Verlust oder verba de mente

[anna amalia]

Worte fallen ihr aus,
wie Haare
verlieren den Halt

Der Versuch
sie aufzusammeln,
eine Wortperücke zu bauen,
missglückt

Vereinzelt locken
Neubildungen
doch

irgendwann hängt
ein letztes Wort
in seiner Schleife
endlos starr

[urluberlu]

hallo anna amalia

es macht mir nicht wenig mühe, in deinen versen "das gedicht" zu erkennen.

gut, es hat viel witz, sprachspiel ist angesagt, alleine die „lockenden Neubildungen“ sind herrlich.
gut, es gibt da so ne art metaphern, aber wofür genau? das „irgendwann hängt ein letztes wort“ klingt sehr bedeutungsschwanger. bei dem „endlos starr“ fürchtet man schon fast, es könnte sich um eine anspielung auf tod und ewigkeit handeln.
dann ist da eine „ihr“. die wird nicht näher spezifiziert, genausowenig wie die situation (mensch im leben, frau nach liebesscheitern, dichterin beim schreiben,...). es könnte jede(r) in fast jeder situation gemeitn sein.
und dann ist da noch diese vermischung von metapher und metaphrasiertem, was ich generell, auch bei mir, problematisch finde.

gut, das kann packend sein, so eine „allgemeinbrauchbarkeit“ von versen. aber dafür finde ich das bildhafte zu „haha! guck mal, was ich gefunden hab!“ und das klingende sowie das rhythmische zu wenig oder gar nicht spürbar.

ich mag die wortspiele hier sehr. da müsste mit deinen möglichkeiten noch mehr draus zu machen sein.

bis bald
url

[anna amalia]

Lieber URL,

Es ging mir um die Beschreibung eines dementiellen Verlaufes - aber das scheint nicht klar angekommen zu sein.. So wie sich die Worte verlieren , verliert sich die äußere Form, bis sie sich auf die simple Wiederholung einer Phrase reduziert.

Kannst du mir bitte mal ein Beispiel nennen, wie du dir den Text anders vorstellen könntest?

Liebe Grüsse und vielen Dank

Anna

[urluberlu]

ich hab das"in der schleife hängen" zu wenig "wörtlich gesprochen" genommen. mein fehler.

bleibt aus meiner sicht:
die intellektuelle bewältigung des themas demenz mit schlauen homonymen mag "cool" und "gekonnt" sein, auf mich wirkt sie "mechanisch", emotionsfrei, l'art pour l'art. (z.b. schleife im haar, "tonschleife" haben für mich nicht unheimlich viele assoziationen)
du erkennst eine "form" des textes. für mich ist die nach wie vor kaum erkennbar.

aber danke für deine erklärungen. habe meinen persönlichen eindruck ein bisschen verändert.

die idee (auch mit demenz) finde ich immer noch faszinierend.

welche möglichkeit von "form" würde ich wählen? ich glaube: fortlaufender satz. Auch Fliesstexte können gedichte sein. in diesem fall hier wegen des spiels mit homonymen und vor allem der "verdichtung" des themas. doch, ja, das sind die dinge, welche es zum "gedicht" machen. alles andere, der umbruch vor allem, lenken davon ab.
meine meinung...

url

[anna amalia]

Meinst du so in etwa, URL ( das ist nur ein Versuch auf die Schnelle)



Der Tag, an dem Worte wie Haare aus ihr fielen,
das Spielen das Leicht sein sich in ihrem Denken verlor,
war der Tag, an dem sie zum Bespiel ein Rohr
als unbekannt wähnte und in eignen Bedeutungen erfror.

Zu starr war ihr Denken,
jegliche Bewegung hinfort
sie blieb immer nur dort dort dort
Verzweiflung und Angst blieb ihr einziges Wort,
das stumm und stammelnd ins Außen gelangte
und die De- Mente ins Abseits verbannte.



Ach und URL , mir fällt ein, warum der Text eher kalt wirken könnte. Eine Abnahme der Emotionalität kennzeichnet demente Menschen. Vielleicht hab ich deshalb unbewusst so geschrieben...

Gute Nacht

Anna