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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 13.12.2006, 12:51   #1
leflo.
 
Dabei seit: 12/2006
Beiträge: 53

Standard Versuchte Entführung

Es war schon zu spät
als er spätabends
die Bar betrat.

Als er sich fallen ließ
vor der Theke,
dem Wirt,
der ihm, ohne zu zögern,
seinen Untergang serviert.

Um ihn tanzen sie,
eine brodelnde Masse,
es klingelt nach Geld
im Kopf des Manns an der Kasse.

Wie wenn er
noch standhalten will,
bewegt er sich langsam,
der Raum um ihn schnell.

Eine Frau blickt ihn an
und reißt sich los.
Ein Betrunkener neben ihm,
gibt ihm einen Stoß.

Sie schwebt zu ihm hin,
lässt sich zu ihm nieder;
in seinem Kopf wird es laut
und es verstummen die Lieder.

Wie er denn heiße?
Der Moment greift nach ihm.
Seine Hand krallt sich fester –
sucht nach dem Maß –
erdrückt vor Angst beinah´
das rettende Glas.

Ihre Augen funkeln
und stehen nie still;
sie lächeln beständig –
sie weiß was sie will.

Zögernd und flüsternd
kommen die Laute hinaus,
er muss sich jetzt wehren,
seine Hand wird zur Faust.

Was er noch tue,
den Abend lang?
Sein Blick zu den Schuhen:
Schwarz mit Pfeilspitzen dran.

Er müsse jetzt fort,
sie denkt sich „das war´s“,
in seiner Hand bricht
das splitternde Glas.

Er flüchtet hinaus,
die Straßen sind leer.
Die Luft ist kalt,
und endlos schwer.

Weit scheint die Wand
eines fahl-grünen Hauses,
er tastet entlang
und hält sie fest,
damit sie nicht schwingt,
als er langsam und seufzend
zu Boden sinkt.

Gräbt das Gesicht in die Hände,
spürt die Kälte der Wände,
sieht an sich runter:
seine Kleidung ist schick.
Von Weitem ganz leise:
Tanzmusik.

Regen setzt ein,
und spielt alte Lieder;
eine Frau läuft vorbei –
sie erkennt ihn nicht wieder.
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Alt 13.12.2006, 13:22   #2
Ex-KediosRache
abgemeldet
 
Dabei seit: 01/2006
Beiträge: 41

Hallo

OK, ein paar Tips:

1. Man hat mehr von seinen Texten, wenn man sie nicht alle gleichzeitig ins Forum wirft - dann befasen sich die leute auch intensiv damit.

2. Mal abgesehen von dem Zeilenumbruch und den gelegentlich eingestreuten Reimen: Bist du dir sicher, dass du das hier als Lyrik betrachtest? Es gäbe vom Schreibstil her eher einen Prosatext ab. Weil du hier ausführlich erzählst, und das mit sehr wenig Stilmitteln, wenig Formbedeutung, ohne jede sichtbare Verdichtung. Nein, ich bringe hier nicht die leidige "Ist das jetzt Lyrik oder nicht?"-Frage, sondern ich möchte dich anregen, mal darüber nachzudenken, ob hier nicht der Fall vorliegt, das dem Text ursächlich die Unlust zu Grunde liegt, einen längeren Prosatext zu formulieren.

Eine Geschichte erzählen zu wollen, ist das keine gute Vorraussetzung für gute Lyrik. Man kann es machen, aber dann muss man sich dafür viel Zeit nehmen und viel an der Form arbeiten, dass es den Leuten nicht langweilig wird. So jedenfalls taugt es nix.

Grüße, Tom
Ex-KediosRache ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.12.2006, 16:07   #3
leflo.
 
Dabei seit: 12/2006
Beiträge: 53

Hi Tom,

Zu Tipp 1: da haste wahrscheinlich recht, wollts nur hinter mich bringen und mich dann auf die Diskussion konzentrieren.

