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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 07.09.2014, 09:18   #1
männlich Ex-DrKarg
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Standard Das Flügelkleidchen


Das Flügelkleidchen

©Hans Hartmut Karg
2014

Mit der Cousine, wohlgesonnen,
Wuchs sie eng schwesterlich so auf.
Sie hatten stets Nähe gewonnen –
Dann profitiert der Lebenslauf!

Sie waren schlank und schön gekleidet
Und trugen ihre Kleidchen gern.
Da gab es nichts, das man geneidet,
Man freute sich am Jugendstern.

Nach sechzig Jahren kam die Beichte:
„Warum hat man kein Kleid genäht,
Damit mehr Schönheit ich erreichte,
Weil Flügelärmchen mir auch steht!“

Ein Leben lang hat sie getrauert,
Dass sie kein Flügelkleidchen hatte.
Sie hatte sich stets recht bedauert:
Mit Flügelchen man sie ausstatte!

So kam sie nicht zurecht damit,
Dass die Cousine Flügel trug.
Das war für sie ein Seelenschnitt,
Die Welt erschien ihr jetzt als Trug.

Um diese Schmach ganz auszumerzen
Musste im reichen Lebenslauf
Sie immer nur mit vollem Herzen
Nach Höhe und nach Weite streben.

Sie flog die vielen, weiten Flüge,
Sie musste überkompensieren,
Wodurch sie auch nicht wirklich flügge
Den Mann konnte nun animieren.

Hätte die Flügel man genäht,
Wäre kein Trauma früh entstanden.
Nie wär´ ein Defizit gesät,
Mit dem sie reist´ in alle Landen.

Eltern, kauft alles, was Cousinen
In Gleichklang und Gleichheit versetzt!
Dann ist es wie bei unsern Bienen:
Man siegt, wird niemals verletzt.

*
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Alt 07.09.2014, 11:55   #2
männlich Ex Pedroburla
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Beiträge: 1.359

Sehr liebevolles und einfühlsames Gedicht über die Wichtigkeiten eines kleinen Mädchens! *

* MEIN Cousinchen wollte übrigens KEIN Flügelkleidchen, spielte nur selten mit Puppen - trug jedoch gerne die kurzen Hosen ihres zwei Jahre älteren Bruders auf! Heute ist sie Mutter eines ganz lieben Töchterchens, das von ihr wie eine "Barbie" angezogen wird und auch so aussieht, schon mit ihrem Liebreiz kokettieren soll, wie man mir erzählte ...



PS: MEINE Tochter ist ebenso schlank gebaut; das hat sie jedoch von ihrer Mutter geerbt, weniger von mir; ich selber soll mehr einem robusten und wetterfesten Sailor ähneln, laut meiner allerbesten Mireille ...
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Alt 08.09.2014, 09:41   #3
männlich Ex-DrKarg
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Beiträge: 3.139

Standard Re: Das Flügelkleidchen

Lieber Pedroburla,
....und vor allem sind da auch die verdeckten, unterbewussten Folgen gezeichnet worden, die ein Leben lang nachwirken können.....
Herzliche Grüße H. H. Karg
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Alt 08.09.2014, 13:55   #4
männlich Ex Pedroburla
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Zitat:
Zitat von DrKarg Beitrag anzeigen
Lieber Pedroburla,
....und vor allem sind da auch die verdeckten, unterbewussten Folgen gezeichnet worden, die ein Leben lang nachwirken können.....
Herzliche Grüße H. H. Karg
Das scheint richtig zu sein - aber sich lebenslang auf eine "schlimme Kindheit" zu berufen, ist wohl eher falsch bzw. "nicht weiterführend": weil das eine wünschenswerte Entwicklung "ausbremst". Denn es wäre - idealerweise - besser, wenn man so lebt, dass man sich von frühkindlichen Konditionierungen, die als "negativ" erlebt wurden, "abnabeln" kann, um wirklich erwachsen zu werden. Dass das nur wenigen Menschen gelingt, ist leider wahr - was Teil des buddhistischen Verstehens von "Karma" ist, nach dem sich spezifische Ausprägungen so oft wiederholen, bis sie "überwunden" oder zumindest von neuen Erfahrungen und den daraus entstandenen Gewichtungen relativiert sind ...*

* Auf manche "genetische Vererbungen" möchte ICH jedoch vorerst nicht verzichten; da gab es z.B. in der mütterlichen Linie mal einen Lebenskünstler, der - wie ich - viel in der Welt rumreiste und dann darüber schrieb, der ebenso die Mägdelein gemocht hat. In meiner Familie wird von ihm kolportiert, dass der "Lustmolch" noch im hohen Alter auf Parkbänken rumsaß und den Jungfern (die gab's seinerzeit noch! ) nicht nur unter die Bluse gegriffen haben soll! Und meine Oma erwähnte (stirnrunzelnd, mit vorwurfsvollem Blick in meine Richtung) auch mal, dass er dabei gerne selbstverfasste Gedichte rezitierte, "vermutlich, um sein lüsternes Tun zu beschönigen" ...

LG. Pedro
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Alt 09.09.2014, 08:54   #5
männlich Ex-DrKarg
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Standard Re: Das Flügelkleidchen

Lieber Pedroburla,
sich lebenslang n u r auf eine schlimme Kindheit beziehen zu wollen, ist natürlich falsch. Der Versuch, Hitlers ideologisiertes und idiotisches Verhalten auf eine zu junge Mutter abwälzen zu wollen, die ihn nicht wollte, und auf einen überalten Vater, der ihn nicht mehr wollte, wäre daher zu billig und zu einfach, wenn man bedenkt, was Beethoven für eine Kindheit hatte und wie er mit seinen Kompositionen die Brüder ernähren konnte, nachdem Vater und Mutter gegangen waren....
Herzliche Grüße H. H. Karg

Geändert von Ex-DrKarg (09.09.2014 um 08:55 Uhr) Grund: Textkorrektur
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Alt 09.09.2014, 13:20   #6
männlich Ex Pedroburla
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Du hast recht, Hans - aus manchen frühkindlichen Erfahrungen, die als "schlimm" zu kategorisieren sind, können - wie bei Beethoven - geniale Kreationen entstehen! Und weil eben generell niemand vollkommen ist, sind es oft die "Beschränkungen", die Handicaps, aus denen etwas Außergewöhnliches - ob Gutes oder Böses - entsteht.*

* Von MIR übrigens kaum nachvollziehbar ist, dass Beethoven die Neunte schrieb, als er schon fast taub war!

Meine obige Antwort bezog sich aber nicht auf extreme Konditionierungen, sondern auf pathologisch, infantile Verhaltensmuster, die mit einer "schlimmen Kindheit" nur alibiert werden > obwohl sie durchaus zu ändern wären. Doch dafür braucht es eben auch den entsprechenden Charakter, ein dafür geeignetes soziales Umfeld mit seinen Korrektiven usw. ...

LG. Pedro
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Alt 29.09.2014, 09:19   #7
männlich Ex-DrKarg
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Standard Re: Das Flügelkleidchen

Lieber Pedroburla,
gerade das soziale Umfeld bedeutet leider nicht immer nur Schutz und Auferbauung. Manchmal steckt in großer sozialer Nähe auch der Keim zur Kränkung und eine ganz gefährliche Wettgebwerbssituation, welche Kinder als durchaus störend, wenn nicht gar als demütigend empfinden.
Beste Grüße H. H. Karg
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