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Alt 22.01.2019, 19:55   #1
männlich Robert Go
 
Dabei seit: 11/2018
Ort: Chemnitz
Beiträge: 85


Standard Kapitel 03 am Strand

Die Sonne sank immer tiefer. Nicht mehr lange, dann würde sie ganz verschwinden.
Der Abendwind war kalt. Sarah zog den Reißverschluss ihrer Strickjacke zu.
Sie saß auf einer Bank und beobachtete wie die übrigen Strandbesucher – drei Paare und eine vierköpfige Familie – dieses wunderbare Schauspiel.
Ungeduldig warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr. Wo blieb bloß Jakob?
Sie stand seufzend auf und spazierte am Ufer entlang.
Da sah sie etwas, was ihr gefiel. Vor ihren Füßen lag ein kleiner, herzförmiger, rosafarbener Stein. Daneben hatte jemand ein Herz und darin die Buchstaben J und S in den Sand gezeichnet. Jakob und Sarah, dachte sie lächelnd. Sie hob den Stein auf und steckte ihn in ihre Hosentasche.
Darüber wird sich Jakob sicher sehr freuen, dachte sie.

„Hey, Sarah!“ Sie drehte sich um. Jakob kam auf sie zu.
In der Hand hielt er einen Strauß Rosen.
Mit einem Freudenschrei fiel sie Jakob um den Hals.
„Du bist so süß. Tausend Dank. Die sind sehr schön.“
Doch dann wurde sie misstrauisch. „Hat der Blumenladen nicht schon geschlossen?“
„Ja. Aber ich habe ganz höflich nachgefragt und diesen Strauß bekommen.“
Dass er ganz höflich nachgefragt hatte, war gelogen, denn in Wirklichkeit, hatte sich Jakob vor die verschlossene Ladentür gekniet und die Verkäuferin, die noch anwesend war, mit flehendem Blick angeschaut, bis sie sich erbarmte, ihn hereinließ und ihm seinen Wunsch erfüllte. „Für dich tue ich alles“, sagte er und drückte ihr den Strauß in die Hand.
„Alles? Löst du etwa auch meine Mathematikhausaufgaben.“
„Nun ja, fast alles.“ Im Gegensatz zu Deutsch und Musik, gehörte Mathe nicht zu seinen Lieblingsfächern.
Sarah brach in lautes Gelächter aus. „Reingelegt. Die habe ich schon längst erledigt.“
Sie setzten sich auf die Bank. Sarah schmiegte sich an ihn und legte den Kopf auf seine Schulter.
Gemeinsam beobachteten sie wie die Sonne ganz verschwand und der Himmel im Abendrot leuchtete.
„Darauf habe ich mich den ganzen Tag gefreut. Mit dir am Strand zu sitzen und den Sonnenuntergang zu genießen. Apropos genießen.“
Sie griff nach ihrem Rucksack und holte die Dose mit den Muffins, die Flasche mit dem Traubensaft und zwei Becher heraus, füllte sie bis zum Rand und gab den einen Jakob. „Worauf trinken wir?“
„Auf die Liebe und einen schönen Abend.“ Sie stießen an und tranken einen kräftigen Schluck.
„Wie war denn euer Angelausflug?“, fragte Sarah neugierig.
„Erfolgreich und verrückt zugleich.“
„Warum verrückt.“
Er erzählte ihr von der Begegnung mit der Meerjungfrau, die ihm und seinen Vater, die vielen Fische und ihre Krone geschenkt hatte.
Mit einer Mischung aus Besorgnis und Misstrauen sah sie ihn an.
„Hast du heimlich am Bierglas, deines Vaters genippt oder einen Sonnenstich bekommen?“
„Weder noch.“ Er griff in seinen Beutel, nahm die Krone heraus und zeigte sie ihr.
Sie sah sich die Krone an, drehte sie zwischen ihren Fingern und tippte mit dem Fingerknöchel gegen das Silber und die Edelsteine.
„Sie ist nicht aus Papier und auch nicht aus Pappe. Auch die Edelsteine sehen echt aus.“
„Sie ist echt.“
Sarah stutzte. „Kannst du diese Meerjungfrau beschreiben? Wie hat sie ausgesehen?“
