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Alt 10.09.2007, 22:56   #1
Lyrika
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 247


Standard Wo bin ich?

( Diese Gesichte habe ich am 26.08. '02 19 : 58 Uhr begonnen zu schreiben. Also schon länger her. Sie ist sehr lang und deshalb kann ich immer nur im 20-Minuten Takt etwas hinzufügen naja. Ach ja: Mir ist klar dass sie sich an einigen Stellen wiederholt, aber das ist hier Absicht.
Auch habe ich bemekrt, dass ich hier nach jedem Komma eine Leerstelle gelassen habe. Ich weiß, dass das falsch ist, aber ich gehe das jetzt nicht extra durch und ändere jedes Komma um. Aber mir is klar, dass es nicht so gehört. Wie gesagt, war sehr jung als ich sie schriebb.
Wäre schön, wenn sich Leser finden würden!)



Wenn mich jemand fragt wo ich bin, dann sage ich dass ich hier bin. Ja, hier. Endlich hier. Es ist schön hier. Mir gefällt es, denn hier kann ich frei sein. Hier bin ich frei. Der Himmel ist hier immer blau. Immer. Manchmal ist es etwas bewölkt, aber nur etwas. Die wenigen kleinen Wolken die dann am Himmel zu sehen sind, sind dann ganz schneeweiß und sehen aus wie flauschige Schafe. Den ganzen Tag scheint hier die Sonne. Ja, den ganzen Tag. Sie ist warm und angenehm auf der Haut. Sie scheint ganz hell und golden. So voller Harmonie. Ihre schimmernden Strahlen versetzen mich in Freude . Wenn die Tautropfen auf der Straße durch den Sonnenglanz glitzern, dann tanze ich.
Hier gibt es viele Straßen. Sehr lange Straßen. Ohne Anfang ohne Ende. Niemand weis, wohin sie führen. Sie sind einfach da. Es fahren auch keine Autos darauf.Nein. Hier gibt es keine Autos. Es gibt auch keine Fahrräder, Motorräder, Eisenbahnen, Züge oder Kutschen. Nein, soetwas gibt es hier nicht. Hier gehen alle zu Fuß. Man kann sich jetzt natürlich fragen, warum es überhaupt Straßen gibt, wenn es doch keine Fortbewegungsmittel gibt, aber auf diese Frage weis ich selbst keine Antwort. Ich habe mir diese Frage bestimmt schon hundertmal gestellt. Ich stelle mir hier sehr viele Fragen, aber auf die meisten finde ich keine Antwort.Genausogut könnte man sich fragen, warum es hier Regenrinnen gibt, es regnet hier doch sowieso kaum. Aber das ist egal. Es ist einfach so.
Wenn die Bäume in voller Blüte stehen, sind sie eine wahre Augenweide. Hier gibt es viele Bäume. Die meisten sind sehr hoch. Sie ragen zum Himmel hinauf. Und wenn sie blühen sind ihre Zweige über und über mit perlenweißen und zartrosanden Blüten überfüllt. Zu tausendfach. Der ganze Weg, an dessen Rand die Bäume stehen, duftet süß. Und zwischen dem dünnen Geäst, dass voll von den besagten Blüten bedeckt ist, scheint die Sonne hindurch. Und es sind diese kleinen Dinge die mich zum Lächeln bringen. Der Himmel hier ist immer blau. Immer. Ein ganz kraftvolles tiefblau. Ich gehe die Straße weiter hinunter. Am Rand stehen die blühenden Kirschbäume. Sie tragen noch keine Früchte. Eigentlich habe ich sie noch nie Früchte tragen sehen. In der ganzen Zeit in der ich schon hier bin. Nein. Sie waren einfach nur grün und blühten irgendwann auf , bis sie einestages wieder ihre Blüten verloren und wieder einfach nur grün waren , bis sie wieder begonnen irgendwann zu blühen. Und so war es bis jetzt die ganze Zeit. Ich habe sie noch nie verwelken sehen. Noch nie färbten sich die Blätter der Bäume braun oder fielen ab. Sie waren einfach die ganze Zeit grün oder standen in Blüte. Das gab mir zu wundern, regte mich aber nicht sonderlich auf. Ganz im Gegenteil : Es freute mich sogar. Mir gefiel es immer wenn die Bäume blühten. Die Straßen waren schon voll von Blütenblättern die der Wind mit sich riss und auf die Straße verteilte. Der Wind hier ist kraftvoll aber auch sehr sanft. Er durchweht meine Haare. Das gefällt mir. Ja, eigentlich gefällt mir hier alles.Es gibt hier kaum etwas, was mir nicht gefällt. Es ist so ,als wäre alles nach meinen Wünschen. Extra für mich. Ich sehe mir die Gänseblümchen an, dessen weiße Blüten mit Tautropfen besetzt sind. Aber auch die weißen Lilien gefallen mir. Davon gibt es hier sehr viele. Aber es gibt hier auch violetten und weißen Flieder und rosande und gelbe Tulpen und Narzissen. Aber am meisten Lilien.
Ich komme an einen Strand. Der Sand hier ist ganz weiß.Ich ziehe meine Schuhe aus und trage sie lässig um die Schulter , damit ich den Sand genau an meinen Füßen spüren kann. Er fühlt sich so sanft an. Ich höre das Rauschen des Meeres. Das Meer ist Azurblau und ganz klar und kühl. Ich höre einpaar Möwen in der Luft die krächzen.Und ich sehe den Wellen zu, wie sie beginnen sich aufzutürmen und dann an einpaar Felsen in der Brandung zerschäumen.



