Enjambische Elegie

[Thing]

Leere Tage harren meiner; trüb
und mahnend starren sie mir jetzt entgegen.
Oh Freund! Wie sinnlos rinnt die Zeit dahin!,
da ich so unbehaust hier blieb,
wo ohne Dich die trägen Träume sich nur regen,
weil ich in Deinem Licht nur atmend bin!

Du fehlst! Da ist kein blauer Blick,
der mir ins Innre dringt, mich zu verbrennen;
da ist kein Wort in meinen See gesenkt,
da ist nur grüblerisch erahnt' Geschick,
das ich nicht deuten kann, nicht nennen
kann, weil es Dein hoher Geist geschenkt

hat und mir wieder nimmt.


Wie Sehnsucht Dich und Groll begleiten,
liegt stumm in meiner Brust verborgen,
gehütet mit verbissner, schmerzhaft süßer Lust,
die Dich im Baldschon weitfern schreiten
sieht in einen strahlend jungen Morgen,
von dem ich dieses Rote nie gewußt,

das in ihm leuchtend glimmt.


So komm denn wieder! Bald! ich rufe Dich
mit seltsam brennendem Verlangen,
damit die schlimme Qual zu Ende sei.
So kehr zurück mir! Ach, befreie mich
aus meiner Sehnsucht, meinem wehen Bangen,
das mir im Herzen ruht wie Blei


und mich zu Boden zieht mit Banden,
die Du geknüpft hast vor dem Gehn.
Du gingst mit kühlem Lachen in den Augen,
die meinen tränenblinden Blick nicht fanden.
Du gingst und ließest in der Tür mich stehn,
wohl wissend, wie gering doch meine Tränen taugen


für Dich, dem sie bestimmt.





(c)
1995

[Ilka-Maria]

Vor so starker Dichtkunst kann ich mir nur sprachlos verneigen!

[Heinz]

Lieber Thing,
dort, wo Marie in Ihrem Lob erstarrt,
gab mir ein Gott zu sagen, wie ich strahle.
Verzeih, ein bisschen bei Goethe geklaut. Aber ernsthaft: Sprachlos hat mich Deine Klage nicht gemacht, aber sie hat mich angerührt. Es mangelt ihr an Wehleidigkeit und schrillen Tönen, sie kommt still und seelenbewegend daher und es grenzt bei manchen Gedichten an ein Sakrileg, wenn man sie ansatzweise analysiert. Du hast - gemäß des Titels - mit Enjambements gearbeitet und durch Deine Wortwahl das Elegische gut getroffen. Die eingestreuten Alliterationen weisen Dich als Sprachkünstler aus. Ich sehe, eine Elegie muss nicht zwangsläufig in Distichen geschrieben werden, um die Klage des LI - in diesem Fall wohl eines weiblichen Wesens - glaubhaft von dem Herzen in die Herzen sinken zu lassen. Ich bin berührt und begeistert.
Liebe Grüße,
Heinz

[Ilka-Maria]

Wer ist Marie?

[Heinz]

Na Du, liebe Ilka-Maria! Aber dieser lange Name hätte metrisch nicht in das Goethe-Zitat gepasst.
Liebe Grüße,
Heinz

[Ilka-Maria]

Das kann ich mir nicht gefallen lassen, lieber Heinz. Das ist ein Bindestrichname, den kann man nicht einfach auseinandernehmen. Und Marie heiße ich definitiv nicht. Also kann ich das gar nicht sein.

[Thing]

Halli Hallo, Heinz -

"und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt..."

jaja, das ist aber schon ein klein wenig über..über.. , weil ja ein Gott gab.

Aber ich bin für die Gabe, meinen subjektiven Schmerz zumindest niederschreiben zu können, sehr dankbar, wem auch immer.
Die Enjambements entsprangen einem um das Falschmachende, aber trotzig Wollenden (Gefühl).
Damals war ich noch stolz auf die ....immt -Waisen am Ende der Strophen.
Lang ist es her.

Hab ganz lieben Dank für Deinen lobenden Kommentar, den ich mit ein wenig Spott beantwortet haben mußte, da der damalige Schmerz noch tief sitzt. (Der Panzer ist noch dünn).



Halli Hallo, Ilka-Maria!

Hab Dank!
Wie wir uns doch verstehen...




.
Thing

[Heinz]

ooch, liebe Ilka-Maria,
Du musst die Marie einfach als dichterische Freiheit nehmen. Wenn nicht, na, dann fühl Dich einfach nicht angesprochen. Dann ist es eine virtuelle Marie und die liebe seele hat Ruh.
Liebe grüße,
Heinz

[Thing]

Kinderchen, entfacht Euch nicht an Namen!

Thing

[raffael]

Hallo Thing!

Dieses Gedicht ist wunderschön! Ich habe es in mein Gedichtbuch niedergeschrieben - damit ich es nie vergesse!

Liebe Grüsse
raffael

[Daisy]

Lieber Thing,

es gelingt Dir immer wieder mich restlos zu begeistern! Hier muss ich einfach mittrauern und mitweinen, es ist nicht möglich mich zu entziehen.
So viel Gefühl kann man nicht erdichten und schon gar nicht erlernen - das hat man einfach!

Wunderschön!

LG
Daisy

[Thing]

Halli Hallo, raffael und Daisy!


Habt Dank für die lieben Kommentare!
Sie machen immer wieder Mut, sich an Gedichte zu wagen.


Thing