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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln.

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Alt 27.11.2023, 10:34   #1
männlich Cornelius
 
Dabei seit: 05/2023
Ort: Lampertheim
Alter: 49
Beiträge: 394

Standard Der Bücherwurm

Zum Abend will der Tag sich neigen.
Des Zimmers Nordwand zu ersteigen,
vertraut ein Bücherfreund dem Möbel,
das ihn emporhebt aus dem Pöbel.

In lichter Höhe vor den steilen
Regalen mag er gern verweilen,
genießt bis nächtens um halb Vier
das leise Rascheln von Papier.

Der Welt und ihren tausend Tücken
kehrt lesend er getrost den Rücken,
um tief in den verstaubten Schinken
mit seiner Nase zu versinken.

Er steht auf seiner langen Leiter
und blättert eifrig immer weiter.
Spinoza, Fichte, Hegel, Kant,
er wiegt sie sinnend in der Hand.

Nein, heute keine Philosophen -
ihm steht der Sinn nach schlichten Strophen,
nach Versen, wie in Erz gegossen,
wie er sie stets mit Herz genossen.

Man ist auch einsam nie alleine
mit Goethe, Eichendorff und Heine.
Die laute Welt um ihn wird stiller,
taucht ein er in ein Werk von Schiller.

Auch der Roman des Herrn Cervantes
enthält Bizarres und Bekanntes.
Man lernt aus ihm in einem fort:
Die Welt ist ein skurriler Ort.

Jedoch in allen Lebenslagen,
da hilft es Shakespeare aufzuschlagen,
der hier auf dieser Welt der Affen
nächst Gott am meisten hat erschaffen.

So ist in dieser Bücher Staben
manch unentdeckter Schatz vergraben.
Beim Schmökern täglich neu ihn heben:
Das ist der Trost in seinem Leben.
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Alt 27.11.2023, 13:05   #2
weiblich Ilka-Maria
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Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.111

Wieder mal fein in Verse gesetzt, Cornelius. Dir scheinen Reim und Rhythmus wie von selbst aus der Feder zu fließen. Ach ja ... Bücher: Sie gehören zu den besten Freunden eines Menschen.

Liebe Grüße
Ilka
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Alt 29.11.2023, 16:40   #3
weiblich Candlebee
 
Benutzerbild von Candlebee
 
Dabei seit: 04/2022
Ort: noch auf diesem Planeten
Beiträge: 860

Cornelius, Cornelius ...

Da kennt sich einer aus. Ich bin besagter Bücherwurm. Nicht dringend die großen Meister, bis auf Eichendorff, aber allerhand Seiten an anderen Buchstabengemengen.
Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht wenigstens ein halbes Stündchen im Papier stecke. Sobald sich ein Buch dem Ende nähert, geh ich schon auf die Suche im Bücherregal nach einem nächsten Abenteuer. Hab mal versucht meinen Lesestoff zu zählen, nach zweihundert hab ich's gelassen und mich einfach nur gefreut. Ich könnte eine kleine Lesestube eröffnen. Gestern erst hab ich von "Buch und Gebäck" gehört. Das gefällt mir.

Deine Zeilen sind zum wiederholten Male voll und ganz gelungen. Mir fällt immer "Meisterwerk" ein. Ilka-Maria hat ganz recht. Dir scheint jede Strophe, jede Zeile und jedes Wort wie von selbst herauszuflutschen.

Ich gestehe: Bücher sind meine besten Freunde, nebst ...

Einfach klasse! Nette Lesegrüße zu dir, Candlebee
Candlebee ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.12.2023, 18:37   #4
weiblich Die Preussin
 
Benutzerbild von Die Preussin
 
Dabei seit: 03/2021
Ort: Schwaben
Beiträge: 158

Lieber Cornelius,
herrlich so dichten zu können.
Ich kann gar nicht anders als zu schmunzeln, sofort an den Bücherwurm vom alten "Spitzweg" zu denken, das Bild aufzurufen und laut zu lachen. Volltreffer !
Die Preussin
Die Preussin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.12.2023, 19:10   #5
männlich Nöck
 
Benutzerbild von Nöck
 
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662

Lieber Cornelius,

das hast du fein und gekonnt verdichtet, bravo. Wie gut, dass es Bücher gibt, die einen in Unbekanntes und andere Welten entführen. Wie spannend ist es, wenn beim Lesen die Phantasie beflügelt wird und Zeit und Raum überwindet.

