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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln.

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Alt 12.08.2023, 02:05   #1
weiblich Schreibfan
 
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Standard Das Dreadlock - Mädchen (Reboot)

Ein Reboot eines sehr alten Gedichtes von mir.
Ich werde gleich noch unter dieses Gedicht die alte Version Posten. Gebt mir gerne Rückmeldung. Evtl möchte ich gerne dieses Gedicht überarbeitet einsenden an eine Zeitung, die gerade eine Ausschreibung zur Alltagskomik hat.


Das Dreadlock - Mädchen


Neulich lief ein junges Mädchen
ganz alleine durch die Stadt.
Unten...Rock. Und oben Dreadlocks.
In der Mitte: Ziemlich platt.

An der Ecke dann 4 Burschen:
Rauchend, grölend, nix zu tun,
hatten stinkend lange Weile.
Darum lästerten sie nun:

"Guck mal da, ich wusste gar nicht,
dass ein Wischmopp laufen kann.
Trägt nen Rock und hat doch vorne
nicht ein bisschen etwas dran!"

Recht beschwingt lief "Dreadlock - Mädchen"
gleich zu jenen Herren hin
und kniff einen in sein Säckchen:
"Da ist auch nicht grad viel drin!"

Sprachs und ging dann lachend weiter.
Drehte auch nicht mehr um.
Die vier Kerle an der Ecke
schauten...na, wie heißt das...d...
denkgehaendicapt.

Die Moral von der Geschichte,
(denn Dieselbe ist nun aus)
heißt: "Wie man(n) es in den Wald schreit,
tönt es gleichsam wieder raus.

Hannah May 2014/2023



(Bei Strophe 3 überlege ich ob die überhaupt nötig ist oder ob sie auch weg könnte)
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Alt 12.08.2023, 02:15   #2
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Anbei zum Vergleich die alte Version:


Ja, es lief einmal ein Mädchen
ganz alleine durch die Stadt
trug nen Rock und hatte Dreadlocks
und war vorne ziemlich platt!

An der Ecke dann 4 Jungen
rauchend, grölend, nix zu tun
hatten stinkend lange Weile,
darum lästerten sie nun:

"Guck mal da, ich wusste gar nicht,
dass ein Wischmopp laufen kann.
trägt nen Rock und hat doch vorne
nicht ein bisschen etwas dran!"

Nun, da lief das Dreadlock - Mädchen
gleich mal zu den Jungen hin
und kniff einen in sein Säckchen:
"Da ist auch nicht grad viel drin!"

Sprachs und lief dann lachend weiter,
ohne sich noch umzudrehn,
den 4 Jungen an der Ecke
blieb der Mund weit offen stehn.

Die Moral von der Geschichte,
denn Dieselbe ist nun aus,
heißt: "Wie man(n) es in den Wald schreit,
tönt es gleichsam wieder raus!"

Hannah May, etwa 2014
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Alt 12.08.2023, 06:30   #3
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Schreibfan Beitrag anzeigen
Ein Reboot eines sehr alten Gedichtes von mir.
Ich werde gleich noch unter dieses Gedicht die alte Version Posten. Gebt mir gerne Rückmeldung. Evtl möchte ich gerne dieses Gedicht überarbeitet einsenden an eine Zeitung, die gerade eine Ausschreibung zur Alltagskomik hat.
Guten Morgen, Schreibfan,

die Überarbeitung wäre eine gute Gelegenheit gewesen, die Fehler zu korrigieren, gerade dann, wenn du das Gedicht für einen Wettbewerb einreichen möchtest.

Nach der Überschrift ist eine Leerzeile zu viel eingegeben, der Absatzabstand ist somit zu groß. Dann wären sowohl in der Überschrift wie in Strophe vier die Leerstellen vor und nach dem Strich rauszunehmen, damit es ein Bindestrich wird (mit Leerstellen ist es ein Gedankenstrich, und der ergibt keinen Sinn).