Und ganz am Horizont scheint die Sonne wie ein großer goldener Ball, der mit seinen hellen Strahlen kleine,glitzernde Glaskugeln ins Wasser verstreut, die in allen Regenbogenfarben schillern. Und das Plätschern des Wassers klingt wie Musik. Ich gehe weiter durch sandige Dünen, dabei erkenne ich meine Fußspuren die ich hinterlasse.Ich sehe einpaar bunte Muscheln auf dem Boden, die das Meer angespült hat. Aber ich hebe sie nicht auf , auch wenn sie sehr schön aussehen. Früher hab ich das immer getan. Es ist sehr warm. Es ist fast so, als wäre ich im Urlaub. Aber das bin ich nicht. Ich treffe einpaar Jungen. Drei Stück. Sie sehen sich alle sehr ähnlich. Alle sind groß und dünn und haben kurze blonde Haare und helle blaue Augen. Alle sind mit einem T-Shirt und einer Boxershorts bekleidet. Sie scheinen älter zu sein als ich. Aber nicht viel älter. Vielleicht zwei oder drei Jahre. Auch sie gehen den Strand entlang und sehen sich das Meer an. Sie scheinen nett zu sein. Ich glaube sie haben mich angelächelt. Vielleicht aber auch nicht. Ich kann es mir auch einfach nur eingebildet haben. Oft ist es hier so, dass einem Dinge anders vorkommen als sie sind. Die drei Jungen gehen nebeneinander her. Sie Blicken auf das Meer und manchmal scheinen sie sich gegenseitig anzusehen. Wenn es keine Einbildung ist, dann sehen sie auch manchmal zu mir herüber und lächeln freundlich. Doch ich glaube das ist alles nur Einbildung. Ich schlendere weiter. Die Sonne scheint sehr warm. Es ist nicht zu warm. Es ist nur sehr warm. Ich beginne etwas feuchtes an meiner Haut zu spüren. Es ist kühl. Es kommt ganz eindeutig von oben. Plötzlich kommen ganz viele,kleine Wassertröpfchen vom Himmel. Kein Regen. Eher wie ein sanfter Tau. Ich lasse sie auf mich herabprasseln. Ich geniesse es. Es ist so erfrischend.Die Wassertröpfchen sind bei der Hitze eine gute Abkühlung. Gerade jetzt , wo ich dachte dass eine kleine Abkühlung das richitge wäre und ich mir soetwas in der Art gewünscht habe. Ich beginne zu tanzen. Ich freue mich wie ein kleines Kind und versuche das Wasser in meinen Händen aufzufangen und mir damit mein Gesicht abzukühlen.Ich öffne den Mund und drehe mich ganz schnell im Kreis. Und auch die drei Jungen beginnen zu tanzen. Auch sie scheinen sich zu freuen. Meine Klamotten werden nass und es freut mich. Ich beginne mich immer schneller zu drehen und schüttel meine Haare . Dann springe ich. Ich springe hoch in die Luft und wieder auf und wieder ab. Immerwieder. Auch die Jungen springen. Ich versuche so hoch wie möglich zu springen. Ich will die Wolken berühren und die Tropfen, noch bevor sie herunterprasseln einfangen. Ich lasse mich auf den Boden fallen und schliesse die Augen. Ich spüre die Tropfen auf meiner Haut. Ich liege noch lange so da und entspanne mich. Dann wälze ich mich im Sand.Als nächstes springe ich wieder hoch und ich beginne zu tanzen . Selten habe ich mich hier so gefreut und war hier so ausgelassen. Es ist so , als würden wir alle eine große Party feiern.
Als dieser kleine, angenehme Schauer aufhört verlasse ich den Strand und gehe wieder auf eine der endloslangen Straßen.
Ich beginne zu lächeln. Ich bin innerlich zufrieden. Ich war lange Zeit nicht mehr zufrieden. Aber jetzt bin ich es. Ob es nun die Gänseblümchen, die blühenden Bäume, der Sonnenschein oder die zahlreichen Schmetterlinge , die hier überall umherfliegen , sind. Alles erscheint mir hier so wunderschön. Es macht mich unbeschreiblich froh, versetzt mich jedoch auch in eine Art Melancholie, sodass ich schon fast beginne über diese kleinen Dinge zu weinen. Aber hier kann man nicht weinen. Dort, wo ich früher einmal war, sind mir noch nie diese kleinen Dinge aufgefallen. Ich hielt sie wohl dort nicht für wichtig. Ich glaube , dort gab es gar nicht solche schönen Sachen.Oder sie gingen durch den Alltagstrist und der Blindheit der Menschen , die mit dem Alltag eintritt verloren. Die Blindheit wurde von der Umgebung gespiegelt und zog die Menschen mit sich . Vielleicht war es wie ein Teufelskreis:
Die Umgebung stumpfte die Seele der Menschen ab, durch die Abstumpfung konnten die Menschen ihre Umgebung nicht mehr wahrnehmen , womit sich die Umgebung selbst zerstört , durch die sich selbst beigebrachte Kälte der Umgebung wurden die Menschen jedoch noch kälter , was wiederum auf die Umgebung zurückfällt. Viele Menschen mögen sich die Natur auch gar nicht ansehen. Sie halten es für unwichtig, sich Gräser oder Blumen anzusehen. Weshalb auch ? Es sind ja nur Blumen . Es gibt ihrer Meinung nach tausende Blumen. Aber sie sind ihrer Meinung nach nur Nebensache. Es gibt ihrer Meinung nach wichtigeres. Man könnte es mit einem Bild vergleichen, das nicht mehr angesehen wird. Ist ein Bild , das nicht mehr angesehen wird, überhaupt noch ein Bild ? Wenn ein schönes Bild , wie die Natur, nicht mehr angesehen wird , verblasst es irgendwann. Dann ist es nicht mehr schön und farbenfroh , so wie es früher war.





Wenn sich dann irgendjemand dieses Bild ansieht , empfindet er es nicht als schön. Das ist es dann ja durchaus auch nicht mehr. Obwohl er nicht weis wie es vorher aussah , meint er das Bild wäre nicht schön. Es interessiert ihn nicht wie es vorher aussah, denn er sieht nur das jetzige Bild. Dadurch , dass es verblasst ist , wird der Betrachter auch unter umständen trübsam und verblasst innerlich. Er will sich keine Bilder mehr ansehen , weil er denkt jedes Bild wäre verblasst. Dadurch verblassen die Bilder jedoch nur noch mehr. Andersrum jedoch:
Wenn sich ein trübsamer,trauriger Mensch ein schönes , farbenfrohes Bild ansieht , empfindet er es umgehend als verblasst und trübe. Das Bild kann noch so bunt sein.Er bemerkt nicht , dass es nicht das Bild sondern dass er es ist, der trübsam ist. Es ist ihm egal. Jedoch wäre es möglich, dass seine Trübsamkeit einestages auf das Bild abfärbt und das Bild von nun an alle weiteren Menschen mit sich reist. Egal ob Diese Traurig sind oder nicht. Wenn sich jedoch ein besonders fröhlicher und ausgeglichener Mensch ein Bild ansieht , was alles andere als farbenfroh und schön ist,würde es ihm dennoch leicht fallen , darin Tausende schöne Fassetten zu finden.Ganz egal wie trübe es sein mag. Sein Optimismus strahlt überall ab. Ich glaube, ich bin ein sehr fröhlicher und ausgeglichener Mensch. Ja, wirklich. Sehr fröhlich. Deswegen habe ich dort wohl auch nicht hingepasst.
Ich bin froh hier zu sein.
Niemand weis, dass ich hier bin.Niemand.Niemand weis,wo dieser Ort hier ist.Nur ich. Manchmal glaube ich,dass niemand zuvor hier war.Doch es muss diesen Ort schon zuvor gegeben haben.Manchmal denke ich aber, er kann nur durch mich existieren. Aber ich weis,dass das Unsinn ist.Ich weis aber nicht , wie lange ich schon hier bin. Ich bin schon einige Zeit hier. Doch wie lange,davon habe ich keine Ahhnung. Die Zeit läuft hier, glaube ich, viel schneller ab als dort. Es kann sein, dass ich schon viele Jahre oder sogar mehrere Jahrzehnte hier bin. Eine halbe Ewigkeit. Vielleicht bin ich aber auch nur einpaar Tage , Wochen oder Monate hier. Vielleicht wäre ich in Wirklichkeit schon viel älter. Aber hier kann man nicht altern. Das geht nicht. Ich bleibe hier immer gleichalt. Es kann auch sein , dass hier schon sehr viel Zeit vergangen ist und dort erst einpaar Tage oder aber dass hier erst einpaar Tage und dort schon einpaar Jahre vergangen sind. Ja, ganz bestimmt sind die Zeitabstände verschieden. Es gibt hier auch keine Nacht. Es bleibt hier die ganze Zeit Tag. Wenn man müde ist, legt man sich einfach irgendwo hin und schläft. Ich bin hier aber selten müde. Ich sehe hier auch nur sehr selten schlafende Leute. Ich sehe hier sowieso nur selten andere Leute. Ich dachte immer, wenn man hier ist, kann man die ganze Zeit schlafen . So viel man will. Aber dem ist nicht so. Essen und trinken braucht man hier auch nichts. Hier gibt es auch gar nichts Essbares oder Trinkbares. Ich habe hier auch gar keinen Hunger. Das Bedürfnis zu Essen oder zu Trinken ist ganz einfach nicht da. Hier gibt es auch keine Geschäfte in denen man sich etwas kaufen könnte. Geld gibt es auch nicht. Am Straßenrand gibt es Häuser. Graue Häuser. Die Türen stehen immer offen. In den Häusern gibt es große, graue Räume, die völlig leer stehen. Keine Möbel,keine Tapeten oder Teppiche und auch keine Türrahmen. Nicht einmal Fenster. In den Häusern wohnt auch niemand. Ich frage mich,wozu sie gut sind wenn doch niemand drin wohnt. Vieles ist hier ziemlich seltsam. Anders als dort. Eben merkwürdig.
Aber man kann es auch nicht vergleichen : Dort und hier...das ist alles ganz anders. Zwei verschiedene Welten eben. Jemand der dort ist, kann sich nicht vorstellen wie es hier ist. Jemand der hier ist, beginnt langsam zu vergessen wie es dort war. An vieles von dort , kann ich mich gar nicht mehr erinnern. Aber ich weis noch viel zu viel. Ich muss noch eine ganze Menge vergessen, um hier richtig leben zu können. Denn wenn ich immerzu an dort denke und beginne hier mit dort zu vergleichen , kann ich das hier nicht richtig geniessen. Und das wäre schade. Denn , und das muss ich immerwieder betonen und kann es gar nicht oft genug sagen : Ich bin froh , hier zu sein und ich bin auch froh , nicht mehr dort zu sein. Es war eine sehr wichtige und schwere Entscheidung hierher zu kommen. Ich habe es mir schon lange überlegt und schon Ewigkeiten geplant. Ich wusste blos nicht, ob ich es wirklich in die Tat umsetzen sollte. Es war schwer. Ich hatte Angst. Es ist aber ganz normal Angst zu haben , auch wenn es völlig unberechtigt ist. Es gibt hier nichts, vor was man sich fürchten müsste. Aber vor Sachen die man nicht kennt, vor fremden Sachen, haben die Leute immer angst. Und wenn sie bis jetzt nur dort waren und noch nie hier , dann wissen sie auch gar nicht wie es hier ist , wie es hier aussieht oder wie es ihnen ergehen würde.





