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Alt 23.09.2007, 17:05   #1
Forakt
 
Dabei seit: 07/2007
Beiträge: 2


Standard Eine Finsternis

Moin, habe diese Geschichte vor ein paar Wochen geschrieben und hab mir gedacht, könnt ich ja mal hier reinstellen. Wäre dankbar wenn ihr euch die Zeit nehmen würdet und sie euch die Geschichte mal durchlest und gegebenenfalls kritisiert

Eine Finsternis

Die Stadt war bereits umgeben von der Dunkelheit der Nacht als die U-Bahn quietschend in den Bahnhof einfuhr. Als sich die Türen öffneten trat ein kleiner, magerer Junge in den Waggon ein, der wie ausgestorben war. Außer dem Jungen war nur noch ein alt aussehender Mann in dem Wagen, welcher sich auf einer Reihe von Sitzen hingelegt hatte und laut ein- und ausatmete.
Mit seinen dunklen Augen musterte der Junge den Mann. Der olle, braune Hut war bis ins Gesicht gezogen und auch die Überreste eines dunklen Anzuges waren erkennbar.
Mit dem lautem Schnarchen im Ohr setzte sich der Junge auf einen der Sitze.
Es war nicht das erste Mal das er Nachts alleine mit der Bahn fuhr, doch war es ihm noch immer unheimlich. Würde man ihn fragen dann würde er seine Angst abstreiten, doch hätte es jeder sehen können, wie er nervös immer wieder zu dem Mann schaute und sich vergewisserte das dieser wirklich schlief. Erleichterung durchdrang ihn als der Zug endlich in seine Haltestelle einfuhr. Der Junge sprang vom Sitz auf und trat nach draußen auf den nur schwach beleuchteten Bahnhof. Nachdem er sich vergewissert hatte, das er allein war steckte er die Hände in seine helle, gelbe Jacke und stieg langsam die Treppe nach oben. Er hörte noch wie der Zug abfuhr während er in den zentimeterhohen Schnee trat. Nach einigen Metern erklang ein schepperndes Geräusch. Verängstigt schaute er von links nach rechts, dann hinter sich... Nix, es war überhaupt nix zu sehen. Dann wieder das Geräusch...
Blitzartig rannte der Junge los, er war verzweifelt, hatte Angst, wollte nur noch nach hause. Unachtsam rannte er durch die Finsternis, erst als ein brennender Schmerz in seiner Lunge ihn zum anhalten bewegte bemerkte er das er keine Ahnung hatte wo er war. Um ihn herum war es dunkel, es war überhaupt nichts zu erkennen. Das Kind schaute zurück... Nix, die Straße war verschwunden und auch dort war jetzt das Licht unauffindbar.
Wo war er? Keine Umrisse zu erkennen, keine Häuser, keine Straßen, keine Menschen, nur die Dunkelheit und er in einem Raum ohne erkennbare Grenzen. Der Junge blickte noch immer um sich herum, sein Gehirn verstand es nicht, akzeptierte es nicht. Es war irrational, unmöglich, nirgends gab es Licht. Als letzter Verzweiflungsakt richtete der verlorene Spross seinen Blick gen Himmel. Seine Augen weiteten sich als er erkannte das dort wo der Mond und die Sterne stehen sollten nichts war, nichts, außer Dunkelheit. Er fiel auf die Knie, eine weitere Tat die seinem rationalen Denken einen Tritt gab, kein Gefühl von feuchtem Schnee an seinen Beinen, nein, er fühlte nix, keine Steine, keinen Sand, unter seinen Füßen war genauso viel wie über ihm.
Feuchte Tränen rannen über seine Wangen während er verzweifelt am Boden saß und versuchte irgendeinen klaren Gedanken zu fassen, irgendwas was ihm den Glauben an die Realität wiedergab, etwas das ihm erklären konnte wo er war...
Nassgeschwitzt erwachte der Junge in seinem Bett, sein Herz raste, sein Atem war laut und schnell. Erst als sein Gehirn ihn beruhigte mit dem Bild der weißen Zimmerdecke, erst als er verstand das alles nur ein Traum war, erst dann beruhigte sich sein Körper und seine Gedanken. Das Kind lag noch einige Minuten in seinem nass geschwitzten Bett und murmelte immer wieder die Wörter "..nur ein Traum..." vor sich hin. Dann endlich richtete er sich auf und watschelte ins Badezimmer. Sein erster Blick ging in den Spiegel, er begutachtete seine braunen, kurzen Haare, seine schmalen Lippen und seine dünne Nase. Er war ein normaler Junge der einen normalen Alptraum gehabt hat... "...Alles war so real..." Hallte es in seinem Kopf. Zielsicher drehte er sich um, griff in den Schrank zu seiner Zahnbürste und starrte dann wieder in den Spiegel, seine Zahnbürste fiel zu Boden und ein schriller Schrei klang durch die unendliche Finsternis...