„Wie Meerjungfrauen eben aussehen. Das Gesicht und Oberkörper einer Frau und den Unterleib eines Fisches. Am auffälligsten waren aber ihre grüne Haut und diese Haare. So blau wie ein Saphir.“
Sarah kramte in ihrem Rucksack herum, bis sie das gesuchte Bild gefunden hatte und zeigte es Jakob.
„Das ist sie. Woher kennst du sie?“
„Das klingt jetzt auch verrückt. Aber heute Nachmittag hatte ich eine Begegnung mit einer Muse.“
„Was ist denn eine Muse?“
Sie erklärte es ihm und berichtete auch von den Bildern, die sie gezeichnet hatte.
„Ich verstehe. Diese Muse hat dich also geküsst.“
„Ja. Dadurch bin ich auf die Idee mit diesen Bildern gekommen.“
Sie zeigte ihm ihre restlichen Kunstwerke. Er betrachtete sie aufmerksam und gab sie ihr zurück. „Vielleicht wollte sie dir irgendetwas mitteilen.“
„Du meinst, dass du und dein Vater diese Meerjungfrau getroffen haben.“
„Nicht nur das. Dieses Schiff könnte vor der Insel in einen Sturm geraten und gekentert sein. Die Mannschaft und Passagiere konnten sich auf diese Insel retten, auf der wiederum diese Meerjungfrau und dieses schreckliche Ungeheuer wohnen.“
„Das hört sich alles ziemlich fantastisch an, aber auch logisch. Bloß Wie finden wir raus, ob dass alles wahr ist.“
„Indem wir mit jemandem reden, der dieses Schiff oder diese Insel kennt. Allerdings fällt mir jetzt niemand ein, der das sein könnte.“
„Aber ich kenne jemanden.“
„Ach ja und wen?“
„Meinen Opa. Er kennt sich mit Schiffen aus und ist viele Jahre zur See gefahren.
Vielleicht kennt er auch diese Insel.“
„Stimmt. Er hat doch auch dieses Buch geschrieben. Ich glaube es hieß Die unglaublichen Abenteuer eines echten Seebären.“
„Ja. Wir können ihn doch besuchen und ihn fragen, ob er das Buch noch hat. Wenn wir Glück haben, finden wir darin die Antworten auf unsere Vermutungen.“
„Gute Idee. Aber jetzt müssen wir nach Hause. Es ist schon spät und ich möchte nicht, dass sich unsere Eltern Sorgen machen.“ Jakob stand auf.
Gemeinsam verließen sie den Strand und liefen die lange, asphaltierte Straße
entlang, bis sie schließlich vor Sarahs Elternhaus standen.
Dort verabschiedete sich Jakob von seiner Freundin und wollte gerade gehen, als sie ihn bat, stehen zu bleiben. Er drehte sich um. „Was ist denn, Sarah?“
Sie gab ihm den herzförmigen Stein. „Ein Geschenk für dich, als Zeichen meiner Liebe.“
Er ließ den Beutel fallen und nahm ihr Gesicht in beide Hände.
Sie schlang die Arme um seinen Oberkörper.
„Ich liebe dich“, flüsterte er.
„Ich liebe dich auch“, hauchte sie zurück.
Dann küssten sie sich.
Nach einer gefühlten Ewigkeit löste sie sich von ihm und lief ins Haus.
Jakob hob den Beutel auf und machte sich fröhlich vor sich hin summend, ebenfalls auf den Weg nach Hause.
Robert Go ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.01.2019, 19:12   #2
weiblich DieSilbermöwe
 
Benutzerbild von DieSilbermöwe
 
Dabei seit: 07/2015
Alter: 60
Beiträge: 6.706


Sehr hübsch Teil 1 und 2 habe ich wohl verpasst, werde ich aber nachlesen.

Schöne Idee mit der Muse und der Meerjungfrau.

LG DieSilbermöwe
DieSilbermöwe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.01.2019, 00:16   #3
männlich Robert Go
 
Dabei seit: 11/2018
Ort: Chemnitz
Beiträge: 85


Dankeschön, Silbermöwe.

Es freut mich, wenn es dir gefällt.

Teil 01 heißt der Dank der Meerjungfrau, Teil 02 Der Kuss der Muse.

LG

Robert
Robert Go ist offline   Mit Zitat antworten
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