Herbstmorgen bei Poetry.de

Ilka-Maria · 20.07.2009, 22:31

Der Herbst hat mich zu sich geladen,
zu säumen mit ihm einen Tag,
und hat, um mein Gemüt zu laben,
bunt die Kulissen angemalt.

Den Himmel hat er reingewaschen
und in ein blaues Tuch gefärbt,
kein Fleckchen hat er dagelassen,
so weit mein Auge reicht und späht.

Den Bäumen gab er neue Kronen
sie flammen auf in Gelb und Rot,
ich seh der Farben Feuer toben,
darin der Sonne gülden Glut.

Die Luft hat er in Glas gegossen,
bis sie geworden klirr und klar,
ich hab sie stundenlang genossen,
so frisch und rein und wintersnah.

Doch hab ich mich nicht täuschen lassen
von Herbstens vornehmer Marnier,
mich dünkt, er kam, um mich zu fassen,
mit mir zu sterben ist er hier.

Rena · 07.08.2009, 14:19

Liebe Ilka

,

der Anfang Deines Gedichtes beschreibt einen in schöne Worte gekleideten Herbsttag.

Das Ende aber macht mich traurig...schade, dass dieser Mensch den Winter nicht mehr erleben durfte.

Liebe Grüße von Rena

Ilka-Maria · 07.08.2009, 19:14

Liebe Rena,

danke für das Lob. Der Herbst hat eben zwei Seiten: auf der einen die bunten Farben, auf der anderen das Signal des Vergehens. Ich finde es übrigens viel schlimmer, im Sommer bei schönstem Sonnenschein zu sterben. So erging es meinem Vater. Darüber habe ich ein Gedicht geschrieben, das hier aber noch nicht veröffentlich ist. Ich will mich mit meinen gesammelten Werken ein wenig zurückhalten, um nicht die anderen Autoren zu verdrängen, nachdem sie gerade erst ihre Gedichte vorgestellt haben.

LG
Ilka-M.

Thing · 30.09.2016, 01:29

gleich stellen sie mir den Saft ab, aber ich will morgen nicht stundenlang nach diesem Gedicht suchen müssen, deswegen hieve ich es vorsichtshalber nach oben.
Bis morgen!

Thing

opi50 · 30.09.2016, 01:54

Schönes Gedicht zur Jahreszeit, Ilka-Maria.
Es erinnert mich an Herbstspaziergänge im Park mit der Familie.
Das ist zwar sehr lange her, aber es hat mich u.a. auch ans Kastaniensammeln für Rehe und Wildschweine erinnert.
Das Wildgehege gibt es leider schon sehr lange nicht mehr.

Thing · 30.09.2016, 09:30

Liebe Ilka-Maria,

ein wunderschönes Herbstgedicht, das aus dem ganzen Blätterallerlei hervorsticht wie ein Diamant.
Was an dem Gedicht auffällt, sind die Herbstfarben und der fleckenlose, blaue Himmel - ein Tuch.
Das resignierende, aber nicht weinerliche Ende hat mich besonders beeindruckt neben "klirr und klar", das mit Fug und Recht in den Wortschatz aufgenommen werden könnte, um dann im Büchmann zu landen.

Wenn auch spät, so doch ein Favorit!

Lieben Gruß
von
Thing

20.07.2009, 22:31	#1
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.082 Meine Gedichte Meine Favoriten	Herbstmorgen Der Herbst hat mich zu sich geladen, zu säumen mit ihm einen Tag, und hat, um mein Gemüt zu laben, bunt die Kulissen angemalt. Den Himmel hat er reingewaschen und in ein blaues Tuch gefärbt, kein Fleckchen hat er dagelassen, so weit mein Auge reicht und späht. Den Bäumen gab er neue Kronen sie flammen auf in Gelb und Rot, ich seh der Farben Feuer toben, darin der Sonne gülden Glut. Die Luft hat er in Glas gegossen, bis sie geworden klirr und klar, ich hab sie stundenlang genossen, so frisch und rein und wintersnah. Doch hab ich mich nicht täuschen lassen von Herbstens vornehmer Marnier, mich dünkt, er kam, um mich zu fassen, mit mir zu sterben ist er hier.

07.08.2009, 14:19	#2
Rena Dabei seit: 06/2009 Ort: Berlin Beiträge: 545 Meine Gedichte Meine Favoriten	Liebe Ilka, der Anfang Deines Gedichtes beschreibt einen in schöne Worte gekleideten Herbsttag. Das Ende aber macht mich traurig...schade, dass dieser Mensch den Winter nicht mehr erleben durfte. Liebe Grüße von Rena

30.09.2016, 01:29	#4
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Gedichte Meine Favoriten	Liebe Ilka-Maria - gleich stellen sie mir den Saft ab, aber ich will morgen nicht stundenlang nach diesem Gedicht suchen müssen, deswegen hieve ich es vorsichtshalber nach oben. Bis morgen! Thing

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07.08.2009, 19:14	#3
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.082 Meine Gedichte Meine Favoriten	Liebe Rena, danke für das Lob. Der Herbst hat eben zwei Seiten: auf der einen die bunten Farben, auf der anderen das Signal des Vergehens. Ich finde es übrigens viel schlimmer, im Sommer bei schönstem Sonnenschein zu sterben. So erging es meinem Vater. Darüber habe ich ein Gedicht geschrieben, das hier aber noch nicht veröffentlich ist. Ich will mich mit meinen gesammelten Werken ein wenig zurückhalten, um nicht die anderen Autoren zu verdrängen, nachdem sie gerade erst ihre Gedichte vorgestellt haben. LG Ilka-M.

30.09.2016, 01:54	#5
opi50 Dabei seit: 07/2015 Beiträge: 269 Meine Gedichte	Schönes Gedicht zur Jahreszeit, Ilka-Maria. Es erinnert mich an Herbstspaziergänge im Park mit der Familie. Das ist zwar sehr lange her, aber es hat mich u.a. auch ans Kastaniensammeln für Rehe und Wildschweine erinnert. Das Wildgehege gibt es leider schon sehr lange nicht mehr.

30.09.2016, 09:30	#6
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Gedichte Meine Favoriten	Liebe Ilka-Maria, ein wunderschönes Herbstgedicht, das aus dem ganzen Blätterallerlei hervorsticht wie ein Diamant. Was an dem Gedicht auffällt, sind die Herbstfarben und der fleckenlose, blaue Himmel - ein Tuch. Das resignierende, aber nicht weinerliche Ende hat mich besonders beeindruckt neben "klirr und klar", das mit Fug und Recht in den Wortschatz aufgenommen werden könnte, um dann im Büchmann zu landen. Wenn auch spät, so doch ein Favorit! Lieben Gruß von Thing