Du beherrscht die Kunst des Dichtens in Wort und Reim.

Lieben Gruß
Nöck
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.12.2023, 10:21   #6
männlich Cornelius
 
Dabei seit: 05/2023
Ort: Lampertheim
Alter: 49
Beiträge: 394

Guten Morgen...

Danke fürs (Mit-)Lesen und für eure netten Kommentare!

Gruß
Cornelius

(Muss jetzt weiterblättern)
Cornelius ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.12.2023, 12:44   #7
männlich Perry
 
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Dabei seit: 11/2006
Alter: 71
Beiträge: 3.762

Standard Hallo Cornelius,

eine "Reimhymne" auf eine bedrohte Spezies, denn das Interesse an Büchern sinkt in der Gesellschaft zunehmend. Ich selbst habe noch volle Buchregale, aber mir fehlt die Zeit mich ihnen widmen und wenn ich einen Literatur Bezug brauche, finde ich ihn schneller im Internet.
Bildlich wäre mir die Leseratte näher als der Bücherwurm gewesen, weil sie eher die "Büchernordwand" erklimmen könnte.
LG
Perry
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Alt 19.12.2023, 07:57   #8
weiblich DieSilbermöwe
 
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Beiträge: 6.721

Hallo Cornelius,

zum Gedicht wurde ja eigentlich schon alles gesagt. Ich sag trotzdem noch etwas: Es zieht den Leser magisch an (wie mich in meiner Kindheit die Bibliothek in meinem Dorf) und macht Lust aufs Lesen und aufs Stöbern.

Hallo Perry,

Zitat:
. Ich selbst habe noch volle Buchregale, aber mir fehlt die Zeit mich ihnen widmen
Eine Lehrerin sagte uns einmal: „Zeit ist eine Sache der Prioritäten."

Schöne Grüße
DieSilbermöwe
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.12.2023, 11:55   #9
männlich Cornelius
 
Dabei seit: 05/2023
Ort: Lampertheim
Alter: 49
Beiträge: 394

Hallo Silbermöwe,

Danke für das schöne Kompliment...und dem Zitat deiner Lehrerin stimme ich gerne zu.

Und Hallo Perry,

einer Leseratte fiele es gewiss leichter, die Bibliotheksleiter zu ersteigen - aber das Spitzweg-Gemälde, das mir als Vorlage für das Gedicht diente, heißt nun mal "Der Bücherwurm". Freut mich, wenn es trotzdem gefällt...

Wünsche euch einen schönen Tag voller Lesefreuden
Cornelius
Cornelius ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.12.2023, 12:20   #10
weiblich Ilka-Maria
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Beiträge: 31.111

Zitat:
Zitat von Perry Beitrag anzeigen
eine "Reimhymne" auf eine bedrohte Spezies, denn das Interesse an Büchern sinkt in der Gesellschaft zunehmend.
Das hört und liest man immer wieder, aber ich habe Zweifel, ob das stimmt. Massenware - sog. "Trivialliteratur" und andere leichte Kost - wird wohl immer noch konsumiert, vor allem, wenn sie den Zeitgeist treffen (siehe "Harry Potter"). Wer sich auf das Schreiben von Krimis versteht und eine Serienfigur entwickeln kann, wird gut verkaufen können. Ebenso erfolgreich sind die Erfinder faszinierender Welten, von Fantasy bis zu Science Fiction, und historische Romane laufen auch gut. Ebenso lassen sich skandalumwitterte und kontroverse Titel gut vermarkten, siehe Houellebecq.

Schwer haben es indessen die anspruchsvolle Literatur und die Klassiker. Wer will heute noch die ausschweifenden Beschreibungen eines Thomas Mann lesen? Hermann Hesse geht gerade noch, weil sich in seinen Werken die Jugend wiederfindet, und bei Kafka besticht immer noch die Absurdität seiner Stoffe. Aber wer interessiert sich für Goethes "Wahlverwandtschaften" oder tut sich Wälzer wie Melvilles "Moby Dick" oder Tolstois "Krieg und Frieden" an? Frank Schätzung konnte, was dicke Bücher angeht, mit "Der Schwarm" noch reüssieren, seinen Erfolg aber nicht wiederholen.

