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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 11.01.2012, 19:07   #1
Thing
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Standard Unerbittlich

Da ist nun keine Ruhe mehr. Und Zeit
versteint. Verdorrt. Und fließt. Und speit
mich aus. Und saugt mich ein,
läßt mich nicht los und doch allein.
Umfängt mich, statt mich zu befrein.
Sie widerstrebt mir, rinnt durch meine Hände,
umschlingt mich, zeigt mir spottend jetzt ein Ende,
das in Gleichem Anfang ist und Mitte;
stößt mich weg, umklammert mich -
was Gegenwehr? Was sehnsuchtsvolle Bitte? -
lockt mich mit Traum. Verführerisch
befiehlt sie meine zagen Schritte
hinein in sich. Ich bin bereit.




*
etwa um 1988
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Alt 11.01.2012, 19:23   #2
männlich Schmuddelkind
 
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Oh, das ist schwermütig!

Man spürt hier das Hadern des LI mit dem Thema "Zeit und Vergänglichkeit". Daher sind die ambivalenten Bilder sehr passend gewählt.

Kompliment!
Schmuddelkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2012, 19:49   #3
Thing
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Halli Hallo, Schmuddelkind -

ja, auch wenn es schon über zwanzig Jahre her ist, daß ich das schrieb:
Im Kern gilt es immer noch.
Hab Dank für Dein Lob!

Thing
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Alt 12.01.2012, 19:38   #4
männlich Ex-Erman
 
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Lieber Thing,

Auch heute bist du wie vor zwanzig Jahren, in Höchst Form.

Meine Bewunderung für diese Zeilen:

''..was Gegenwehr? Was sehnsuchtsvolle Bitte? -
lockt mich mit Traum. Verführerisch
befiehlt sie meine zagen Schritte
hinein in sich. Ich bin bereit.''



Liebe Grüße
Erman
Ex-Erman ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.01.2012, 20:27   #5
Thing
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Halli Hallo, Erman -

hab Dank für das Lob!

LG
Thing
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Alt 16.01.2012, 16:42   #6
männlich Perry
 
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Standard Hallo Thing,

ich hätte auf 1888 getippt, hättest du da schon gelebt.
Das "Unerbittliche" der Zeit kommt gut rüber

"... befiehlt sie meine zagen Schritte
hinein in sich."

Konstruktiv würde ich "versteint" überdenken, denn diese Kurzform von versteinert kenne ich nicht. Auch der Reim "mich/verführerisch" klingt nicht gut.

LG
Perry
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Alt 16.01.2012, 17:48   #7
männlich Ex-Peace
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Beiträge: 3.449

Das gefällt mir sehr gut - als befände man sich mittendrin in dem Gedankenchaos und der Zerissenheit des LIs.
Sehr, sehr eindringlich!

Liebe Grüße
Peace
Ex-Peace ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.01.2012, 17:56   #8
männlich Nöck
 
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Zitat:
Zitat von Perry Beitrag anzeigen
ich hätte auf 1888 getippt, hättest du da schon gelebt.


LG
Perry

Hat er nicht?

Das Gedicht ist auf jeden Fall gut.

Nöck
Nöck ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.01.2012, 17:56   #9
Thing
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Halli Hallo, perry -

Verbformen von versteinen
kann man auch googeln.
Schlechte Reime passieren mir immer wieder. Leider.


Halli, Hallo peace -

hab herzlichen Dank für das Lob!


LG
Thing
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Alt 19.01.2012, 20:48   #10
männlich Der Undertaker
 
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Beiträge: 13

Standard Umbruch

Der stil des bruches der zeilen gefällt mir
prima
Roland
Der Undertaker ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.01.2012, 21:08   #11
Thing
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Halli Hallo, Nöck und Undertaker -

ich freue mich sehr über Eure Kommentare!


LG
Thing
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Alt 19.01.2012, 21:18   #12
männlich Zwieleuchter
 
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Beiträge: 48

sowohl das gedicht als auch die tatsache des so "verspäteten" einstellens gefallen mir. wie alt warst du da eigentlich, wenn ich mir diese frage erlauben darf?

lg

zwieleuchter
Zwieleuchter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.01.2012, 21:22   #13
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Zwieleuchter Beitrag anzeigen
sowohl das gedicht als auch die tatsache des so "verspäteten" einstellens gefallen mir. wie alt warst du da eigentlich, wenn ich mir diese frage erlauben darf?

lg

zwieleuchter
Aber, aber ...

