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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 15.03.2024, 22:59   #1
weiblich Lee Berta
 
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Standard jene nacht

jene nacht als ich im supermarkt den einkaufswagen zurückstellen wollte
und mir der chip runterfiel
und ich mich bückte und nur deshalb das handy in der tasche hörte
und ewig auf den bus wartete der dann auch noch in die falsche richtung fuhr

jene nacht als ich völlig durchgeschwitzt durch die flure der intensivstation rannte
und noch immer hatte ich die einkaufstaschen dabei statt sie einfach
fallen zu lassen. es war alles wie immer. du im bett und ich
schweißgebadet vor angst tauchte auf und du warst noch ganz warm

jene nacht als ich fragte: „DAS war unsre geschichte?“
„und sie fängt jetzt erst an“, sagtest du schritte zählend zum ausgang
draußen war unser frühling. plötzlich tag. dicke hummelhubschrauber im busch
jene nacht war ein mittag. nie war jetzt. nur die liebe ist immer
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Alt 17.03.2024, 13:01   #2
weiblich Lizard
 
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Sehr schön erzählt mit Momentbildern von Nebensächlichkeiten. Und mit Erkenntnissen schließend. Ich mag den treibenden Erzählfluss, der durch die konsequente Kleinschreibung unterstützt wird. Intuitive Interpunktion, ohne Schlusspunkt. Das wirkt.

Ich habe Dein Gedicht gerne mehrfach gelesen, Lee.

Viele Grüße
Lizard
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Alt 18.03.2024, 15:45   #3
weiblich Lee Berta
 
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Ort: Gehirn!
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Hallo Lizard,
es freut mich sehr, dass dir mein Gedicht gefällt. Ich habe da in der Tat intuitives Schreiben ausprobiert und will vielleicht mehr in diese Richtung gehen.

Liebe Grüße,
Lee
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Alt 18.03.2024, 20:15   #4
weiblich Lizard
 
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Dann gehst Du in die Richtung, aus der ich Dich kommen sah, Lee.
Dein Gedicht wirkt inzwischen noch intensiver.
Eine Umarmung schickt
Lizard
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Alt 18.03.2024, 20:30   #5
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Lee Berta Beitrag anzeigen

jene nacht als ich fragte: „DAS war unsre geschichte?“
„und sie fängt jetzt erst an“, sagtest du schritte zählend zum ausgang
draußen war unser frühling. plötzlich tag. dicke hummelhubschrauber im busch
jene nacht war ein mittag. nie war jetzt. nur die liebe ist immer
Eine verdichtete Geschichte über die Kopflosigkeit des lyrischen Ichs in einer überfordernden Situation. So lese ich die Verse. Interessant ist die letzte Strophe. Zunächst sehe ich das Lyrische Du, das zusammen mit dem Lyrischen Ich zum Ausgang geht, hinaus in den Frühlingstag. Aber hoppla, eigentlich ist es Nacht. Das Licht schien gedimmt worden zu sein.

Aber ich lese die Strophe auf noch andere Weise: Vielleicht zählt das Lyrische Du die Schritte des Lyrischen Ichs, das zum Ausgang geht. Vielleicht herrscht jetzt in der Strophe die Perspektive des Lyrischen Du vor, das sich vorstellt, wie das Lyrische Ich in den hellen Frühlingstag geht, das Du aber selbst in einem Gefühl der Nacht zurückbleibt.

Ist möglicherweise überinterpretiert, aber so ging es mir durch den Kopf.

VG
Ilka
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
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Alt 18.03.2024, 21:34   #6
weiblich Lee Berta
 
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Ort: Gehirn!
Beiträge: 320

Hallo Ihr Lieben,

Zitat:
Zitat von Lizard Beitrag anzeigen
Dann gehst Du in die Richtung, aus der ich Dich kommen sah, Lee.
Dein Gedicht wirkt inzwischen noch intensiver.
Ich schicke mal eine Umarmung zurück
Aber du hast Recht, das ist für mich die richtige Richtung. Dass ich andere Dichter imitieren kann, ist amüsant, aber ich muss meinen eigenen Stil finden. So wie du oder klatuu, EV, Perry ... fast jeder hier hat so seinen Stil und ich bin immer noch im Spagat zwischen Abiturzeitungstataa und Haiku.

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Eine verdichtete Geschichte über die Kopflosigkeit des lyrischen Ichs in einer überfordernden Situation. So lese ich die Verse. Interessant ist die letzte Strophe. Zunächst sehe ich das Lyrische Du, das zusammen mit dem Lyrischen Ich zum Ausgang geht, hinaus in den Frühlingstag. Aber hoppla, eigentlich ist es Nacht. Das Licht schien gedimmt worden zu sein.

Aber ich lese die Strophe auf noch andere Weise: Vielleicht zählt das Lyrische Du die Schritte des Lyrischen Ichs, das zum Ausgang geht. Vielleicht herrscht jetzt in der Strophe die Perspektive des Lyrischen Du vor, das sich vorstellt, wie das Lyrische Ich in den hellen Frühlingstag geht, das Du aber selbst in einem Gefühl der Nacht zurückbleibt.
Der Moment, als aus dem ich ein Wir wurde, war auch der Moment, als aus dem wir ein Ich wurde. Der Moment, als die Zeit stehen blieb und Tagnachttag die Herrschaft übernahm. Ich weiß nicht mehr, wer von uns beiden eigentlich gerne Schritte zählte und wer Leberwurst verabscheute. Wenn man von Seelenzwillingen einen tötet, dann werden beide sterben und beide werden weiterleben, es ist nur leider unerklärbar. Was mich in dem Moment so fasziniert hat, war die Tatsache, dass man genau merkt, wenn man wahnsinnig wird. Im selben Moment verliert man auch die Angst davor. Es ist wirklich wie sterben oder wie aus dem Universum geschleudert werden.

Liebe Grüße,
Lee
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