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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 10.11.2012, 00:12   #1
männlich Dr. Stein
 
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Standard Wir

Oh Mensch, der du nun oben stehst,
uns ständig auf die Nerven gehst
mit deiner Großheit, deinem Sinn,
mit deinem Witz und deinem Gewinn
den du machst in dieser Welt
mit deinem Ruhm und deinem Geld.

Entsprangst du einst der Erden Schoß,
wurdest du bald riesengroß.
Wurdest mehr und dann bald stärker -
Erschallte deiner Stimme Schall,
erschien dort dein Gesicht,
dachtest du: "Verzage nicht!".

Doch was bleibt von deinem Werke,
deiner Schönheit,
deiner Stärke?

Befleckte Erde, verseuchtes Land.
Viele Fehler, keiner erkannt.
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Alt 10.11.2012, 19:44   #2
weiblich Poetibus
 
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Hallo, Dr. Stein,

was mir an diesem Gedicht gefällt: Da der Erzähler zweifellos auch ein Mensch ist, geht sich die Menschheit im Gedicht quasi selbst auf die Nerven. Finde ich gut. Schon klar, dass hier die "Oberen" gemeint sind, ich wollte nur anmerken, dass es sich auch noch ein wenig anders auslegen lässt.

Es gibt ein paar Stellen, wo ich gerne etwas anmerken bzw. vorschlagen würde - aber natürlich ist das nur meine Meinung. Wenn dir etwas gefällt, freut es mich, wenn nicht - es ist selbstverständlich dein Gedicht.

Zitat:
Oh Mensch, der du nun oben stehst,
uns ständig auf die Nerven gehst
mit deiner Großheit, deinem Sinn, - Größe, es sei denn, du möchtest es als "Neologismus" behalten
mit deinem Witz und deinem Gewinn - ein kleiner Holperer im Metrum bei "Gewinn", aber ich kann keinen Vorschlag machen, der Vers ist auf die Wiederholung von "deinem" und auf den Endreim ausgerichtet, ich merke es nur an
den du machst in dieser Welt
mit deinem Ruhm und deinem Geld.

Entsprangst du einst der Erden Schoß, - der Erde, sonst wären es "mehrere"
wurdest du bald riesengroß.
Wurdest mehr und dann bald stärker - / - hier durchbrichst du das Reimschema, gibt es einen Grund? Vorschlag, reimunabhängig: "dann bald" ließe sich gut durch "immer" ersetzen / - möglich, um mit "Klang" einen Endreim zu bilden: "Wurdest mehr und mehr im Drang" - ? Was meinst du?
Erschallte deiner Stimme Schall, - reimunabhängig: Ein bisschen "doppelt gemoppelt", wie wäre es mit "Klang"?
erschien dort dein Gesicht,
dachtest du: "Verzage nicht!".

Doch was bleibt von deinem Werke,
deiner Schönheit,
deiner Stärke?

Befleckte Erde, verseuchtes Land.
Viele Fehler, keiner erkannt.
Interessant, die daktylischen Versfüße in der Conclusio, es passt, dass hier der Rhythmus wechselt.

Gerne gelesen und ein bisschen von meinem Senf dazugegeben.

Freundlichen Gruß,

Poetibus
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Alt 10.11.2012, 20:59   #3
männlich Dr. Stein
 
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Hallo Poetibus.
Danke, dass du dich mit meinem Gedicht beschäftigt hast.

Mit deiner Vermutung hast du natürlich recht. Dadurch, dass das Gedicht zusätzlich noch mit "Wir" betitelt ist, kann ich mich ja garnicht ausschließen und kritisiere auch meinen Einfluss bei dem Thema.

Was deine Verbesserungsvorschläge angeht:
1. An der Stelle mit "Gewinn" würde ich dann einfach das "und" weglassen, müsste dann auch funktionieren und klingt dann natürlich besser.
2. Der Grund für die Unterbrechung des Reimschemas in der zweiten Strophe war vermutlich reine Faulheit. Dein Vorschlag mit "Drang" und "Klang" ist eine sehr schöne Idee, werde ich eventuell dran denken.