written by Forakt
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Alt 23.09.2007, 23:13   #2
Guardian
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 597


Hallo Forakt,

Eine Finsternis


Zitat:
Die Stadt war bereits umgeben von der Dunkelheit der Nacht als die U-Bahn quietschend in den Bahnhof einfuhr.
Du bringst hier zur Beschreibung der Tageszeit die Stadt ein, bleibst also allgemein, gehst dann aber sehr speziell auf einen Bahnhof, bzw. ‚den’ Bahnhof ein, dabei entsteht für den Leser ein gewisser Bruch – dass Kuhdörfer kein eigenes U-Bahn-Netz besitzen ist allgemein bekannt.
Unglücklich ist die Formulierung „umgeben von der Dunkelheit der Nacht“ – dass es nachts dunkel ist, ist auch eine Binsenweisheit, dass es nicht komplett dunkel ist – insbesondere in größeren Städten – ebenfalls.
Unklar auch das „bereits“, welches ich hier als Füllsel charakterisieren würde – es gibt im Text keinen Anhaltspunkt dafür, dass es besonders früh Nacht geworden wäre oder ähnliches.
Eine Verbesserung davon ausgehend wäre etwas in diese Richtung:

„schwere/drückende/samtene [beliebiges Attribut zur Etablierung der Atmosphäre einsetzen] Nacht umgab/kroch durch/etc. die menschenleeren/-gefüllten Hallen des Bahnhofs, als die U-Bahn geräuschvoll einfuhr.“

Zitat:
Als sich die Türen öffneten trat ein kleiner, magerer Junge in den Waggon ein, der wie ausgestorben war. Außer dem Jungen war nur noch ein alt aussehender Mann in dem Wagen, welcher sich auf einer Reihe von Sitzen hingelegt hatte und laut ein- und ausatmete.
Es gibt andere Adjektive, um Personen zu beschreiben, als „klein“ „alt“ und so weiter, auch solche, die weiter außerhalb des Altbekannten liegen und den Figuren damit mehr Plastizität geben. Je differenzierter eine Beschreibung, desto eher wird damit ein Bild in die Köpfe der Leser projiziert; natürlich kann auch das Gegenteilige gewünscht sein, ich habe jedoch den Eindruck, dass eben das hier nicht der Fall ist.
Gleiches gilt im Übrigen für Verben. Dass Türen sich öffnen ist nichts Weltbewegendes, das tun die meisten Türen. Gibt es für den Vorgang noch andere – vielleicht passendere – Verben. Im Fall von U-Bahn-Türen denke ich bspw. an ein „auseinandergleiten“, speziell bei Berliner U-Bahnen an ein „ruckelndes Auseinandergleiten“, Adverbien verstärken die Wirkung auch von „herkömmlichen“ Verben wie dem blassen „öffnen“, ebenso beim „eintreten“ – schlüpfte der Junge hinein, stolzierte er, huschte er? Das „wie“ ist hier wichtiger als das „dass“.