Zu Tipp 2: Finde das durchaus als lyrisch, wenngleich es sich sicherlich auch zu einem Prosatext eignen würde (der ja dazu nicht unbedingt länger sein muss - Länge sagt ja nicht zwingend was über die Literaturform aus). Die Elemente, die Du aufzählst (Stilmittel, Verdichtung, Formbedeutung) sind mir ehrlich gesagt total wurscht. Sehe es nicht als wichtig, sondern mindestens als hinderlich an, beim Schreiben auf so etwas zu achten. Das Wichtigste ist für mich einen Gedanken, der meistens einer Emotion entspringt, manchmal ihr vorausgeht, in Worte zu fassen und, wenn er dem eigenen Ich schädlich war, damit ein Stück weit von sich zu verbannen. Und genau das hab ich da gemacht und für mich auch geschafft - naja, wenigstens im Moment des Schreibens ) Ausserdem denke ich, dass man auch mit Lyrik Geschichten erzählen kann, warum sollte das keine gute Voraussetzung sein? So oder so will man dem anderen oder sich selbst etwas mitteilen, auf welchem Weg und mit welcher Formensprache ich das mache finde ich dabei irrelevant. Wenn es beim Schreiben von der Hand fliesst und man nicht mehr denken muss sondern einfach nur Schreiben, dann ist für mich der Text tief und irgendwie auch ehrlich. Schreibe übrigens auch gerne längere Texte, die aber nur über grundlegende Stimmungen oder Fakten meines Lebens. Die Lyrik hingegen ist für mich das Abbild eines emotionalen Momentes, der jederzeit wieder verschwinden kann, und dessen Festhalten von einer schnellen Reaktion und Bewusstwerdung seiner Bedeutung abhängt.

Gruß, leflo.
leflo. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.12.2006, 23:28   #4
Ex-KediosRache
abgemeldet
 
Dabei seit: 01/2006
Beiträge: 41

Aber das hier ist keine Momentaufnahme, sondern ne Erzählung.

Vorausgesetzt, man will nicht "irgendwie" schreiben, sondern gute Lyrik verfassen, sollte man sich aber durchaus um Verdichtung gedanken machen.

Versteh mich nicht falsch, du kannst über das schreiben, was du willst.

Lyrik bringts auf den Punkt - für Schwafelei sind andere Textarten besser geeignet.

Die Form, die du wählst ist dahingehend wichtig, da sich durch sie erschließt, wie man einen Text zu was gutem macht.

Grüße, Tom
Ex-KediosRache ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.12.2006, 00:51   #5
leflo.
 
Dabei seit: 12/2006
Beiträge: 53

Hi Tom, Dein letzter Satz oder Absatz ist sehr richtig, und genau unter dem Aspekt wichtig. Für mich bleibt eigentlich nur die Lyrik sozusagen "übrig", und ich habe mich 100&ig dafür entschieden. Finde schon, dass die Form mitentscheidend ist, aber den grossen Teil der Entscheidung macht immer noch man selbst aus, und die momentane Verfassung. Und des is bei mir nu mal immer Lyrik 8) Love, leflo.
leflo. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.12.2006, 01:09   #6
Ex-KediosRache
abgemeldet
 
Dabei seit: 01/2006
Beiträge: 41

Nochmal gerne:

Gedichte sind kein Gefühlszustand oder Lebensgefühl, sondern eine Textform.
Eine Textform mit eigenen Gesetzen.

Ob dus glaubst oder nicht: Gedichte transportieren nicht mehr und nicht weniger Gefühl als jede verdammte andere Form von Text. Wenn man sich für ein gedicht entscheidet, sollte man sich um Stilmittel und Verdichtung der Sprache bemühen. Lässt mans bleiben, foltert man nur unschuldige Leser.

Glaub mir, ich hab schon genug von diesen Gefühlstexten mit der Echtheitsgarantie gelesen. Echtheit ist das, was als Argument übrig bleibt, wenn man sonst nichts gutes mehr findet.

Ansprüchen darf man sich durchaus stellen. Gefühle zu kommunizieren ist das Gegenteil von Anspruch. Das können sogar Hunde.

Soweit hab ich alles gesagt.

Grüße, Tom
Ex-KediosRache ist offline   Mit Zitat antworten
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