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Alt 05.02.2021, 21:46   #1
männlich Andri
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Ort: Die Erde
Beiträge: 425


Standard Quarantäne Teil 1 bis 3

Teil 1 Vorgehen X

Gerade als wir aus den Transportern steigen um unsere Positionen einzunehmen, sehe ich es. Links am seitlichen Rand des Wohnkomplexes, dort wo ich Stellung beziehen soll, um eventuell vorhandene Seiteneingänge zu bewachen, sehe ich wie irgendein Gegenstand, oder Bündel aus einem Fenster fällt.
„Da will einer abhauen!“ ist sofort mein erster Gedanke und ich drehe mich zu Dirk, dem Einsatzleiter um, will ihm meine wichtige Beobachtung melden. Aber er gibt gerade die letzten Einsatzbefehle und plötzlich bin ich mir nicht mehr so sicher. Dirk könnte meinen ich will mich nur wichtig machen, nachdem ich gestern in die zweite Reihe versetzt wurde. Es ist keine Bewegung mehr am linken Hausflügel zu erkennen und so entscheide ich mich lieber erst mal den Mund zu halten. Außerdem bin ich sowieso selbst zur Sicherung der linken Seite eingesetzt.
Also konzentriere ich mich auf die Befehle und höre noch wie Dirk sagt:
„...Matthias, Orhan, Mike, Zugriff möglichst im Erdgeschoss, nur eine Person ergreifen, bei überraschendem Widerstand sofort das Feuer eröffnen und gesicherter Rückzug. Es ist dann nicht mehr erforderlich die Person mit zu bringen. In diesem Fall für alle Vorgehen X.“
Vorgehen X, ja letzten Endes läuft es eh immer auf X hinaus. Klar, man gewöhnt sich daran und es gibt auch keine verdammte Wahl, ich weiß, aber dennoch, es wird mit jedem Einsatz schlimmer, sie sagen noch ein paar Wochen durchhalten, dann haben wir es im Griff. Aber das höre ich schon seit Monaten.
Die weiteren Befehle höre ich nur am Rande, es ist eh immer das selbe. Mit dem Unterschied, dass ich diesmal eben aus der Ausführungswelle raus bin. Nur noch Sicherung des Objekts.
„Thomas und Doc bereit für die Testung“
Die beiden machen sich bereit, Doc in seinem typischen medizinischen Schutzanzug, dem tief herunter gezogenen Plastikvisier, den Handschuhen, er erinnert mich immer an ein ungewöhnliches, bösartiges Insekt. Und daneben Thomas, in voller Kampfmontur, über den Schultern der Tank des Flammenwerfers.
Wir hatten uns gestern noch lange unterhalten, nachdem das Los auf ihn gefallen war. Er hatte sich wieder freiwillig gemeldet und diesmal hat es zum ersten mal geklappt. Es gilt in der Truppe als besondere Auszeichnung, ein kitzliger Moment bei dem nichts schief gehen darf, bei dem man hundertprozentig funktionieren muss. Für Mitleid gibt es dann keinen Platz.
„Und wenn es ein Kind ist, ein Mädchen vielleicht?“ Ich blickte von unserem kleinen Lagerfeuer auf, in Thomas Gesicht, der aber meinen Blick nicht erwiderte, sondern weiter mit gesenktem Kopf in die Glut starrte. „Und wenn es mich ansieht? Andri, wenn es mich ansieht?“
Ich spüre die Übelkeit hochkommen, versuchte das Bild in meinem Kopf zu verscheuchen. Verdammt jetzt will er kneifen dachte ich, ärgerte mich, mir hatten sie die Chance nicht gegeben ,psychosozial gefährdet, familiär instabil, sagten sie.
Nur wusste ich nicht mehr, ob ich überhaupt tauschen wollte mit Thomas, diese ganze künstliche Wut, vielleicht war ich auch froh.
Thomas hob nun doch den Kopf: „Wenn sie braune Augen hat, wenn sie mich so ansieht? Andri ich weiß nicht, ob….“
„Vorgehen X, es kommt doch sowieso Vorgehen X, es ist ganz egal. Du würdest niemandem helfen, sie wäre in jedem Fall tot. Und wahrscheinlich ist es eh so ein alter Sack, wie fast immer, die sind die lahmsten.“ Wir lachen etwas.
„Wahrscheinlich sehe ich deinen Einsatz gar nicht, sie haben mich vorne raus gezogen, ich bin jetzt bei der Sicherung, Scheiße verdammte.“
„Wusste ich gar nicht, das gibt es doch nicht, was soll das?“
„Ich hatte Streit mit meiner Frau, sie haben rausbekommen, dass ich ausgezogen bin, jetzt halten sie mich für instabil. Sie hatten natürlich mit meiner Frau gesprochen, war klar...“
„Und um was ging es nun in dem Streit?“ Aber ich hatte keine Lust darüber zu reden, gerade jetzt vor dem Einsatz.
„Ach nicht so wichtig, andermal, lass uns pennen. „Diese verdammten Einsätze“ entfuhr es mir noch und Thomas guckte mich seltsam an. „Immer so früh am Morgen“ sage ich schnell. Gute Nacht Thomas. „zur Hölle damit“ sagte Thomas unseren alten Spruch und wir lachten.