Einige wissen noch nicht einmal ob sie hier überhaupt ankommen. Das wusste ich auch alles nicht. Aber jetzt bin ich hier. Und das freut mich. Als ich noch dort war , habe ich immer davon geträumt hierher zu kommen. Und es war schön. Es war mein größter Traum. Immerwieder habe ich mir in Gedanken ausgemalt wie es hier wohl ist. Immerwieder wollte ich hierher. Es war mein Wunsch. Ich wollte nichts anderes mehr , als hierher zu kommen. Ich habe es immerwieder in meinen Gedanken geplant, alles sollte perfekt sein. Ich wollte nicht auf halben Weg schlapp machen oder wieder umkehren. Es war mein Ziel hierher zu kommen. An etwas anderes konnte ich gar nicht mehr denken. Ich wollte niemandem davon erzählen. Von meinen Plänen. Meinen Gedanken. Das sollte alles geheim bleiben. Ich wollte ganz einfach still und heimlich hierher kommen. Ohne dass es jemand weis. Und irgendwann würden sie es bemerken, aber sie würden nichts dagegen machen können, denn dann wäre ich schon längst hier. Für immer. Und ich würde nie wieder zurück kommen. Und dann, wäre ich endlich hier und wäre glücklich. Und dort ist einfach nur noch dort. Und ich wäre hier. Ich war so voller Erwartungen , so voller Vorfreude hierher zu kommen. Ich konnte es kaum erwarten, dass der richtige Zeitpunkt kommen würde um hierher zu kommen. Ich dachte unentwegt an hier. Jedoch nahm mich der Gedanke endlich hierher zu kommen sodermaßen ein, dass ich es nicht mehr länger geheim halten konnte. Ich redete zu oft von hier. Dachte zu oft an hier. Man hat es einfach bemerkt dass es mein Wunsch war hierher zu kommen. Irgendwann hielt ich es auch einfach nicht mehr aus. Ich musste jemandem davon erzählen. Mein Wunsch hierher zu kommen musste geäußert werden. Vielleicht war es auch deshalb weil ich auf ihre Reaktionen warten wollte.Ob sie schockiert sein würden oder erfreut. Ob sie mir abraten oder zustimmen würden. Vielleicht würde mich ja jemand begleiten. Aber diesen Gedanken begrub ich schnell. Niemand würde mich begleiten. Ich überlegte mir genau , wem ich davon erzählen wollte. Es gab Leute, die es besser nicht erfahren sollten. Bei den Leuten, denen ich davon erzählte waren die Reaktionen verschieden.
Es gab einpaar Leute, die den Gedanken hierher zu kommen für keine sehr gute Idee hielten. Sie meinten hier würde ich nicht glücklich werden. Hier wäre es auch nicht besser als dort. Sie sagten, ich kann nicht so einfach meinen Problemen davonlaufen. Kann ich nicht ? Ich kann nicht so einfach hierher flüchten. Jetzt werden sie vermutlich bemerkt haben , dass ich es doch kann. Ja, jetzt. Ich bin jetzt hier.Sie meinten, ich solle mir das ganze noch einmal überlegen. Es wäre ein Fehler. Früher oder später würde ich es bereuhen. Und dann könnte ich es nie wieder rückgängig machen. Es wäre doch eine so endgültige Entscheidung. Ich müsse voll und ganz dahinterstehen. Was ich übrigens auch tat. Sie meinten, ich könne nie wieder zurück. Dann versuchten sie mir einzureden, dass es hier auch ganz anders sein könnte als ich es mir vorgestellt hätte. Ich wäre dann enttäuscht. Was dann ? Vielleicht würde es mir dann hier schlecht ergehen...schlechter als dort. Schlechter als dort ? Sie meinten, dass es dort doch viel schöner wäre als hier. Ich müsse nur meine Augen öffnen. Nur nach dem Licht suchen. Ich würde es finden. Es wäre dort, nicht hier. Ich fand kein Licht. Aber hier habe ich jede Menge Licht gefunden. Wenn ich einfach hierher gehen würde, so sagten sie, würde ich so viel verpassen. Es gäbe dort noch so viel zu entdecken, so viel zu erleben. Es gäbe dort einen Haufen von Sachen der nur darauf warten würde , dass ich ihn entdecke. Es wäre noch so viel für mich geplant. Noch so viel Schönes. Alles nur für mich. Es wartet alles. Ich könne nicht einfach so hierher gehen, ohne dass ich hier alles erlebt habe. Ich wäre sowieso noch viel zu jung dafür. Ich könne dort noch so vieles von der Welt sehen. Es wäre ungerecht einfach so wegzugehen. Sehr wenige unter ihnen meinten, sie würden mich vermissen, würde ich sie verlassen um hierher zu kommen. Das gab mir zu denken. Aber es waren auch nur sehr wenige. Ich wusste nicht, wem ich trauen konnte.Vielleicht machten sie sich wirklich sorgen, vielleicht wussten sie bescheid. Hatten mehr Erfahrung als ich. Unter ihnen waren ja auch welche,die auch schon einmal mit dem Gedanken gespielt haben, hierher zu kommen.Nur sie haben es nicht in die Tat umgesetzt. Vielleicht wollten sie mich warnen. Aber vielleicht waren sie auch neidisch auf mich. Weil ich die Chance hatte, hierher zu kommen. Weil sie wussten ich würde es wirklich machen. Es waren auch welche dabei die es versucht haben, hier zu sein. Es hätte nicht viel gefehlt und sie wären auch hier gewesen. Doch sie sind wieder zurückgekommen. Kurz vor Ziel. Ich wollte auch immer hierher, wenn sie erzählten sie wären beinahe hier gewesen.
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Alt 10.09.2007, 23:24   #2
Lyrika
 
