Menschenkaufhaus

[Cristo]

Anders.
Anders als sonst.
Irgendetwas ist geschehen.
Plötzlich ist alles
verändert, fremd und unwirklich.
Das Gefühl kam über Nacht.
Als meine Seele begann
Lichterloh zu brennen.
Ich sah sie, ihr Bild
im virtuellen Menschenkaufhaus.
Frisches Fleisch im Angebot.
Links hopp, rechts top.
It's a match!
Es schmeichelt dem Ego.
Es streichelt die Seele.
In virtueller Kommunikation.
Schreibst du mir, schreib' ich dir.
Der Anfang ist gemacht.
Die Rückkehr eine Frage der Zeit.
"Wenn wir nicht mehr zusammen sind".
Hat sie gesagt.
Oder früher,
Oder später,
Höre ich meine innere Stimme
In meinem Kopf.
Ich bin verstört.
Seit ich sie dort sah
Ist sie mir fremd geworden.
Hat sich alles verändert.
Meine Seele brennt, schreit
Nach Erlösung,
Einem kühlen Wind,
Der sie streichelt.
Es gibt ein Leben nach uns,
Hat sie heute erfahren,
Dort im Menschenkaufhaus.
Angebot und Nachfrage.
In meinem Kopf,
Ein Seelenchaos.
Alkohol, das Dressing für
Meinen Kopfsalat.
Nichts ist mehr, wie es mal war.
Entferne ich mich?
Die Seele stirbt am Bruch des Herzens.
Meine Gefühle
unter Verschluss
Wie eingefroren
Warten
auf den nächsten
Warmen Frühlingstag.
An dem das Eis taut
Und meine Seele befreit.

[C.Alvarez]

Hallo Cristo,

ein interessantes Gedicht. Nur die Verwendung des Begriffs "Menschenkaufhaus" hättest du doch nochmal überdenken sollen. Der Begriff ist dem Text nicht angemessen. Ausserdem kann man ihn auf vielerlei Arten interpretieren, und keine passt zum Text.

[Cristo]

Das, worum es geht (Dating-Plattformen á la Tinder), lässt schon an ein Kaufhaus denken. Man schaut sich um, legt das, was gefällt in den Einkaufswagen und am Ende geht es zur Kasse

[C.Alvarez]

Zitat von Cristo

Man schaut sich um, legt das, was gefällt in den Einkaufswagen und am Ende geht es zur Kasse

Was du beschreibst ist aber eine Form der Prostitution, denn die Ware im Kaufhaus kann nicht nein sagen. Und eine Prostituierte kann es nur theoretisch.
Das Kaufhaus Modell passt nicht auf Dating Plattformen, auf diesen wird dein Kaufwunsch keineswegs immer erfüllt.

[Anastasia28]

Hallo Cristo,

ein wirklich schönes und auch aktuelles Gedicht hast du hier geschrieben.
Ich kann Corazon de Piedras Kritik zum Teil nachvollziehen, sehe das allerdings nicht so eng. In einem Kaufhaus werden Waren angeboten, die man kaufen kann oder eben auch nicht, natürlich kann die Ware nicht sagen, ich möchte nicht gekauft werden, aber sie könnte schließlich auch zu teuer oder sogar zu billig sein, so dass man sie nicht kaufen kann oder möchte.
Daher geht die Aussage "Menschenkaufhaus" im Großen und Ganzen doch in Ordnung in Bezug auf diese Portale, man geht das "Angebot" durch, manche sind zu billig, manche zu teuer und bei manchen stimmt der "Preis".

[Thing]

Dein Avatarbild ist furchteinflößend.

LG
Thing

[talking head]

sieht nach einem Spaß auf einem Kopierer aus, auch lustig mit anderen Körpermotiven;
würd' ich aber in einem Menschenkaufhaus kein Preisschild dranhängen.

Wofür brauchst Du in einem Menschenkaufhaus einen nächsten warmen Frühlingstag?
Wo war darin schon einer gewesen, der erste?
Warum schreibst Du jeden Zeilenanfang groß?

"Frisches Fleisch im Angebot.
Links hopp, rechts top.
It's a match!"
das gefällt mir.
War das der Frühling?

Und bist Du nun in einem Lyrikkaufhaus?