Zitat:
Mit seinen dunklen Augen musterte der Junge den Mann. Der olle, braune Hut war bis ins Gesicht gezogen und auch die Überreste eines dunklen Anzuges waren erkennbar.
Hier ein großer Minuspunkt: Umgangssprache im Erzählertext – der Junge kann sich denken, dass der Mann einen „ollen Hut“ trägt, dann sollte dies als Gedanke kenntlich gemacht werden, ein (souveräner) Erzähler sollte sich aber derartige Ausrutscher nicht erlauben – es sei denn es handelt sich um einen Ich-Erzähler.
Weiterhin irritierend finde ich die „Überreste eines dunklen Anzugs“ – entweder der gute Mann hat nur noch ein paar Fetzen Stoff um sich geschlungen, oder aber der Anzug sieht abgetragen, schmutzig, etc. aus, hier ist es nötig zu differenzieren.
Weiterhin negativ auffallend sind die unzähligen Wortwiederholungen von „Junge“ und „Mann“, das Problem, die Namen der Protagonisten nicht vorschnell preisgeben zu wollen ist mir aus eigener Erfahrung bekannt, Möglichkeiten zur Vermeidung eben dessen gibt es ein paar. Personifizierungen und natürlich Synonyme sind zumindest halbwegs hilfreich.
Was mir auch spätestens hier auffällt ist der sehr abgehakte Stil. Es mag sein, dass überlange Satzkonstruktionen nicht gerne gelesen werde – genauso ist es aber mit zu vielen zu kurzen Sätzen hintereinander. Es sei denn natürlich, es dient dem Inhalt. Eine Mischung aus beidem ist –zumindest meiner Meinung nach – am „besten“ lesbar.

Zitat:
Mit dem lautem Schnarchen im Ohr setzte sich der Junge auf einen der Sitze.
Raus aus dem Allgemeinen! Auf welchen der Sitze – zweite Vierergruppe auf der rechten Seite am Fenster in Fahrtrichtung (übertrieben!) oder doch entgegen der Fahrtrichtung?

Zitat:
Es war nicht das erste Mal das er Nachts alleine mit der Bahn fuhr, doch war es ihm noch immer unheimlich. Würde man ihn fragen dann würde er seine Angst abstreiten, doch hätte es jeder sehen können, wie er nervös immer wieder zu dem Mann schaute und sich vergewisserte das dieser wirklich schlief.
Besonders: „Würde man ihn fragen, dann […]“ – „Wäre er gefragt worden, ob er denn Angst habe, so hätte er dies vehement abgestritten, doch wer hätte dies geglaubt, wo der Junge doch so offensichtlich wieder und wieder zu jenem Mann blickte, der dort lag und geräuschvoll schlief, nur um sicher zu gehen, dass er dies auch wirklich tat und es nicht nur vortäuschte etc.pp.“

Zitat:
Erleichterung durchdrang ihn als der Zug endlich in seine Haltestelle einfuhr. Der Junge sprang vom Sitz auf und trat nach draußen auf den nur schwach beleuchteten Bahnhof. Nachdem er sich vergewissert hatte, das er allein war steckte er die Hände in seine helle, gelbe Jacke und stieg langsam die Treppe nach oben. Er hörte noch wie der Zug abfuhr während er in den zentimeterhohen Schnee trat. Nach einigen Metern erklang ein schepperndes Geräusch. Verängstigt schaute er von links nach rechts, dann hinter sich... Nix, es war überhaupt nix zu sehen. Dann wieder das Geräusch...
Zum Stil an sich siehe oben, ebenso Umgangssprache („Nix“). „Nach einigen Metern“ ist weiterhin sehr unglücklich, da das „nach“ meines Erachtens eine zeitliche Abfolge ankündigt und die Zeitmessung – meines Wissens – nicht auf das metrische System umgestellt wurde. „Als er einige Meter gegangen war“ oder so.


Zitat:
Blitzartig rannte der Junge los, er war verzweifelt, hatte Angst, wollte nur noch nach hause. Unachtsam rannte er durch die Finsternis, erst als ein brennender Schmerz in seiner Lunge ihn zum anhalten bewegte bemerkte er das er keine Ahnung hatte wo er war. Um ihn herum war es dunkel, es war überhaupt nichts zu erkennen. Das Kind schaute zurück... Nix, die Straße war verschwunden und auch dort war jetzt das Licht unauffindbar.
Hier kommt die Atemlosigkeit des Rennens nicht zum Tragen und in so einer Situation können Satzfragmente Wirkung zeigen. „Wieder: das Scheppern. Er rannte. Heim. Schneller, schneller, weiter. Nicht links, nicht rechts, wohin eigentlich? Wohin?“ oder so ähnlich.
Ansonsten siehe oben.

