Beziehungsarbeit

[dunkler Traum]

Ungesagtes traf so tief, ließ uns still erleiden.
Anfangs warn wir so naiv, konntens nicht vermeiden.
Schmerzend schwieg ich Scherben, es blutet sonst beim Reden.
Wir wolltens nicht verderben, doch kreuzten sich die Degen.

Wir lieben und verwunden uns pausenlos und gern.
Zusammen nur gesunden, gemeinsam wirs erlern.
Nicht alles hinterfragen, nehmen ohne werten,
gebend liebes sagen, schafft fröhlich bunte Gärten.

[Perry]

die richtige Konversation muss jedes Paar für sich selbst finden.

Wer schweigt, sagt nichts Falsches, aber manchmal ist es falsch zu schweigen.
(Renzie, Thom)

Gern gelesen und reflektiert!
LG
Perry

[Ilka-Maria]

Zitat von dunkler Traum

Wir lieben und verwunden uns pausenlos und gern.

Pausenlos und gern? Bist du sicher, dunkler Traum? Die Überschrift lautet "Beziehungsarbeit". Wenn Liebe aber Wunden schlägt, und zwar ohne Pause, ist - um es brutal auszudrücken - die Kacke am Dampfen.

Das ist der erste Teil. Der zweite Teil meines Kommentars geht der Frage nach, wie man sich bei so viel Schweigen pausenlos verwunden kann. Klar, man kann einen Menschen, der nicht so ist, wie man ihn haben will, mit Schweigen abstrafen, ihn auf den Grill legen und danach mit einer Tonne Missachtung ablöschen. Und dann kann man ihm noch vorwerfen, nicht laut genug gezischt zu haben. Aber was daran ist "pausenlos"? Pausen können doch nur Menschen machen, die reden oder agieren. Wie passt das mit dem großen Schweigen in deiner ersten Strophe zusammen?

[dunkler Traum]

... für eure Kritiken.
Ja, Ilka, das verwirrt mich jetzt auch. Ich vermute, das "gern" war dem Reim geschuldet. Wahrscheinlich hat sich die Möbiusschleife meiner Synapsen noch mehrmals verdreht. Dadurch scheine ich mich falsch/ verwirrend ausgedrückt zu haben, na gut, ein Fehlschuss, muss ich nachladen.
Glaube mir, es gibt Menschen, die sich pausenlos angegriffen und verletzt fühlen, selbst wenn das Gegenüber nichts verbales rüber bringt.

[Ilka-Maria]

Guten Morgen, dunkler Traum,

mir ist der Gedanke gekommen, dass du vielleicht mit "Beziehungsarbeit", also einem Oberbegriff, ein zu weites Feld abzustecken versuchtest (gilt auch für einen so allgemeinen Begriff wie "Streit", der in vielfältiger Weise ausgetragen werden kann). Beziehungskonflikte bestehen meistens aus mehr oder weniger Teilaspekten, wie z.B. unterschiedlichen Erwarten der Zuwendung, Eifersucht (begründet oder nicht), Differenzen in der Meinung über Kindererziehung, Einmischung der Schwiegereltern, Geldprobleme, Kränkungen des Partners, Abstrafen durch Schweigen (aber auch das Zerreden von Problemen, ohne zu einem Ergebnis zu kommen), Rechthaberei, Durchsetzungswille, Retourkutschen ("Whataboutismus"), Akzeptanz einer im Augenblick nicht machbaren Lösung des Konflikts usw. Vielleicht hättest du dich auf einen dieser Punkte konzentrieren sollen, denn das Thema ist sehr komplex. Schließlich geht es nie um nur eine Emotion, sondern immer um eine Mischung vieler Emotionen, und da ist es nicht so einfach, den Kern des Konflikts sofort zu erkennen.

Letzendlich kann ein fairer Umgang miteinander nur stattfinden, wenn beide Partner sich auf gleicher Augenhöhe begegnen.

LG
Ilka

[dunkler Traum]

... spontan und unvermeidbar: wenn einer unter den Tisch flüchtet, ist Augenkontakt schwer herzustellen

In der ersten bezog ich mich auf einen Mimosenpartner, der sich immer angegriffen fühlt und nicht aus seinem Denkmuster heraus kommt. So schweigt das Gegenüber lieber, obwohl es weiß, das dies auch nicht richtig ist.
In der zweiten wollte ich eigentlich eine mögliche Auflösung dieses Dilemmas anbieten, doch die erste Zeile gelang mir offenbar nicht. Statt -verwunden- hätte wahrscheinlich -wir streiten- besser gepasst.(?)

