Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Geschichten und sonstiges Textwerk > Geschichten, Märchen und Legenden

Geschichten, Märchen und Legenden Geschichten aller Art, Märchen, Legenden, Dramen, Krimis, usw.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 12.08.2007, 21:04   #1
Dingenskirchen
 
Dabei seit: 07/2007
Beiträge: 20


Standard Rentnertitt und Lederlady

Ich war auf dem Weg in die Sonne. Gran Canaria.

https://www.grancanariaforum.de/

Vor mir am Flughafen ein heißes Gestell. Knallenge Jeans, blonde gelockte Haare, auf Schuhen, die nur Nymphomaninnen tragen sollten. Neben ihr ein faltiger Mitfünfziger, mit offenem Hawaihemd und Goldkettchen. Widerlich. Seine ergrauten Brusthaare, quollen aus dem lächerlichen Hemd, das er so trug, dass man gezwungen war, auf seine erschlafften Rentnertitten zu blicken. Ich fragte mich, wie kommt dieser Midlifecrises- gebeutelte Gockel an so ne heiße Schnitte. Geld macht sexy. Er musste verdammt viel davon haben.
Ich konzentrierte mich auf die Gepäckaufgabe und verlor die beiden aus den Augen. Im Flieger begab ich mich an meinen Platz und wurde mit einem Wiedersehen der dritten Art überrascht. Eben buchsierte sich eine Dame auf den Sitz an meine Seite, deren Schuhe mir sofort ins Auge stachen. Es waren dieselben Fick-mich-Pumps, die ich bereits bewundern durfte. Doch nun wurde mir die Front der Dame zuteil. Ich blickte in das Gesicht einer medusenartigen Moorleiche. Ihre solariumgegerbte Lederhaut, verbarg jegliche Mimik. Aufreizend warf sie mir einen Blick durch ihre gigantischen, halb lila gefärbten Brillengläser zu. Mich schauderte. Wenn ich schon über die faltigen Rentnertitten ihres Galans gestolpert war, so geriet ich beim Anblick ihres Dekoltees ins straucheln. Sie hatte die beiden Lappen mit der üblichen Methode befüllen lassen, was nicht verhindern konnte, dass sich zwischen den beiden eine Kraterlandschaft gebildet hatte, die an die Achselhöhle eines Elefanten erinnerte.
Ihre Entscheidung für ein rosafarbenes, bauchfreies Top, rang mir gewissermaßen Bewunderung ab. Ihre Körpermitte kräuselte sich auf eine Art, die dazu einlud einfach mal umzublättern. Sie nestelte an ihrem rosafarbenen Lacktäschen und kramte einen rosa Lipglos hervor. Aufwändig umrahmte sie das operativ zur Fluntsch geformte Loch in ihrem Gesicht, nicht ohne mir dabei einen schmachtenden Blick durch den Spiegel ihres Schminkkästchens zuzuwerfen. Es duftete nach Himbeeren. Überhaupt bemerkte ich nun, dass sich ein schwerer, undefinierbarer Duft über den Flieger gelegt hatte. Ich richtete das Gebläse über meinem Kopf auf mein beleidigtes Atmungsorgan und sog die Luft in mich hinein. „Macht es ihnen etwas aus die Klimaanlage etwas kleiner zu drehen“ näselte sie in mein Ohr. Sie könne keinen Zug vertragen. Natürlich machte es mir etwas aus, aber meine gute Erziehung hinderte mich einmal mehr daran, zu sagen was zu sagen war. Ich drehte die Belüftung kleiner und ergab mich in den dumpfen Rausch der Düfte.
Schon am nasalen Klang ihrer Stimme war mir aufgefallen, dass mit ihrer Nase etwas nicht stimmen konnte. Offenbar hatte sie sich unter die kundigen Hände eines polnischen Witzboldes, der sich als Gesichtschirurg ausgegeben hatte, begeben. Der kleine braune Knubbel an ihrem Kopf, war so sehr nach oben gezogen, dass sie bei Regen Angst haben musste zu ertrinken. Irgendetwas kitzelte mich am Bein. Neben mir baumelte ein Goldklumpen an einem Lederband. Interessiert verfolgte ich das Band, bis zu seinem Ursprung. Es war Teil ihres Ohres. Was früher einmal Ohrläppchen gewesen sein musste, hing nun grotesk an ihr herab. Die Schwerkraft hatte ihr übel mitgespielt. Langsam verlor ich die Besinnung. Der Mangel an Sauerstoff und der optische Supergau an meiner Seite, ließen mich schliesslich einschlafen. Ich brauchte die Woche Sonne um mich zu erholen. Gut gelaunt und braungebrannt, stand ich auf Gran Canaria am Flugschalter. Vor mir ein heißes Gestell...
Dingenskirchen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2007, 14:28   #2
morefun
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 240


...Aufwändig umrahmte sie das operativ zur Fluntsch geformte Loch in ihrem Gesicht...ich schmeiß mich weg. Du hast hier herrlich überzogen und ich habe viel gelacht. Toll gemacht. Würd gern mehr von dir lesen.
morefun ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2007, 20:59   #3
Dingenskirchen
 
Dabei seit: 07/2007
Beiträge: 20


Ich freue mich das es wenigstens dir gefallen hat. Ich hätte mich über mehr feedback gefreut.
Ich gebe nicht auf. Auf bald in diesem Thread.
Dingenskirchen ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2007, 21:11   #4
Christoph
 
Dabei seit: 03/2006
Beiträge: 124


Standard RE: Rentnertitt und Lederlady

Zitat:
Offenbar hatte sie sich unter die kundigen Hände eines polnischen Witzboldes, der sich als Gesichtschirurg ausgegeben hatte, begeben.


Witzige Überzeichnung!

Mal was anderes...


lg Christoph
Christoph ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2007, 21:42   #5
pusteblume
 
Dabei seit: 04/2007
Beiträge: 277


hallo,

kann nur keuchen vor lachen, nicht denken.

fick-mich-pumps und überhaupt. das wäre die reinste strg-c strg-v orgie, wenn ich hier anfangen würde meine lieblingsstellen zu zitieren. gelungen! auf jeden fall.

lieben gruß
pusteblume ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.08.2007, 21:55   #6
morefun
 
Dabei seit: 05/2007
Beiträge: 240


habs grad noch mal gelesen. Die Ohrläppchen sind klasse. Du schreibst so bildhaft, dass einem bei dieser Geschichte übel werden kann. Natürlich nicht wegen der Geschichte, sondern...ich labere. Bin zum zweiten Mal hoch amüsiert. Wann gibt es Nachschub? Gabs was spannendes im Urlaub.
morefun ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.10.2007, 21:48   #7
Krete
 
Dabei seit: 10/2007
Beiträge: 2


Zitat:
Ihre Körpermitte kräuselte sich auf eine Art, die dazu einlud einfach mal umzublättern.
Herrlich!
Mir gefällt auch sehr gut die Stelle mit dem Dekolltee!
Bin eindeutig auch für Nachschub =)
Krete ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Rentnertitt und Lederlady




Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.