Hättest Du das auch gefragt, wenn Thing eine Dame wäre?
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.01.2012, 21:23   #14
Thing
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Das ist deswegen, lieber Zwieleuchter, so verspätet eingestellt worden, weil ich es erst dieser Tage aus einer Uralt-Korrespondenz herauskramte.

Selbstverständlich darfst Du fragen.
Ich war schon weit über 40 Jahre alt.

LG
Thing
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Alt 19.01.2012, 21:33   #15
weiblich Ilka-Maria
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Ich mußte das Gedicht mehrmals lesen, um es verdauen zu können. Mir hätten die ersten fünf Verse schon genügt, denn sie beschreiben drastisch, wie die eigene Welt aus den Fugen geraten kann und sie der Zeit zum Spielball wird. Was mir gut gefällt ist das Wort "versteint", weil darin noch keine Endgültigkeit, sondern ein Prozeß liegt, ansonsten hätte es "versteinert" heißen müssen. Das ist eine sehr geschickte Feinheit der Unterscheidung.

Im zweiten Teil des Gedichts geht es rabiater zu, da ist die Rede vom Ende, von Spotten und Klammern und von der Einsicht, daß Gegenwehr und Bitten zu nichts mehr führen. Die Zeit hat eben doch nicht nur gespielt - und das Ende ist Aufgabe.

Wissen, wann die Zeit gekommen ist, und sich fügen ... aber im Jahr 1988?

Ein wunderbares Gedicht, dessen Tiefe sich erschließt, wenn man sich mehrfach darauf einläßt.

LG
Ilka
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.01.2012, 16:21   #16
Thing
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Halli Hallo, Ilka-Maria -

ich muß immer wieder Deinen analytischen Blick bestaunen, mit dem Du Gedichte liest.

Hier hast Du wieder einmal alles bloßgelegt, was es bloßzulegen gab.
Für den erstaunlich tiefen Kommentar hab Dank!


LG
Thing
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Alt 21.01.2012, 16:41   #17
gummibaum
 
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Ilka hat das Gedicht schon so weit ausgelotet, dass mir im Moment nur zu sagen bleibt, dass es den Leser durch Rhythmus und Syntax so taktet und herumstößt, wie es das lyrische Ich von sich selbst (als Opfer der Zeit) berichtet. Ein Vorzeigeexemplar für die enge Verbingung von Inhalt und Form, die die Lyrik konstituiert und von Prosa abhebt.

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.01.2012, 16:44   #18
Thing
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Halli Hallo, Gummibaum

Das nenne ich ein Lob!
Hab Dank!

LG
Thing
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Alt 21.01.2012, 16:48   #19
männlich Ex-Gamma
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Der Mensch ist BEIDES zugleich. Das vergisst die Ratio immer wieder, wenn sie zum Wort kommen will. Das Denken macht alles handfest klein, damit es das was es noch gibt verstehen kann.

thing: Man muss die Welt im Herzen tragen, wie du es machst, davon Dein Sagen.
Ex-Gamma ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.01.2012, 17:03   #20
Thing
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Lasse ich - wenn auch nur für kurze Zeit - der Ratio die Überhand, spüre ich sofort, daß Seelisches schnell verkümmert.
Das darf für mich nicht sein.

LG!
Thing
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Alt 21.01.2012, 17:23   #21
männlich Jeronimo
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Warum komme ich eigentlich immer mit meinen Kommentaren zu nachträglich?
Immer ist schon alles gesagt, wenn ich meinen Honig hinzugeben will.
Ich finde Dein Gedicht sehr hingebungsvoll, die Zeit hinnehmend wie die unvermeidlichen Zipperlein, nun mit stoischer Gelassenheit der Dinge harren, die hoffentlich noch kommen, die ehemalige Ungeduld abstreifend.
Kann aber auch sein, dass ich einfach nur ein wenig dusselig bin...
Wie auch immer, die Zeit zum Lesen war gut genutzt, Thing.

Jeronimo
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Alt 21.01.2012, 17:27   #22
Thing
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Halli Hallo, Jeronimo -

daß Dir, dem hintersinnigen Humoristen ernste Gedichte gefallen -
es erstaunt und freut mich.
Du bist nichts weniger als dusslig -da kann ich nur den Kopf schütteln!
Hab Dank für Deinen lieben, erkennenden Kommentar!

LG
Thing
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