstlich auf mein Herz, das wild in meinem Brustkorb pocht.

12.11.2023, 20:42	#3
Silver Dabei seit: 08/2014 Beiträge: 1.027 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo Rolli, ich denke, es sollte hier "Mein Krampf" heißen. Sport ist Mord, ich sag es doch. LG Silver

15.11.2023, 18:15	#6
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.111 Meine Gedichte Meine Favoriten	Ich habe mir erlaubt, die Überschrift zu korrigieren. __________________ Workshop "Kreatives Schreiben": http://www.poetry.de/group.php?groupid=24

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12.11.2023, 20:01	#2
MonoTon Dabei seit: 04/2021 Beiträge: 1.108 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo Rolli in deinen Texten ist immer ein gewisser Schwung heraus zu lesen. Das heißt das es fast immer den selben Klang hat. Ich will fast sagen dass das Lesetempo einen hetzt. Kennst du dich mit den Charakteristika der Betonungen innerhalb gebundener Versfüße aus? Einerseits unterstützt das Tempo die Hektik und den vermittelten Krampfschmerz, weil der Trochäus in kurzen Versfüßen ein hohes Tempo vorgibt, aber ich lese auch einen harten Stolperstein im Metrum. In Strophe 1 und 2 hält sich das Tempo das aufgebaut wird. Aber ab Strophe 3 wechselt es in ein jambisches Versmaß und das wirkt im Gegensatz zum kurzatmigen Trochäus eher träge, als würde hier ein Abfallen entstehen und der Krampf nachlassen. Was ja aber nicht der Fall ist laut Kontext. In Strophe 4 wird es irgendwie chaotisch in der ersten Zeile "Doch ich werde nicht aufgeben" Die Betonung ist leider gar nicht angenehm. Ich habe gelernt das ein Präfix, mit Anlaut-Charakter, auch eine Betonung erhält und nicht deklinierbar ist. aufgeben/auffallen/ansprechen/zuhören/einnehmen der Vers von dir liegt mir da etwas schwer im Magen, weil du mich zwingen willst "aufgeben" zu lesen. Aber im Kontext passt das nicht. Ich wundere mich wie das zu Stande kommt, da du sonst sehr sicher in der Betonung wirkst. Oder hab ich den Plott verkackt und "aufgeben" ist ein Schlüsselmoment das Kontrovers wirken soll? Dann tut es mir leid es nicht erkannt zu haben. Es klingt nur so unschön für mein Empfinden. Lg Mono

13.11.2023, 09:42	#4
Rolli Dabei seit: 02/2023 Ort: Thüringen Beiträge: 126 Meine Gedichte Meine Favoriten	@ Silver Du hast mich auf einen peinlichen Fehler aufmerksam gemacht. Danke für das aufmerksame Lesen. LG Rolli @ MonoTon Auch Dir ein großes Dankeschön für die vielen Gedanken, die Du Dir um mein Geschreibsel gemacht hast. Vielleicht erklärt die Entstehung der Verse die Doppeldeutigkeit von Inhalt und Umsetzung. Es ist ein Tatsachenbericht vom gestrigen Morgen. Gut nach der Hälfte meiner Joggingrunde schlug der Krampf zu. Auf dem folgenden, gemächlichen Heimweg entstanden die ersten Zeilen in meinem Kopf, die nach einer kurzen Erholung in der Badewanne sofort von mir in die vorliegenden Zeilen einflossen. Da habe ich mir ehrlich gesagt keine weiteren Gedanken gemacht, weil ich sie als sehr authentisch empfand. Das es kein literarischer Leckerbissen wurde, tut mir leid. Da sind die wohlwollenden Hinweise im Forum für mich hilfreich, um es zukünftig besser zu machen. Nochmals Danke und schöne Grüße Rolli

15.11.2023, 18:02	#5
Lizard Dabei seit: 04/2022 Ort: Großraum Stuttgart Beiträge: 147 Meine Gedichte	Gut nachzuvollziehen, Rolli. Ich musste schon sehr schmunzeln. Immerhin setzte Dein Krampf erst nach einem Kilometer ein. Soweit muss man erstmal kommen! Die ausführliche Auseinandersetzung mit Metrik und Betonung von Mono liest sich auch gut. Inhaltliche Aussagen mit Rhythmik und Tempo zu verknüpfen. Und Kontraste zu entlarven. Das ist das Schöne an diesem Forum. Nach und nach lerne ich diese Zusammenhänge. Frage aber hierzu: Kann die Betonung nicht auch je nach Region und Dialekt varieren? Stimmt, eigentlich sollte die Betonung bei "aufgeben" auf der ersten Silbe liegen. Aber im Einfluss süddeutscher Dialekte wäre mir die "erzwungene" Betonung auf der zweiten Silbe gar nicht aufgefallen.

18.11.2023, 09:36	#7
Rolli Dabei seit: 02/2023 Ort: Thüringen Beiträge: 126 Meine Gedichte Meine Favoriten	Ich möchte mich herzlichst bedanken, dass Du den Fehler ausgemerzt hast. Wahrscheinlich hatte ich nicht nur einen Wadenkrampf. Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende, Gruß Rolli @ Lizard Den sprachlichen "Singsang" in den verschiedenen Mundarten gibt es ganz sicher, aber ich habe die Zeilen nicht in einem bestimmten Dialekt verfasst, so dass die Kritik schon berechtigt ist. Wünsche auch Dir ein schönes Wochenende Rolli