Dagegen fehlen in Strophe eins die Leerstellen vor und hinter den drei Punkten. Ebenso zweimal in Strophe fünf. Punkte stehen für Atem- oder Denkpausen und haben als eigenständige Informationen nicht an den Wörtern zu kleben.

Die Zahl in Strophe zwei gehört ausgeschrieben: "vier" (weiter unten hast du das richtig gemacht). Hinter dem Doppelpunkt müsste klein weitergeschrieben werden, weil kein vollständiger Satz folgt, ebenso ist in Strophe eins hinter dem Doppelpunkt das Wort "ziemlich" klein zu schreiben (groß schreibt man nach einem Doppelpunkt, wenn der Satz vollständig ist, also Subjekt und Prädikat hat). Und "lange Weile" ist etwas anderes als "Langeweile", also in diesem Fall in einem Wort zu schreiben.

Strophe fünf: In der zweiten Zeile fehlt das Wort "sich". Vor das "d" gehört ein Komma (oder Doppelpunkt) und eine Leerstelle. Ich weiß nicht, was dagegen gesprochen hätte, "dumm" auszuschreiben. Hinter "dumm" wäre auch ein Komma fällig, allerdings klingt ein Wortungetüm wie "denkgehandicapt" äußerst sperrig und überflüssig, auch weil die Strophe mit fünf Versen von den Vierzeilern abweicht.

Strophe sechs: "dieselbe" wird klein geschrieben (rückbezüglicher Artikel).

Zitat:
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Das Dreadlock - Mädchen


1.
Neulich lief ein junges Mädchen
ganz alleine durch die Stadt.
Unten...Rock. Und oben Dreadlocks.
In der Mitte: Ziemlich platt.

2.
An der Ecke dann 4 Burschen:
Rauchend, grölend, nix zu tun,
hatten stinkend lange Weile.
Darum lästerten sie nun:

3.
"Guck mal da, ich wusste gar nicht,
dass ein Wischmopp laufen kann.
Trägt nen Rock und hat doch vorne
nicht ein bisschen etwas dran!"

4.
Recht beschwingt lief "Dreadlock - Mädchen"
gleich zu jenen Herren hin
und kniff einen in sein Säckchen:
"Da ist auch nicht grad viel drin!"

5.
Sprachs und ging dann lachend weiter.
Drehte auch nicht mehr um.
Die vier Kerle an der Ecke
schauten...na, wie heißt das...d...
denkgehaendicapt.

6.
Die Moral von der Geschichte,
(denn Dieselbe ist nun aus)
heißt: "Wie man(n) es in den Wald schreit,
tönt es gleichsam wieder raus.
Im Grunde sind das Kleinigkeiten. Zum Inhalt will ich mich nicht äußern, denn ob Humor ins Schwarze trifft, hängt immer vom Temperament und Anspruch des Lesers ab. Auch solltest du bedenken, dass in unserer überempfindlichen Zeit Rezipienten "sensibler" Inhalte es für ihre Pflicht halten, auf Witze kulturellen Hintergrunds (Dreadlocks/Rastazöpfe = Aneignung fremden Kulturgutes) empört zu reagieren und sich als Anwälte der Enterbten aufzuplustern. Du musst damit rechnen, dass dein Gedicht entweder von der Redaktion aussortiert wird oder bei einer Veröffentlichung einen Shitstorm auslöst. Das mag übertrieben klingen (und das ist es auch), aber es sind Menschen schon für weniger gehenkt worden.

LG
Ilka
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Alt 12.08.2023, 09:32   #4
weiblich DieSilbermöwe
 
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Zitat:
Gebt mir gerne Rückmeldung. Evtl möchte ich gerne dieses Gedicht überarbeitet einsenden an eine Zeitung, die gerade eine Ausschreibung zur Alltagskomik hat.
Hallo Schreibfan,

meine Rückmeldung ist: Lass es lieber mit dem Einsenden. Nicht weil ich es für schlecht halte, sondern weil es „kulturelle Anmaßung" sein könnte, wenn jemand Dreadlocks trägt, der sie von Natur aus nicht haben kann. Und „in der Mitte platt" könnte als frauenfeindlich gelten.