Ich checke meine Ausrüstung, die schwere MP, die Kommunikatoreinheit, das Spray, Reichweite zehn Meter und absolut tödlich, den Sitz der Atemmaske und zuletzt die Autoterminierungseinheit, eine vielleicht fünf Zentimeter große Kapsel für den absoluten Notfall.
Auf Dirks Zeichen bewege ich mich vorsichtig zur linken Front des Gebäudes, gleichzeitig mit mir schwärmen die anderen vom Sicherungstrupp aus um das Gebäude zu umstellen.

Thomas und der Doc stellen sich genau zwischen dem Haupteingang und unserem Transportern auf. Doc breitet sofort seine medizinischen Utensilien aus, während Lasse wie immer den Fixateur nach vorne bringt und sich dann rasch zurückzieht.
Gleichzeitig rennen Orhan, Mike und Matthias über die freie Fläche zum Haupteingang.

In der Zwischenzeit habe ich meine Position am Flügel bezogen und sehe mich um. Wirklich im zweiten Stock scheint ein Fenster nicht geschlossen, und liegt da nicht das Bündel das ich zu sehen glaubte? Plötzlich werde ich aufgeregt, entsichere die Waffe und gehe langsam darauf zu.

Genau in dem Moment höre ich drei kleine Explosionen, die drei haben die Eingangstür und die großen Fenster daneben aufgesprengt und springen ins Gebäude, wie schwarze jagende Schatten. Ich höre eine Frau schreien und das aufgeregte Keuchen eines Mannes. Nur Momente später kommen zwei der Schatten aus dem Gebäude, eine Person an einer Kette hinter sich ziehend. Der dritte Jäger kommt durch das Fenster heraus und gibt einige Warnschüsse ab. Er schreit in Richtung der Eingangstüre:
„Sie befinden sich in Quarantäne! Bleiben sie unbedingt im Haus, gehen sie in ihre Wohnungen. Es wird sofort scharf geschossen!“

Mike und Orhan zerren die gefangene Person, offenbar eine ältere Frau zum Kontrollpunkt und schnallen sie am Fixateur an. Die Ringe des Fixateurs umschließen automatisch ihre Hand- und Fußgelenke, die Unterarme und ihre Knie. Dann wird eine Feder im Fixateur gelöst und er springt zu einer Art Andreaskreuz auseinander.
Ich sehe wie Doc nach dem Entnahmeutensil greift und zu der völlig wehrlos am Boden aufgespannten Frau tritt. Bis zu mir dringt ihr panisches Atmen. Doc macht sich am Arm zu schaffen und tritt dann rasch zurück um die Probe im Minilabor zu analysieren.
Als Thomas nähertritt und die Lanze des Flammenwerfers auf sie richtet steigert sich der Atem zu einem verzweifelten Keuchen, sie beginnt zu wimmern:
„Hilfe,... bitte,.. bitte nicht,.. bitte, ..bitte.“
Ich wende mich ab, kann das Wimmern auch auf die Distanz kaum ertragen, suche statt dessen die Umgebung ab. Mein Blick fällt auf das Bündel in meiner Nähe und auf weit aufgerissene Augen, braune Augen, große klare Kinderaugen die mich angstvoll anblicken. Aber etwas liegt in diesem Blick, eine Erinnerung flutet mich, scheinbar ganz unwichtig und versponnen: dieser seltsame Moment vor zehn Jahren, mein Sohn war vielleicht ein Jahr alt, als ich vorsichtig seine Kinderzimmertür öffne, ich dachte wohl ein leises Weinen zu hören. Und dann blicken mir diese Augen entgegen, diese Kinderaugen, angstvoll geweitet und doch beängstigend, als hätten sie bereits alles gesehen, oder als wären sie ein Eingang in das eigentliche Leben, die Kreatur hinter dem Menschen, der Kosmos, der hinter allem liegt. Ich hatte es damals nicht verstanden und verstehe es heute nicht, was mir so Angst machte, dieses Gefühl, das mich nie mehr ohne Herzklopfen das nächtliche Zimmer betreten lies.
Ich weiß nicht was ich tun soll und löse meinen Blick, sehe zurück zu dem Platz, der abgesehen vom Klagen der Frau und den ruhigen, methodischen Bewegungen von Doc völlig erstarrt scheint.
Aber ich lasse mich nicht täuschen, weiß nur zu gut was jetzt passieren wird. Seit dem ersten Einsatz ist dieses Bild wie eingebrannt in jedem von uns. Bestimmt ein Dutzend Mal ist seitdem passiert , was passieren muss.
Ich sehe wie Doc das Zeichen gibt, dass er fertig ist, wie die Lanze in der Hand von Thomas leicht bebt, höre wie Dirk die linke Hand hebt und die inzwischen rituelle Frage stellt:
„Wie ist das Ergebnis, Doc?“
„Positiv, es ist eindeutig positiv. Kein Zweifel möglich.“
Dirk senkt, den Arm und ruft :
„Einsatzbefehl: Thomas desinfizieren! Sturmtrupp Vorgehen X !“