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Der Wunsch hierher zu kommen wuchs dann immer mehr. Wie sehnlichst ich dann doch immer darauf wartete auch einmal hierher zu kommen. Ich fragte mich warum sie es beinahe geschafft haben und warum ich nicht. Warum ich nie kurz davor war. Warum ich nie einer von Ihnen war. Es tut weh, wenn andere Leute das bekommen was man sich so lange wünscht. Und diejenigen wissen es noch nicht einmal zu schätzen wenn sie hierher kommen. Mir wurde dann immer sehr schlecht. Der Neid fraß mich dann immer beinahe auf und schmerzte. Sie erzählten immer so toll von hier. Und alle bewunderten sie. Ich sie auch. Ich nahm mir dann auch immer vor irgendwann hierher zu gehen. Nur ich würde bleiben. Nichts könnte mich dann wieder zurückholen. Vielleicht sagten sie ich solle nicht hierher kommen weil sie wollten dass ich leide. Vielleicht wollten sie dass ich dort bleibe und dass es mir dort schlecht ergeht und ich mich nicht traue hierher zu kommen weil ich angst haben könnte , hier würde alles schlechter sein. Vielleicht wollten sie mich ja dort festhalten.Das haben sie aber nicht geschafft. Mich kann niemand festhalten.
Es gab Einige die unbedingt wollten, dass ich hierher komme. Immerwieder wünschten sie mich hierher.Sie sagten immerwieder ich solle hierher gehen. Sie würden sich für mich freuen wenn ich hierher gehen würde. Worauf ich noch warten würde. Warum ich nicht schon längst hier wäre. Was ich noch dort machen würde. Es wäre doch alles verschwendete Zeit. Unter ihnen waren zwar Menschen die ich nicht besonders leiden konnte, aber auch diejenigen die mir am meisten bedeuteten. Sie sagten, hier hätte ich eine schöne Zeit. Hier wäre alles besser. Es läge nichts näher als hierher zu kommen. Sie meinten, wenn es mein Wunsch ist, dann soll ich mir diesen Wunsch auch erfüllen. Sicherlich waren einige von ihnen dabei, die mich ganz einfach nicht mochten und mich hinfort schickten. Vielleicht meinten sie es noch nicht einmal ernst. Bestimmt wollten sie nur dass ich hierherkomme weil sie mich möglichst weit von sich entfernt haben wollten. Aber es gab auch welche, die mir das Beste wünschten. Sie wussten ganz bestimmt, dass es hier besser ist als dort. Sie wussten, hier wäre es schön. Sie wollten bestimmt, dass es mir hier gut gehen würde. Deswegen freuten sie sich auch und wollten , dass ich hierher komme. Vielleicht gab es aber auch welche, die wussten wie schlecht es hier ist und deswegen wollten, dass ich hierher komme. Und wohlmöglich leide. Aber ich leide hier nicht. Ganz im Gegenteil : Mir geht es hier gut. Ich bin froh.
Es gab welche die meinten, es wäre egal wo ich hingehen würde, es müsse meine Entscheidung sein. Niemand dürfte mir da reinreden. Ich dürfe mich von niemanden Beeinflussen lassen. Das, wofür ich mich entscheide wäre das richtige. Es wäre mein Leben. Hauptsache ich fühle mich danach und will es wirklich. Das wäre das einzige, was zählt. Ich finde, dass diese Leute vollkommen recht hatten. Ich begann mich zwar zu fragen ob es ihnen wirklich um mein Wohlergehen ging oder ob es ihnen schlicht und einfach egal war wo ich sein würde. Ja, vielleicht war ich ihnen ja egal. Vielleicht. Trotzdem war ich ihrer Meinung. Auch ich wollte mir alles durch den Kopf gehen lassen und dann das tun, was ich für richtig halten würde.
Andere wiederum reagierten gar nicht. Sie antworteten nicht, gaben keine Reaktion...gar nichts. Sie blieben wie taub. Das regte mich auf eine Art auf. Auf einer anderen Art jedoch war es mir auch egal. Es war blos seltsam, dass sie nichts taten. Sie überhörten mich bewusst. Kein zustimmen, kein abraten.
Und ganz andere wiederum machten Scherze darüber. Lachten mich aus. Sie nahmen mich wohl alle nicht ernst. Das brauchten sie auch nicht. Spätestens jetzt werden sie bestimmt wissen , dass ich es sehr wohl ernst meinte.
Ich frage mich noch sehr oft wie sie wohl alle letztendlich reagiert haben als sie feststellen mussten, dass ich nun doch hierher gekommen bin. Vielleicht genauso wie ich es mir vorgestellt habe. Vielleicht auch ganz anders. Aber das kann ich leider nicht mehr erfahren. Dabei wäre das das Einzige was ich noch gern von dort erfahren hätte. Nun bin ich hier.
Und darüber bin ich froh. Jetzt bin ich hier und alle anderen sind dort. Und niemand kann mir folgen. Nun bin ich hier und niemand kann mich sehen. Ich bin hier und niemand weis es. Ich bin hier. Nicht dort. Ja, hier. Und es ist das, was ich mir schon immer gewünscht habe. Was ich immer wollte. Und jetzt ist mein Traum wahr geworden. Ich bin hier und niemand sonst. Manchmal vermisse ich schon einmal jemanden. Den einen oder anderen.




Manchmal fehlen sie mir wirklich. Einige. Manchmal kann ich hier schon ziemlich allein sein. Und niemand ist hier. Und niemand weis dass ich hier bin. Niemand kann hierher kommen.Ich wünschte, ich wüsste was sie gefühlt haben als sie erfahren haben dass ich hier bin.Was ist mit denen, die meinten sie würden mich vermissen ? Waren sie traurig ? Bestimmt gibt es jetzt Leute die sich jetzt Vorwürfe machen. Vielleicht meinen welche jetzt, sie hätten mich besser warnen müssen. Es gab ja auch Leuten denen ich überhaupt nichts davon erzählt habe. Mir war klar, dass es Leute geben würde, die sofort in Panik ausbrechen würden und mich festketten würden, nur damit ich nicht hierher komme. Leute die förmlich in Tränen ausbrechen und sich fragen warum ich das will. Die mir einreden wollen, es wäre kein Ausweg. Sie hätten es gar nicht zugelassen, dass ich hierher komme. Was ist jetzt mit denen ? Vielleicht hab ich sie verletzt. Bestimmt wird eine Welt bei denen zusammenbrechen. Vielleicht werden sie nie wieder glücklich und das nur wegen mir.Ich fühle mich schuldig. Wenn auch nur ein bisschen. Ich würde noch einmal gern mit allen reden. Ich will ihnen sagen wie es hier ist und aussieht und wie ich mich hier fühle. Dann würden sie sich bestimmt auch keine Sorgen machen. Hoffentlich nicht. Langsam setze ich einen Fuß vor den anderen und starre auf den Boden. Wenn sie mich vermissen, denke ich, ist das normal. Ich vermisse sie doch auch ein bisschen. Aber daran kann ich auch nichts ändern. In nicht allzu langer Zeit werde ich sie wohl vergessen haben. Dann werden sie mir nicht mehr wichtig sein. Dann ist nur noch alles, was sich hier befindet für mich wichtig. Sicherlich werden sie mich auch mit der Zeit vergessen. Vielleicht haben die das ja schon längst.Ich frage mich, was sie wohl jetzt gerade machen. Ob sie an mich denken oder ob sie sich mit ihren Dingen beschäftigen. Ich frage mich, ob sie sich fragen was ich gerade mache oder ob ich an sie denke. Ich frage mich, ob sie sich fragen ob ich mich frage ob sie sich fragen wie es mir geht.Und so gehen tausende Fragen in meinem Kopf herum.
Ich blicke nach oben und sehe mir die warme Sonne an die alles in eine warme,sommerliche Atmosphäre taucht. Es gibt ja auch Menschen die sich jetzt freuen. Die froh sind , dass ich jetzt hier bin.
Es ist schon ein komisches Gefühl plötzlich hier zu sein. Lange Zeit habe ich davon geträumt endlich hier zu sein und habe mir nichts anderes gewünscht, und nun bin ich hier und bemerke, dass ich nun auch schon eine ganze Weile hier bin. Und es gefällt mir natürlich.
Mir wird auch klar , dass ich einige angelogen habe. Die Menschen, die mir viel bedeuteten habe ich angelogen. Einfach so ins Gesicht gelogen. Ohne mit der Wimper zu zucken. Und sie haben mir geglaubt. Blind vertraut. Ich habe ihnen erzählt ich würde nicht hierher kommen.Nein.Um keinen Preis.Es wäre doch nicht so gut. Ich hätte es mir zwar überlegt, hierher zu kommen, wäre dann jedoch zu dem Entschluss gekommen es besser bleiben zu lassen. Ich habe es mir durch den Kopf gehen lassen und dann doch wieder anders überlegt. Ich wollte erst einmal noch eine Zeit lang dort bleiben. Vielleicht würde ich dann irgendwann einmal hierher kommen. Irgendwann einmal.Wenn ich älter bin. Denn jetzt wäre ich definitiv zu Jung dafür. Wahrscheinlich würde ich nie hierher kommen. Es würde hier wahrscheinlich gar nicht so schön sein, wie ich es mir vorgestellt hätte. Ich hätte mir den Gedanken ein für allemal aus dem Kopf geschlagen. Das alles sagte ich. Das alles war gelogen. Ich wusste zu dem Zeitpunkt schon dass ich hierher kommen würde. Ich habe gelogen um die Leute nicht aufzuregen. Um Streit zu vermeiden. Als ich erzählte, dass ich hierher kommen wollte, taten sie alles daran, dass ich mich umentscheide. Sie hätten es wohlmöglich Leuten erzählt, die es nie hätten erfahren dürfen. Sie hätten es vielleicht geschafft,zu verhindern. Es wäre in jedem Falle besser ihnen zu erzählen ich würde nicht hierher kommen. Ich wollte sie nicht wütend oder gar traurig machen.Allerdings werden sie jetzt sehr traurig oder wütend sein. Wahrscheinlich noch viel mehr als wenn ich es ihnen vorher gesagt hätte. Sie haben sich nämlich erst auf mich verlassen und dann habe ich mein versprechen gebrochen. Im Grunde ist es nicht anders als wenn ich ihnen gleich gesagt hätte, ich würde hierher gehen. Nur dass sie es jetzt nicht mehr verhindern können und dass ich es nicht mehr miterleben kann, weil ich ja hier bin. Ich hatte zu große Angst, dass ich ihnen weh tue. Zu große Angst, dass sie es schaffen mich aufzuhalten. Jetzt werden sie wissen ich habe sie belogen. Eiskalt. Sie werden es nicht fassen, dass ich sie belogen habe. Und es tut mir auch Leid.Aber in diesem Fall ging es gar nicht anders.