Zitat:
Wo war er? Keine Umrisse zu erkennen, keine Häuser, keine Straßen, keine Menschen, nur die Dunkelheit und er in einem Raum ohne erkennbare Grenzen. Der Junge blickte noch immer um sich herum, sein Gehirn verstand es nicht, akzeptierte es nicht. Es war irrational, unmöglich, nirgends gab es Licht. Als letzter Verzweiflungsakt richtete der verlorene Spross seinen Blick gen Himmel. Seine Augen weiteten sich als er erkannte das dort wo der Mond und die Sterne stehen sollten nichts war, nichts, außer Dunkelheit. Er fiel auf die Knie, eine weitere Tat die seinem rationalen Denken einen Tritt gab, kein Gefühl von feuchtem Schnee an seinen Beinen, nein, er fühlte nix, keine Steine, keinen Sand, unter seinen Füßen war genauso viel wie über ihm.
Hm lies diesen Absatz noch einmal selbst – findest du die Sprache der Situation (verängstigter Junge, der aus dem Kontinuum der Realität gefallen ist) angemessen? Oder im Vergleich zum vorhergehenden Stil kohärent? „verlorener Spross“ „Verzweiflungsakt“ und „rationales Denken“ vs. „olle“ und „nix“ – das meine ich übrigens ohne jede Häme. Entscheide dich für einen Stil und bleib dabei, Variationen lassen sich am einfachsten über wörtliche Reden einbringen, alles andere ist ein Stilbruch und liest sich ganz arg schlecht.

Zitat:
Feuchte Tränen rannen über seine Wangen während er verzweifelt am Boden saß und versuchte irgendeinen klaren Gedanken zu fassen, irgendwas was ihm den Glauben an die Realität wiedergab, etwas das ihm erklären konnte wo er war...
Feuchte Tränen – ist das so was wie der weiße Schimmel oder das nasse Wasser? Tautologien sind nie gut, es sei denn, man will sein eigenes Geschreibe ins Lächerliche ziehen oder schriebt Nonsenstexte.
Dann bleibt natürlich noch die Frage, ob der Protagonist klug gewählt ist. Macht ein Kind sich wirklich Gedanken um das Gefüge der Realität und versucht klare Gedanken zu fassen? Ich bezweifle das stark, es handelt sich dabei nämlich um halbwegs abgeklärte, ganz und gar nicht kindliche Gedanken.

Zitat:
Nassgeschwitzt erwachte der Junge in seinem Bett, sein Herz raste, sein Atem war laut und schnell. Erst als sein Gehirn ihn beruhigte mit dem Bild der weißen Zimmerdecke, erst als er verstand das alles nur ein Traum war, erst dann beruhigte sich sein Körper und seine Gedanken. Das Kind lag noch einige Minuten in seinem nass geschwitzten Bett und murmelte immer wieder die Wörter "..nur ein Traum..." vor sich hin. Dann endlich richtete er sich auf und watschelte ins Badezimmer. Sein erster Blick ging in den Spiegel, er begutachtete seine braunen, kurzen Haare, seine schmalen Lippen und seine dünne Nase. Er war ein normaler Junge der einen normalen Alptraum gehabt hat... "...Alles war so real..." Hallte es in seinem Kopf. Zielsicher drehte er sich um, griff in den Schrank zu seiner Zahnbürste und starrte dann wieder in den Spiegel, seine Zahnbürste fiel zu Boden und ein schriller Schrei klang durch die unendliche Finsternis...
Um es kurz zu machen: Das Ende ist schlecht., Natürlich nur ein Traum, natürlich dann doch nicht oder eben schon, man weiß es ja nicht, weil der Abschluss offener ist, als – schlechten Vergleich bitte hier einsetzen.
Der möglicherweise noch brauchbare Hauptplot – Junge fällt aus der Realität – ist zwar auch mindestens so alt, wie Alice im Wunderland, hätte aber durch eine neue Ausarbeitung einen gewissen Reiz haben können.
Das wird leider vollends ruiniert durch das „Böser Traum wird Wirklichkeit. Oder auch nicht. Jedenfalls schreit jemand“-Klischee am Ende. Bitte überarbeiten, sowohl stilistisch wie auch inhaltlich.

Liebe Grüße,
Guardian
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