Teil 2) Im Feuer

In diesem Moment bricht die Hölle los.
Ein Strahl flüssigen Feuers aus Thomas Lanze trifft die Frau, die sofort helllicht auflodert.
Zwanzig Kämpfer springen aus den Fahrzeugen, schwer bewaffnet und geschützt mit Atemmaske und Schutzanzug und rennen Richtung Haus. Gefolgt von den Desinfizierern mit den Flammenwerfern.
Ein irres Gebrüll lässt alle für einen Moment innehalten. Entsetzt blicke ich zu Thomas dessen tierische Schreie über den Hof schallen, sich festfressen in meinem Kopf. Immer näher rückt er auf die gefesselte Frau vor, die unkenntlich wird, ein einziger Feuerball.
„Abstand!!“ höre ich Dirk rufen, aber offenbar ist Thomas in besinnungslose Raserei verfallen, unartikuliertes tierisches Schreien, ein Heulen nur noch.
Mein Blick geht zu Dirk, der bereits seine Waffe entsichert, während der Stoßtrupp nun fast das Haus erreicht hat.
Ich weiß, dass Thomas in furchtbarer Gefahr ist, rückt er nur noch ein kleines bisschen weiter vor wird er kontaminiert und muss desinfiziert werden. „Thomaaas!“ rufe ich aus Leibeskräften, „Thomas halt!!“ Und plötzlich scheint meine Stimme durchzudringen, sein Gebrüll bricht ab und er bleibt stehen, Flammen tropfen auf dem Boden vor ihm, von der Frau ist fast nichts mehr zu erkennen, nur ein schwarzer fettiger Rauch steigt von ihren Resten auf.
„Andri , Achtung dreizehn Uhr!“
Verdamm mich! Dirk, der bei meinem Rufen zu mir sah, hat offenbar das Bündel entdeckt, ein Zucken im falschen Moment, irgendeine erschreckte Bewegung.
„Alles klar“ rufe ich, lege die Schnellfeuerwaffe an und feuere ein volles Magazin ab.
Auch aus dem Haus gellen nun die Salven, als der Sturmtrupp vordringt.