Aber du hast schon recht, das Thema ist unheimlich vielfältig, wie wir Menschen selbst auch.

beaux rêves
dT

[Ilka-Maria]

Zitat von dunkler Traum

... spontan und unvermeidbar: wenn einer unter den Tisch flüchtet, ist Augenkontakt schwer herzustellen

Von Augenkontakt ist überhaupt nicht die Rede, dunkler Traum, sondern von einer Metapher, die "gleichwertig" i.S.v. "fair" bedeutet. Wer diese Regeln einhält, kickt sein Gegenüber nicht unter den Tisch.

Mit der Mimosenhaftigkeit ist das heutzutage so eine Sache. Es hat sich eingebürgert, schon beleidigt zu sein, wenn man sich in Gegenwart von jemandem die Nase putzt. Es ist geradezu "in", berufsbeleidigt zu sein.

[Eisenvorhang]

Zitat von dunkler Traum

Zusammen nur gesunden, gemeinsam wirs erlern.

Das Gedicht ist schön geschrieben!

"Zusammen nur gesunden, Gemeinsames erlernen." Würde eventuell das Maß etwas besänftigen. Inhaltlich weicht es marginal ab, könnte aber auch genau dasselbe bedeuten.

[DieSilbermöwe]

Hallo dunkler Traum,

.Schmerzend schwieg ich Scherben, es blutet sonst beim Reden.

klingt komisch, finde ich.

Es ist zwar im Kontext klar, was du mit dem Bild meinst. Aber Scherben schweigen? Scherben sind fassbar, greifbar. Wie soll etwas nicht Fassbares, nicht Greifbares wie Schweigen etwas Fassbares produzieren?

Nee ...das Bild passt mE nicht.
(Ich habe unwillkürlich ein Bild vor mir, wo jemandem Scherben aus dem Kopf purzeln.)

LG DieSilbermöwe

[dunkler Traum]

Zitat von DieSilbermöwe

(Ich habe unwillkürlich ein Bild vor mir, wo jemandem Scherben aus dem Kopf purzeln.)
LG DieSilbermöwe

... aber genau dieses Bild ist richtig. Das Ungesagte verwandelt sich in Scherben, ich wollte es mal mit einfacher Symbolik versuchen (nicht funktioniert, Mist).

wsT
dT

[DieSilbermöwe]

Wenn dieses Bild beabsichtigt war, hast du dein Ziel ja erreicht.

[jokal]

Ich finde den Gedankengang gar nicht so schlecht, sind nun mal eigene Gedanken die man versucht niederzuschreiben. Klar kann man beinahe alles unterschiedlich lesen oder auffassen, man braucht eben als Leser auch etwas Phantasie. Wie oft hab ich schon bei eigenen Texten im nachhinein immer und immer wieder was geändert und zu guter Letzt gehofft, dass alles passt. Wenn dann einige Freunde es gut fanden, hats mich gefreut und ja mir hat dein Text oder vielmehr das Thema gefallen.

[DieSilbermöwe]

Hallo jokal,

es ist nicht mein Text. Es ist ein Gedicht von dunkler Traum.

LG DieSilbermöwe

[gazelle]

Zitat von DieSilbermöwe

Hallo dunkler Traum,



klingt komisch, finde ich.

Es ist zwar im Kontext klar, was du mit dem Bild meinst. Aber Scherben schweigen? Scherben sind fassbar, greifbar. Wie soll etwas nicht Fassbares, nicht Greifbares wie Schweigen etwas Fassbares produzieren?

Nee ...das Bild passt mE nicht.
(Ich habe unwillkürlich ein Bild vor mir, wo jemandem Scherben aus dem Kopf purzeln.)

LG DieSilbermöwe

Gerade diese Stelle war es, die mich direkt in den Text hineinzog. Die Scherben entwickeln sich im Inneren des Lyrischen Ich, gerade durch das Schweigen. Durch die Sorge, dass wenn sie herausgelassen werden Verletzungen beim Gegenüber verursacht werden. Auf diese Weise bleiben die Verletzungen dem Lyrischen Ich im Halse stecken. Das ist das Bild, das in mir entsteht.