LG DieSilbermöwe
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Alt 12.08.2023, 11:06   #5
männlich MonoTon
 
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Wenn wir schon bei sowas herum mäkeln, dann auch bitte über die richtigen Sachen.

Es kann nicht sein, das ein paar Burschen eine Frau belästigen und sie verbal nieder machen. Da bin ich vollkommen konform mit allen.
Aber rechtfertigt das einen sexuellen Übergriff auf sein Genital?

Ich finde den Text gut, er stellt alles genau so dar, wie es der Realität entspricht.

"Guck mich nicht an, obwohl ich es provoziere, ich trete dir dafür in die Eier und keiner sagt was dazu, weil du ein Mann bist und es auf dich meinerseits natürlich keine Übergriffigkeit gibt."

Lg Mono
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Alt 12.08.2023, 12:46   #6
weiblich Schreibfan
 
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Liebe Ilka Maria, liebe Silbermoeve, liebes Monoton

Vielen Dank für eure Rückmeldungen, in denen sehr viel Arbeit und mitdenken steckt. Sie helfen mir weiter.
Anbei mal die Ausschreibung:

"Schmäh, oder?
Streut euch Clowns ins Müsli, im UND wird’s lustig! Jetzt dürft ihr drauflos schmunzeln, kichern und wiehern. Denkt nicht zu viel darüber nach, der Kopf ist der Spaßkiller und Humor wie eine Bananenschale am Boden. Wenn man sie kommen sieht, stolpert man nicht drüber.
Die Überraschung machts. Und das gute Timing. Das Gefühl für die absurde Überhöhung. Die Punktlandung auf dem Nagelkopf. Alles Dinge die man nicht planen kann. Sie passieren einfach. Go with the giggle.
Frei vom Ballast, der uns bedrückt, lassen wir uns im Lachen fallen und sprechen Themen an, die man sonst gar nicht zu äußern wagt. Galgenhumor als Traumabewältigung und Stein des Anstoßes. Denn mit Schmäh und Witz, kann so manche unmögliche Brücke gebaut werden. Im Gelächter sind wir alle gleich.
Doch wo die Sonne vom Himmel gackert, grinst auch der Schatten bis über beide Ohren. So ist Humor nicht nur heilend, stärkend und bereichernd. Ebenso werden damit Probleme herabgespielt, Distanzen verstärkt und Fronten verhärtet.
Trotzdem – und genau dagegen – widmet sich die nächste Ausgabe dem Thema Humor. Ohne Risiko keine Erheiterung. Geht das Wagnis ein, denn die Welt kann nur zu wenig bespaßt werden.
Wir wärmen unsere Lachmuskeln schonmal für euch auf! Auf die Plätze, fertig, ROFL!"

Ilka Maria: bei deiner formalen Kritik hast du Recht. Das werde ich alles übernehmen. Auch magst du Recht haben, dass das Gedicht einen Shitstorm auslöst oder nicht beachtet wird von der Jury. Andererseits: ist kulturelle Aneignung nicht auch nötig, damit sich Kultur erweitern und über den Tellerrand schauen kann?
Die Sache mit der Umschreibung von "dumm" war jetzt mal ein Versuch. Wenn es nicht funktioniert, nehme ich das ausgeschriebene Wort dumm

Gleiches gilt an dich, liebe Silbermöwe: Interessant ist auch, dass (und da nehme ich mich auch nicht aus) wir aus dem beschriebenen Mädel alle automatisch ein "westliches" Girl machen. Aber wo im Gedicht steht eigentlich etwas über ihre Ethnie oder Hautfarbe? Am Ende stammt sie aus Jamaika und ist somit kulturell völlig berechtigt, Dreadlocks zu tragen...interessanter Punkt finde ich.
Auch die Busenfrage: warum eigentlich nehmen wir es als frauenfeindlich war, wenn jemand vorne platt ist. Warum reduzieren wir diesen jemand darauf? Männlich gelesene Menschen sind vorne immer platt. Bin ich männerfeindlich, wenn ich das erwähne?
Fragen über Fragen...