Dein Gedicht reizt zum mehrfachen Lesen, man entdeckt Neues, z. B. Antworten auf oben schon gestellte Fragen; egal, bleibt jetzt stehn, schon spät.
lg, th

[Cristo]

Vielen Dank für Eure Kritik und Anmerkungen. Vielleicht ist das Gedicht einfacher zu verstehen, wenn man den Hintergrund dazu kennt: Wenn man die Person, für die man etwas empfindet, in einem solchen Menschenkaufhaus entdeckt.
Zur Überschrift: Überschriften sind meines Erachtens das Schwierigste eines Gedichts, eines Textes überhaupt.

[Thing]

Zitat von Cristo

In meinem Kopf,
Ein Seelenchaos.
Alkohol, das Dressing für
Meinen Kopfsalat.

.

Das ist genial!
Wer so mit den Worten jonglieren kann, dem ist die Interpunktion gewiß nur Beiwerk.

Freundlichen Gruß
von
Thing

[Cristo]

Zitat von Thing

Das ist genial!
Wer so mit den Worten jonglieren kann, dem ist die Interpunktion gewiß nur Beiwerk.

Freundlichen Gruß
von
Thing

Interpunktionen sind kreative Grenzen. Punkt.

[Thing]

Zitat von Cristo

Interpunktionen sind kreative Grenzen. Punkt.

Das wurde eine Zeitlang als kühn angesehen.

LG
Thing

[gummibaum]

Die eigene Seele im Kaufhaus liegen zu sehen, ist irritierend. Eigentlich nicht, denn man wäre der Gefühle und Gedanken ja verlustig. Dennoch, hier scheint etwas übrig geblieben, das es dem LI ermöglicht, in eine neue Art der Auseinandersetzung mit seiner Seele zu treten.

Da sie nun käufliche Ware ist, kann sie Besitz eines jeden, der Interesse und Zahlungsfähigkeit besitzt, werden (und davon ist auch andeutungsweise kurz die Rede).

Doch ist sie hier -etwas inkonsequent- nach wie vor in bevorzugtem Kontakt mit dem alten Besitzer. Eine mögliche Rückkehr oder eine weitergehende Entfremdung scheinen möglich, alles sieht nach Beziehungskiste aus.

Und um die scheint dann doch eher zu gehen, wenn die Seele nach Erlösung aus ihrer Rolle schreit, der Seelenspender sich mit Alkohol beäubt und zugibt, einen Teil von sich selbst vorübergehend tiefgefroren zu haben, um den Schmerz besser aushalten können.

Gern gelesen
LG g

[Cristo]

Zitat von gummibaum

Die eigene Seele im Kaufhaus liegen zu sehen, ist irritierend. Eigentlich nicht, denn man wäre der Gefühle und Gedanken ja verlustig. Dennoch, hier scheint etwas übrig geblieben, das es dem LI ermöglicht, in eine neue Art der Auseinandersetzung mit seiner Seele zu treten.

Da sie nun käufliche Ware ist, kann sie Besitz eines jeden, der Interesse und Zahlungsfähigkeit besitzt, werden (und davon ist auch andeutungsweise kurz die Rede).

Doch ist sie hier -etwas inkonsequent- nach wie vor in bevorzugtem Kontakt mit dem alten Besitzer. Eine mögliche Rückkehr oder eine weitergehende Entfremdung scheinen möglich, alles sieht nach Beziehungskiste aus.

Und um die scheint dann doch eher zu gehen, wenn die Seele nach Erlösung aus ihrer Rolle schreit, der Seelenspender sich mit Alkohol beäubt und zugibt, einen Teil von sich selbst vorübergehend tiefgefroren zu haben, um den Schmerz besser aushalten können.

Gern gelesen
LG g

Schön interpretiert!

[Nöck]

Zitat von Christo

Vielleicht ist das Gedicht einfacher zu verstehen, wenn man den Hintergrund dazu kennt: Wenn man die Person, für die man etwas empfindet, in einem solchen Menschenkaufhaus entdeckt.

Das ist der Dreh- und Angelpunkt, dazu passt die Überschrift perfekt, denn das LI entwickelt ausschließlich negative Gefühle, was sich somit im Titel wunderbar widerspiegelt.
Auch ich finde "Alkohol, das Dressing für Meinen Kopfsalat." ist eine originelle und äußerst passende Metapher.

Wirklich gerne gelesen.
Lieben Gruß
Nöck

[Ex-Letreo71]

"Alkohol, das Dressing für Meinen Kopfsalat."

Erinnert mich doch sehr an Herbert Grönemeyer.

LG Letreo