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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 14.02.2013, 23:25   #1
Thing
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Standard Beichte

Als ich heute im Betstuhl kniete,
beichtend, daß ich Haß im Herzen,
hoffend auf des Priesters Güte,
fragte er nach meinen Schmerzen.


Ich sagte ihm: Ich möchte töten
den, der mir Gewalt getan.
Durchs Gitter sah ich ihn erröten.
Dann hub er mit den Fragen an:

Wann hat er Dir was, wie und wo getan?
Berichte mir genau, mein Kind!
War's ein Jüngling? War er Mann?
Faßt' er die Brüstchen an geschwind?

Jungfer, sprich! Ich muß es wissen!
Drückte er Dich in die Kissen?
Wollte lüstern er Dich küssen?
Jungfer, sprich! Ich muß es wissen!

Gewiß war er kein Edelmann.
Ein "von und zu"? sieh an, sieh an!
Vom Klerus gar? Ich kann's nicht glauben!
Und sower wollt das Hymen rauben?


Ich fürchte, Jungfer, Ihr ward leicht,
Ihr habt dem Herrn, ihn zu verführen,
nicht nur das Fersengeld gereicht -
Ihr suchtet ja das Festberühren!

Ihr seid nur Metze, Jungfer nicht.
Ihr habt den Buhlen ja gewollt.
(Nochmals: Wie hat er, Dirne, Dich gerollt?)
Dich anzuzeigen wäre Pflicht.

Doch will ich heute gnädig sein.
Komm nach der Vesper, dem Geläut.
Bereu in meinem Kämmerlein.
Absolution wird Dir dann heut.


(insgeheim, Bruder zu sich:

Die Sudelhure mit den zarten Händen,
die Teufelstränen im Gesicht!
Sie wird gepfählt, sie wird gezogen,
bis ihr das junge Becken bricht.

Der Abt ist damit völlig eins.
Das muß sich endlich wieder wenden!
Wir haben nie und nie gelogen!
Wir hohen hier im Dom zu Mainz!

Und, Bruder, warte ein, zwei Tage:
Dann kommt die nächste Jungfer fein
mit ihrer uns bekannten Klage.
Laß sie in Deinen Beichtstuhl ein!
)





14.02.2012
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Alt 14.02.2013, 23:59   #2
gummibaum
 
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Ein Text, der unter die Haut geht.

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.02.2013, 00:49   #3
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
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Beiträge: 10.909

Part zwei (kursiv) ist auf der Höhe von Goethes Mephisto.
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.02.2013, 01:06   #4
Thing
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Dazu habe ich Dir eine PN geschickt.
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Alt 15.02.2013, 08:22   #5
weiblich Ilka-Maria
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Perfide, grausam und bedrückend.

Gut geschrieben. An manchen Stellen könnte geglättet werden.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.02.2013, 09:58   #6
Thing
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Glätte, Ilka-Maria, glätte!
Ich bin für jede Verbesserung dankbar.
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Alt 15.02.2013, 11:26   #7
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Thing Beitrag anzeigen
Als ich heute im Betstuhl kniete,
beichtend, daß ich Haß im Herzen,
hoffend auf des Priesters Güte,
fragte er nach meinen Schmerzen.

Ich sagte ihm: Ich möchte töten
den, der mir Gewalt getan.
Durchs Gitter sah ich ihn erröten.
Dann hub er mit den Fragen an:

Wann hat er Dir was, wie und wo getan?
Berichte mir genau, mein Kind!
War's ein Jüngling? War er Mann?
Faßt' er die Brüstchen an geschwind?

Jungfer, sprich! Ich muß es wissen!
Drückte er Dich in die Kissen?
Wollte lüstern er Dich küssen?
Jungfer, sprich! Ich muß es wissen!
Nun, bei der Länge des Gedichtes käme das einer ziemlich umfangreichen Arbeit nahe. Ich will mich deshalb nur auf die ersten Strophen beschränken, um zu zeigen, was sich meine.

An der ersen Strophe ist nichts zu meckern, die Verse beginnen mit der Betonung auf der ersten Silbe und enden auf weibliche Reime. Die Wortwahl ist ebenfalls in Ordnung.

In der zweiten Strophe wird dieser Rhythmus fallengelassen, auch wechseln weibliche mit männlichen Reimen (mit wechselnden Kadenzen kann ich allerdings leben).

Die dritte Strophe kehrt zum ursprünglichen Rhythmus zurück bzw. weicht nur im zweiten Vers ab (Betonung auf der zweiten Silbe); der erste Vers ist zu lang und holpert. Hier haben alle Verse männliche Kadenzen.

Die vierte Strophe dagegen kehrt zur Form der ersten Strophe zurück, ist also völlig in Ordnung.

Zugegeben: Bei einem so langen Gedicht ist es nicht einfach, einen bestimmten Rhythmus durchzuhalten.

Habe mal ein wenig herumgebastelt, aber nur als Beispiel:

Als ich heut im Betstuhl kniete,
beichtend, daß ich Haß im Herzen,
hoffend auf des Priesters Güte,
fragte er nach meinen Schmerzen.

Meine Antwort: Ich will töten
den, der mir Gewalt getan!
Sah durch‘s Gitter ihn erröten,
als er hub mit Fragen an:

Was hat wer an dir begangen?
Sag’s mit Offenheit, mein Kind!
Zeigte er grob sein Verlangen?
griff an's Brüstchen dir geschwind?

Jungfer, sprich! Ich muß es wissen!
Drückte er Dich in die Kissen?
Wollte lüstern er Dich küssen?
Jungfer, sprich! Ich muß es wissen!
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.02.2013, 13:27   #8
Thing
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Was hat wer an dir begangen?
Sag’s mit Offenheit, mein Kind!
Zeigte er grob sein Verlangen?
griff an's Brüstchen dir geschwind?


Weitaus gelungener als meine Version!

(Groß-Kleinschreibung bleibe außer Acht. )

Das kommt davon, wenn man sich - wie ich - zur Eile hinreißen läßt.
Aber eine Stunde später wäre das Gedicht nicht entstanden.

LG
Thing
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Alt 15.02.2013, 13:36   #9
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
(Groß-Kleinschreibung bleibe außer Acht. )

Das kommt davon, wenn man sich - wie ich - zur Eile hinreißen läßt.
Aber eine Stunde später wäre das Gedicht nicht entstanden.

LG
Thing

Das kommt davon, wenn man ein Komma durch ein Fragezeichen ersetzt und dabei auf den nächsten Vers nicht aufpasst.

Es ist richtig, einen Gedanken zunächst festzunageln. Befassen kann man sich dann noch lange genug mit ihm.

LG
Ilka
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Alt 15.02.2013, 13:46   #10
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Ich kann mit Nägeln so schlecht umgehen!
Und Hämmern ebensowenig.

Sieh Dir gelegentlich meine Daumen an.
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