Monoton: Interessant, so hätte ich das Gedicht selbst gar nicht gelesen, ich war eigentlich schon immer auf der Seite des Mädchens. Aber du hast Recht. Man kann den Text auch dahingehend kritisch betrachtet ob es ok ist, auf sexualisierte Gewalt mit selbiger zu reagieren.

Also Diskussionsstoff gibt das Gedicht offensichtlich.

Hat jemand Erfahrung mit dieser Zeitung? Soweit ich weiß sammeln sie gerne Alltagsbetrachtungen. Und diese Geschichte habe ich zwar modifiziert, aber anteilig auch erlebt. Eine bekannte von mir wurde (allerdings von ihren Eltern) tatsächlich als Wischmopp bezeichnet (aufgrund ihrer Palme) und Sprüche über zu viel oder zu wenig an sekundären Geschlechtsteilen sind ja noch immer Gang und Gebe (wird in der jüngeren Generation zum Glück besser, die scheinen da sensibler zu sein).

Eine Alternative zu diesem Gedicht wäre für die Einreichung auch mein Gedicht "Bürger X im Krankenhaus"

LG Schreibfan
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Alt 12.08.2023, 12:47   #7
weiblich Schreibfan
 
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Interessant wäre für mich auch, ob ihr die neue oder alte Version besser findet
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Alt 12.08.2023, 13:40   #8
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
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Interessant wäre für mich auch, ob ihr die neue oder alte Version besser findet
Weder die eine, noch die andere. Dem Text fehlt das, was er leisten sollte: Humor. Ein verbaler Übergriff, der eine vulgäre Tätlichkeit auslöst, könnte mit Ach und Krach als geschmackloser Witz durchgehen, der am Altherrenstammtisch erzählt wird. Lustig ist daran nichts. Wenn MonoTon hier von Übergriffen spricht, muss ich ihm zustimmen, das waren auch meine prompten Gedanken gewesen. Ich wollte nur nicht nach meinem langen Kommentar über die Rechtschreibung auch noch die Plumpheit des Inhalts bemängeln.

Zum Problem des kulturellen Outings: Der Einwand, es könne sich bei einem Mädchen mit Dreadlocks um jemanden aus Jamaika handeln, ändert nichts daran, dass es beleidigt wird, nur wäre es in diesem Fall nicht wegen der Frisur, sondern wegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Besser machte diese Option somit nichts, es bliebe bei einem Übergriff. Auch wenn die eigenen Eltern ein Mädchen wegen ihrer Frisur als "Wischmopp" bezeichnen, ist das eine nicht tolerierbare Beleidigung. Solch ein Beispiel überzeugt in keiner Weise, und schon gar nichts hat es mit Humor zu tun.

Leider verrät das Zitat aus der Zeitung, die zum Wettbewerb einlädt, nicht, ob die Mitglieder der Redaktion überhaupt eine Vorstellung davon haben, was unter Humor zu verstehen ist . Offensichtlich ist für sie alles erlaubt, denn sie geben weder eine Definition des Begriffs vor, noch nennen sie auf Anstand gründende Einschränkungen. Es gibt aber auch bei Witzen, Humoresken, Kabarett, Satiren, Grotesken, Glossen, Sketchen usw. (die alle nicht das gleiche bedeuten) Grenzlinien, für die man sensibel sein sollte.
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Alt 12.08.2023, 15:49   #9
männlich dunkler Traum
 