Das muss aber nicht heißen, dass das Interesse an "guter" Literatur erloschen ist. Wenn ich Klassiker suche, schau ich beim "Projekt Gutenberg" nach. Dort findet man fast alles, kostenlos. Auf der englischen Seite dieses Projekts gibt es sogar eine Funktion, die Werke kostenlos runterzuladen. Die deutsche Seite bietet für knapp 50 Euro eine CD an (oder vielleicht DVD, muss ich nochmal nachgucken), auf der alle Werke gespeichert sind - eine Unmenge an Titeln.

Was Leser wie ich beim "Projekt Gutenberg" nachschauen und sich runterladen oder rauskopieren, taucht jedoch in keiner Statistik auf, ich wüsste jedenfalls nicht, wo. Auf der anderen Seite ist nicht gesagt, dass ein volles Bücherregal dazu da ist, einen Leser mit Stoff zu versorgen. Ich möchte nicht wissen, wieviel Bücher gekauft, aber nie gelesen werden.

Zu Cornelius' Gedicht:

Mir fiel dazu pompt ein Gedicht von Eugen Roth aus der Reihe "Ein Mensch" ein, das ebenfalls den Titel "Der Bücherwurm" trägt. Ist zwar ein anderes Gedicht, aber solche Assoziationen kommen automatisch hoch. Sollte mich nicht wundern, wenn Cornelius von diesem Gedicht inspiriert wurde.

LG
Ilka
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Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.12.2023, 08:41   #11
männlich Cornelius
 
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Guten Morgen Ilka-Maria (und natürlich an die anderen in unserer Runde),

meinst du das Gedicht von Eugen Roth, dessen Protagonist vergeblich versucht, seine Bibliothek zu entrümpeln? Daran hatte ich gar nicht gedacht - aber danke, dass du mich an Werk und Autor erinnert hast.

Die Anregung gab das Gemälde von Carl Spitzweg, von dem eine Reproduktion (für fünf Euro auf dem Flohmarkt erstanden) in meinem Bücherzimmer hängt...

Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass auf Papier gedruckte Bücher zumindest in einer kleinen Nische alle noch kommenden Medienrevolutionen überleben werden. Ein Buch bietet haptische und olfaktorische Reize, welche die Aufnahme seines Inhalts erst zum Genuss machen und durch nichts zu ersetzen sind. Selbst wenn es gelänge, E-Book-Reader herzustellen, die sich anfühlen wie Papier (rascheln können sie ja schon) und dazu noch den charakteristischen, unbeschreiblichen Duft von Büchern verströmen, jenes aus Zellstoff, Druckerschwärze und einem Hauch von Inspiration gemischte Parfum, das der wahre Geruch von Geheimnis und Abenteuer ist - selbst dann wären sie nur eine Imitation, der wahre Leseratten wohl das Original vorzögen.

Wenn ich schnell etwas recherchieren will, frage ich natürlich gerne Dr. Google oder Tante Vicky(pedia). Ich freue mich aber immer, wenn ich ein Buch aus meinem Regal nehmen und die gesuchte Information dort nachschlagen kann.

Lesefreudige Grüße
Cornelius
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Alt 20.12.2023, 08:57   #12
weiblich DieSilbermöwe
 
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Zitat:
. Selbst wenn es gelänge, E-Book-Reader herzustellen, die sich anfühlen wie Papier (rascheln können sie ja schon) und dazu noch den charakteristischen, unbeschreiblichen Duft von Büchern verströmen, jenes aus Zellstoff, Druckerschwärze und einem Hauch von Inspiration gemischte Parfum, das der wahre Geruch von Geheimnis und Abenteuer ist - selbst dann wären sie nur eine Imitation, der wahre Leseratten wohl das Original vorzögen.
Hallo Cornelius,

das sehe ich nicht so. Ich lese im gedruckten Buch sowie im E-Book-Reader gleich gerne. Letzterer hat den großen Vorteil, dass viele dicke Bücher in meine Handtasche passen und ich die Beleuchtung einstellen kann, wenn es im Bus dunkel ist .

Aber natürlich würde ich nie auf Buchläden verzichten wollen, es ist etwas Besonderes, in einem Buch blättern zu können, und sie verströmen wirklich einen ganz besonderen Duft.

LG DieSilbermöwe
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.12.2023, 09:36   #13
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Cornelius Beitrag anzeigen
Guten Morgen Ilka-Maria (und natürlich an die anderen in unserer Runde),
meinst du das Gedicht von Eugen Roth, dessen Protagonist vergeblich versucht, seine Bibliothek zu entrümpeln?
Richtig, Cornelius, dieses Gedicht meinte ich.
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