Verzweifelt versuche ich die großen Augen zu fixieren, kein Laut, bitte kein Laut und keine Bewegung. Still, lieg still, wiederhole ich immer und immer wieder in meinem Kopf und sende das Flehen lautlos drängend in die Richtung des Kindes.
Plötzlich wieder Dirks Stimme: „Andi, ich schick dir Abdullah zum Desinfizieren, wenn er drinnen fertig ist. Sichere du weiter den Flügel. Ich sehe innen nach.“
Es ist eine winzige Chance, denn am Haus wächst ein kleiner Baum an der Seite. Mit einer kurzen Handbewegung zu dem Kind bedeute ich ihm zu verschwinden. Im Augenwinkel sehe ich noch wie es tiefer in die Büsche kriecht. Schnell klettere ich zwischen Baum und Hauswand hoch zum geöffneten Fenster im zweiten Stock. Mehrere Leichen, vermutlich eine Familie. Meist arbeitet der Sturmtrupp so schnell, dass die Leute völlig überrumpelt sind, obwohl sie ja wissen was kommt.
Da eine Kinderleiche! Schnell und grob packe ich mir den Körper und schleife ihn zum Fenster. Von oben höre ich wie das Rauschen der Flammenwerfer näher kommt, sie haben im dritten Stock angefangen und arbeiten sich jetzt schnell nach unten. Ich werfe die Leiche raus und schlittere rasch nach unten.
Dort so schnell es geht die Leiche in Position ziehen. Ich glaube keiner hat mich gesehen. Wenn doch bin ich im Arsch, werde sofort desinfiziert. „Egal“ zuckt es durch meinen Kopf: „du bist eh im Arsch, du hast sie angefasst, du bist schon im Arsch“
Sie sagen drei Wochen, dann geht es los, dann merkt man es.
„Was?“ hatte ich einmal Doc gefragt, aber er hat nur den Kopf geschüttelt. „Du willst es gar nicht wissen“ sagte er und „Es ist...“ dann winkte er ab und verstummte.
„Verdammte Scheiße, drei Wochen noch, beschissene drei Wochen, du Irrer“ tobe ich mit mir selbst. Gehetzt blicke ich wieder über den Vorhof, wo Thomas immer noch steht und zu mir starrt. Er hat alles gesehen, muss alles gesehen haben! Thomas sagt nichts. Ich winke ihm leicht zu, keine Reaktion, außer, dass er sich abwendet und beginnt seinen Flammenwerfer zu demontieren.
Inzwischen kommt Dirk mit Abdullah aus dem Haus und zeigt in Richtung der Leiche.
„Wallah Andri“ meint Abdullah „gut gemacht“ Rasch zerfressen die Flammen den kleinen Körper.
Inzwischen scanne ich vorsichtig und unauffällig die Umgebung.
Keine Spur zu sehen von den Augen. Nachdem Abdullah gegangen ist, bleibe ich noch kurz stehen.
Es ist plötzlich ganz ruhig geworden. Diese tödliche Ruhe danach. „Das war´s“ sage ich mir „das war´s dann“


Teil 3) Elias

Und doch stehe ich wieder vor diesem verfluchten Wohnkomplex, es ist dunkel geworden und die Spuren des Feuers, des Todes, sind auf den ersten Blick kaum wahrzunehmen. Ich gehe auf den Platz und meine noch den Geruch verbrannten Fleisches wahrzunehmen. Dort sehe ich einen kleinen Haufen verkohlter Reste, das, was einmal eine Frau wahr. Wir lassen die Reste immer liegen, was bitte sollen wir damit auch machen und am Ende steckt man sich noch an.
„Das hast du ja jetzt eh geschafft“ fällt mir ein, aber, na vielleicht, wer weiß, hab ich doch Glück. Klar, ich weiß auch was Doc dazu sagen würde.
„Scheiße“ fluche ich und spucke den widerlichen Geschmack aus der sich in meinem Mund breit macht. Diese gottverdammte Scheiße.
Acht Stunden ist es jetzt her seit Thomas diesen Dreckhaufen produziert hat, aber ich habe ihn nicht mehr gesehen seit dem, hat sich wahrscheinlich verkrochen. Aber das ist oft so nach dem Einsatz, man möchte einfach keinen sehen von den anderen, am Ende sagt noch einer was, quatscht dumm rum, oder so. Was soll man auch sagen? Das man wieder alle erwischt hat? Erschossen, verbrannt, auch die verseuchten Kinder. Einfach umgebracht.
„Was machst du hier eigentlich?“ frage ich mich, nur es ist allzu klar, was ich suche. Mein Blick geht wieder zur linken Seite des Gebäudes und dort der angrenzende kleine Park mit dem dichten Buschwerk am Rand.
Immer wieder gucke ich rüber, spüre wie mein Herz schneller schlägt als es soll. Fast wie zufällig bewege ich mich in die Richtung, so als ob ich nach dem Rechten sehe wollte. Ich mache meine Einsatzlampe an um das Areal ein wenig auszuleuchten, nur um das Licht gleich wieder zu löschen.
So hat es keinen Sinn, auf die Weise finde ich es gewiss nicht. Vorsichtig nähere ich mich den Büschen. Je weiter ich gehe, desto stiller und dunkler scheint es zu werden, nur mein Atem klingt seltsam laut und hektisch. In fast völliger Dunkelheit stehe ich nun in dem Park.
Ich habe keinen Mut zu suchen, als wäre es ein wildes Tier mit einem bösen Zauber in seinen Augen.
Ein winziges Geräusch lässt mich rasch umsehen, wieder erstarre ich, als sich eindeutig ein Zweig bewegt.
„Hallo“ flüstere ich „hallo ist da wer?“
Ein Schluchzen dringt aus dem Busch hervor. „Komm raus da“ sage ich gröber als nötig. Wieder flutet mich diese sinnlose Angst vor diesem anderen Leben vor dem Geheimnis das hier aus dem Versteck kriecht.
Offenbar ein Kind, ich glaube ein Junge bin aber nicht sicher. Er ist vielleicht fünf oder sechs Jahre alt, der Größe nach.
Zum Glück guckt er mich nicht direkt an.
„Was machst du hier eigentlich immer? Knall ihn ab und dann zurück zur Truppe“ sagt mir eine innere Stimme, „das ist dein Auftrag. Es muss sein, einfach Vorgehen X“
Aber ich weiß, ich kann es nicht , es wäre einfach Mord, genau das wäre es, ein scheiß Mord. Und, ich bin doch selbst infiziert, bin schon verdammt, ich weiß nicht was, verseucht, so ein verseuchter Dreck… .Ich greife nach der Automatik, es ist vorbei, alles, es ist doch vorbei.