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... naja, alles sehr ambivalent. Mir gefällt die erste Fassung besser, vermutlich wegen den fünf Zeilen in der vorletzten Strophe der 2. Fassung. Ich glaube nicht, dass man die Handlung in die Vergangenheit legen muss, so etwas passiert auch heute noch. Ich finde es flüssig und ansprechend geschrieben.
Ein Mädchen wird reduziert auf Haare und flachen Oberkörper und reduziert daraufhin einen Burschen ebenfalls. Falls es der pöbelnde war, scheint die Sache nach BGB und StGB ausgeglichen.
Die Story an sich könnte bei woken Menschen durchaus Schimpfkanonaden auslösen, doch sollte man deswegen das Schreiben einstellen? Ich denke nicht.

wsT
dT
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Alt 12.08.2023, 17:21   #10
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Zitat:
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Ein Mädchen wird reduziert auf Haare und flachen Oberkörper und reduziert daraufhin einen Burschen ebenfalls. Falls es der pöbelnde war, scheint die Sache nach BGB und StGB ausgeglichen.
Da wäre ich mir nicht sicher, letztendlich entscheidet darüber der Richter. Das Mädchen in dem Gedicht reduziert den Burschen nicht verbal auf eine sexuell mangelhafte Ausstattung, sondern geht ihm tätlich an die "private parts".

In Offenbach hatten wir den Fall, dass bei einem Streit zwischen einem jungen Mann und einer etwa gleichaltrigen Frau, in dem sie offensichtlich im Provozieren nicht zimperlich gewesen war, er den Konflikt letztendlich zu lösen versuchte, indem er sie so heftig ohrfeigte, dass sie zu Boden stürzte. Sie starb im Krankenhaus, ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben. Die Untersuchungen ergaben, dass der junge Mann ihr entweder beim Zuschlagen den spitzen Teil eines Ohrrings in die Schläfe gebohrt hatte oder aber diese Verletzung durch das ungünstige Aufschlagen auf dem Steinboden verursacht gewesen sein konnte.

Ergebnis: Der junge Mann wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und dann in seine Heimat abgeschobeen. Karriere in Deutschland futsch. Das "Opfer" (eine türkische Medizinstudentin) wurde hingegen von der Öffentlichkeit als "tapfere Heldin" gefeiert, die "sich nichts von einem Kerl gefallen ließ". Tatsache war, dass der Streit dort, wo er zunächst begonnen hatte, beigelegt schien; aber draußen auf der Straße ging die Frau nochmal auf den Mann zu und provozierte ihn erneut, offensichtlich mit Beleidigungen.

Das half ihm vor Gericht nichts. Er hatte die Hände nicht bei sich behalten und somit den Tod der Frau, wenn auch nicht beabsichtigt, so doch entscheidend beeinflusst. Und damit hatte er keine Chance, aus der Sache rauszukommen.
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Alt 12.08.2023, 20:30   #11
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Lieber Dunkler Traum, liebe Ilka Maria. Danke euch für das erneute Kommentieren.

Dunkler Traum: Letztendlich wollte ich mit diesem Gedicht aufzeigen, wie es sich anfühlt, wenn eine Frau den Spieß mal umdreht. Allerdings entstand das Gedicht schon vor me too und heute schreibe ich Gedichte anders. Humoreske Gedichte habe ich ja viele, aber nur wenige, die sich mit Alltagskomik beschäftigen.
Daher habe ich (neben Bürger X im Krankenhaus) dieses Gedicht gewählt. Allerdings würde ich nicht dazu raten, das nach zu machen, da muss ich Ilka Maria Recht geben. Vermutlich ist das juristisch nicht Korrekt.

Ilka Maria: Schade natürlich dass dir das Gedicht auf der Humorebene nichts sagt. Andererseits ist das natürlich auch Geschmackssache.
Ich kann den Hinweis auf kulturelle Aneignung ein stückweit nachvollziehen, aber nicht in Gänze. Denn ich komme aus einer linksalternativ geprägten Kleinstadt (mit sehr bekanntem (Ex) grünen Bürgermeister ). Hier tragen Menschen aller Ethnien Rastafari, Dreadlocks, rauchen Joints etc.
Auf kulturelle Aneignung käme man hier nicht, hockt halt alles zusammen auf der Kirchentreppe .