Ich habe eben versucht etwas Negatives zu verhindern und habe nicht bemerkt, dass es dann doch auf andere Weise eingetreten ist. Ich wünschte mir ich hätte sie nicht so derb angelogen, aber es ist eben passiert.Auch wenn es mir jetzt noch so leid tut und ich mich noch so schuldig fühle, weis ich, dass das jetzt auch nichts mehr nützt.Sie wissen nicht, dass es mir leid tut.Ich kann das alles auch nicht mehr rückgängig machen. Ich kann gar nichts mehr rückgängig machen.Es ist eben so. Mit tut vieles sehr leid.
Ich habe alle Leute ganz einfach so zurückgelassen. Das war falsch.Ich habe alles zurückgelassen.Meine ganzen Sachen. All mein Hab und Gut. Alles was ich je besessen habe ist noch dort. Alle Sachen, alle Gedanken, alle Erlebnisse. Ich konnte nichts mitnehmen. Das ging nicht. Selbst wenn ich es gewollt hätte. Alles ist noch dort. Ich weis nicht, wie ich es hätte anstellen sollen auch nur irgendetwas mitzunehmen. Ich kann auch nichts zurückholen. Das bleibt alles dort. Und vielleicht erinnert es die anderen dort an mich. Das einzige was ich habe, ist die Kleidung, die ich trage. Die ich schon trug als ich hierher kam. Mehr nicht. Mehr brauche ich auch nicht. Ich brauche nur mich. Mich und das alles hier.
Ich schlendere weiter. Am Wipfel eines Kirschbaumes sitzt ein kleiner Vogel.
Er zwitschert laut und bewegt dabei seinen kleinen Kopf hin und her. Ich sehe ihn mir an. Ich halte aber nicht . Ich gehe weiter. Immer weiter. Langsam komme ich an eine Stelle, an der die Straße etwas älter ist. Sie ist total brüchig und voll von Rissen und Schlaglöchern. Es ist etwas beschwerlich auf ihr zu gehen. All diese Erhöhungen und Vertiefungen. Am Straßenrand sitzt ein kleines Mädchen. Höchstens fünf. Sie sitzt immer dort. Dort am Straßenrand. Sie sitzt immer da und bewegt sich nicht. Schon so lange ich hier bin tut sie nichts anderes, als schweigend am Staßenrand zu sitzen und ins Leere zu starren. Das Mädchen trägt ein blaues Kleid und hat blonde Haare die zu zwei Zöpfen mit blauen Schleifen gebunden sind. Ihr Blick ist verbissen.Sie presst einen kleinen Teddybär fest an ihre Brust. So als wolle sie ihn nicht mehr loslassen.Sie sieht sehr traurig aus. Wahrscheinlich ist sie nicht freiwillig hierher gekommen. Wahrscheinlich vermisst sie ihre Eltern. Sicher wird es ihr hier noch gefallen. Manchmal hat es den Anschein, als wäre sie schon viel länger hier als ich. Dann frage ich mich warum sie nur dasitzt und ein trauriges Gesicht macht. Es müsste ihr doch gefallen. Wenn sie schon so lange hier ist. Ihre hellblauen Augen wirken gläsern. Es sieht oft so aus als würde sie beginnen zu weinen. Aber hier kann man ja nicht weinen. Es sammelt sich immer sehr viel Wasser in ihren Augen, so dass sie beginnen zu glitzern. Ihr starrer Blick wirkt tot. Sie sieht so aus wie eine Puppe, die sich nicht bewegen kann.Die im Regal sitzt, und auf einen Käufer wartet. Doch auch wenn einige Leute Interesse zeigen und die Puppe hochheben, sie sich ansehen und nach dem Preis fragen, will sie niemand kaufen. Das Mädchen zeigt keinerlei Bewegung. Wie gelähmt. Nur wenn man dicht genug ist und ganz genau hinsieht, kann man ein unscheinbares Schlucken sehen, dass durch ihren Hals dringt.
Ich würde gern mit ihr reden. Würde mich neben sie setzen. Würde sie in den Arm nehmen oder sie zum Lachen bringen. Doch das ist nicht möglich. Man trifft hier sowieso kaum Menschen. Und wenn doch, dann redet man nicht miteinander. Man macht es ganz einfach nicht. Seltener sieht man sich an. Wenn man sich lange ansieht, dann ist das schon etwas Besonderes. Manchmal kommt es mir so vor als würde mich der Eine oder Andere anlächeln, doch oft denke ich dass es Nichts als Einbildung ist. Es ist schon seltsam, dass man so selten Menschen trifft. Eigentlich müssten hier jede Menge Menschen sein. Tausende. Millionen. Aber vielleicht ist das ganze hier so groß, dass sich alle Menschen hier gut verteilen können. Ich sehe das Mädchen an, doch sie sieht mich nicht, weil sie pausenlos auf die Straße blickt.
Während ich weitergehe bläst der sanfte Wind mir beinahe einpaar Kirschblütenblätter ins Gesicht.Das bringt mich zum Lächeln. Ich gehe weiter. Drei Männer kommen mir entgegen. Eine Frau. Niemand blickt den anderen auch nur an. Manchmal frage ich mich ob irgendjemand auch nur etwas von der Existenz des anderen weis. Stumm und stur gehen sie. Mit einem stumpfen Blick. Mit einem Blick, der fast dem Blick des kleinen Mädchens am Straßenrand gleicht.
So gehe ich nun mehrere Minuten. Stunden. Der Weg führt mich nur geradeaus. Es ist eine dieser endlos langen Straßen an der ich entlang gehe.Eine dieser Straßen, die immer einpaar dieser großen Häuser am Rand stehen hat. Eine dieser langen Straßen, an denen immer wunderbar duftende Kirschbäume wachsen.