„Mir ist kalt“
Die leise zitternde Stimme holt mich aus dem Irrsinn meiner Gedanken.
Ich zieh meine Jacke aus und hänge sie wie eine Decke dem Jungen um. „Hier, so geht es vielleicht besser“ „Du hast bestimmt auch Hunger, oder?“
Der Junge nickt und guckt mich vorsichtig an. Guckt auf meine Pistole und beginnt zu weinen.

„Komm mit, ich bin mit dem Auto da, siehst du da hinten, das gehört mir.“
„Und Mama?“
„Die bleibt hier“
„Ist Mama tot?“
„Ja“
Was soll man da schon sagen? Es gibt nichts mehr zu sagen. Und der Junge hat es wohl schon kapiert.
Als wir vor dem Auto stehen, scheint er wieder Angst zu bekommen und will nicht einsteigen. Schüttelt nur mit dem Kopf.
Wahrscheinlich hat er noch nie ein Auto gesehen, sie sind selten heutzutage, nur Berechtigte dürfen Autos besitzen. Oder seine Mutter hatte ihn gewarnt, weiß der Teufel. Aber ich will bestimmt nicht, dass doch noch irgendwer hier zufällig vorbei kommt und uns sieht
„Los steig ein“ sag ich streng „Sonst passiert noch was“
Er beginnt wieder zu weinen steigt aber doch ein.
Als wir ein Stück gefahren sind erwärmt die Heizung allmählich das Auto. Der Atem des Jungen wird etwas ruhiger und er hört auf zu weinen.
„Ok, wie heißt du eigentlich?“
„Elias“
„Gut Elias, ich heiße Andri, wir fahren jetzt zu mir nach Hause, da gibt es eine Suppe“
„Danke“ sagt er zaghaft
Eine eigenartige Ruhe umfängt mich als Elias Atem verrät, dass er eingeschlafen ist. Die Panik von vorhin und die Angst vor den Augen heute morgen ist fast vergessen. Ich ziehe meine Jacke als Decke über ihm etwas zurecht und beinahe wäre ich ihm mit der Hand über den Kopf gestreichelt. In mir steigt die Erinnerung an eine alte Melodie auf und ich beginne leise ein Schlaflied zu summen, als wir gemeinsam durch die Nacht fahren.
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Alt 05.02.2021, 21:51   #2
männlich Andri
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Beiträge: 425


Wenn auch die Geschichte mittendrin endet, hoffe ich doch sie noch etwas weiter zu spinnen. Daher veröffenliche ich sie so weit sie eben ist und bitte schon mal um Nachsicht (gewiss vergeblich!).
Andri
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Alt 05.02.2021, 22:48   #3
männlich Ex-Lichtsohn
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Beiträge: 1.493


tja, da bin ich wieder

meine schwester hatte zeit - das fand ich voll nett von ihr. dummerweise sitze ich nun wieder allein und ich finde ohne hilfe die textpassagen nicht die ich eigentlich herausstreichen wollte - egal - ich hoffe das ist verzeihlich.
aber ich kann ein wenig auf den inhalt eingehen und da ist mir folgendes aufgefallen:

punkt 1:
teil 1 beschreibt teilweise sehr akribisch die abläufe - er schildert sehr deutlich und "vorschriftsgetreu" das professionelle vorgehen - in teil 2 fällt mir dann ein krasser widerspruch dazu auf: andri kann die stelle an der der einsatz stattgefunden hat so ohne weiteres betreten? es ist nichts abgesperrt? - versteh mich nicht falsch: mir fehlen da leider fakten oder ich habe sie "überhört": die details die ich gehört habe deuten aber auf eine enorm hohe ansteckungsgefahr hin - da würde ich auf jeden fall was ändern

punkt 2:
sehr sehr positiv ist mir die "viel leichter verdauliche schreibart" in teil 2 und 3 aufgefallen: die permanente anspannung aus teil 1 war weg - klar es passieren auch da noch schlimme sachen (sorry für den ausdruck) aber sie sind irgendwie für mich keine so schwer verdauliche kost mehr und dann: in teil 3 finde ich mit ganz großer freude etwas von dem ich bis zu diesem moment nicht wusste dass ich es vermisst habe: gefühle - emotionen - ressentiments und: ich bin nicht nur hoch erfreut sondern ich spüre förmlich wie ich plötzlich viel aufmerksamer und genauer zuhöre

punkt 3:
der bezieht sich nun ausschliesslich auf den bisher letzten teil: der umgang mit elias: ok - andri hat gesehen wie das kind geworfen wurde gesprungen ist - aus einem kontaminierten haus - er vermutet bereits selbst infiziert zu sein ich glaube er ist sogar schon relativ sicher dass es so ist - er sucht nach dem "bündel" - die sache mit den augen finde ich sehr schön und fast liebevoll beschrieben - er findet die augen auch und den jungen der zu ihnen gehört aber jetzt: hat nur elias angst? was ist mit andri? er muss jetzt erstrecht angst haben denn sollte er immer noch vermutet haben er könnte einer ansteckung bisher entgangen sein muss er durch den zu nahen kontakt mit dem jungen nun noch viel mehr befürchten - ich verstehe durchaus dass es viel schwerer fällt die sache so hart wie ich sie oben angedeutet habe durchzuziehen - besonders weil es ein kind ist und ich fürchte sogar ich wäre diesen fakten auch ausgewichen - ja, ich bin sogar sicher dass ich das getan hätte

fazit:
boah alder - du hast mir hier unterhaltung geboten die für meinen heutigen abend gar nie und nimmer hätte besser sein können und genau dafür möchte ich mich ganz ganz besonders bei dir bedanken
alles oben "kritisierte" soll nur ein fingerzeig sein - lass dich davon bitte auf gar keinen fall entmutigen und noch etwas: es ist sicher nicht alles perfekt in deinen bisherigen 3 teilen aber. du hast einen rahmen geschaffen aus dem du eine richtig richtig gute story weiterführen kannst - mein kompliment

und nochmals vielen lieben dank fürs "anhören" lassen

alle liebe für dich
Ex-Lichtsohn ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.02.2021, 20:39   #4
männlich Andri
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Dabei seit: 12/2019
Ort: Die Erde
Beiträge: 425


Hallo Lichtsohn
Wow, was für ein tolles Kompliment und wie genau du es analysiert hast!
Ob ich aber die richtig gute Story aus diesem Anfang heraus schreiben kann? Puuh das ist schwer.
Zu deinem Einwand bzgl. der fehlenden Absicherung nach dem Einsatz:
Die gesamte Handlung soll etwas von düsterer Science Fiction haben also ein wenig Endzeit, wie bei Mad Max, nur nicht so ausgeprägt. Das heißt in der konkreten Situation, es wird sich keiner mehr groß um das Haus kümmern, die Bewohner sind sorgfältig "desinfiziert" und das Gebäude, nun es gibt keine Hinweise, dass es sich über kontaminierte Räume überträgt.

Leider bin ich über die Art der Infektion, selbst noch nicht im klaren, es gibt zwar Ideen aber keinen durchgängigen Faden.
"Doc" weiß gewiss etwas, er spielt eine unheilvolle Rolle...
Kennst du denn Film Equilibrium? Vielleicht geht es etwas in diese Richtung.

Wie immer, du hast mir richtig Mut gemacht die Geschichte doch nicht fallen zu lassen! Danke dir sehr dafür.

Liebe Grüße, Andri
Andri ist offline   Mit Zitat antworten
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Lesezeichen für Quarantäne Teil 1 bis 3



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