Deine Kritik am Thema an sich versuchen ich noch nachzuvollziehen, aber es fällt mir schwer. Wie soll man über sexualisierte Gewalt sprechen, ohne sexualisierte Gewalt zu benennen? Ich finde den Kommentar mit dem Wischmopp auch nicht witzig, daher folgt mein Gedicht dem Mädchen und bisher wurde (außer von Monoton, dessen interpretiert ich aber akzeptiere) auch die Sympathie von den Lesern eindeutig beim Mädchen verortet. Aber wie gesagt, das Gedicht entstand vor me too

LG Schreibfan
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Alt 13.08.2023, 07:07   #12
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Guten Morgen, Schreibfan,

die Beharrlichkeit, mit der du deinen Text der Komik zuordnest, mag tatsächlich eine Geschmackssache sein. Es gibt nun mal Menschen mit gutem und solche mit schlechtem Geschmack. Für mich entbehrt er jeglicher Komik und ist einfach nur vulgär. Wann er entstanden ist, spielt keine Rolle. Männer, die Frauen von oben herunter betrachtet, sie angepöbelt und im schlimmsten Fall ihre Machtstellung gegen sie missbraucht haben, kenne ich, soweit ich zurückdenken kann. Und es gab schon immer Frauen, die sich dagegen gewehrt haben, dazu brauchten sie nicht auf "me too" zu warten, ein Aufschrei, der um Jahrzehnte zu spät gekommen ist und nicht einmal jetzt eine Protestbewegung genannt werden kann als vielmehr eine läppische und wenig wirksame Solidaritätsbekundung. Die Kabarettistin Monika Gruber hat sich zu recht darüber lustig gemacht, als sie vortrug, sich ein T-Shirt mit der Aufschrift "Mee too, PLEASE!" gekauft zu haben. So funktioniert Komik, nämlich als Entlarvung einer Bande von Trittbrettfahrerinnen, die sich an den Mut weniger einzelner Frauen drangehängt haben, die gegen übergriffige Kerle vor Gericht gezogen sind.

Im übrigen ist Marilyn French schon in den siebziger Jahren gegen die Männer zu Felde gezogen und hat in ihrem Kultroman "Frauen" einer ihrer Protagonistinnen in den Mund gelegt: "Alle Männer sind potentielle Vergewaltiger." Gegen solche krasse Aussagen, die der Realität nicht standhalten, ist "mee too" geradezu harmlos.

Ich habe von Männern schon mehrfach Gegenargumente gehört, z.B.: "Wenn eine Frau im Fluss zu ertrinken droht, schaue ich weg. Wer so blöd ist, sie zu retten und ihre die Bluse zu öffnen, um Wiederbelebungstechniken anzuwenden, läuft Gefahr, wegen des Versuchs der Vergewaltigung verklagt zu werden." Oder: "Ich gehe in keine Aufzugskabine, in der eine Frau alleine steht, es könnte zur Falle werden." Dieses ganze Geschrei über die "bösen" Männer, die nicht selten trotz Bestleistungen im Studium der Frauenquote weichen und sich arbeitslos melden müssen, hat mittlerweile dazu geführt, dass die Feindseligkeit gegen Frauen einen Höhepunkt erreicht hat. Aber wir müssen uns keine Sorgen machen, denn der Genderismus wird dafür sorgen, dass die Männer ohnehin von der Bildfläche verschwinden, jedenfalls höre ich fast nur noch Wörter, die auf "-innen" enden.