Ich habe bemerkt , dass diese Straße mit der Zeit immer etwas brüchiger wird. Doch das ist das Einzige was sich ändert. Ansonsten bleibt alles gleich. Natürlich sind alle Straßen wunderschön, keine Frage, doch irgendwie weiß man , was einen erwartet. Ich weiß, dass die Kirschbäume gerade blühen. Ich weiß dass die Blumen gut riechen. Ich weiß, dass die Sonne immer scheint. Ich weiß, dass Häuser am Straßenrand stehen. Ich weiß es. Alle Straßen ähneln sich. Ich bleibe vor einem Kirschbaum stehen.
Ich sehe ihn mir an. Die rosafarbenen Blüten erfreuen mich wirklich. Wenn die Zweige im Wind schaukeln und ich mir die Tautropfen ansehe dann möchte ich mit dem Baum reden. Ich möchte den Baum begrüßen und ihn fragen wie er sich hier so fühlt. Mit seinen schönen Blüten und Tautropfen. Wie er es findet , dass er nie verblüht. In meinen Gedanken stelle ich mir vor ,wie der Baum mit mir reden würde, wenn er doch nur könnte. Plötzlich kommt etwas über mich. Für einen kurzen Moment. Ich renne schnell. Ich will jeden einzelnen Baum begrüßen. Jedes Blatt. Jeden Vogel und jeden Schmetterling. Jedes Haus. Jeden Kieselstein auf dem Boden. Sogar jeden Grashalm. Natürlich rede ich nicht mit ihnen. Ich begrüße sie auf eine andere Weise. Ich renne an ihnen vorbei und sehe sie an. Ich blicke sie an und denke an sie. Ich denke daran wie schön sie sind und wie glücklich sie mich machen. Und so renne ich. Bis ich aus der Puste komme. Ich beginne zu keuchen. Leider muss ich anhalten. Es ist wohl besser wenn ich langsamer gehe. Ich frage mich was blos über mich gekommen ist. Es bringt doch gar nichts jede Pflanze und jedes Tier zu begrüßen.
Die Straße ist noch sehr sehr lang. Soll ich den ganzen Rest rennen ? Das kann ich doch gar nicht. Ich bin nicht besonders schnell. Es macht keinen Sinn. Fragend gehe ich weiter.
Ich bin erschöpft . Durch meine Erschöpftheit sehe ich mir die Pflanzen nicht mehr an. Ich nehme sie nur von der Seite wahr. Es ist erst einmal nur wichtig voran zu kommen. Ich weiß nicht wohin ich gehe.Ich weiß nur , dass ich gehe.
Ich weiß so vieles nicht mehr. Ich weiß nicht mehr wie ich hierher kam. Das einzige was ich weiß ist, dass ich einestages aufwachte und mich hier inmitten von Blumen und Schmetterlingen wiederfand.Es ging alles so schnell. Das ist alles. Jeder kann hierher kommen. Das ist ganz leicht. Er muss es nur versuchen. Er muss es sich ganz fest wünschen und daran glauben hier anzukommen. Es klappt vielleicht nicht bei jedem. Doch wer es wirklich will und wirklich versucht, dem gelingt es. Ich treffe erneut einpaar Menschen. Einpaar Mädchen. Einige Jungen. Niemand würdigt mich eines Blickes. Niemand Lächelt. Reden wäre ein Traum.
Doch etwas anderes erwartete ich nicht.
Natürlich gibt es hier nicht nur Straßen.Es gibt auch Strände und Gebirge und Täler. Es gibt hier auch Wälder und Felder und riesige Blumenwiesen. Vor allem die Wiesen an denen die schönsten Blumen wild wachsen und Bienen und Schmetterlinge deren süßen Nektar saugen, gefallen mir. Doch ich habe diese Wiesen schon so oft besucht. Ich ging schon so oft durch den Wald um den Duft der Tannen zu riechen und um Rehe und wilde Pferde zu entdecken. Unzählige Male ritt ich schon auf den Pferden über den Strand. Unzählige Male bestieg ich Berge und sprang voll von Freude in den Tälern herum. Und wie oft lag ich auf dem Grase eines Feldes und ließ mir von der herrlichen Sonne ins Gesicht scheinen. Ich kann es schon gar nicht mehr zählen.
Und aus einem Grund den ich nicht kenne frage ich mich, was ich hier mache. Ich frage mich warum ich einfach nur gerade aus gehe und mich zum tausendsten Male über die Natur freue. Ich verstehe es nicht. Ich verwirre mich selber. Ich blicke den Horizont an. Meine Füße tragen mich ohne mein zutun voran.Es ist als wäre ich eine batteriebetriebene Maschine die darauf programmiert ist immer weiter zu gehen. Die einfach geht ohne anzuhalten. Ich bin wie in Trance. Ich denke gar nicht mehr. Ich sehe nichts. Nur irgendwelche Büsche oder Bäume die seitlich und nur ganz verschwommen an mir vorbeirauschen. Und die Sonne, die weit entfernt scheint. Ich fühle mich willenlos. Fast leblos. Als wäre ich aus einem Metall und in der Ferne wäre ein Magnet der mich anzieht.
Ich weiß schon gar nicht mehr dass ich gehe. Ich weiß schon lange nicht mehr warum. Und ich sehe einen Regenbogen der sich über mich ausbreitet und bunt strahlt. In rot und gelb und in orange und grün. In blau und auch in Lila. Ich sehe Marienkäfer die an einem Grashalm sitzen und ihre kleinen Flügel ausbreiten, bevor sie beginnen loszufliegen.Ich sehe wie der Wind Fliederblüten und Kirschblüten durch die Luft fliegen lässt und wie Lilien und Tulpen und Narzissen ihre Köpfe sanft wiegen.



Ich sehe sogar goldbraune Ahornblätter, die leise zu Boden segeln. Bestimmt kommen diese aus einen der vielen Wälder. Dort stehen Ahornbäume.Ich höre wie ein Chor aus Vögeln beginnt zu tierilieren.Und ich sage allen Danke. Ich bedanke mich bei allen, dass sie da sind. Und es ist hier alles gleich.
Der Himmel ist blau. Die Sonne scheint.Die Sonne scheint immer. Unentwegt. Es ist nicht so, dass ich micht nicht darüber freue. Doch ich frage mich warum sie immer scheint. Muss sie denn immer scheinen ?
Es macht Menschen froh, wenn die Sonne immer scheint. Macht es mich froh ? Es hat noch nie geregnet . Nie. Ab und zu ein kleiner Tau, das war alles. Die Bäume haben nie braune Blätter. Die Käfer und Schmetterlinge und die Vögel sterben nie. Nie wird ein Tier krank.Es ist nicht so, dass ich je wollte dass ein Tier stirbt oder dass es krank wird. Doch es ist seltsam. Es ist nicht so, dass ich je wollte dass das Wetter schlecht ist oder dass eine Pflanze welkt. Aber warum scheint die Sonne immerzu ?
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Alt 10.09.2007, 23:50   #3
Lyrika
 
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Ich bekomme ein flaues Gefühl im Magen. Es ist so, als würde es mich nicht mehr freuen dass die Sonne scheint. Als würde mich diese wunderbare Natur nicht mehr in höchste Glücklichkeit versetzen. Doch das darf nicht sein. Ich schwor mir doch, dass ich hier immer mehr als nur einfach glücklich sein würde. Was ist blos los mit mir ? Ich fühle Emotionen, die ich nie zuvor hier spürte. Ich bekomme Angst. Große Angst ! Ich versuche mir einzureden wie schön hier alles ist. Doch das hilft nichts. Warum ist hier alles , so wie es ist ? Habe ich es überhaupt verdient diese strahlende Sonne zu sehen ? Ich ? Habe ich es überhaupt verdient diese Freuden zu verspüren die ich verspürte als ich mir die Pracht von hier ansah ? Hab ich es je verdient ?
Warum gerade ich ? Ich beginne fast zu vergessen warum ich überhaupt hierher gegangen bin. Vielleicht bin ich viel zu undankbar. Ich muss mich doch freuen. Ich habe mich doch vorhin schon bedankt. Soll ich mich noch mehr bedanken ? Ich würde es tun. Es ist als müsste ich dem hier etwas zurückgeben. Das hier hat mir doch schon soviel gegeben. Hat es mir überhaupt etwas gegeben ? Hat es mir etwas genommen ? Vielleicht habe ich dem hier etwas gegeben. Ich weiß es nicht. Ich wandere immer weiter. Ohne anzuhalten. Werde ich bis in alle Ewigkeit gerade aus gehen? Was wird passieren ? Es ist als würde ich den Vögeln und der Sonne und dem Regenbogen etwas böses tun. Als würde ich sie verletzen. Weil ich mich nicht über sie freue. Sie tun alles,damit ich glücklich bin. Sie tun alles, damit ich mich freuen kann. Und wie danke ich es ihnen ? Ich habe schon einmal einen kleinen Vogel auf meiner Hand sitzen gehabt und habe mit ihm zusammen gesungen und ihm über sein Federkleid gestreichelt. Ich streichelte viele Tiere. Scheinbar war das nicht Dank genug.
Ich halte an. Ich stehe einfach so da. Vielleicht rede ich mir das alles nur ein. Ich soll viel lieber Spaß haben. Doch obwohl mir meine innere Stimme immerwieder sagt, dass ich Spaß haben soll, habe ich ganz einfach keinen Spaß. Warum nicht ? Ganz langsam gehe ich weiter. Sehr behutsam. So als würde ich auf einem Seil balancieren. Ich darf nicht fallen. Ich sage mir immerwieder, ich dürfe nicht fallen. Doch ich trete daneben. Wenn ich nun wirklich auf einem Seil balancieren würde, dann fiele ich jetzt. Doch es ist nichts passiert. Es war ja kein echtes Seil. Ich spüre wie ich mich innerlich verliere. Ich spüre wie ich doch falle, innerlich. Ich würde sehr hart aufprallen, denn ich bin so hoch wie kein anderer weit und breit. So hoch wie ich nie zuvor war. Jetzt beginne ich zu fallen. Dann kann ich nie wieder steigen. Wenn ich nicht so hoch gewesen wäre, dann würde ich nicht sehr hart fallen und hätte die Chance irgendwann noch einmal zu steigen. Doch so ?
Vielleicht wollen all die Blumen gar nicht die ganze Zeit blühen. Vielleicht will die Sonne gar nicht die ganze Zeit scheinen. Vielleicht würden sich die Blumen freuen auch nur einmal welken zu können. Doch dann könnten die Blumen uns alle hier nicht mehr glücklich machen. Und das ist der Grund warum die Blumen hier sind. Sie sind da um uns glücklich zu machen. Doch wenn wir wissen würden, dass die Blumen glücklich sind, wenn sie nur ein einziges Mal welken , dann würde die Tatsache dass sie dabei glücklich sind vielleicht auch uns glücklich machen. Aber die Blumen haben sich nun einmal entschieden hier zu wachsen. Hier zu wachsen heißt ewig zu wachsen. Vielleicht gefällt es den Blumen ja auch bis in alle Ewigkeit so wunderschön zu sein.
Ja, Blumen sind schön. Doch was bringt einem die Tatsache dass Blumen schön sind ?
Es macht einen glücklich.


