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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt.

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Alt 29.07.2007, 23:19   #1
Antares
Gast
 
Beiträge: n/a

Standard Nisus und Euryalus (letzte und stark überarbeitete Fassung)

Nisus und Euryalus

Um Turnus’ Übermacht zu schlagen,
Begab sich in Euanders Land
Aeneas auf geschwindem Wagen,
Zu knüpfen dort der Freiheit Band.

Die Freunde blieben treu zurücke,
Der tapfren Troer großes Heer,
Und Turnus, durch Allectes Tücke,
Ward kundig gleich der günst’gen Mähr.

Bald war Aeneas’ Heer zerstoben,
Dem Turnus Nike reicht die Hand,
Der von der Anhöh’ bübelt droben,
Sich wähnend im Triumphgewand:

Des Nachtes spät, in dunkler Stunde,
Stand Nisus an dem Tor zur Hut,
Er spähte, drehte seine Runde,
Und glühete vor Kampfeswut.

Euryal war an seiner Seite,
Sein liebster Freund seit langer Zeit.
Ihm stets ein treuliches Geleite,
Und gleich an Stolz und Tapferkeit.

Und Nisus hob die Stimm' zur Klage:
„Kehrt nicht Aeneas hier zurück,
So sind gestraft wir mit dem Grabe,
Verlassen von des Kampfes Glück.

Lass nutzen uns die Schicksalsstunde,
Uns hat sich Tyche zugesellt,
Aeneas bringen wir die Kunde,
Wie's hier um unser Los bestellt.

Wir woll’n in dunklen Nachtesstunden
Uns stehlen heimlich von hier fort,
Und wenn wir Venus’ Sohn gefunden,
Ihn führen dann an diesen Ort.

Durch jene Felder woll’n wir schleichen,
Wo ruhet bald die Feindesmacht ,
Wenn Kampfgeist wird dem Schlafe weichen,
Dann sei die kühne Tat vollbracht.“

Als Morpheus deckt den Feind mit Träumen,
Sie lassen ihren Platz zurück.
Nicht günst’ge Stunde woll’n sie säumen,
Versuchen ganz allein ihr Glück.

Inmitten in der Schar der Krieger,
Ermattet von des Kampfes Not,
Da regt sich die Begierde wieder,
Zu rächen all der Freunde Tot.

Kein Gott kann je den Menschen halten,
Der blind ist in der Rache Nacht,
Und es beginnt die Wut zu walten,
Die brechet auch des größten Macht.

Sie wüten beiden ohne Sinnen,
Zu morden jeden Feind im Schlaf,
Und niemand ihnen kann entrinnen,
Den Schwertesklinge tückisch traf.

Die Krieger auf dem Feld erwachen,
Als Kampfeslärm den Schlaf durchbricht,
Und greifen eilig zu den Waffen,
Zu halten fürchterlich Gericht.

Schon hat sich das Geschick gewendet,
Schon fürchten sie das finstre Grab,
Als Göttermacht ihr Leben endet
Und über ihnen bricht der Stab.

Am Boden liegen beide nieder,
Gefallen in des Kampfes Glut.
Sie kehren nie zurücke wieder -
Allein aufgrund der Rache Wut.
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Alt 30.07.2007, 11:53   #2
Arno
 
Dabei seit: 04/2007
Beiträge: 224

Wow! Beeindruckend der Fleiß, der erkennbar auf dieses Stück Versepos verwandt wurde. Auch wunderbar, wie du dich in die altertümliche Sprache eingefühlt hast. Was die Handhabung der Form anbelangt, kann man dir Respekt zollen.
Den Inhalt betreffend muss ich sagen, dass ich persönlich Erzählungen von Kriegsschlachten nicht soo spannend finde, daher hat mich der Inhalt nicht so sehr angesprochen.
Ich bin aber gespannt auf weitere Gedichte von dir, in denen du andere Themen verarbeitest. Ich selbst habe es am liebsten, wenn mit der altertümlichen Sprache, die du verwendest, satirische Inhalte umgesetzt werden. Ich würds spannend finden, von dir etwas Derartiges einmal zu lesen zu bekommen. Mit dem sprachlich-formalen Handerkszeug, das du hast, hast du die besten Voraussetzungen fürs Dichten.

Edit: Mir ist eigentlich nur eine Stelle aufgefallen, die man verbessert könnte, wobei das zugegebenermaßen jetzt wie "das Haar in der Suppe suchen" aussehen mag:

Lass uns in dunklen Nachtesstunden
Uns stehlen heimlich von hier fort,

Hier wiederholt sich "uns" - das zweite "uns" müsste gestrichen werden.
Arno ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.07.2007, 13:16   #3
Antares
Gast
 
Beiträge: n/a

Hallo Arno,

Vielen Dank für die positive Kritik. Satirisches mag ich auch sehr gerne. Ich werde diese Form mit jenem Inhalt mal zu verbinden suchen.

Das doppelte "uns" ist in der Tat nicht schön. Ich habe stattdessen jetzt geschrieben: Wir woll'n in dunklen Nachtesstunden/Uns stehlen heimlich von hier fort.

Viele Grüße

Antares
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Alt 01.08.2007, 21:21   #4
Christoph
 
Dabei seit: 03/2006
Beiträge: 124

Wow, hier versteht jemand sein Handwerk. Großen Respekt-obwohl auch mir die griechische Thematik nicht unbedingt zusagt. Bin sehr gespannt auf weitere Werke.

Leicht neidvolle Grüsse(was die Beherrschung des Handwerks betrifft)

Christoph
Christoph ist offline   Mit Zitat antworten
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Lesezeichen für Nisus und Euryalus (letzte und stark überarbeitete Fassung)




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