Was du mit der Erwähnung eines grünen Bürgermeisters sagen willst, ist mir unverständlich. Ich stamme aus einer Multikulti-Stadt mit dem höchsten Ausländeranteil in Deutschland und lebe in einer kleinen Nachbarstadt, die seit Jahren von einer Dreiparteien-Koalition verwaltet wird. Na und? Was beweist das? Allenfalls, dass Beschlüsse ewig lange brauchen, um gefasst werden zu können, weil man bei drei verschiedenen Meinungen lange verhandeln muss. Was das mit einem vulgären Text zu tun haben soll, in dem ein Mädchen einem fremden Mann in den Schritt greift, will mir nicht einleuchten.
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Alt 13.08.2023, 10:33   #13
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Hallo Schreibfan,

Zitat:
Ich kann den Hinweis auf kulturelle Aneignung ein stückweit nachvollziehen, aber nicht in Gänze. Denn ich komme aus einer linksalternativ geprägten Kleinstadt (mit sehr bekanntem (Ex) grünen Bürgermeister ). Hier tragen Menschen aller Ethnien Rastafari, Dreadlocks, rauchen Joints etc.
Auf kulturelle Aneignung käme man hier nicht, hockt halt alles zusammen auf der Kirchentreppe .
ich kam deswegen darauf (und ich wäre von selbst auch nicht darauf gekommen, dass man das so sehen kann):

https://www.faz.net/aktuell/gesellsc...-17906731.html

Gestern hatte ich übrigens gar nicht richtig registriert, dass die Burschen im Gedicht "nur" pöbeln, das Mädchen aber tätlich wird. Naja, das Gedicht mag trotzdem (oder deswegen) beklatscht werden, auch wenn ich das nicht gut finde.

In dem anderen Forum, in dem du es eingestellt hast, hatte ja niemand die gleichen Einwände wie hier. Also wird es vermutlich unterschiedlich aufgefasst, je nach Publikum.

LG DieSilbermöwe
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Alt 13.08.2023, 11:03   #14
weiblich Schreibfan
 
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Das ich den Vorwurf der kulturellen Aneignung nicht nachvollziehen kann, richtet sich auch nicht gehen euch, Ilka Maria und Silbermöwe. Ich hatte darüber gelesen, das aber nicht mehr auf dem Schirm. Zwar weiß ich, was fridays for future damit meint, aber Leute meiner Generation (und auch meiner Lebenswelt) verbinden Dreadlocks deutlich mit Antirassismus.
Und wo möchte man denn anfangen, wenn man ernsthaft auf kulturelle Aneignung verzichten möchte. Beim Jazz? Rap? Bei Jeans? Beim Fußball, der ursprünglich aus China kommt? Was dürfen wir dann noch tun? Richard Wagner hören, geflochtene Zöpfe tragen (möglichst blond), weil nur das wirklich deutsch ist und somit unserer Kultur entspricht. Das wollen die Kritiker kultureller Aneignung ganz sicher nicht, ist aber die letzte Konsequenz.
Wie gesagt, ich lese aus euren Kommentaren deutlich raus, dass ihr selbst sehr reflektiert über das Thema nachdenkt, meine Kritik richtet sich nicht direkt an euch...
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Alt 15.08.2023, 06:45   #15
weiblich DieSilbermöwe
 
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Hallo Schreibfan,

dann mal zurück zur Alltagskomik. Ich finde nicht, dass das Gedicht Komik im Alltag zum Thema hat, auch kein „Gefühl für die absurde Erhöhung". Unter Alltagskomik versteht man doch eher Kleinigkeiten, die aus Versehen passieren, über die man lachen kann (beispielsweise wenn jemand beim Kuchenbacken den Zucker mit dem Salz vertauscht, das nicht merkt, seinen Gästen den versalzenen Kuchen serviert und keiner sich traut, was zu sagen).

Oder man denke mal an die alten Filme mit Stan und Ollie.

Obiges Gedicht handelt eher von Gesellschaftskritik, aber nicht von Alltagskomik.

Btw: Wo in der Ausschreibung steht eigentlich das Wort „Alltagskomik"? Das Wort habe ich in deinem Kommentar, in dem du die Ausschreibung erwähnst, nicht gefunden, dafür das Wort „Galgenhumor". Der ist aber eigentlich etwas anderes.

LG DieSilbermöwe
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