Ich verstehe nicht wie das Einfache blühen einer kleinen Pflanze solch eine Wirkung haben kann. Plötzlich kommt mir alles so klein vor. So klein und nichtig. So endlos klein. Mit endlos meine ich noch endloser als diese Straße.
Und ich fühle mich noch weit kleiner als diese Blumen. Wenigstens erfüllen die Blumen einen Zweck. Jeder der an ihnen vorbei geht und der sie ansieht ist von ihrer Pracht begeistert und ist glücklich. Personen gehen an mir vorbei. Sie sehen mich nicht an. Ich sehe sie nicht an. Ich spüre nur dass sie an mir vorbeigehen. Das ist alles. Bei allem dürfen wir nicht vergessen : Blumen sind Blumen. Blumen sind nichts von großer Bedeutung. Eine Blume ist kein Gefühl. Eine Blume ist kein Glück. Bei einigen Betrachtern könnte diese Blume Glück auslösen. Das ist alles. Und bei mir löst die Blume nichts aus. Gar nichts. Höchstens das Gefühl wie unbedeutent Blumen doch sind. Es gibt tausende Blumen. Was bringt es mir, diese Blumen anzusehen ? Mit verschrenkten Armen und einem leicht gelangweilten , leicht wütenden und dennoch leicht traurigem Gesicht gehe ich weiter. Obwohl ich beginne eine leichte Wut auf Blumen zu entwickeln, würde ich mir dennoch wünschen wenigstens eine Blume zu sein. Mir wird schwindelig. Alles verschwimmt um mich herum. Alles verblasst. Alles was einst so bunt und so schön war. Das Merkwürdige ist,dass sich nichts verändert hat. Alles ist so wie immer. Alles ist noch so schön und bunt wie es von Beginn an war. Trotzdem verblasst alles. Es wird von einer großen grauen Wolke verschlungen.
Es ist so als gäbe es gar keine Bäume oder Blumen. Es ist als würde ich das alles schon gar nicht mehr wahr nehmen. Während ich gehe sehe ich nichts mehr.Nur graue verschwommene Dinge. Ich weiß zwar, dass sie noch da sind doch ich achte nicht mehr auf sie. Plötzlich scheint es keine Frage mehr für mich zu sein, warum mich die Natur nicht mehr erfreut : Wenn doch alles grau ist, wie kann es mich erfreuen ? Doch nichts ist grau. Es ist alles bunt und das weiß ich. Vielleicht ist es die Gewissheit dass ich weiß, dass es in Wirklichkeit immernoch bunt ist, die mich nicht glücklich macht. Das ist mir alles egal. Ich sehe mir die Natur nicht an. Ich will gehen, es ist nebensache sich die Natur anzusehen. Ich muss erst einmal voran kommen.
Ich will keine Schmetterlinge. Keine Blumen. Keine Kirschbäume.Die wollte ich nie !
Und ich versuche zu fliehen. Zu fliehen von all den Kirschbäumen. All den Blumen. Doch wohin ich gehe,sie verfolgen mich. Überall lauert ein Baum, ein Busch. Es werden mehr und mehr. Ich wünschte es wäre ein Albtraum. Vielleicht könnte man dann aufwachen. Aber wenn man hier ist,dann kann man nicht mehr träumen. Aus dem hier aufwachen, das ist unmöglich. Wieso tun mir die Bäume das alles an ? Ich komme mir vor wie ein Kind,das einst weinte und zum Trost eine Puppe bekam.Dann bekam es immer wenn es traurig war eine Puppe. Immer wenn es krank war. Immer wenn ihm langweilig war.Immer wenn es brav war. Letztendlich auch immer dann wenn es fröhlich war. Und zu allen Feierlichkeiten von jedem Familienmitglied. Wenn dieses Kind dann einestages das Zimmer so voll mit Puppen hat,dass es kaum noch atmen kann, dann bekommt das Kind in Zukunft nur noch zur Strafe Puppen. Ich kann nicht mehr atmen,doch was habe ich getan, dass ich bestraft werde ? Ich will vor all den Pflanzen und Tieren wegrennen. Ich kann keine Pflanzen mehr sehen.
Wieder kommen mir Menschen entgegen. Es sind viele.Nur noch Schatten. Leblose Schatten. Wie Geister fliegen sie an mir vorbei. Ich spüre eine Kälte. Die Menschen machen mir Angst. Obwohl sie nichts machen. Es macht mir vielmehr Angst wie sie sind. Sie sehen so traurig aus. Als hätten sie keinen Willen. Keine Gefühle. Keine Seele. Warum nur ?
Ich will keine Menschen mehr sehen. Doch es kommen mir mehr Menschen entgegen. Mehr und mehr. Ich renne so schnell ich nur kann. So weit mich meine Füße nur tragen können. Eigentlich bin ich viel zu erschöpft, doch ich renne. Ich will vor allem wegrennen. Doch das geht nicht. Es kommen immermehr Menschen. Je mehr ich mir wünsche, ich würde keinen Menschen mehr begegnen, umso mehr Menschen kommen. Noch nie traf ich so viele Menschen. Kann man sie überhaupt als Menschen bezeichen, oder wäre es doch zutreffender sie Schatten zu nennen ? Schwarze verschwommene Wesen, die zu schweben scheinen.Ich fühle mich verloren. Es gibt keinen Ausweg. Wohin ich auch gehe. Ich bin gefangen. Ich renne und kneife dabei die Augen zu,um nichts mehr sehen zu müssen. Doch ich spüre die Kälte. Kälte obwohl die Sonne scheint. Obwohl es sehr warm ist. Warum bin ich hier ? Warum wollte ich nur hierher.
Langsam erinnert mich hier an dort. Es ist hier fast wie dort. Dort ist weit weg. Dort ist vorbei. Ich renne an Köpfen vorbei. Nichts sagenden Köpfen.