Leider (?) bleibt zu sagen, dass ich Gedichte im Nachhinein eigentlich selten ändere, da ich sie in ihrer Falschheit als vollkommen betrachte und sozusagen chronologisch abschließen lasse.

Bei deiner vorletzten Zeile muss ich nun aber ersteinmal Google bemühen, bin einfach zu blöd. ... Bitte erläutere das doch noch mal.

Insgesamt nochmal ein liebes Dankeschön für deine Bewertung und Impulse.

MfG
Dr. Stein
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Alt 10.11.2012, 21:46   #4
weiblich Poetibus
 
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Hallo, Dr. Stein,

es ist nicht immer möglich, ein Gedicht zu ändern, manchmal würde das Inhalt und Aussage beeinträchtigen oder zu sehr in eine andere Richtung bewegen, das verstehe ich gut. Ich mache mir immer ein "geistiges Häkchen", wenn mich jemand auf etwas aufmerksam macht, dann nehme ich es für künftige Werke mit.

Zitat:
Bei deiner vorletzten Zeile muss ich nun aber ersteinmal Google bemühen, bin einfach zu blöd. ... Bitte erläutere das doch noch mal.
Zitat:
Befleckte Erde, verseuchtes Land. - x/Xx/Xx/xX/xX - hier wechselt der Trochäus (Xx) (mit Auftakt, so bezeichnet man die Senkung am Versbeginn) mit dem Jambus (xX), aber es entsteht ein daktylischer Klang, d. h. zwei Senkungen/unbetonte Silben hintereinander
Viele Fehler, keiner erkannt. - Xx/Xx/Xx/xX - umgekehrt, hier wechselt der Trochäus zum Jambus, auch hier entstehen zwei aufeinanderfolgende Senkungen
Da hier aber, wie ich bereits schrieb, der Rhythmus in der Conclusio (Pointe, Abschluss) wechselt, fand ich es durchaus passend. Außerdem hast du (vermutlich unbeabsichtigt, aber trotzdem erfolgreich) mit dem Komma (Zäsur, Pause) im ersten Vers dafür gesorgt, dass ich gut in einen Rhythmus hineinfinden bzw. darin bleiben konnte - beide Verse "passen" zueinander.

Ich nehme die beiden ersten Verse vom Gedicht als Vergleich:

Zitat:
Oh Mensch, der du nun oben stehst, - xX/xX/x/Xx/X - das ist z. B. ein Jambus, der zum Trochäus wechselt, aber als Jambus durchgehend gelesen werden kann, er endet mit einer betonten Silbe, d. h. einer stumpfen Kadenz, genauso auch der Folgevers
uns ständig auf die Nerven gehst - x/Xx/Xx/Xx/X ist z. B. ein Trochäus mit Auftakt, aber kann selbstverständlich als Jambus gelesen werden
Die stärker betonten Silben (Hebungen) habe ich fett markiert, wenn du das laut liest, erkennst du den "anderen" Rhythmus.

Du wechselst auch im Gedicht an einigen Stellen vom unbetonten zum betonten Versbeginn. Warum ich trotzdem im Rhythmus bleiben konnte, das ist immer auch ein bisschen "Übungssache".

Das "Versmaß" in einem Gedicht nennt sich "Metrum".

Jambus: xX - taTAM
Trochäus: Xx - TAMta
Daktylus: Xxx - TAMtata
Anapäst: xxX - tataTAM


Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen.

Freundlichen Gruß,

Poetibus
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Alt 11.11.2012, 14:29   #5
männlich Martand
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Je mehr ich mich mit Versmaß beschäftigte, desto schlechter wird mein Rhythmus..

Zitat:
Leider (?) bleibt zu sagen, dass ich Gedichte im Nachhinein eigentlich selten ändere, da ich sie in ihrer Falschheit als vollkommen betrachte und sozusagen chronologisch abschließen lasse.
Ohne Worte
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