Ich will weg. Ich will wissen wo ich bin. Ich beginne zu zweifeln wo ich bin. Ob ich hier bin oder dort. Es ist fast so, als wolle ich wieder dorthin. Als wäre hier dort und als wäre dort hier. Was ist hier ? Was ist dort ? Ich weis es nicht ! Ich beginne mich danach zu sehnen, dass es nur einmal regnet. Was würde ich dafür geben, wenn ich nur einmal weinen könnte. Wie sehr wünsche ich mir, eine Blume würde verwelken. Und dabei hab ich es mir nie gewünscht. Doch jetzt ist es fast soweit, dass ich mir dort wünsche. Wie sehr wünsche ich mir das was ich nicht will.
Ich renne ins Nichts.Ich verlasse die Straße . Ich kann nicht mehr länger auf dieser Straße sein. Ich renne durch das Tal. Ich sehe all die Sträucher und Büsche und Bächer mit einem bösen Blick an. Als seien sie an allem Schuld. Doch wenn ich mir einen Bach ansehe um ihm zu sagen dass es seine Schuld ist und um ihn zu fragen wo ich bin, wirft er mir nur mein verschwommenes Spiegelbild auf der silbernen Wasseroberfläche zurück. Wütend werfe ich einen kleinen Kieselstein hinein. Für einen kurzen augenblick verschwimmt mein Spiegelbild noch mehr und verschwindet dann. Doch als der Stein tief im Wasser versunken ist, taucht mein Spiegelbild wieder auf.
Ich dachte immer, dieses hier wäre der schönste Ort den es gibt. Mir wurde immer gesagt man kann immer hierher gehen. Und niemand kann einem Folgen. Hier ist es schön. Das ist es auch. Das ist das letzte, was ich abstreiten würde. Doch wieviel Schönheit kann man vertragen ? Es ist hier zu schön um wahr zu sein. Zu schön um auszuhalten. Und als ich beschloß hierher zu kommen, wusste ich noch gar nicht was hier ist. Wo hier ist. Wie hier ist.
Ich will endlich wissen wo ich bin. Ich wollte schon dort wissen wo ich bin.
Voll von Panik renne ich durch das Tal. Jedes Blatt, jede Blume durchbohre ich mit meinem Blick. Niemand entkommt mir. Niemand. Jeden will ich fragen wo ich bin. Ich will eine Antwort. Alles ist tot. Ich frage mich wie alles hier so tot sein kann. Alles ist stumm. Ich frage und frage. Doch wie kann jemand Stummes antworten ? Ich renne und renne. Ich weis schon lange nicht mehr was ich tue. Ich erahne es blos. Ich suche nach der Antwort, die mir noch nie jemand geben wollte. Ich treffe erneut Menschen. Diese toten Schatten. Doch sie bemerken mich nicht. Ich atme schwer. Mein Herz rast. Jeder Atemzug tut weh. Doch ich finde keine Ruhe. Alles stirbt mehr. Mehr und mehr. Alles wird verschwommener. Verlorener. Ich laufe, sodass mir ganz schwindelig wird. Ich fliege hoch in der Luft. Ich liege schon längst am Boden. Ich taumel. Alles dreht sich. Ich renne und renne. Meine Füße schmerzen.Doch ich frage noch immer wo ich bin.
Dann komme ich zu einem Entschluss. Es hilft nichts. Ich kann nicht nur rennen und fragen . Ich schmeiße mich auf die Erde. Ich liege im Gras. Um mir das surren von Bienen. Ich spüre die kälte des Windes. Ich atme ein und aus. Ganz langsam. Ich umklammere einen Grashalm so fest, dass ich ihn fast zerreisse. Aber nur fast. Noch immer singen die Vögel ihre Lieder. Wie ein Plattenspieler den man nicht austellt. Wissen die Vögel wie es mir geht ?
Manchmal denke ich, ich existiere nur wegen diesem hier. Ich existiere schon fast nicht mehr. Ich frage mich warum das hier noch existiert. Es interessiert sich nicht für mich.Ich bin ihm egal. Oder ist es mir egal ? Nein, das darf es nicht sein.
Ich stütze mich mit einem Arm auf und setze mich in den Schneidersitz. Ich pflücke ein Gänseblümchen und zwirbel nervös am Stiel herum.
In der ferne sehe ich einen Menschen ganz allein umherwandern. Ohne Ziel. Ohne Hast. Ganz langsam und verträumt. Als wäre ihm egal wo er hingehen würde. Als wäre ihm alles egal. Eines dieser toten Menschen. Ich rege mich über diese Menschen auf. Weshalb alle so traurig wirken und so einsam. Ich erkenne, dass ich mich über mich aufrege. Ich bin einer von Ihnen geworden. Geworden ? War ich es schon immer ? Nein, weder noch. Ich will nicht einer dieser Sorte Mensch sein. Ich nicht.
Ich bin nicht mehr glücklich. Ich will es doch sein. Wenn nicht hier, wo dann ? Ich fühle mich hier nicht mehr wohl. Langsam stehe ich auf. Wieso kann mir niemand sagen wo ich bin ?
Es ist schön ruhig hier. Kein Mensch stört einen. Man ist hier ganz für sich. Kann sich entspannen. Doch niemand redet mit einem. Menschen hören einen nicht.
Ein letztes Mal renne ich. Ich halte ausschau. Ausschau nach Menschen die mir helfen könnten. Mit denen ich reden könnte. Die wissen wo sie sind. Doch wer weis das schon ? Ich weis es nicht. Ich renne durch das ganze Tal. Ich komme an ein Feld. Ein Feld mit goldenem Korn und vollen, roten Mohnblumen und himmelblauen Kornblumen. Das ist jedoch nichts besonderes mehr. Kaum noch erwähnenswert. Ich renne. Soweit mich meine Füße tragen.



Und sie tragen mich nicht mehr sehr weit. Sie sind müde. Und schwach.
Ich balle meine Hände zu Fäusten. Ich will mich durchboxen. Ich atme immerwieder kurz. Ich keuche. Das kniehohe Gras streift an meinen Beinen vorbei. Mein Körper ist von Schweißperlen übersäht. Meine Haare und meine Kleidung sind von dem Schweiß ganz durchnässt. Ich muss aufpassen, dass ich nicht beginne zu stolpern. Durch das hohe Gras kann man nicht sehen wo man hintritt. Und ich renne so schnell, dass ich fast beginne zu fallen. Ich rutsche beinahe aus meinen Schuhen. Mir ist heiß von dem vielen rennen. Doch der kühle Wind der an mir vorbeirauscht gleicht das aus. In mir höre ich mich immer fragen wo ich bin. Ich kann nicht mehr. Mein Herz beginnt beinahe zu zerspringen. Ich fühle mich so verloren im hier. Ich renne einen kleineren Hügel hinauf. Ich weis nicht warum aber irgendetwas treibt mich dazu diesen Hügel hinauf zu rennen. Ich laufe. Es geht steil hinauf. Halb rutsche ich ab . Ich versuche mich festzuklammern. Festzuklammern am Nichts. Ich renne und und renne. Bis ich irgendwann am Gipfel des Hügels stehe.
Nun stehe ich da. Oben auf dem Hügel. Ich überblicke das ganze Feld. Weit und breit ist niemand. Niemand. Ich weis, dass mich niemand sehen kann. Ich weis, dass niemand mich hören kann. Ich weis, dass niemand weis dass ich hier bin. Niemand kennt mich hier.Wenn mich niemand sieht und niemand hört, existiere ich dann ?
Ich atme tief durch. Mein Blick wandert zu den Wolken. Dem blauen Himmel.Dann wandert er rum. Die rotbraunen Stoppelfelder. Die Kornfelder die in der Sonne scheinen. Ich weis nicht ob die,teilweise nur noch in meiner Erinnerung existierende, Schönheit der Natur anlass der Feude oder Anlass der Trauer, da ich sie nicht mehr sehen und genießen kann, ist. Ich bin verzweifelt. Ich weis gar nichts mehr. Einst war dies hier fast wie ein Paradies für mich. Doch ein Paradies ist nur so lange ein Paradies, so lange man es für ein Paradies hält.Ich sinke zu Boden . Ich schlage auf die Erde. Ich reiße das Gras aus. Ich bin wütend. Und traurig. Mein Körper ist nur noch ein schwaches etwas. Ein nichts. Ich zittere wie Espenlaub.Ich liege oben auf dem Hügel. Gern würde ich wieder aufstehen, doch ich bin zu schwach.
Alles geht durch meinen Kopf. Alles. Ich entschied mich hierher zu kommen. Es war mein Traum. Träume jedoch sind nicht real und sollten irgendwann aufhören. Das hier ist kein Traum mehr. Es ist Realität geworden. Ich beginne zu schlucken. Ich verschlucke mich fast. Ich bin hier. Das weiß ich. Und es ist schön hier. Und ich bin sehr froh hier zu sein. Diese Worte kommen mir nun so weit weg vor. Ich stehe langsam auf. Ich sehe hinunter. Im ganzen Umkreis ist keine Person.
Und obwohl man hier eigentlich nicht weinen kann spüre ich wie meine Augen feucht werden. So eine Art glitzerner Film legt sich über meine Iris. Immerwieder schnappe ich nach Luft. Ich schluchze. Fast ist es so, als würden Tränen über meine Wangen rennen.Und obwohl ich weis, dass mich niemand hören kann , da keine Menschenseele auch nur in der Nähe ist, rufe ich aus voller Kehle mit einem kleinen Zittern in der Stimme : "Wo bin ich?".
Doch niemand antwortet mir.
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